Ballschrank
Meine Perlen
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| Donnerstag, 25. März 2004
Der 2:0-Sieg in Finnland habe das Standing des italienischen Nationaltrainers deutlich verbessert, berichtet Peter Hartmann (NZZ 13.6.). „An einem kühlen Frühlingsabend in Helsinki hat sich Giovanni Trapattoni mit der fernen Heimat versöhnt, und stellvertretend dankte anderntags die rosarote Gazzetta dello Sport: „Grazie, Trap. Questo è calcio.“ Das ist Fussball. Seine Squadra Azzurra gewann gegen die Finnen durch Tore von Francesco Totti und Alessandro Del Piero, Treffer mit Symbolwert, denn die beiden Stars traten erstmals seit der Niederlage Italiens im WM-Achtelfinal gegen Südkorea vor einem Jahr wieder gemeinsam auf. Die Italiener gewannen das fünfte Länderspiel in Serie. Der „Commissario tecnico“ stand nach dem missglückten EM-Auftritt in Cardiff gegen Wales mit dem Rücken zur Wand, doch jetzt hat Italien zumindest wieder eine gute Chance auf den zweiten Gruppenplatz und damit für die Barrage. Zur Entkrampfung der Stimmungslage leistete der Trainer als Diplomat und Psychologe selber den entscheidenden Beitrag. Nach der Weltmeisterschaft war Trapattoni wegen seiner Catenaccio-Philosophie von den eigenen Spielern (Vieri, Del Piero, Totti) hart kritisiert worden, und Maldini trat enttäuscht aus der Verbandsauswahl zurück. Im letzten Herbst sah sich der Coach mit einer Welle von Defaitismus konfrontiert, mit provokativen Absagen und fragwürdigen Begründungen. Aber er machte aus der Not eine Tugend (…) Als lernfähig zeigte sich „il Trap“ vor allem im kreativen Bereich, im Kopf die wieder gewonnenen Gewissheiten dank dem Durchmarsch von Milan und Juventus in der Euroliga: Er fand endlich eine Koexistenz-Formel für Totti und Del Piero. „Meine Perlen“, schwärmte jetzt Trapattoni. Und allmählich wird die Schmach vergessen, wie er, in einem frühen Panikanfall, Del Piero gegen Südkorea bereits in der 63.Minute gegen den „Wachhund“ Gattuso austauschte und wie Totti in der Verlängerung vom berüchtigten Schiedsrichter Byron Moreno mit der zweiten gelben Karte hinausgeschickt wurde. Manche sogenannte Experten in den Medien unterstellten den beiden eine Art genetische Unverträglichkeit, weil sie sich zu ähnlich seien.“
Wenn Gefühle stärker sind als der Verstand
Gerhard Fischer (SZ 13.6.) berichtet den klaren 3:0-Sieg Schwedens über Polen. „Es gibt viele Klischees über die Schweden. Sie leben angeblich so weit im Norden, dass sie einem Eisbären in die Arme laufen, wenn sie zum Zigaretten holen aus dem Haus gehen. Die Männer sind mindestens 2,50m groß, die Frauen alle blond und alle attraktiv und alle emanzipiert. Außerdem sind Schweden gelassen, bedächtig, diszipliniert, harmoniesüchtig. Sagt man. Ein bisschen was ist wahr. Ein Vorurteil ist auch, dass die schwedische Nationalmannschaft so Fußball spielt: eingezwängt in ein gut funktionierendes taktisches Korsett, ohne spielerische Klasse. Viele Tore schießen die Schweden nie. Auch das ist ein bisschen richtig. Oder war. Bis Mittwoch. Die Schweden spielten nämlich in der ersten Halbzeit wie die Brasilianer, mit denen sie sonst nur die gelben Hemden und die blauen Hosen gemeinsam haben. Wenn schwedische Fußballer Besonderes leisten, führt das bei schwedischen Fans immer zu einer lustigen Realitätsverschiebung – zu einer, die es nur gibt, wenn Gefühle stärker sind als der Verstand. Schweden sind Patrioten, sie mögen ihre Mannschaft, und im Überschwang ist Allbäck plötzlich so stark wie Ronaldo. Manchmal werden auch die Reporter von dieser Hybris erfasst. Das Svenska Dagbladet schrieb Linksverteidiger Erik Edman „eine Ballbehandlung wie Roberto Carlos“ zu (…) Schweden hat zwei Trainer, Lagerbäck und Tommy Söderberg, und ihre Charaktere stimmen so perfekt mit ihrem Aussehen überein, dass man sie in einem Comic genau so zeichnen würde, wie sie im wirklichen Leben sind: Söderberg geht wie ein tapsiger Eisbär, spricht undeutlich – und ist der Kumpel der Spieler. Lagerbäck ist dünn, trägt eine Brille, ist eher leise als laut – und ist der Theoretiker. Die Schweden nennen das Duo „die Firma Lagerbäck/Söderberg“ oder einfach „Lars-Tommy“. Ihre Arbeit wird respektiert, und ihre Erfolge können sich sehen lassen: Seit 1997 verloren die Schweden kein EM- oder WM-Qualifikationsspiel, das sind 25 Spiele – besser waren nur Deutschland (38 Spiele zwischen 1967 und 1981) und England (34 Spiele).“
Auf Otto Rehhagel ist Verlass
Andreas Morbach (Tsp 13.6.) lobt Otto Rehhagel nach dem 1:0 der Griechen über Ukraine. “Diesmal wird ihn die einheimische Presse, anders als zu Beginn seiner Tätigkeit, jedoch nicht attackieren, weil er seltener in ihrem Land ist, als sie sich das von einem Nationalcoach wünschen. Oder weil er auf Neugriechisch immer noch nicht viel mehr sagen kann als „Heute ist ein schöner Tag.“ Denn der Mann, der in seiner Heimat den SV Werder Bremen und den 1. FC Kaiserslautern zur Deutschen Meisterschaft führte, hat mit und trotz seiner eigenwilligen Art auch im Südosten Europas Erfolg. Es ist schon eine erstaunliche Serie, welche die Mannschaft von Otto Rehhagel hingelegt hat: In der Qualifikation vier Siege in Folge ohne Gegentor, dazu auswärts Spanien mit 1:0 besiegt. Die Spanier patzten am Mittwoch beim 0:0 in Nordirland erneut. Seitdem gelten die Spanier in Athen endgültig als großartige Menschen. „Gratias Amigos“, bedankte sich der Verband auf seiner Homepage erst einmal für die Tabellenführung. Die Aussichten auf die Teilnahme der Griechen an der Endrunde 2004 in Portugal stehen jetzt prächtig. Der Verband überlässt es seinem deutschen Trainer, die Euphorie zu drosseln. Und auf Otto Rehhagel ist Verlass.“
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