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Menschenhandel in Nürnberg

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Menschenhandel in Nürnberg

Vor dem Rückrundenstart der Bundesliga – Portrait Stefan Reuter Tomás Rosický – Nowotny vor Comeback – die Perspektiven des VfB Stuttgart – asiatischer Trend in der Liga – „Menschenhandel“ in Nürnberg – schlechtes Zeugnis für Nachwuchsarbeit u.v.m.

Vor dem Rückrundenstart der Bundesliga gibt Martin Hägele (NZZ 24.1.) eine Vorschau. „Wir wissen nicht mehr, was die wichtigsten Meldungen vor dem Start zur Bundesliga-Rückrunde sind. Denn in der Winterpause haben sich die Besitzverhältnisse verändert. Die Bundesliga ist im zweiten Teil ihrer 40. Saison nicht länger nur der Deutschen liebstes Kind; sie gehört nun auch 120 Millionen Japanern: Seit Naohiro Takahara vor ein paar Wochen beim Hamburger SV unterschrieben hat, giert man im Land der aufgehenden Sonne nach täglichen Nachrichten über den verlorenen Sohn der J-League. Vor dem überbordenden Interesse seiner Landsleute – über 40 Medienvertreter aus Tokio und Osaka verfolgen jeden Schritt von Japans Fussballer des Jahres in der Hansestadt – ist Takahara in den letzten Tagen abgeschottet worden; nach seiner Bundesliga-Premiere am Samstag im Niedersachsen-Stadion, die vom TV-Sender Wau- Wau live nach Fernost übertragen wird, muss „Taka“ wieder eine Pressekonferenz geben. Spätestens dann scheiden sich in Hannover auch die Aufgaben der japanischen und deutschen Reporter. Für letztere wäre im Falle einer Niederlage des Heimklubs die Entlassung von Trainer Rangnick Thema Nummer eins. Präsident Kind soll das Kündigungsschreiben, das auch die Abfindung von 250.000 Euro enthält, schon in der Jackentasche haben. Auch die Nachrufe auf den im Sommer noch als Vater des Erfolgs gefeierten Aufstiegstrainer sind bereits verfasst. Wenn Rangnick vorzeitig gehen muss, erleidet er in der Stadt des Kanzlers ein Schicksal, gegen das nicht einmal Fachkräfte wie Arsène Wenger oder Ottmar Hitzfeld gefeit wären: Die Eitelkeit eines Präsidenten, der zu wenig vom Fussball versteht, und ein Klub, der schon immer von Selbstdarstellern und Hektikern geprägt war, stellen eine gefährliche Mischung dar – bei einer so offen ausgelebten Führungsschwäche wäre am Ende alles andere als der Abstieg ein kleines Wunder.“

Philipp Selldorf (SZ 24.1.) stellt uns ein. „Die Bundesliga ist ein Superprodukt, ein Superprodukt, ein Superprodukt! So predigten es in den vergangenen Wochen große Missionare namens Hoeneß, Niebaum, Holzhäuser oder Hackmann, und es klang, als ob sie auf einem Pferd sitzen und ein flammendes Schwert schwingen würden. Natürlich geht’s ihnen ums Geschäft. Aber hier kommt die Überraschung: Sie haben recht. Niemand weiß warum, aber es stimmt. Deshalb freuen sich viele Deutsche, dass die Saison den Betrieb wieder aufnimmt. Gibt es konkrete Gründe dafür? Oder stellt sich die Freude aus Gewohnheit ein, wie in den bald 40 Jahren zuvor? Die Hoffnung trägt das Publikum – und die ganze Branche gleich mit. Man hofft auf schöneren Fußball mit den von der WM erholten Spitzenprofis und auf neue Impulse, die plötzlich das Schicksal wenden.“

Vor der Rückkehr von Leverkusens Nationalspieler Jens Nowotny bemerkt Christoph Biermann (SZ 24.1.). „Man könnte die Geschichte auch so erzählen, dass der Niedergang von Bayer Leverkusen am 30. April letzten Jahres um kurz vor neun Uhr abends begann. In diesem Moment sank Jens Nowotny auf Höhe der Mittellinie der BayArena mit einem Schmerzensschrei zusammen und wurde vom Platz getragen. Die verbleibenden 80 Minuten bis zum Ende des Halbfinalrückspiels in der Champions League gegen Manchester United erlebte er schon nicht mehr mit. Die Untersuchungen bestätigten, dass sein vorderes Kreuzband im rechten Knie gerissen war. Eine schlimmere Verletzung für Fußballspieler gibt es nicht. In den anschließenden Partien ohne den Abwehrchef und Teamkapitän verlor Leverkusen den Meistertitel und das Endspiel im DFB-Pokal. Die Niederlage im Finale der Champions League sah Nowotny im Krankenzimmer der Klinik von Professor Steadman im amerikanischen Vail. 270 Tage werden am Sonntag seit dem Spiel gegen Manchester vergangen sein, wenn Bayer Leverkusen gegen den Tabellenletzten aus Cottbus zum ersten Mal wieder mit Nowotny, 29, aufläuft. Die Mannschaft ist inzwischen von europäischen Höhen in die schnöde Realität des Abstiegskampf in der Bundesliga abgestürzt. Weil aber sein Fehlen nicht die alleinige Erklärung dafür ist, wird die ersehnte Wende nicht nur durch Nowotnys Rückkehr zu schaffen sein.“

Michael Ashelm (FAZ 23.1.) fragt nach den Perspektiven des VfB Stuttgart. „Wo geht’s hin mit der Überraschungsmannschaft des Jahres 2002? In diesen Tagen wird viel darüber spekuliert. Hoch oder runter? Es heißt, der Verein für Bewegungsspiele, zwar hoch verschuldet, doch inzwischen mit einigen sportlichen Qualitäten ausgestattet, könnte ganz schnell seine neugewonnene Schubkraft wieder verlieren. Manche sehen große Gefahren für das schwäbische Erfolgsmodell, mit wenig Geld schöne Erfolge einzufahren. Viele Bedenken haben mit der Rolle von Felix Magath zu tun, dem Fußball-Lehrer, der aus einer Verlierertruppe einen ernstzunehmenden Mitstreiter im Bundesliga-Geschäft gemacht hat. Die Bedingungen haben sich für den Trainer des VfB Stuttgart nämlich schlagartig geändert: neue Aufgabengebiete, mehr Arbeit, mehr Verantwortung und damit auch mehr Risiken, schnell mal die Hauptaufgabe aus den Augen zu verlieren. Der Start in die Rückrunde bleibt eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Im Ländle nennen sie den Trainer schon Multi-Magath, dennoch glaubt er, die Kontrolle über das Projekt zu behalten. Ich gehe davon aus, daß wir dort anknüpfen, wo wir am Ende aufgehört haben, sagt der 49 Jahre alte Fußball-Lehrer. Es wäre sicher ein Erfolg. Wir haben wenig Probleme mit Verletzungen, fast alle Spieler konnten in der Vorbereitung voll durchziehen. Das ist die sportliche Seite. Seit der VfB Stuttgart kurz vor dem Weihnachtsfest seinem Manager Rolf Rüssmann den Laufpaß gab, ist Magath ein neues Betätigungsfeld zugewachsen, das möglicherweise negative Auswirkungen auf seine ureigenste Aufgabe haben könnte. Nun sieht er sich als eine Art Teammanager, der neben der täglichen Trainingsarbeit auch strategische Dinge verantwortet. Die Notlage bei den wirtschaftlich stark unter Druck stehenden Stuttgartern – immerhin belasten den Klub Schulden in Höhe von 16,6 Millionen Euro – hat dem früheren Nationalspieler erst diese Machtfülle gebracht. Alles in einer Hand, Magath scheint an diesem Modell langsam Gefallen zu finden, entspricht es doch auch seinem starken Charakter.“

Martin Hägele (SZ 24.1.) schreibt zu diesem Thema. „Zeitungen darf Felix Magath momentan keine lesen. Das Lob könnte ihn erschlagen. In Bild schwärmt Kanzler Schröder vom 49-jährigen Fußball-Lehrer und dessen Stuttgarter Modell. Im Stern wird er als der väterliche Kopf einer Boygroup in Stollenschuhen gefeiert, die im Ländle den VfB vom Problemfall in ein Vorzeigeobjekt verwandelt hat. Der Pressespiegel zusammengefasst: Kein Blatt im Land, das nicht Arien singt auf die „jungen Wilden“ und deren Mentor. Selbst aus Städten wie Hamburg, Bremen, Nürnberg oder Frankfurt, wo Magath einst als Quälix oder Saddam hinausgeschrieben wurde. Viele der Geschichten über die Metamorphose eines introvertierten Pädagogen klingen wie Entschuldigungen. Deshalb sollte noch jene Gruppe zu Wort kommen, welcher der Trainer Felix Magath seinen Ruf vom Schinderhannes und Leuteschinder verdankt: seine Mitarbeiter, Spieler wie der Brasilianer Ailton vom SV Werder Bremen. Dessen Kollegen haben im vergangenen Monat den Coach des VfB Stuttgart immerhin zum Trainer des Jahres 2002 gewählt. Eine bemerkenswerte Kurskorrektur und vielleicht auch ein Beweis dafür, dass Fußballprofis hierzulande nicht nur an schicke Autos denken, sondern schon registrieren, was in ihrem Beruf im Kern gefordert und gefragt ist.“

In der Hinrunde registrierte Christoph Biermann (SZ 23.1.). „Fingerzeige, dass der VfL seine kafkaesken Irrwege zwischen den Spielklassen verlassen und wieder festes Mitglied der ersten Liga werden könnte. Neururers Team steht auf einem nur den Trainer selbst nicht überraschenden achten Tabellenplatz und hat sieben Punkte Abstand zur Abstiegszone. Der VfL Bochum hat die drittmeisten Tore erzielt und so hübsch Fußball gespielt, dass er nur vom VfB Stuttgart als positive Überraschung der Saison übertroffen wird. Mit Paul Freier ist ein Bochumer Profi regelmäßiger Gast im Nationalteam, und Thomas Christiansen hält den zweiten Platz der Bundesligatorjäger. Für Bochumer Verhältnisse fast zu viel des Guten. Doch hätte man sich dafür früher gegenseitig auf die Schultern geklopft, wagte der Klub in diesem an Transfers armen Winter „einen Vorgriff auf die neue Saison und die Entwicklung des Klubs“, wie Neururer es nennt. Von Union Berlin kam der Stürmer Cristian Fiel und von Borussia Dortmund Sunday Oliseh (…) Dass der VfL Bochum die Neuverpflichtungen „von den Kosten her verträglich gestalten“ konnte, wie Aufsichtsratsvorsitzender Werner Altegoer sagt, hat auch damit zu tun, dass Borussia Dortmund bis 2004 noch einen wesentlichen Teil von Olisehs Gehalts bezahlen wird. Außerdem sieht es in der Bochumer Kasse besser als kalkuliert aus. Bei den Platzierungsgeldern aus dem Fernsehtopf sind 1,2 Millionen Euro Mehreinnahmen zu erwarten, wenn sich die Mannschaft am Ende auf dem 12. Platz einpendeln sollte, 500000 Euro bringen neue Sponsoren. Auch die Zuschauereinnahmen und die Erlöse aus dem DFB- Pokal sind höher als kalkuliert. Neben den Giganten aus der Nachbarschaft – Dortmund und Schalke – wirken die Beträge zwar wie die des Lebensmittelgeschäfts an der Ecke im Vergleich mit Aldi, nähren aber Hoffnung auf zartes Wachstum.“

Freddie Röckenhaus (SZ 24.1.) porträtiert einen der letzten aktiven Weltmeister von 1990. „Immer samstags nachmittags, im Westfalenstadion, bekommt Fußball-Profi Stefan Reuter so richtig seine Grenzen aufgezeigt. Jessica und Jennifer Reuter verfolgen dann die Spiele ihres Vaters von der Tribüne aus: Beide fangerecht im BVB-Trikot – aber auf dem Rücken stets mit dem aufgeflockten Namenszug „Amoroso“. Papa Reuter, mit 36 Jahren ein Jahr älter als der Trainer, findet die mangelnde Gefolgschaft seiner beiden jungen Damen allerdings völlig verständlich: „Für die beiden musst du auch mal ein Tor schießen, um ein Großer zu sein. Und wann habe ich schon das letzte Mal ein Tor geschossen…“ Sein Trainer Matthias Sammer sieht die Dinge von der anderen Seite. Der schnellste Veteran der Bundesliga und Kapitän von Borussia Dortmund ist für Sammer „vielleicht der wichtigste Spieler“ überhaupt. Und obwohl bekannt ist, wie ungern der BVB-Trainer in Superlative verfällt, schwelgt er bei Reuter bisweilen in Begriffen wie „sensationell“ und „unglaublich“. Während andere in seinem Alter längst in der Schweiz den Ruhestand einleiten, läuft Reuter seinen Gegnern die Bälle ab, dass dem Zuschauer im Stadion nur Kopfschütteln über seine nimmermüde Raserei einfällt. Gerade hat er seinen Vertrag um ein weiteres Jahr bis Mitte 2004 verlängert – sein Stammplatz, falls es so etwas bei Sammer gibt, war selten sicherer als jetzt (…) Stefan Reuter, einer der Weltmeister-Helden von 1990, galt stets als bescheidener, ruhiger Vertreter, dessen fußballerische Fähigkeiten sich allerdings vor allem darauf beschränkten, dass er extrem schnell laufen kann und sich sehr robust im Zweikampf behauptet. 450 Bundesliga-Spiele später gehört er immer noch nicht zu denen, die Jessica und Jennifer, neun und sieben Jahre alt, so richtig Spaß machen. Wenn jede Mannschaft eine „Basis“ braucht, ist Reuter so etwas wie der Felsen von Gibraltar – nur schneller. Und mit Mitte Dreißig, so findet man allenthalben in Dortmund, spielt er besser als je zuvor in seiner Karriere (…) Wahre Kenner wissen, dass Reuter bisweilen sogar technische Highlights setzt. Auch wenn Jessica und Jennifer das noch nicht zu schätzen wissen und beharrlich beim Spiel singen: „Keiner spielt so schön, wie Amoroso“. Sammer und Reuter wissen es besser. Und die reiferen BVB-Fans auch.“

Marc Kayser (Die Zeit23.1.) porträtiert den Dortmunder Spielmacher Tomás Rosický. „Seine Auftritte auf dem Spielfeld sind häufig spektakulär. Hat er den Ball, führt er ihn so gekonnt durchs Gedränge, als sei die Lederkugel auf ihn abgerichtet und nicht umgekehrt. Schlägt er einen Pass, kann man darauf wetten, dass er dem Mitspieler genau in den Lauf fällt. Er blockiert, verwirrt und täuscht seine Gegenspieler so geschickt, dass die manchmal nicht anders können, als ihn vorsichtshalber umzuhauen. Die Fans sind verzückt von seiner Kunst, und trifft er dann auch noch ins Tor, kann es passieren, dass Tomás Rosický, 22, danach über den Rasen tobt, als sei er fünf. Er springt dann dem großen Jan Koller auf den Rücken und lässt sich von ihm übers Feld tragen wie ein Kind. Die Zeitungsredakteure macht er ganz poetisch: „Mozart des Fußballs“, „der stille Künstler“ oder „das Kronjuwel von Dortmund“ nennen sie ihn. Doch je mehr der Junge aus Prag geliebt wird, desto mehr verweigert er sich. Ein Interview mit Tomás Rosický zu bekommen ist schwer (…) Rosický, der von sich sagt, er habe eine eher „zerbrechliche Statur“, ist eines der größten Fußballtalente Europas. Er war vor zwei Jahren nicht nur der bis dahin teuerste Spielereinkauf der Bundesliga-Geschichte, sondern gilt auch als fette Beute für die Jäger im Dienste anderer Fußballvereine. 16 Millionen Euro bezahlte Borussia Dortmund 1999. Seitdem hat sich sein Wert etwa umgekehrt zum Dax entwickelt: Inter Mailand bot im vergangenen Sommer 50 Millionen Euro, und jüngst meldete sich der FC Barcelona und wollte mehr als 65 Millionen Euro für ihn bezahlen. Ziemlich verrückte Summen für einen Jungen, der im kleinbürgerlichen Prager Stadtteil Prosek zur Welt kam und für den es eine Zeit lang nicht so aussah, als käme er überhaupt jemals über die tschechische Grenze (…) 1999 standen schon Vereine wie Bayern und Dortmund bereit, ihn zu kaufen. Der Rest ist eine bekannte Geschichte. Sammer war im Glück, Rosický bekam das gelbe Trikot mit der Nummer 10, Dortmund zahlte die bis dato höchste Transfersumme der Bundesliga, und Bravo Sport hatte einen neuen Serienhelden. An dieser Stelle trat nach seinem Vater und seinem Berater der nächste Mann in sein Leben, Matthias Sammer. Vielleicht hat sich der Ältere in dem Jüngeren wiedererkannt: Beide sind Söhne von Fußballern; auch Sammer galt seit frühester Jugend als Ausnahmetalent, war ebenso schmächtig und zäh wie Rosický. Und auch er sah auf dem Spielfeld Gassen, bevor sie offensichtlich wurden, aber sein Erfolg wurde durch Verletzungen nie so groß, wie sein Talent es vielleicht versprochen hatte. „Tomás“, schreibt Sammer per Fax, „ist ein Spieler, der mal ein ganz Großer werden kann, der allerdings mit seinen 22 Jahren noch Schwankungen unterworfen ist.“ Vielleicht sagt er das, weil er als Spieler in Mailand selbst erlebt hat, was passieren kann, wenn Einkaufspreis und Erwartungen zu hoch sind. Zu frisch sind zudem die Erinnerungen an den Jubel über fußballerische Leistungen eines Lars Ricken, der beinahe abgestürzt wäre. „Tomás hat das Glück, mehr zu können als die graue Masse. Aber auch er kennt Tiefs.“

Philipp Selldorf (SZ 22.1.) schreibt. „Jetzt ist Ewald Lienen arbeitslos. Zu fürchten ist, dass er es eine Weile bleiben wird, weil man allmählich Angst vor seinen Theorien und Umerziehungsmethoden und seinem missionarischen Eifer hat, und auch das ist beachtlich für einen Trainer, der in Köln zu seinen besten Zeiten beim FC als „heiliger Ewald“ zum neuen Stadtpatron ernannt wurde (man hat ihm dort auch Gedichte gewidmet: „Einer hat uns aus dem Leid/ und der Sklaverei befreit“). Damals hatten ihn die Bayern als Nachfolgekandidat für Ottmar Hitzfeld ausersehen. Mittelfristig galt er als Anwärter auf den Nationaltrainerposten. Es wären harte Zeiten geworden. Früher hat man über Episoden gelacht wie jene vom Kölner FC-Angestellten, der fröhlich in ein Mettbrötchen beißen wollte und von Lienen belehrt wurde: „Du weißt, dass das E 205 ist. Reines Auszugsmehl. Davon brechen Dir die Knochen.“ Ein Witz? Der Dogmatiker kennt keinen Spaß. Keiner lacht mehr.“

Mark Böschen (FTD 23.1.) kommentiert den Bundesligatrend, Asiaten zu verpflichten. „Nicht nur aus sportlichen Gründen sind asiatische Spieler derzeit in Mode. Auch 1860 München ist in der Winterpause aktiv geworden und hat den chinesischen Mittelfeldspieler Shao Jiayi von Beijing Guo’an verpflichtet. Der Transfermarkt spürt die Nachwirkungen der WM in Japan und Südkorea, die Asien ins Blickfeld der Fußballmanager brachte. Vor allem aber hat die unsichere wirtschaftliche Lage der Liga zur Folge, dass sich die Klubs nach neuen Märkten für ihr Produkt umsehen. Der HSV etwa ist auf der Suche nach einem neuen Hauptsponsor, und falls bald ein japanischer Markenname die Trikots schmückt, hat Takahara bereits viel für seinen neuen Arbeitgeber getan. Mit Olympus ist man bereits im Gespräch. Und ein japanischer Werbekunde könnte mit dem Takahara-Trikot gleich auf zwei Märkten präsent sein. „Wenn asiatische Spieler in der Lage sind, hier fußballerisch mitzuhalten, wäre es in der Tat das Doppelplus“, sagt Thomas Röttgermann, Geschäftsführer der Agentur Sportfive, die den HSV vermarktet. Dass ein Spieler trotz schlechter Leistungen aufgestellt wird, weil der Hauptsponsor es so will, hält Röttgermann aber für ausgeschlossen – das Image des Vereins stünde auf dem Spiel. Gegenwärtig zwingen die zurückgehenden Fernseheinnahmen die Vereine, sich nach anderen Einnahmen umzusehen, zum Beispiel beim Sponsoring. Not macht erfinderisch und lässt den asiatischen Markt umso attraktiver erscheinen.“

Gerald Kleffmann (SZ 22.1.) meint dazu. „Die Idee, sich einen Chinesen zu angeln und in Asien auf Millionen neuer Fans, Tausende verkaufter Trikots und Dutzende neuer Sponsoren zu hoffen, ist ja nicht neu. 1986 träumte Zweitligist Darmstadt 98 diesen Traum, wegen Gu Gua Ming. 1997 träumte Eintracht Frankfurt, wegen Chen Yang. Auch im Ausland versuchte mancher Verein, diesen scheinbar lukrativen Weg zu gehen. Chrystal Palace verpflichtete einst Fan Chiyi. Beim FC Everton spielen derzeit Li Wei Feng und Lie Tie. Lie Tie scheint sich sogar in der Premier League durchgesetzt zu haben, er durfte in der Hinrunde oft von Beginn an spielen. Feng jedoch kehrt nun nach China zurück. Er hat Heimweh. Und er kam in England nicht zurecht. Mit der Mentalität, mit den Tagesabläufen, mit den Sitten. Volker Schlappner, der in Biblis eine Spielerbetreuungsagentur betreibt und der Sohn des bekannten Trainers Klaus ist, sagt: „Chinesische Spieler sind mehr als andere auf das Umfeld angewiesen.“ Das habe ihn die Erfahrung gelehrt; seine Agentur kümmert sich unter anderem um einige asiatische Profis. Auch Vater Klaus, der Mitte der Neunziger Nationaltrainer in China war und immer noch den dortigen Verband berät, teilt diese Meinung: „Es lauern überall Gefahren auf diese jungen Spieler“, sagt er. Zum Beispiel obskure Spielerberater. Schlappner senior betont: „Kaum landet ein Chinese bei einem europäischen Verein, folgt ihm ein ganzer Rattenschwanz an angeblichen Betreuern.“ Dazu passt diese Anekdote: Am Montag erschien ein Chinese auf dem 1860-Trainingsgelände. Er wollte Shao begrüßen und ihm seine Dienste anbieten. Er sei ausgebildeter Arzt für chinesische Sportmedizin. Sagte er.“

Frank Schneller (FTD 24.1.) berichtet aus Nürnberg. „Seit Wochenbeginn ist Anthony Sanneh wieder in Deutschland. Besonders freundlich war der Empfang für den 31 Jahre alten US-Nationalspieler nach seiner Rückkehr aus Kalifornien nicht, als er in Nürnberg ankam. Sanneh, der sich nach einer Reise zum US-Nationalteam in Los Angeles am maladen Rücken behandeln ließ, musste das Gefühl haben, beim „Club“ nicht mehr erwünscht zu sein. In seiner Abwesenheit hatte Edgar Geenen, Manager des 1. FC Nürnberg, ihn gar für transferiert erklärt – ein Umstand, der den Amerikaner zu einer offenen Abrechnung mit den Methoden seines Arbeitgebers veranlasste. Dass der erst im Laufe der letzten Saison verpflichtete Sanneh, der ohnehin gerne auf die Insel wolle, auf Grund der finanziellen Notlage der Nürnberger zum Tabellenletzten der englischen Premier League, West Bromwich Albion, gehen werde und die Vereine sich bereits über die Modalitäten einig seien, hatte Geenen ohne Sannehs Einverständnis verkündet und den WM-Teilnehmer somit glatt übergangen. Mittlerweile musste Geenen klein beigeben. Der Abwehrspieler war noch vor seiner Rückkehr aus den USA in die Offensive gegangen, nachdem er von dem geplanten Handel erfuhr: „Als Herr Geenen mich nach meiner Rückkehr von der WM fragte, ob ich mir vorstellen könne, nach England zu wechseln, von wo ihm Angebote für mich vorlagen, habe ich tatsächlich Interesse signalisiert. Aber ich habe nie erklärt, dass es mir egal sei, für welchen Klub ich spiele.“ Sanneh weist darauf hin, dass seine Unterschrift sowohl unter einem Aufhebungsvertrag mit dem 1. FC Nürnberg fehle als auch auf einem Kontrakt mit einem neuen Arbeitgeber. „Was nützt es Herrn Geenen“, fragt er, „, dass er sich mit West Bromwich vorschnell einig war, aber meine Zustimmung nicht hatte?“ Er habe, sagt Sanneh, in Nürnberg noch einen bis 2004 datierten Vertrag. Um hinzuzufügen: „Ich bin keine Ware und lasse mich nicht abschieben.“ Diese Aussagen verfehlten ihre Wirkung nicht. Auch Sannehs Berater Michael Becker – der auch Michael Ballack zu seinen Klienten zählt – interessierte, „wie man den Betroffenen, also die letztlich entscheidende Person, einfach übergehen kann“.“

Raphael Honigstein (FR 22.1.). „Ein halbes Dutzend Fußballtrikots hängt in Stephen Schechters Büro. Der 58-Jährige hat die von Spielern signierten Jerseys eingerahmt. Leeds United, Newcastle United, Southampton, Ipswich Town, Leicester City und Schalke 04 – alle Hemden tragen seinen Namen. Sie sind Souvenirs einer rasanten und extrem erfolgreichen Karriere, die den New Yorker in nur vier Jahren zu einem der gefragtesten Männer im europäischen Fußball gemacht hat. Schechter hat in seinem Leben noch keinen Ball getreten, und doch ist er wichtiger als der beste Stürmer: Er besorgt den Clubs in Zeiten sinkender Fernseheinnahmen und fortwährender Aktienschwäche die nötigen Millionen. Im vergangenen Monat kam Schalke 04 durch ihn zu 85 Millionen Euro, die der Verein in einen Hotelkomplex, ein neues Amateur-Stadion sowie in Verstärkungen für die Mannschaft investieren wird. Die von englischen und US-amerikanischen Versicherungsunternehmen und Renten-Fonds gezeichnete Anleihe ist durch künftige Einnahmen aus dem Verkauf von Eintrittskarten gesichert und muss über 24 Jahre zurückgezahlt werden. Diese im deutschen Fußball bisher einmalige Kreditbeschaffung, im Fachjargon Securitisation genannt, hat laut Schechter im Vergleich zu anderen Modellen entscheidende Vorteile: Ein Lohn ist steuerlich sehr viel günstiger als eine Veräußerung von Anteilen. Man ist auch nicht vom Aktienmarkt abhängig. Und man holt sich keinen neuen Partner mit in die Chefetage. Unsere Investoren wollen nicht mitreden: Sie sind froh, wenn der Club seine Zinsen zahlt. Dazu komme, dass man die Banken, die im derzeitigen Wirtschaftsklima Vereinen auf herkömmliche Weise Geld leihen wollen, an einer Hand zählen könne. Weil auch TV-Gelder nicht mehr unerschöpflich fließen, ist das durch zukünftige Ticket-Einnahmen abgesicherte Securitisation-Instrument eine ernsthafte Alternative.“

Fußball-Bundesligist Leverkusen geht mit dem US-Investor Anschutz eine strategische Partnerschaft ein“ berichtet Frank Schneller (FTD 23.1.). „Sein Vermögen ist Gegenstand abenteuerlicher Schätzungen. Die Angaben schwanken zwischen 4,3 und 16 Mrd. $, wie das Magazin „Forbes“ wissen will. In jedem Fall hat Philip F. Anschutz aus Colorado atemberaubend viele Besitztümer vorzuweisen. Ihm gehören unter anderem die beste Basketballmannschaft der Welt, die Los Angeles Lakers, mehrere Eishockeyteams in den USA und Deutschland – darunter die L. A. Kings und die Berliner Eisbären – und auch sechs professionelle Fußballteams. Nebenbei ist der Mann aus Denver auch noch zweitgrößter Konzertpromoter Amerikas. Jetzt streckt der Mann auch seine Fühler in Richtung Fußball-Bundesliga aus. Er bändelt mit einem Verein an, der im vergangenen Jahr einen wahren Popularitätsschub erlebte: Bayer Leverkusen.“

Jörg Thomann (FAZ 23.1.). „Es begann beim Fußball: Die Spaßgesellschaft wird zehn Jahre alt – und ihre Medienkarriere geht zu Ende – keine Frage: Es geht ihr nicht gut, der Spaßgesellschaft. Ihre Karriere neigt sich langsam, aber sicher dem Ende zu. Zehn Jahre lang hat sie in Deutschland ihr Unwesen und ihre Verächter in den Wahnsinn getrieben. Letztlich aber haben sie doch triumphiert. Die Blütezeit der Spaßgesellschaft ist unweigerlich vorüber. Ein Wunder ist dies nicht: In unseren schnellebigen Zeiten ist Gesellschaften – dasselbe gilt für Generationen – kein langes Leben beschieden. Erst recht nicht, wenn es sich bei ihnen um eine Erfindung der Medien handelt. Denn das vor allem war die Spaßgesellschaft bis zu ihrer letzten Erwähnung: ein Medienphänomen, ins Leben gerufen von einem einzelnen Reporter. Der Journalist Josef-Otto Freudenreich gilt den Spaßgesellschaftsforschern als derjenige, der den Begriff zum ersten Mal zu Papier gebracht hat, und zwar in der taz vom 23. Januar 1993. Nicht um einen soziologischen, kulturkritischen Essay aber handelte es sich bei besagtem Artikel damals, sondern um das Porträt eines Fußballtrainers, und die Spaßgesellschaft tauchte auch nur in einem einzigen Satz auf: Peter Neururer, so Freudenreichs Urteil, sei von der Spaßgesellschaft nach oben gespült und zum Trainer des 1. FC Saarbrücken berufen worden. Neururer mußte bald gehen, Saarbrücken stieg ab. Die Spaßgesellschaft aber, die die taz nach oben gespült hatte, blieb. Es dauerte freilich ein Weilchen, bis sie sich allerorts etablieren konnte: Langsam, fast im Kriechgang bahnte sie sich den Weg durch Deutschlands Zeitungen – bis das Wort allmählich Flügel bekam. Sodann flatterte die Spaßgesellschaft durch sämtliche Ressorts der Blätter – wurde aber nur in den seltensten Fällen durch eine Definition gebändigt (…) Die Spaßgesellschaft aber kämpft noch. Wie eine alternde Filmdiva, die ihre einst glanzvolle Karriere auf Provinzbühnen zu verlängern versucht, sucht sich das Wort neue Refugien fernab der großen Tageszeitungen. In der Ostthüringer Zeitung etwa, wo der Begriff in den vergangenen sieben Tagen in gleich drei Artikeln auftauchte, häufiger als irgendwo sonst. Oder in der Bunten, in der Walter Jens über eine mögliche Kanzlerschaft Dieter Bohlens urteilt: Wenn wir an der Spaßgesellschaft unbedingt festhalten wollen, wäre auch dies eine Möglichkeit. Das will sicher niemand. Nicht einmal Toni Oestereich, rühriger Sitzungspräsident des Kostheimer Carneval-Vereins, der soeben laut Überlieferung der Rhein-Main-Presse eine Generalabrechnung mit der Spaßgesellschaft vollzogen hat. Was Toni Oestereich tut, kann Matthias Sammer schon lange: Der für vieles, aber nicht für seinen Humor berühmte Trainer von Borussia Dortmund hat in der vergangenen Woche sein Team nach ein paar lahmen Testspielen mit den Worten kritisiert: Wir sind eine Spaßgesellschaft. Just zu ihrem zehnten Geburtstag ist die Spaßgesellschaft damit wieder dort gelandet, wo sie zuerst gesichtet wurde: in der Fußball-Bundesliga. Spaßgesellschaft’s coming home.“

Gerd Schneider (FAZ 23.1.) berichtet. „Eine innige Freundschaft pflegten sie ja noch nie, der Fußball und die Sportwissenschaft. Aber wohl noch nie war das Verhältnis zwischen den Hauptdarstellern des deutschen Volkssports und den Gelehrten von den Universitäten so unterkühlt wie momentan. Einen weiteren Beleg für die Eiszeit lieferte am Mittwoch der Bielefelder Sportpädagoge Dietrich Kurz. Der Professor, einer der renommiertesten deutschen Sportwissenschaftler, kritisierte bei einer Schulsport-Tagung des Deutschen Sportjournalisten-Verbandes in Münster die Nachwuchsarbeit im Fußball mit ungewohnt drastischen Worten. Kurz sagte, es sei zunehmend katastrophal, wie die Fußballvereine mit der sportlichen Grundausbildung unserer Kinder umgingen: Sie werden nicht mehr koordinativ geschult und nicht mehr konditionell, außer ein bißchen Ballspielen passiert da gar nichts mehr. Manche jungen Fußballer können nicht mal mehr eine Rolle vorwärts. Die Kinder sind so lausig ausgebildet, daß sie für andere Sportarten gar nicht mehr taugen, wenn sie sich mit zwölf oder dreizehn Jahren vom Fußball abwenden. Als Beleg nannte der Bielefelder verschiedene Untersuchungen. Auch die vielzitierte Studie des Paderborner Sportwissenschaftlers Wolf-Dietrich Brettschneider wies im vergangenen Jahr die motorischen Defizite der Kinder und Jugendlichen an der Fußball-Basis nach. Kurz nannte es in Münster einen Skandal, daß der Deutsche Fußball-Bund trotz eindeutiger Belege nicht gegensteuere.“ Wie wahr! Wie wahr!

Torsten Haselbauer (taz 22.1.) berichtet aus Griechenland. „Als Demis Nikolaidis, der Stürmerstar von AEK Athen, in der vergangenen Woche mitten in der Nacht durch lautstarkes Klopfen an seiner Haustür im schicken Athener Stadtteil Filothei geweckt wurde, staunte er nicht schlecht. Denn diesmal waren es keine aufdringlichen Fans. Diesmal, das erzählte der griechische Nationalspieler einen Tag später auf einer Athener Polizeistation, waren es acht finstere und kräftige Gestalten, die ihn mit Baseballschlägern bedrohten, ihm den Arm umdrehten und an die Hauswand drückten. Dann sprach kein Geringerer als sein Vereinspräsident, Makis Psomiadis, zu dem verdutzten Fußballidol. Der AEK-Boss drohte laut Nikolaidis, ihm bei seinem nächsten Besuch beide Beine brechen zu lassen, wenn er sich nicht fortan nur noch auf das Fußballspielen konzentriere. Seitdem es bei AEK Athen fußballerisch kriselt, hat der mächtige Präsident des Vizemeisters ein striktes nächtliches Ausgehverbot verhängt. Durch unangemeldete Besuche in der Nacht kontrolliert Psomiadis höchstselbst, ob seine Kicker auch artig im Bett liegen. Nun ist man im skandalträchtigen griechischen Fußballgeschäft einiges gewohnt. Aber mit dieser aberwitzigen Nacht-und-Nebel-Aktion des Nachtklubbesitzers und Paten des griechischen Fußballs hat sich Makis Psomiadis wohl endgültig aus der Balance geworfen. Er bestreitet zwar, er hätte seinem Goalgetter gedroht, ihm die Beine zu brechen, doch dass er ihn mit seinen Haudegen im Schlepptau besucht und bedrängt habe, leugnet Big Mac nicht. Das würde ihm auch schwer fallen, denn Nikolaidis war nicht allein zu Haus. Zu Gast – und damit Zeugin – war seine Freundin, die in Griechenland berühmte Popdiva Despina Vandi.“

Interview mit Corny Littmann, Präsident des FC St. Pauli FR

„Schiedsrichter Gagelmann bezieht am Samstag in der neuen Rolle als vierter Aufpasser Posten – zwischen Sammer und Stevens“ Interview mit Gagelmann SZ

Besuchen Sie virtuell die Allianz-Arena

Aus der FAZ (22.1.) ein Interview. „Nach breiter Kritik am offiziellen Logo für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland haben elf Design-Agenturen in der vergangenen Woche eine Initiative für ein neues Emblem gestartet. Der Art Directors Club – der Verband der Kreativen in der Werbung – unterstützt die Aktion, die von den Design-Professoren und Fußballfans Fons Hickmann und Klaus Hesse initiiert wurde. Im März sollen die neuen Vorschläge vorliegen. Auf dem WM-Logo lächelt es überall.“

FAZ: Verstehen Sie keinen Spaß, oder warum fordern Sie ein neues Logo?

Ich verstehe sogar sehr viel Spaß – und ich halte Humor in der Gestaltung auch für äußerst wichtig. Aber es geht beim Humor auch darum, wie man einen Witz erzählt. Wenn man einen Witz schlecht erzählt, dann ist das vor allem eins: peinlich.

FAZ: Und daß sich Deutschland für die WM 2006 ein peinliches Logo zugelegt hat, darüber sind sich Sie und die deutschen Designer einig?

Eindeutig, das ist gar keine Frage in der Fachpresse. Ein gelungenes Logo muß verschiedene Kriterien erfüllen. Vor allem muß es eindeutig sein – und unverwechselbar. Man muß das Thema sofort erfassen. Auf dem WM-Logo aber erkennt jeder irgendwas und interpretiert irgend etwas anderes hinein. Ich sehe vor allem Kreise mit Gesichtern. Die Kreise sollen wohl Nullen sein. Das eine soll aber wohl eine Sechs sein: also drei Nullen und eine Sechs. Was sagt mir das? Soll das eine Jahreszahl sein? Soll das 2006 bedeuten? Da ist dann aber eine Null zuviel, und die Zwei fehlt. Da funktioniert schon etwas nicht. Warum Nullen – und warum sind in den Nullen Gesichter? Wer wird damit charakterisiert? Sind das die Fußballer, die Fans? Wer will als Null dargestellt werden – sehen sich die Organisatoren vielleicht selber so? Fußball wird hier nicht gezeigt, die WM wird nicht gezeigt, das könnte auch ein Karnevalsverein sein oder Fruchtgummi. Das ist ein Interpretationsspielraum, der zum Schmunzeln verführen kann – der aber auch böswillig mißinterpretiert wird. Eine brasilianische Zeitung hat darin Ecstasypillen erkannt. Das Logo lädt dazu aber einfach ein.“

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