Ballschrank
Michael Ballack
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| Donnerstag, 25. März 2004
Thema Nummer Eins: Die Zeitungen klopfen Michael Ballack auf die Schulter, weil er seinen Chef Karl-Heinz Rummenigge kontert. Rummenigge hatte zuvor von Ballack Verzicht gefordert: Verzicht auf das letzte Spiel in der EM-Qualifikation gegen Island, Verzicht auf den Höhepunkt des deutschen Fußball-Kalenders 2004. Ballack solle sich schonen für seinen Verein Bayern München, der Solidarität auf seine Fahne schreibt. „Rummenigge soll nicht so einen Scheiß erzählen!“ So klar hat ihm das noch keiner ins Gesicht gesagt; ihm, der seine Sätze zu Wortballons aufbläst; ihm, der vor dem Spiegel Reden einübt, sie mit Juristen-Jargon schmückt – und dabei meist das entscheidende Fremdwort verwechselt. Rummenigge, einer der Mächtigen im deutschen Fußball, schweigt; vermutlich hat ihn sein Vorstandskollege Hoeneß dazu angewiesen. Schade, eigentlich! Die Journalisten hatten schon die Griffel gewetzt und sich die Hände gerieben. Nun gähnt die SZ über „eine Debatte, die es an Überflüssigkeit mit jedem Bohlen-Buch aufnehmen kann.“
Thema Nummer Zwei: VfB Stuttgart spielt im eigenen Stadion gegen Schlusslicht 1. FC Köln und das „rheinländische Catenaccio“ (Tagesspiegel) 0:0 und verliert die Tabellenführung; die Zuschauer singen und feiern. Die junge Stuttgarter Mannschaft hat sich innerhalb des letzten Jahres einen großen Kredit bei ihren Fans erspielt; aus dem 2:1 gegen Manchester United werden sie noch lange Honig saugen. Thema Nummer Drei: Der VfL Bochum schleicht sich nach vorne, doch „noch immer tut sich der VfL schwer im Schatten der Riesen aus der Nachbarschaft“, bedauert die SZ.
Wer jetzt noch kein wärmendes Punktepolster hat, den fröstelt’s
Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 6.10.) friert: „Jetzt wird’s ungemütlich. Wie Trainer Volker Finke warm eingepackt im Strandkorb am Freiburger Spielfeldrand hockte, wirkte anachronistisch. Dabei schüttete es im Breisgau – Kapuzenwetter. Leute, der Herbst ist da, der Winter kommt, man wird sich auf das Grau und die Kälte in den Stadien einrichten müssen. In den unteren Regionen der Fußball-Bundesliga spüren sie schon heute etwas vom Eiseshauch der kommenden Jahreszeit. Von Köln bis Hamburg stehen sie mit dem Rücken zur Wand. Wer jetzt noch kein wärmendes Punktepolster hat, den fröstelt’s. Also kittet man die Lücken, durch die der Wind pfeift. Leute, macht die Schotten dicht. Wer schwächelt, konzentriert sich aufs Wesentliche, rührt am besten Beton in der Abwehr an. Für den 1. FC Köln hat’s gewirkt wie ein Wellenbrecher gegen die gefürchtete Stuttgarter Springflut. Selbst Dortmund griff zum bewährten Hausmittel, eine Führung über die Zeit zu retten, um endlich eine Auswärtsserie zu beenden, die eines Klubs mit den Ansprüchen und brasilianischen Elementen der Borussia einfach nicht würdig ist. Generell war herzlich wenig Gute-Laune-Fußball zu besichtigen am achten Spieltag der Besten der Republik. Nicht einmal im Münchner Olympiastadion, wo doch der FC Bayern die Berliner mit der Hypothek einer weiteren herben Niederlage nach Hause schickte, wertete Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge das Gesehene als nicht vergnügungssteuerpflichtig. Die wurde, nimmt man das Echo am Schauplatz zum Maßstab, nur in Bochum fällig. Sehr zum Unwillen der Lauterer, bei denen sich Stürmer Marian Hristow als Flegel outete. Was Thomas Brdaric und Frank Rost in Hannover aufführten, war ebenfalls getragen von einer Übellaunigkeit, die keinen Raum läßt für Konsens unter Kollegen.“
Ein Verein, der Trainer-Entlassungen zur Vereinsfolklore zählt
Josef Kelnberger (SZ 6.10.) behauptet: „Ein Verein kann sein Fanvolk auch erziehen im Umgang mit seinem wichtigsten Angestellten. Ungefiltert jedenfalls ist Volkes Stimme ein zwiespältiger Ratgeber. In Hamburg, zum Beispiel, wollten sie vor zwei Wochen Stürmer Barbarez aus der Mannschaft pfeifen, weil er zu faul sei, am Samstag stand er grinsend vor der Fankurve und deutete auf seinen Namenszug: Barbarez, Schütze des 1:1 und des 2:1. Das Volk jubelte ihm zu. Der mündige Fan im Stadion ist ein hehres Ideal, aber nur selten anzutreffen wie damals in der Initiative 15:30, die für fanfreundlichere Anstoßzeiten kämpfte. Schmährufe auf Scheiß-Millionäre mag man als Aufschrei gegen die Entfremdung zwischen Fan und Profi werten, bleiben aber ungehört, solange die Zuschauerzahlen nicht sinken. Der Sitzstreik, mit dem Dortmunder Fans die Abfahrt des Mannschaftsbusses verzögerten, hat immerhin den Dialog mit den Profis erzwungen. Die meiste Wirkung entfaltet Volkes Stimme aber immer, wenn sie sich gegen den Trainer wendet. Und wenn sie Christoph Daum fordert, wie in Köln, ist die Not besonders groß. Kölns Manager Andreas Rettig stärkte Trainer Funkel den Rücken. Er wurde belohnt mit einem 0:0 beim VfB, doch über den Berg ist er noch lange nicht in einem Verein, der Trainer-Entlassungen zur Vereinsfolklore zählt.“
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