Ballschrank
Neues aus dem europäischen Fußball: Juve, Milan, Holland, Österreich
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| Donnerstag, 25. März 2004AC Milan besiegt Juve im Spitzenspiel der Serie A – AC Como: Abstiegskandidat in idyllischer Landschaft – neues von der Insel: Beckham will keine Nudeln frühstüken, und der Fan-Oscar geht nach Schottland – Diskussionen über Fußballstil in Holland: Romantik oder Neorealismus? – Reformen in Österreich? – aus der Umkleidekabine in Nizza u.v.m.
Italien
Birgit Schönau (SZ 24.3.) sah das 2:1 des AC Milan über die „vecchia signora“ aus Turin. „Es hat ein Nachspiel gegeben im Ristorante Cracco Peck am späten Samstag Abend. Adriano Galliani und Antonio Giraudo waren in dem Mailänder Feinschmeckertempel verabredet; der Vizepräsident des AC Mailand und der mächtige Manager von Juventus Turin sind seit vielen Jahren eng verbandelte Geschäftspartner. Giraudo und Galliani waren seinerzeit die ersten, die Verträge ihrer Klubs mit dem Pay-TV aushandelten, sie teilen Sponsoren und Ausrüster und haben ein Stillhalteabkommen für den Transfermarkt abgeschlossen: Zeigt Juve Interesse an einem Spieler, kann sie sicher sein, dass ihr Milan nicht in die Quere kommt und umgekehrt. Zu den in letzter Zeit tumultartigen Versammlungen der Profiliga, der Adriano Galliani vorsteht, fahren die beiden Partner gern gemeinsam vor Â- eine Geste, die manch anderer Klubpräsident als Provokation empfindet, allen voran Inter Mailands Chef Massimo Moratti. Der ist im Bunde der Mächtigen schon lange nicht mehr der Dritte. Auch bei Peck saß Moratti nicht mit am Tisch, dennoch dürfte er sein Glas auf das Paar Giraudo-Galliani erhoben haben. Milan – Juve 2:1, der Dritte schlägt den Tabellenführer, da freut sich Inter auf Platz zwei. Große Erwartungen waren an die Partie geknüpft, vor allem von Seiten des AC Mailand, der das Match als letzte Chance im Endspurt um den Titel begriff. Juve-Trainer Marcello Lippi sah das ähnlich: „Wenn wir es schaffen, unseren Vorsprung auf elf Punkte zu strecken, ist Milan faktisch draußen. In jedem Fall wird es ein tolles Spiel.“ Damit zumindest behielt Lippi Recht. Als wenn die Qualifikation ins Viertelfinale der Champions League nach Jahren der Dürre sie neu beflügelt hätte, spielten Milan wie Juve ausdauernd nach vorn. Die Veteranen Paolo Maldini und Billy Costacurta verteidigten ihren guten Ruf: Für Maldini war es das 500., für Costacurta das 400. Spiel in der Serie A, die Show stahl ihnen allerdings ein Mann aus der Ukraine. Von Andrej Schewtschenko hatte man zuvor Monate lang nichts Gutes gehört: Verletzungspausen, Formtief, Torabstinenz. Noch vor Wochenfrist wollte er am liebsten weg aus Mailand, anstatt weiter auf der Bank zu versauern. Trainer Carlo Ancelotti stellte ihn zuletzt partout nicht auf, obwohl Präsident Silvio Berlusconi darauf drängte. Er hat ein Auge auf den flinken Schewtschenko geworfen, der irgendwie zur Familie gehört, seitdem er von Berlusconis Sohn Piersilvio dessen Freundin geerbt hat.“
Dirk Schümer (FAZ 24.3.) auch. “So hatte ausgerechnet Filippo Inzaghi das Spiel entschieden und die Meisterschaft wieder spannender gemacht. Der hagere Inzaghi ist inzwischen für knapp vierzig Prozent aller Tore seines Teams in dieser Saison verantwortlich. Was in der Theorie so einfach scheint, nämlich den vorhersehbaren FlieÃband-Torschützen mit aller Macht auszuschalten, erscheint bei dessen Schlitzohrigkeit und Abgeklärtheit im Moment kaum möglich. Juventus tröstet sich nun weiter mit der Tabellenführung, während mit Inter Mailand der dritte GroÃklub aus dem Norden in Wartestellung auf den ersten nationalen Titel seit fast zwanzig Jahren verbleibt. Alle diese drei reichen Vereine – in Händen der norditalienischen Industriellenfamilien Agnelli, Berlusconi und Moratti – stehen auch im Viertelfinale der Champions League und haben damit die namhaften Investitionen in Spitzenkräfte gerechtfertigt. Damit hat sich also die alte Hoheit der norditalienischen Traditionsklubs, die auch die wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse im Land widerspiegelt, weiter gefestigt. Und daà nach dem Wiedererstarken von AC Mailand an diesem Wochenende irgendein anderer Verein überraschend zu den GroÃen Drei aufschlieÃen könnte, glaubt in Italien niemand mehr.“
Peter Hartmann (NZZ 25.3.) liefert einen atmosphärischen Bericht vom italienischen Abstiegskandidaten aus Como. “Vom Lungo Lario Trieste, der Seepromenade, sind es noch ein paar Schritte durch das Spalier einiger Dutzend Carabinieri, und du fragst dich, was dieses Aufgebot soll an diesem heiteren Sonntagnachmittag. Am Eingang des Stadio “Sinigaglia“ stehen schweigsame Männer, vor ihnen eine Kartonschachtel mit Schlitz: Sie sammeln Geld für Adriano Lombardo, den früheren Spieler von Como Calcio. Lombardo ist das letzte bekannt gewordene Opfer der heimtückischen Nervenkrankheit ALS, die in Italien 45 Fussballer befallen hat, eine seltsame Häufung, und 13 von ihnen sind bereits tot. Auf dem breiten Asphaltband vor den Aufgängen zur Tribuna Centrale spazieren Familien mit Kindern auf und ab und begrüssen sich, und niemand erinnert sich, dass hinter diesen Mauern vor drei Jahren der Como-Spielführer Ferrigno in der Kabine einen Gegner fast tot prügelte. Von Sitz 1543, Reihe 12, Sektor E, hast du Ausblick auf die Hügel mit den märchenhaften Herrschaftsvillen, auf das Dorf Rovenna oberhalb von Cernobbio, auf ein Stück See, und links oben im Panorama siehst du die A9 mit dem ständigen Fluss winzig kleiner Fahrzeuge. Am dunstblauen Himmel kreist ein silbriges Wasserflugzeug, und während der Speaker die Namen der Spieler herunterliest, parlieren die Leute, 1517 zahlende Zuschauer und vielleicht 4000 Abonnenten, einfach weiter, kein Beifall, kein Pfiff, und fast unbemerkt beginnt das Ereignis, Como gegen Bologna. Und dann schaust du kaum noch auf die idyllische Kulisse. Denn auf dem Rasen läuft ein richtiges Fussballspiel. Como ist die Squadra maledetta der SerieA, zum Mauerblümchen verdammt, klebt seit Meisterschaftsbeginn am Tabellenschwanz, ohne Chance zum Mitspielen, von den Schiedsrichtern missachtet, bis der Präsident Enrico Preziosi, der König des italienischen Spielzeuggeschäfts mit einer halben Milliarde Euro Jahresumsatz, die Herren im Verbandspalast als “Mafiabande“ beschimpfte und von ihnen mit Sprechverbot belegt wurde. In der kalten Nacht vom 18.Dezember brach die Hölle los: Als der Schiedsrichter im Nachholspiel gegen Udinese (Anfang Dezember war das Stadion “Sinigaglia“ vom Seewasser überschwemmt worden) beim Stand von 0:1 den dritten Penalty verhängte, versuchten die Como-Ultras den Drahtzaun zu stürmen und warfen alles, was auf der Baustelle der neuen Tribüne nicht niet- und nagelfest war, auf das Feld. Como wurde mit einer Platzsperre für vier Spiele belegt. Der cholerische Padrone hatte diesen GAU nicht nur mit Worten provoziert, sondern auch mit seiner Transferpolitik: Como war innert zweier Jahre von der Serie C1 bis in die höchste Klasse durchgestartet, aber im vergangenen Sommer verscherbelte Preziosi 18 Spieler, praktisch das gesamte Kader, auch den Publikumsliebling, den belgisch-brasilianischen Goalgetter Oliveira.“
Spanien
Zur Lage bei Real Madrid NZZ
England
Newsflash
Fulham beendet Suche
Mohamed Al Fayeds Club FC Fulham will nun wieder in sein angestammtes Stadion an der Themse, das über 100 Jahre alte Craven Cottage, zurückkehren. Zu hohe Baukosten, kein geeigneter Bauplatz sowie Anwohner- und Fanproteste haben Al Fayed veranlasst, die ursprünglichen Pläne eines Stadionneubaus bzw. einen ständigen Umzug nach Stamford Bridge, das Stadion im reichen Südviertel Chelsea, zu verwerfen. Nächste Saison wird Fulham noch zu Gast an der Loftus Road sein, Heimstätte der Queens Park Rangers, doch spätestens zur Saison 2004/2005 wird das Craven Cottage neue alte Heimat. Al Fayed stimmte die Fans allerdings auf anzupassende Ziele ein, d.h. mit den geringen Einnahmen, die im kleinen Craven Cottage zu erzielen sind, dürfte ein internationaler Startplatz in weite Ferne rücken (mehr).
Länderspiel findet statt
Trotz geballter Sicherheitsbedenken findet das Qualifikationsspiel zwischen Liechtenstein und England in Vaduz statt, wie die Fifa bekannt gab. Die interessante Mischung aus Befürchtungen über Ausschreitungen englischer Fans, Anschläge von Terroristen auf das englische Team und gewaltsame Demonstrationen von Friedensaktivisten hatten Stimmen über eine Verlegung des Spiels laut werden lassen (mehr).
Arsenal klagt an
Arsenal hat bei der Uefa offiziell Beschwerde eingelegt, nachdem im Champions-League-Spiel im spanischen Valencia mehrere Londoner Spieler, insbesondere Henry, Wiltord, Viera und Campbell rassistischen Beschimpfungen aus dem Publikum ausgesetzt waren. Die Uefa versprach eine Prüfung der Ereignisse und wollte nicht ausschlieÃen, dass Valencia das nächste Spiel ohne Publikum bestreiten muss (mehr).
Fan-Oscar
Martin Pütter (NZZ 25.3.) meldet aus Schottland. “Der Oscar für den besten Fan-Gesang geht – zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren – an die Anhänger von Inverness Caledonian Thistle. Der Tabellendritte der schottischen First Division warf am Sonntag im Cup-Viertelfinal den schottischen Meister Celtic Glasgow mit 1:0 aus dem Wettbewerb. Das veranlasste die Fans auf den Rängen des Caledonian Stadions, den Sieg mit einem Lied aus dem mit Oscars überhäuften Musical Mary Poppinszu feiern. Voller Inbrunst sangen sie: “Super Caledonian Thistle, Celtic are atrocious“ (Celtic ist grauenhaft), zur Melodie des Liedes mit dem zungenbrechenden Titel “Supercalifragilisticexpialidocious“.“
Beckham und Giggs unterstützen Proteste
Mit den Worten: “Es ist nicht einfach, früh um Neun Pasta zu essen.“ wehrt sich David Beckham gegen Spiele, die bereits um 12 Uhr angepfiffen werden. Da sich bereits eine Fanvereinigung gegen die vermehrte Austragung der ManU-Spiele um diese Zeit ausgesprochen hatte und ihr Anliegen in Kürze gar im Parlament vorbringen will, fühlten sich Giggs und Beckham berufen, ebenfalls ihre Unmut kund zu tun (mehr).
Spiele der Premier League
Arsenal London vs. FC Everton 2:1
Einen glücklichen Sieg konnte Arsenal im heimischen Highbury feiern, nachdem Patrick Viera in der 64. Minute den so wichtigen, allerdings umstrittenen zweiten Treffer erzielte. Sowohl Dennis Bergkamps Klammern als auch Freddy Ljungbergs Torwartbehinderung konnten Schiedsrichter Wiley nicht dazu bewegen, dem Treffer die Gültigkeit zu versagen. Den schönsten Treffer des Spiels erzielte allerdings Englands neuer Wunderstürmer Wayne Rooney, genannt das Fass, als er Arsenals Verteidiger Cygan ganz alt aussehen lieà und aus scheinbar aussichtsloser Situation abgezockt den Ball im langen Eck einnetzte. Quasi als Belohnung erhielt Rooney von Nationalcoach Eriksson den Ruf in die englische Nationalmannschaft und wird gegen Liechtenstein wohl sein erstes Cap in der Nationalmannschaft erhalten.
Manchester United vs. FC Fulham 3:0
Fast im Alleingang besiegte der Holländer Ruud van Nistelrooy die Hauptstädter vom FC Fulham. Durch drei Treffer in der 45., 68. und 90. Minute unterstrich van Nistelrooy seine herausragende Form. Mit nunmehr 15 Treffern in der Premier League, vier Treffern im FA Cup und zwölf Treffern in der Champions League gehört der Holländer derzeit zum Besten, was die Stürmergilde in Europa zu bieten hat. Für Manchester war der Sieg sehr wichtig, konnten sie den Abstand zu Meister Arsenal weiterhin gering halten.
Frankreich
Christian Eichler (FAZ 25.3.) berichtet von der Ãberraschungsmannschaft aus Nizza, die vom Deutschen Gernot Rohr trainiert wird. “Der Trainer trägt noch Boxershorts, der Krawatte fehlt noch die letzte Schleife, einen Moment bitte: Bin gleich da, ruft er. Der Reporter nutzt die Zeit, im Umkleideraum herumzuschnuppern. Es riecht nach Massageöl. Spieler kommen unverhüllt aus der Dusche, andere binden sich schon ihre Goldketten um; dazwischen Kameraleute, Journalisten. Der Gast nimmt sich zusammen: nur nicht herumglotzen; lässig tun, als wäre das alles selbstverständlich. Was schwerfällt, wenn man aus einem Land kommt, in dem Reporter drauÃen drängeln, um irgendwann im Vorbeigehen Wortschnipsel von fertig gefönten maulfaulen Profis aufzuschnappen. Nizza ist anders, ein Paradies für FuÃballreporter. Man schlendert herum, führt Interviews mit Spielern, die sich dabei den Rücken rubbeln, die Achseln sprayen oder den Gluteus cremen. Und kann neben aktuellen Zitaten auch zeitlose Erkenntnisse darüber gewinnen, warum der FuÃball manchen Menschen Körper wie griechische Statuen schenkt und anderen O-Beine (…) Sie sehen, sagt Gernot Rohr und lächelt, hier rennt nach einer Niederlage keiner mit dem Kopf gegen die Wand. 0:1 gegen Olympique Lyon, den wiedererstarkten Meister, Saisonetat 60 Millionen Euro, das war ein sehr unglückliches Resultat für den OGC Nizza, Etat 15 Millionen, nach überlegenem Spiel, nach Pfostentreffer und aberkanntem Tor. Es war die erste Heimniederlage für den Aufsteiger nach 14 Spielen. Und ein Signal, in der Realität der ersten Liga angekommen zu sein. Trainer Rohr hatte schon lange so etwas erwartet, nachdem der Klub die Lizenz wegen unsauberer Geschäfte der Vorbesitzer endgültig erst zwei Wochen vor Saisonbeginn erhalten und kaum Zeit für eine gründliche Vorbereitung gefunden hatte. Man darf nicht vergessen: Es ist eine kleine Mannschaft, die monatelang über dem Level gespielt hat, sagt Rohr. Irgendwann muà man das bezahlen. Lange stand Nizza oben, nun sind die Etablierten wieder unter sich: Meister Lyon, der durch den Brasilianer Juninho in der 84. Minute den vierten Sieg nacheinander erzielte, einen Punkt hinter Monaco und Marseille. Die GroÃen haben gelernt, die kleinen Niçois nicht mehr zu unterschätzen. Vor der Saison, als Nizza der Zwangsabstieg in die dritte Liga drohte, als man schnelles Geld und billige Spieler brauchte, da haben uns alle belächelt und bedauert: ach, die Armen, erinnert sich Rohr, und haben uns Spieler geliehen. Nun, in der Winterpause, wollte uns keiner mehr Spieler geben. Wir waren Konkurrenten geworden. Die Vorrunde in Nizza war das kleine FuÃballwunder der Saison, die Rückrunde muÃte ein Stück aus der Realität werden.“
Niederlande
Christoph Biermann (SZ 25.3.) sah das 2:0 des vermeintlichen holländischen Meisters PSV über Ajax. “Spaà hatte es niemandem gemacht, und dann musste Ronald Koeman auch noch warten. Erst hatte der Trainer von Ajax Amsterdam das lausige Spitzenspiel der holländischen Ehrendivision in Eindhoven verloren, dann kam sein Kollege Guus Hiddink nicht zur Pressekonferenz. “Vielleicht muss er noch eine Polonaise machen“, sagte Koeman. Nach dem 2:0 über Ajax ist die Meisterschaft für den PSV Eindhoven nämlich so gut wie entschieden. Dafür sprechen nicht nur die zehn Punkte Vorsprung, es stellt sich auch die Frage, gegen wen der Philips-Werksklub nach 13 Punktspiel siegen in Serie überhaupt verlieren soll. Nur einmal ist die Mannschaft in dieser Saison geschlagen vom Platz gegangen und hat in 25 Punkterunden erst elf Gegentore hinnehmen müssen. Als Hiddink endlich doch kam, wollte er jedoch nichts von Polonaisen oder geköpften Champagnerflaschen wissen, “weil darin bislang nur Limonade ist“. Das war der gleiche Zweckpessimismus, der in Deutschland auch von Ottmar Hitzfeld zu hören ist. Andererseits hatte die vorangegangene Partie geprickelt wie abgestandenes Zuckerwasser. Der Brunchkick, aus Sicherheitsgründen und auf Wunsch des Fernsehens schon um 13 Uhr angepfiffen, erwies sich als müder Anti- Klimax zur Mittagszeit. Nicht einmal die Bösartigkeiten von der Tribüne (“Bush: Vergiss Amsterdam nicht“, stand auf einem Transparent in der PSV-Kurve) heizten das Spiel richtig an. De Volkskrant bewertete die Partie als “eine Parodie auf SpitzenfuÃball“, und keiner der heimischen Beobachter konnte sich an eine schlechtere Begegnung zwischen den beiden GroÃen des Landes erinnern (…) Hiddink hat sich zunächst auf die Stabilisierung der Abwehr konzentriert. Seit der PSV im vergangenen Herbst in der Champions League an Borussia Dortmund und Arsenal London scheiterte, “sind wir in der Defensive nicht mehr so naiv“, sagte er. Die Null steht in Eindhoven immer häufiger, und damit wird Hiddink zum Protagonisten für den schleichenden Wandel der holländischen FuÃballkultur. Eine solche in Holland schon als “nieuw realisme“ beschriebene Haltung scheint sich im Land der Sachwalter des schönen FuÃballs inzwischen auf breiter Basis durchzusetzen. Sie war auch bei den Auftritten von Ajax Amsterdam in der Champions League zu erkennen. Mitunter aufregend, im Notfall aber auch mal streng defensiv, qualifizierte sich das Team fürs Viertelfinale.“
Stefan Hermanns (Tsp 25.3.) analysiert die Diskussion um den Stil des holländischen Tabellenführers. “Dem Verdacht, zu schön zu spielen, hat sich der PSV in dieser Saison nur selten ausgesetzt. Im Gegenteil. “Die Mannschaft, die Meister wird, spielt im Moment den hässlichsten FuÃball“, hat die Zeitung “De Volkskrant“ über Hiddinks Team geschrieben. In solchen Sätzen spiegelt sich auch die spezifisch holländische Vorstellung vom FuÃball wider, der schön und atemberaubend zu sein hat, und nicht nüchtern und manchmal dröge wie das Spiel der ungeliebten Deutschen. Hiddink hält diese Idee in ihrer holländischen Entschiedenheit für weltfremd. “International ist man immer auf das Resultat fixiert“, sagt der Trainer. Und offensichtlich merken das inzwischen auch die Niederländer. Das “Algemeen Dagblad“ hat einen Mentalitätswandel im Lande ausgemacht: “In Holland gibt es nach dem Verpassen der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr und den enttäuschenden Leistungen in der Champions League das Bedürfnis, endlich mal wieder gute Ergebnisse zu erzielen. Und die dürfen ab und zu auch etwas weniger ethisch zu Stande kommen.“ Früher wäre das unmöglich gewesen. “Das war wie Fluchen in der Kirche“, sagt Hiddink. Mit seiner Mannschaft hätte er demnach in dieser Saison Blasphemie in Fortsetzung betrieben.“
Ã-sterreich
Zu Reformvorhaben in Ã-sterreich lesen wir in der NZZ (25.3.). “Der Präsident der Bundesliga und stellvertretender Präsident des Ã-FB Frank Stronach präsentierte unter dem Codewort “JUNO“ die Idee, die “Jung-Nationalspieler“ in einem eigenen Team zusammenzufassen und abwechselnd gegen die zehn Bundesligaklubs spielen zu lassen. Diese Partien sollen zusätzlich zum Meisterschaftsbetrieb unter der Woche ausgetragen werden. Dabei könnten die Spieler früher als bisher Bundesligaerfahrung sammeln und an internationales Niveau herangeführt werden. Der gut gemeinte, aber nicht ganz ausgegorene Vorschlag wurde von vielen Trainern und Klubfunktionären als unrealistisch und undurchführbar bezeichnet. Einen anderen Ansatz bietet der nicht ganz neue Vorschlag, eine fixe Liga mit zwölf Teams ohne Auf- und Absteiger zu etablieren. Diese den amerikanischen Profiligen nachempfundene Variante böte den Vorteil, dass die Klubs ohne Druck, kurzfristig erfolgreich sein zu müssen, den eigenen Nachwuchs stärker forcieren könnten. Allerdings würden die fehlende Spannung im Abstiegskampf und die Konzentration auf die (zentrale) Vermarktung solcher “Events“ den Sport wie in den USA immer stärker in den Hintergrund drängen. Ein solches Konzept, das für österreichische Voraussetzungen zudem vorsah, jedem Bundesland einen und Wien zwei Klubs zu gewähren, wurde schon vor einigen Jahren als “Bundesliga 2000“ diskutiert. Zuletzt geisterte auch die Idee einer gemeinsamen Liga mit der Schweiz durch die Medien. Unter dem Arbeitstitel “Alpen-Liga“ wurden öffentlich mögliche Kooperationspläne gewälzt, ohne das Modell zu Ende zu denken. Was würde die Uefa zu solchen Plänen sagen? Wie soll die Qualifikation für die Champions League und den Uefa-Cup vorgenommen werden? Wie gross ist das Zuschauerinteresse bei einer grenzüberschreitenden Liga? Welche Massen würde eine Partie wie etwa Thun gegen Ried bewegen? Der Bundesliga-Vorstand Peter Westenthaler ist zu einer offiziellen Mission in der Schweiz aufgebrochen, um mit möglichen Partnern die Umsetzbarkeit der Idee zu überprüfen. Inzwischen wurden die ambitionierten Pläne auf einen möglichen Play-off-Wettbewerb der jeweils besten vier bis sechs Klubs zum regulären Championat oder eine Ausweitung der nationalen Cup- Konkurrenz reduziert. Der vagen Hoffnung auf bessere oder zusätzliche Verwertungsmöglichkeiten solch eines Modells stehen aber noch sehr viele Ungewissheiten gegenüber.“
Gewinnspiel für Experten