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Nationalmannschaft

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Nationalmannschaft

Gegen die Großen der Fußballwelt kann die deutsche Nationalmannschaft nicht gewinnen; oder besser: noch nicht. Das sind die gefestigten Erkenntnisse aus der 1:3-Niederlage des Teams von Teamchef Rudi Völler gegen Spanien auf Mallorca. Allerdings hatte der verjüngte Vize-Weltmeister des letzten Jahres einige wichtige Spieler zu ersetzen und konnte das Spiel bis auf die Schlussphase offen gestalten. Der Tagesspiegel sah ein „defensives Deutschland“, die FR immerhin „eine Niederlage, die Mut macht“. Alles in allem wenig mediale Aufregung um den unbedeutenden und eigentlich gefälligen Testspielauftritt.

Demzufolge zeigen sich heute alle Tageszeitungen unisono ob der rabiaten Reaktionen der Spieler verwundert. Insbesondere der um Dominanz bemühte Kapitän Oliver Kahn, „das brüllende Zentralorgan” (FAZ), nutzte einen seiner letzten internationalen Auftritte in dieser Saison, um auf die Pauke zu hauen (Wenn ich als deutsche Nationalmannschaft hier spiele, muss ich einen ganz anderen Geist, ein anderes Herz zeigen und darf mich nicht so vorführen lassen.). Und in der taz liest man: „In hohem Bogen, aber ohne ihnen nachzublicken, warf er seine Torwarthandschuhe hinter sich. Es gab ein paar Ordner, die das Pech hatten, ihm auf seinem Marsch in die Umkleidekabine im Weg zu stehen; sie sprangen – wirklich: sie sprangen – schnell zur Seite. Noch auf dem Rasen hatte er sich mit einer rüden Geste geweigert, mit Casillas, seinem jungen, spanischen Gegenüber, das Trikot zu tauschen.“ Aber auch einige Kollegen Kahns sowie Völler zeigten sich entweder bitter enttäuscht oder übellaunig. „Vermutlich war es eine Weltneuheit, die man in Palma erleben durfte: dass Fußballer die eigene Leistung kritischer als die Kritiker betrachteten“, fasst die taz die seltsamen Wahrnehmungsdifferenzen treffend zusammen.

Erwartungsgemäß kommentierte die spanische Presse reflexhaft den Erfolg über die wenig geliebten „teutonischen Quadratschädel“ mit höhnischer Genugtuung, so dass die SZ resümieren darf: „Auf der Suche nach Anerkennung sind die Deutschen nicht vorangekommen, nicht mal auf ihrer Lieblingsinsel.“

Ronald Reng (taz 14.2.) wundert sich über die Reaktionen nach dem Spiel. “Die Niederlage im Testspiel gegen Spanien ließ bei den deutschen Spielern einen unendlichen und in der Heftigkeit verblüffenden Zorn auf sich selber zurück. Die meisten Zuschauer hatten ein gefälliges Match gesehen, wenngleich den Deutschen der letzte Einsatz, die letzte Konsequenz fehlte, ein typisches Freundschaftsspiel halt. Bloß die Mannschaft selbst sah ein Desaster. Einige bei uns müssen aufwachen und wieder verstehen, worum es in einem Länderspiel geht, zürnte Kahn, da muss mehr Herz, mehr Geist rein. Sie hätten zu wenig getan, beschwerte sich Dortmunds Verteidiger Christian Wörns, an diesem Abend der beste Deutsche, über sich selbst: Andauernd kamen wir zu spät. Und dem Bundestrainer Rudi Völler, im Bild der Öffentlichkeit der netteste Kerl von nebenan, zitterte vor Ärger der Schnauzer. Schon bei der ersten halbwegs kritischen Anmerkung verlor er auf der Pressekonferenz die Fassung: Total bescheuerte Frage, fuhr er den Reporter an. Nüchtern, mit dem Abstand von 36 Stunden besehen, waren die Wut und die Selbstbeschuldigung der Deutschen irrational überzogen. Sie hatten 75 Minuten zwar freundschaftlich unbekümmert, aber nicht viel schlechter als die Spanier gespielt (…) Diese Mannschaft wird offenbar getrieben vom Glauben, sie müsste etwas nachreichen; sie müsste ihren zweiten Platz bei der WM 2002 mit Weltklasseleistungen nachträglich rechtfertigen, weil sie auf dem Weg ins Finale in Japan und Südkorea keinen namhaften Gegner besiegen musste. Aber genau deshalb haben sie in Palma verloren: Weil sie glaubten, sie müssten wie das beste Team der Welt spielen. Vor allem die zentralen Mittelfeldspieler Jeremies und Carsten Ramelow waren zu sehr beschäftigt, sich in die Offensive einzumischen, schöne Kurzpässe zu spielen. Das, was Deutschland bei der WM stark gemacht hatte, die defensive Organisation, die physische Präsenz, kam sträflich zu kurz. Wie viel Raum und Zeit Spaniens Spielgestalter Ruben Baraja hatte, war atemberaubend.“

Christoph Kneer (FTD 14.2.) meint dazu. “Es ist ein ziemlich wunderliches Länderspiel gewesen in Palma de Mallorca, und so recht verstand hinterher niemand, warum sich ausgerechnet in Deutschlands fröhlichstem Bundesland so schwere Gedanken hineinschlichen in die deutschen Köpfe. Als Zuschauer hatte man das Gefühl, ein ganz manierliches Länderspiel gesehen zu sehen – mit einer deutschen Elf, die zumindest eine Stunde lang auch nicht schlechter Sport trieb als die Gastgeber (…) Niemand hatte die deutsche Nationalelf angeklagt, aber sie verteidigte sich trotzdem. Wenn nicht alles täuscht, hat das Team eine Art FC-Bayern-Krankheit befallen. Dort wurde von den Verantwortlichen im Sommer „das weiße Ballett“ in Auftrag gegeben, worauf die Truppe vor lauter Schönspielerei ein Weilchen vom Wege abkam, bis sie sich wieder der alten Tugenden besann. Im Falle Deutschland scheint es, als habe sich im Team unbewusst ein Revanchegedanke verselbstständigt – gegen alle, die lästern, die Mannschaft sei eher zufällig WM-Zweiter geworden. Als wollte sie der Welt beweisen, dass man Fußball spielen kann wie ein Vizeweltmeister.“

Jan Christian Müller (FR 14.2.) fühlt sich durch die Äußerungen Oliver Kahns nach dem Spiel an dessen Aussagen nach dem schmachvollen Auftritt bei der EM 2000 erinnert, aber “anders als nach der Schmach gegen Portugal, als die deutsche Öffentlichkeit dem Selbstankläger Kahn in allen Punkten Recht gab, dürfte es nach der keineswegs überraschenden Niederlage gegen starke Spanier weniger mediale Unterstützung für den Poltergeist aus München geben. Denn tatsächlich hatte eine ihrer zentralen Ideengeber von Weltklasse, Dietmar Hamann und Michael Ballack, beraubte deutsche Nationalmannschaft ja auf Mallorca lange Zeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten Fußball gearbeitet. Erst ganz am Ende, als der atemberaubende Rául und der eingewechselte Guti den verdienten Sieg fest machten und Kahn wie tollwütig den Ball gen Himmel bolzte, brach in einer durch viele Auswechslungen ihrer Statik beraubten deutschen Elf das Chaos aus. Es gibt also Anlass, milder zu urteilen, als Kahn dies getan hat (…) Rudi Völler tat es weh, dien Spiegel vorgehalten zu bekommen. Immer wieder seit seinem Amtsantritt im Sommer 2000 hatte er wiederholt, es gebe im Weltfußball keine Kleinen mehr. Jetzt muss er zähneknirschend erkennen, dass es jedoch nach wie vor ein paar Große gibt und dass Deutschland nur im Juni 2002 dazugehörte. Davor nicht und danach nicht. Dafür war die technische Überlegenheit der Spanier zu deutlich, ebenso wie die Probleme von Ramelow, Böhme, Bobic, Klose, auf höchstem internationalen Niveau auf Sicht mithalten zu können. Derlei, und das macht trotz der Niederlage durchaus Hoffnung, ist von den jungen Tobias Rau und Benjamin Lauth, die beide achtbar mitspielten, durchaus zu erwarten.“

Michael Horeni (FAZ 14.2.) rückt die Bedeutung der Tesspielniederlage zurecht. “Die Niederlage auf Mallorca war vermeidbar, individuelle Schwächen waren unverkennbar, und auch bedingungsloser Einsatz für den deutschen Fußball bis zur letzten Minute sieht anders aus. Da muß man aber nach einem Spiel, das über eine Stunde lang zwar nicht begeisterte, Testansprüchen mit Debütanten und Talenten aber allemal genügte, nicht so wie der Kapitän tun, als stünde das Ansehen der Nationalelf auf dem Spiel. Ein bißchen realistische Bescheidenheit wäre nicht das Schlechteste in einem Fußballjahr, das für die Glückskinder des vergangenen Sommers viel Qualifikationspflicht und wenig Kür im Programm bereithält. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und ansonsten neue Kräfte zu testen gehört für eine Mannschaft, die noch einen weiten Weg bis zu einem internationalen Topteam vor sich hat, zu den Herausforderungen, die einander auch mal widersprechen können. Ein bißchen weniger Kollegenschelte des Kapitäns hätte auch den Blick dafür frei gemacht, daß mit Rau und Lauth zwei Debütanten dabei waren, die sich tatsächlich noch als wertvolle Ergänzungen bis zur Europameisterschaft erweisen können. Daß der Teamchef mit seinen zahlreichen Auswechslungen nach gut einer Stunde von außen das falsche Zeichen gab, die Pflicht dieses Tages sei weitgehend erledigt, ist mindestens so ärgerlich wie manche Nachlässigkeit auf dem Platz. Diese pragmatische Zurückhaltung in einem Testspiel, die nicht zuletzt den Interessen der Bundesligavereine geschuldet ist, gehört beklagt – und wurde von den Spaniern auch gleich bestraft. Aber ein Grund, nach dieser selbstverschuldeten Niederlage gleich den Notstand auszurufen, ist sie nicht. Dafür haben der Teamchef und die Nationalspieler im Ernstfall zuviel Vertrauen gewonnen.“

Philipp Selldorf (SZ 14.2.) fragt. „Wo steht der deutsche Fußball in der Welt? Diese nationale Schicksalsfrage lässt nach dem Spiel gegen Spanien wieder mal das Land rätseln. Auf dem Globus bleibt viel Platz für Völlers Mannschaft. Man könnte sich an Resultaten orientieren und feststellen: Irgendwo vor Litauen und den Färöer- Inseln und hinter Brasilien, Holland und dem Noch-nie-Weltmeister Spanien rangiert das Team im gehobenen Mittelmaß, aber das ist eine statistische Einordnung. Sie ist von schmerzhafter und beinahe grausamer Klarheit, doch vom Geist des Buchhalters erfüllt. Anspruch und Selbsteinschätzung liegen höher, wie die zornigen Reaktionen nach dem weder peinlichen noch enthüllenden 1:3 offenbaren.“

Spielbericht SZ

Jan Christian Müller (FR 14.2.) erklärt das Nachlassen der DFB-Elf gegen Ende des Spiels. “Jetzt ist es so, dass Länderspiele wieder hineingepresst werden in den Rahmenterminkalender und es nicht verwundern darf, wenn Männer wie Klose oder Ramelow sich nicht binnen weniger Tage gedanklich aus dem Abstiegskampf verabschieden können. Oliver Kahn verlangt das zwar, aber er verlangt damit zu viel. Und er tut seinen Kollegen keinen Gefallen, wenn er sich mit seiner Brachial-Rhetorik über sie stellt, wenn er die Schwäche der anderen aus einem Gefühl der eigenen Stärke heraus kritisiert. Ein Team bringt so etwas in seinem labilen Gefüge nicht weiter.“

Zu den höhnischen Schlagzeilen in den Gazetten Spaniens bemerkt Ronald Reng (FR 14.2.). “Welch merkwürdigen Ruhm der Münchner Torwart dank all seiner Klasseparaden in den vergangenen Jahren im Ausland erlangt hat, wurde selten besser deutlich als in der Nacht von Mallorca. Jede Ballberührung Kahns brachte die rund 15.000 Spanier unter den 19.000 Zuschauern auf, sie schimpften und pfiffen. Sie sind besessen von ihm, als würde der Sieg der eigenen Elf erst dadurch großartig, ihn zu schlagen. Eine andere Sportzeitung schrieb: Päng, päng, die zwei Tore von Stürmer Rául sind gekrönt worden dadurch, dass sie gegen Kahn fielen. Es ist der klassische Minderheitskomplex des Kleinen, dem der Sieg weniger bedeutet als die Tatsache, den Großen besiegt zu haben. Und so ist es wenig verblüffend, dass der Kahn-Fanatismus in England und Spanien am wildesten ist – in den beiden Fußball-Ländern, die seit jeher große Vereinsteams und exzellente Spieler hervorbringen, aber beide seit fast 40 Jahren mit der Nationalelf keine Meisterschaft mehr gewonnen haben. So erklärt es sich auch, dass die meisten spanischen Kritiker und Nationalspieler den Erfolg nicht mit logischen Analysen kommentierten, sondern die alten Klischees herunterleierten, wie stets, wenn es gegen Deutschland geht. As sah wie immer das schlechteste Deutschland, mit null Talent.“

Jan Christian Müller (FR 13.2.) berichtet vom Spiel. „Ohne Ball war das internationale Klasse, am Ball aber leider nicht. Zu oft mussten die Deutschen auf Oliver Kahn zurückspielen, weil ihnen mitunter die technischen Möglichkeiten fehlten, gegen aggressiv angreifende Spanier spielerisch über die Mittellinie zu kommen. Sechs Spieler aus dem verloren gegangenen WM-Finale hatte Teamchef Rudi Völler aufgeboten, ohne Ballack und Hamann im zentralen Mittelfeld und ohne den kurzfristig grippekrank nach Hause geflogenen Torsten Frings fehlten aber wichtige Ideengeber. So kam es nicht von ungefähr, dass der Leverkusener Bernd Schneider neben Raul der auffälligste Spieler war. Nach Schneiders Eckball fiel das etwas überraschende 1:1. Wörns hatte gegen Jeremies Oberschenkel geköpft, von wo der Ball an Bobic Hüfte und ins Tor prallte. Fast wäre man geneigt zu sagen: Das war ein typisch deutsches Tor, genau wie Rauls atemberaubende Einzelleistung vorm 1:0 mit einem präzisen Linksschuss aus der Drehung irgendwie typisch spanisch war. er von manchen Medien aufgeregt beschriebene neue deutsche Jugendstil ließ sich im Übrigen erst in der Schlussphase in Zahlen nachweisen: Exakt 27 Jahre alt war die Elf, die Völler anfangs aufgeboten hatte. Völler bleibt sich treu – Balitsch, Freier und Lauth mussten zunächst zuschauen – und handelt damit ganz im Sinne von Oliver Kahn. „Du kannst nicht Welt- oder Europameister werden mit einer Mannschaft, die ein Durchschnittsalter von 20 Jahren hat“, hatte der Torwart zuvor wissen lassen.“

„Die deutsche U-21-Auswahl erkennt, dass andere besser sind“: Bericht über das U21-Länderspiel Spanien – Deutschland (3:1) und Reaktionen SZ

„Warum ein Wechsel von Miroslav Klose vom 1. FC Kaiserslautern zu Hertha BSC aus Berliner Sicht Sinn machen könnte?“ Diese Frage stellt sich Sven Goldmann (Tsp 13.2.). „Sollte es dem sensiblen Klose nicht um das große Geld gehen oder das Renommee, bei einem europäischen Spitzenklub zu spielen, dann ließe sich wohl etwas machen. Wie im Jahr 1999 im Fall Sebastian Deisler. Das größte Talent des deutschen Fußballs hatte Hoeneß vor vier Jahren am FC Bayern vorbei nach Berlin gelotst. Das schlagende Argument war seinerzeit ein abgestufter Karriereplan mit einer Aufbauetappe in Berlin. Deisler wurde mit 19 Jahren auf Anhieb Stammspieler, erst bei Hertha, dann in der Nationalmannschaft, ein weiteres Jahr später war der zunächst auf die rechte Seite des Fußballplatzes abkommandierte Deisler als zentraler Spielgestalter etabliert. Dass er Hertha im vergangenen Sommer Richtung München verließ, entsprach der bei seiner Verpflichtung im Geiste vereinbarten Karriereplanung, von der nach drei Jahren Hertha und Deisler profitiert hatten (…) Erfolg hatte Berlins Manager Hoeneß mit dem vorher weitgehend unbekannten Bielefelder Arne Friedrich. Der Verteidiger hinterließ mit seiner selbstbewussten Art Eindruck beim neuen Trainer Huub Stevens, nutzte das verletzungsbedingte Fehlen von Nationalspieler Marko Rehmer und stand nach gerade drei Bundesligaspielen zum ersten Mal in der Nationalmannschaft. Friedrich ist Herthas Fußball spielendes Argument für die Entwicklungsmöglichkeiten, die ein Engagement in Berlin bietet. Zwei oder drei Spieler will Hertha zur kommenden Saison noch holen. Auf der Liste stehen Spieler wie Thomas Christiansen und Paul Freier vom VfL Bochum. Und, hoffnungsvoll mit dem Bleistift hinzugefügt, Miroslav Klose.“

Interview mit Christian Ziege SZ

Weitere Länderspiele vom Mittwoch

Zur überraschenden Niederlage Englands gegen Australien (1:3) heißt es bei Raphael Honigstein (FR 14.2.). „An Niederlagen gegen Australien hatte man sich in England eigentlich schon gewöhnt. In fast jedem Cricket-, Rugby- und Tennis-Match der vergangenen Jahre zog das Mutterland gegen die ehemalige Strafkolonie den Kürzeren. Aber jetzt auch noch im Fussball? Das überaus peinliche 1:3 im Upton Park gegen die bestenfalls mittelprächtigen Socceroos hat im ganzen Land große Bestürzung ausgelöst. Eine der schlimmsten Blamagen in der stolzen und langen Fußballgeschichte, kreischte der Mirror, die Daily Mail sah England gedemütigt und die Sun plädierte nach dem totalen, kompletten Chaos und der stinkenden Niederlage gar für die Wiedereinführung des viktorianischen Strafgesetzbuchs: In der Vergangenheit haben wir die Gefangenen nach Australien verbannt, letzte Nacht hätte man unsere elf Verbrecher am besten auf eine Bootreise in die Südsee geschickt – ohne Rückfahrschein. Sven-Göran Eriksson darf vorerst weiter Teamchef auf der Insel verbleiben, aber der öffentliche Druck auf den Schweden wird stärker (…) Die grundlegenden Probleme bleiben die gleichen. Fast zwei Jahre nach seinem Amtsantritt rätseln die Experten immer noch, wie Eriksson zu dem Ruf des genialen Strategen kam, der ihm aus Italien vorauseilte. Sein starres 4-4-2-System ist voll und ganz auf die individuelle Brillanz von Kräften wie Beckham und Owen zugeschnitten, aber es gibt scheinbar keinen Plan B.“

Reaktionen in England NZZ

Spielbericht Italien – Portugal (1:0) und Reaktionen SZ

„Trotz seiner Erfolge verfügt Scolari, der die brasilianische Elf im vergangenen Sommer zum fünften WM-Titel führte, in Portugal längst noch nicht über jene Hausmacht, die ihm ruhiges Arbeiten ermöglicht“, schreibt Thomas Klemm (FAZ 12.2.) über die Arbeit des neuen portugiesischen Nationaltrainers. „Sprachprobleme hat Luiz Felipe Scolari bei seinem neuen Arbeitgeber keine. Doch viel Verständnis wird dem Brasilianer in Lissabon nicht entgegengebracht, seit er das Aufgebot für seine Premiere als portugiesischer Nationaltrainer an diesem Mittwoch gegen Italien präsentierte. Man war schlicht davon ausgegangen, daß Scolari an die Gepflogenheiten seiner Vorgänger anschließt, mehr oder minder dieselben Spieler beruft und nur dem seit der vergangenen Fußball-Weltmeisterschaft angekratzten Image der altbewährten Kräfte aus Portugals Goldener Generation zu neuem Glanz verhilft. So kam die auf portugiesisch vorgetragene Liste des Brasilianers manchem einheimischen Fußballfreund spanisch vor, fehlten doch vier Namen, die scheinbar naturgemäß immer zur Selecão zählten: Torhüter Vitor Baía, Mittelfeldspieler Petit sowie die beiden Angreifer João Pinto und Nuno Gomes gehören nicht zu Scolaris erster Wahl für das Testspiel in Genua. Die Aufschreie aus den beiden Lissaboner Klubs Sporting und Benfica sowie vom FC Porto, wo die vier ehemaligen Stammkräfte unter Vertrag stehen, ließ der Vierundfünfzigjährige kommentarlos verhallen. Meine Kriterien waren der körperliche Zustand, die technische Fähigkeit und die mentale Stärke der Spieler. Daß große Stars klein beigeben müssen – damit hatte der Brasilianer schon für Aufsehen gesorgt, als er sich noch nicht Weltmeister nennen durfte. Zwar erreicht die Empörung in Portugal noch nicht jenes Ausmaß wie in Scolaris Heimat, als er sich vor Jahresfrist standhaft weigerte, den Altstar Romario mit zur WM nach Japan und Südkorea zu nehmen. Doch Mißtrauen wird nicht nur hinter vorgehaltener Hand geäußert, gehörten doch gerade Baía und João Pinto bislang zur Kaste der Unberührbaren in Portugal.“

Spielbericht Slowenien – Schweiz (1:5) NZZ

Vor dem Spiel Spanien – Deutschland

Philipp Selldorf (SZ 12.2.) bemerkt. „Vor dem ersten Länderspiel der Nationalmannschaft 2003, am Mittwoch gegen Spanien im 17.deutschen Bundesland, fällt jedem unweigerlich ein, wie schnell die Zeit vergeht. Einige erinnern sich daran, wie beim letzten Auftritt des Nationalteams auf Mallorca – bei der Vorbereitung auf die EM 2000 – Lothar Matthäus am nämlichen Ort auftrat und die Nation schockierte, weil sein Muskel „zugemacht“ habe. Dass damals einige Spieler versuchten, den Trainer Erich Ribbeck zu stürzen und durch Matthäus zu ersetzen (ein doppelt sinnvoller Putsch), erscheint einem heute genauso als Notiz aus dem Geschichtsbuch wie die Revolte des deutschen Bürgertums im Jahre 1848.“

Michael Horeni (FAZ 12.2.) kommentiert den deutschen Jugend-Trend. “Jugend allein soll kein Privileg sein. Sie sind nicht dabei, weil sie jung sind, sondern weil sie es verdient haben, beeilt sich der Teamchef zu sagen, nachdem er den Eindruck gewonnen hat, das deutsche Publikum glaube mittlerweile, die Gnade der späten Geburt reiche für eine Nominierung schon aus. Tatsächlich füllen Rau, der von Beginn an zum Einsatz kommen wird, und Lauth, der mit einer Einwechslung rechnen darf, Leerstellen beim Weltmeisterschaftszweiten aus. Auf der linken Seite fällt Christian Ziege wieder einmal wegen einer Verletzung aus – und im Angriff hat Sturmexperte Völler mit dem jungen Löwen endlich wieder einen Spielertyp entdeckt, wie wir ihn lange nicht hatten. Schnell und zweikampfstark, einer, der das Duell eins gegen eins sucht, wie Völler sagt – und es früher selber tat. Trotz der erkennbaren Qualitäten, die Quantität der Jugendbewegung, zu der auch Arne Friedrich, Sebastian Kehl, Paul Freier und Christoph Metzelder zählen, überrascht. Völler versucht zwar den Eindruck zu zerstreuen, ein paar gute Bundesligaspiele genügten, um auch in der Nationalelf für tauglich befunden zu werden. Aber genauso ist es. Was kann indes der Teamchef dafür, daß der Nachwuchs seine Chance nutzt, wenn sie ihm geboten wird? Beim Benefizspiel gegen die Ausländer der Bundesliga etwa kam Lauth kurz vor der Winterpause zu seinem ersten inoffiziellen Einsatz und erzielte zwei Tore; eins davon wurde auch gleich zum Tor des Jahres gekürt. Das junge Gesicht der Nationalmannschaft kann sich im internationalen Vergleich sehen lassen.“

Zur Stimmung im DFB-Team heißt es bei Christoph Kneer (FTD 12.2.). “Überwiegend heiter hat Mallorca das deutsche Nationalteam vor dem heutigen Länderspiel gegen Spanien in Empfang genommen, und nach einem Tag Lichttherapie hagelten dem Kahn schon die Glückshormone durcheinander. „Ist doch schön, wenn man mal rauskommt von daheim“, sagte er, „mal was anderes als immer nur Kälte, Eis und Schnee.“ Oliver Kahn ist der Ballermann des Tages gewesen, und man hat ja schon immer gewusst, dass Mallorca irgendetwas macht mit den Deutschen. Möglicherweise ist die deutsche Nationalmannschaft so etwas wie Mallorca im Februar. Sie steht wahrscheinlich kurz vor der Mandelblüte. Noch kann niemand sagen, ob die jungen Gewächse Tobias Rau, 21, und Benjamin Lauth, 21, die Rudi Völler pünktlich zum ersten Länderspiel des neuen Jahres in sein Nationalteam gepflanzt hat, es einmal bis zur vollen Blüte schaffen werden. Aber die Chancen stehen nicht schlecht. „Tobias Rau wird wohl in der Anfangself stehen“, hat Völler gesagt, und gleich im nächsten Satz sagt er, „dass es sicher junge Spieler geben wird, die auch mal wieder aus dem Aufgebot rausfallen“. So ist er, der Völler. Mit dieser Pädagogik hat er eine bestenfalls ordentliche Mannschaft bis ins WM-Finale gecoacht.“

Jan Christian Müller (FR 12.2.) über Miroslav Klose. “Der Wind hat die tief hängenden Wolken über Palma de Mallorca vertrieben. Das ist jetzt das Mallorca geworden, das wir uns erhofft hatten, sagt Rudi Völler und blinzelt gen Himmel, ich hoffe, dass sich bei dem ein oder anderen das Gemüt aufhellt. Sogar Olli Kahn lacht: Das ist der Sonneneffekt. Miroslav Klose lacht nicht. Kein Sonneneffekt. Beim Test der deutschen Nationalmannschaft gegen Spanien heute Abend wird der Mittelstürmer des 1. FC Kaiserslautern zunächst dabei sein. Noch sitzt Benjamin Lauth ihm nur im Nacken und nicht vor der Nase. Aber Klose spürt den Druck. Den Druck von Lauth; den Druck aus Kaiserslautern, seinem geprügelten Heimatklub; den Druck, im Abstiegskampf kaum mehr ins Tor zu treffen und jenen, sich entscheiden zu müssen für die Zukunft. Der Deutsche Fußball-Bund hat nach Absprache mit Kloses erfahrenem Berater Michael Becker die Schotten dicht gemacht. Interviewwünsche werden abgeblockt. Klose bewegt sich wie ein scheues Reh: Nichts wie weg, wenn Presse kommt. Nur so viel: Ich versuche, mich voll auf Fußball zu konzentrieren. Die Nationalmannschaft soll für den 24-Jährigen ein Ort der Zuflucht sein (…) Er war neun Jahre alt, als er mit seinen Eltern aus dem polnischen Oppeln dorthin kam. Er hat sich in Blaubach, einem Ort von kaum tausend Einwohnern, ein Haus gebaut. Er hat Zimmermann gelernt und vor vier Jahren noch in der Bezirksliga gespielt. Und dann ging alles ganz schnell, immer aufwärts, niemals abwärts. Im Dezember hat er neben Ronaldo in Madrid auf der Bühne gestanden und einen silbernen Schuh bekommen. Er hatte bei der WM im Sommer fünf Tore in drei Vorrundenspielen gemacht. Das war alles ein bisschen viel. Er ist jetzt nicht mehr der einfache, ruhige Junge aus Blaubach. Er ist jetzt sogar ein Pfandobjekt. Sein Klub hat seine Transferrechte für fünf Millionen Euro verpfändet, um an frisches Geld zu kommen. Miroslav Klose gehört jetzt der Lottogesellschaft Rheinland-Pfalz.“

Jens Mickler (FTD 12.2.) über Arne Friedrich (Hertha Berlin). „Der 23-Jährige bemüht sich, so zu bleiben, wie er ist. Auf jeden Fall ist Friedrich so etwas wie ein Prototyp für die Verjüngung der Nationalelf. Er hat sich in seinen bisher vier Einsätzen für den DFB bewährt. Aber keiner kam so schnell wie er ins Nationalteam. Friedrich hatte erst zwei Erstligaspiele absolviert, als Rudi Völler ihn berief. „Arne ist etwas Außergewöhnliches“, sagt Hertha-Manager Dieter Hoeneß über seinen Jungstar und belässt es nicht bei schönen Worten. Bis ins Jahr 2010 will der Manager seinen Juwel an den Klub binden, mit einem Langzeitvertrag über acht Jahre. Das wäre einzigartig im deutschen Fußball. „2010“ – Friedrich tippt mit dem Finger auf den Block des Reporters: „Zu diesem Thema sage ich gar nichts.“ Vor wenigen Tagen gab es aber ein Treffen mit Hoeneß und zwei Mitarbeitern von Friedrichs Berater Norbert Pflippen, in dem es um die Zukunft des Verteidigers ging. Ergebnis: Das Rentenpapier schlug der Umworbene erst einmal aus. „Ich habe noch einen Vertrag bei Hertha bis 2005. Ich fühle mich hier sehr wohl“, sagt Friedrich, „aber es muss jetzt kein Druck gemacht werden, dass ich irgendetwas unterschreibe. Das wäre Schwachsinn.“ Schon vor der Saison hatten auch Bayern München und Borussia Dortmund Interesse angemeldet. Friedrich hatte da jedoch schon der Hertha zugesagt und sagte ab. Nun aber will er sich offenbar alle Möglichkeiten offen halten.“

Ronald Reng (FR 12.2.) nimmt den spanischen Auswahltrainer in den Blick. “Der Baske Sáez, der als Profi in Bilbao mit drei Länderspielen zu vergleichsweise bescheidenen Ehren kam und die meisten seiner 28 Trainer-Jahre als Ausbilder von Talenten fernab der Öffentlichkeit verbrachte, baut gerade ein neues spanisches Team. Als die Nationalelf im vergangenen Sommer im WM-Viertelfinale ausgeschieden war und wieder einmal ihren Ruf als große Fußballnation bestätigt hatte, die nie etwas gewinnt, trat mit Trainer José Antonio Camacho eine Generation von Fußballern ab: Fernando Hierro, Luis Enrique und Miguel Nadal, mehr als ein halbes Jahrzehnt dominante Figuren des Teams, verabschiedeten sich. Es hat seine Logik, dass Sáez, der in den vergangenen sechs Jahren als Juniorennationaltrainer die neuen Hoffnungen heranwachsen sah, den nächsten Versuch leiten darf, endlich ein Siegerteam zu kreieren. Und wie immer, wenn im Fußball etwas Logisches passiert, wundern sich die Leute darüber, sagt Sáez. Wie könne man einem Nachwuchstrainer das höchste Amt des Fußball-Landes anvertrauen? Nun, nach einem halben Jahr, ist dieses Fragezeichen wenn auch nicht verschwunden, so doch kleiner geworden. Von den ersten fünf Partien unter Sáez, allesamt gegen ordentliche, aber keinesfalls überragende Gegner wie Griechenland oder Paraguay, hat Spanien drei gewonnen, zweimal unentschieden gespielt und nur ein Tor kassiert. Das Freundschaftsspiel gegen Deutschland heute wird nun der erste große Qualitäts-Check (…) Er hat sich gut überlegt, welchen Spielern er die Zukunft anvertraut. Manchem wie Linksverteidiger Bravo, der mittlerweile in Leeds spielt, gab er dabei einen Vertrauensvorschuss, aber das heißt nicht, dass nun ständig hoffnungsvolle Spunde so einfach ins Team kommen. Die Entdeckungen dieser Saison, der wunderbare Techniker Xabi Alonso aus San Sebastián und Stürmer Fernando Torres von Atletico Madrid, wurden gegen Deutschland nicht berufen. Wer jetzt nicht im Team ist, muss mehr leisten, als jung sein und kurz in der Liga auffallen; die Experimentierphase ist vorbei, die Hauptrollen sind vergeben: Madrids Stürmer Rául González, den alle Welt nur beim Vornamen kennt, machte Sáez zum Anführer, Verteidiger Helguera sowie Valencias energische Mittelfeldkombo Baraja und Albelda zu Eckpfeilern.“

„Sáez schafft ein angenehmes Klima“, lesen wir von Walter Haubrich (FAZ 12.2.). „Sáez, 1943 in Bilbao geboren, wird in der häufig aggressiven spanischen Sportpresse freundlich behandelt; der Nationaltrainer verhält sich im Umgang mit den Journalisten auch immer korrekt und höflich. In vielem erinnert er an Vicente del Bosque, der auch zunächst als Mann eines kurzen Übergangs betrachtet wurde. Wie del Bosque bei Real Madrid hatte Sáez für den spanischen Fußballverband lange den Nachwuchs betreut. Und das mit großen Erfolgen. Zweimal waren die spanischen Spieler unter 21 und 19 Jahren Europameister, einmal sind die Spieler unter 20 Jahren mit Sáez als Trainer Weltmeister geworden. Im Gegensatz zu seinem großsprecherischen baskischen Landsmann und Vorvorgänger Clemente ist Sáez überhaupt nicht eitel; im Vergleich zu dem zwar nicht eitlen, doch immer lautstarken und aufgeregten Camacho ist er zurückhaltend und gibt sich unauffällig. Sáez spielte zwölf Jahre zunächst als Rechtsaußen, dann als rechter Verteidiger bei Athletic Bilbao, wurde in dieser Zeit dreimal in das Nationalteam berufen, errang mit Bilbao zwei spanische Pokalsiege und einmal den zweiten Platz in der Liga. Mehrere Jahre trainierte er Athletic Bilbao und leitete eine Zeitlang die berühmte Fußballschule des großen baskischen Klubs. Die Spieler mögen den 60 Jahre alten Basken, halten ihn für loyal und gerecht. Er achtet auf Disziplin, kann also auch energisch sein, behandelt alle gleich und verhindert so übersteigerte Rivalitäten und Machtkämpfe. Selten war deshalb das Klima in der spanischen Nationalelf so gut wie jetzt unter der Regie von Sáez.“

Peter Burghardt (SZ 12.2.) meint. „Zunächst herrschte in der Verbandszentrale einige Ratlosigkeit, als Antonio Camacho nach der WM in Asien seinen Rücktritt erklärte. Ein paar Länderspiele im Jahr seien ihm in seinem Alter zu wenig, lautete dessen Begründung, er wolle wieder einen Verein betreuen (wenig später wurde er bei Benfica Lissabon fündig). Die Wahrheit war eher die Enttäuschung darüber, dass Camachos Ehrgeiz erneut im Viertelfinale gescheitert und ihn das Satireprogramm ständig wegen seiner sagenhaften Schwitzflecken veralbert hatte. Was nun? Ausländische Nachfolger drängten sich auf die Schnelle nicht auf, und die bekanntesten Spanier sind in der Liga beschäftigt: Vicente del Bosque bei Real Madrid, Javier Irureta bei La Coruña, Victor Fernandez bei Betis Sevilla. Also fiel die Wahl ersatzweise auf den stillen Assistenten und Lehrmeister der Jugend, der dem Verband ohne größeres Aufsehen bereits seit sechs Jahren zu Ruhm und Ehre verhilft.“

11.02.

Zum Stellenwert der Nationalelf in Spanien heißt es bei Harald Imberger (Tsp 11.2.). „So ganz genau weiß niemand, wie viele Deutsche auf Mallorca leben. Doch die Zahl reicht sicher in den sechsstelligen Bereich. Und darum bestreitet die deutsche Fußball-Nationalmannschaft eine Art Heimspiel, wenn sie am Mittwoch im Stadion der Inselhauptstadt Palma zu einem Test gegen Spanien aufläuft. Dieses Match just dort austragen zu lassen, war gleichwohl nicht nur eine Geste der Hausherren. Denn nur mit dieser Örtlichkeit ist reger Publikumszuspruch garantiert. In Madrid oder Barcelona wäre das der spanischen Auswahl nie passiert, auch wenn es gegen den Vizeweltweister geht. Bei solch einem Freundschaftsmatch steigt bei den einheimischen spanischen Fans das Länderspielfieber nicht gerade an (…) Viel mehr beschäftigt die Spanier aber derzeit das immer wiederkehrende Dilemma der spanischen Autonomiebestrebungen. Zumindest der Niederländer Johan Cruyff (Ex-Spieler und -Trainer des FC Barcelona) und der Argentinier Jorge Valdano (Ex-Spieler und -Trainer sowie Sportdirektor von Madrid) waren sich kürzlich in einer Diskussion in der Zeitung El Pais einig darin, dass Spanien endlich zu einer Einheit finden müsse. „Es gibt große Unterschiede in den Mentalitäten. Hier ist man Galicier, Baske, Katalane, Andalusier. Aber wer im Nationalteam spielt, soll Spanien als Ganzes repräsentieren, obwohl er von vielen Leuten aus anderen Regionen beinahe als Feind betrachtet wird, befand Cruyff. Valdano ergänzte: „Für einen Argentinier ist es sehr wichtig, bei River oder Boca zu spielen. Aber noch wichtiger ist es, in der Auswahl zu stehen.“ Für einen Spanier gilt das nicht. Deshalb ist es ganz gut, wenn die Deutschen morgen ihr eigenes Publikum auf Mallorca haben.“

Michael Horeni (FAZ 11.2.) fasst die Äußerungen von DFB-Teamchef Völler zusammen. “Die Krise in Leverkusen und Kaiserslautern trifft ausgerechnet diejenigen Klubs, die im vergangenen Jahr entscheidenden Anteil an der Renaissance der Nationalmannschaft trugen. Unter 18 Spielern wird es nicht immer nur Gewinner geben, stellte Völler fest, aber wenn es zu viele Spieler mit Problemen sind, wird das für den Trainer nicht einfach. Die Lage vor dem ersten Länderspiel des Jahres ist eindeutig: Es sind zu viele. Denn neben den Langzeitfrustrierten kommen in Völlers Krisengruppe auch noch die am Sonntag aktuell Enttäuschten aus Dortmund hinzu, denen die Titelverteidigung zu mißraten droht. Völler weiß, daß die schlichte und beschwichtigende Rechnung, nach der die Klubs und die Nationalmannschaft in zwei verschiedenen Fußballwelten angesiedelt sind, so einfach nicht aufgeht. Manche kriegen das ohne Probleme hin. Aber manche leiden. Die können die Probleme, die sie zu Hause haben, nicht einfach wegschieben, sagt Völler, wir müssen ihnen dabei helfen. Zumal es nun nicht darum gehe, im Endspiel gescheiterte Spieler aufzurichten, sondern Spieler im Abstiegskampf. Der Druck im Meisterschaftskampf ist viel harmloser als der Druck, wenn man unerwartet gegen den Abstieg spielt. Auch in der Nationalelf kenne man das: Der Druck vor dem Finale gegen Brasilien war doch ein ganz anderer als in der Relegation gegen die Ukraine. Die Kandidaten, die nun seine Hilfe benötigten, kenne er, sagt Völler. Er war ja selbst mal einer. Der Teamchef, der den Fußball und die Seelenzustände der Profis am liebsten aus eigener Erfahrung erklärt, erinnert sich an sein erstes Jahr 1987 in Rom. Er kam nicht in Tritt – und die Nationalmannschaft war für mich ein Auffangbecken. Das war wichtig. Bei der Europameisterschaft im Jahr darauf war er wieder in Form, 1990 wurde er Weltmeister. Die aktuellen Erste-Hilfe-Maßnahmen richten sich nicht zuletzt an Miroslav Klose.“

Jan Christian Müller (FR 11.2.) porträtiert den Wolfsburger Tobias Rau. „Sechs Spieler, die nicht älter als 23 sind, haben Teamchef Völler und Bundestrainer Michael Skibbe für den Härtetest gegen die Spanier nominiert. Rau, geboren am 31. Dezember 1981, ist das Nesthäkchen. Er ist jünger noch als sein Spezi Benjamin Lauth, mit dem er seit der U 15 auch für Deutschland Fußball spielt, jünger als Arne Friedrich, Sebastian Kehl, der verletzt absagen musste, Hanno Balitsch, der für Kehl nachnominiert wurde, jünger auch als Christoph Metzelder und Paul Freier. Allesamt Typen, die für eine viel versprechende Zukunft stehen, zumeist Typen zudem, die weltgewandt, intelligent und selbstbewusst daherkommen, ganz anders, als wir damals, als wir jung waren, wie Rudi Völler anerkennend anmerkt. Typen, denen Völler es auch zutraut, erfolgreich durchs Jammertal zu marschieren, denn das wird kommen, der Tag, an dem es nicht so läuft und die Kritik schärfer formuliert wird. Tobias Rau weiß das. Er hat schon jetzt, nach Bekanntgabe seines Wechsel zu den Münchner Bayern im Sommer, gespürt, dass er anders, kritischer, beobachtet wird. Dabei ist es noch gar nicht lange her, da musste der gebürtige Braunschweiger noch in aller Herrgottsfrühe aufstehen und seinen Zivildienst auf einer Kinderstation eines Krankenhauses in Wolfsburg verrichten. Da ist es ein ziemlich großer Schritt, sich in zwei Tagen offiziell als A-Nationalspieler bezeichnen zu dürfen und in der kommenden Saison für den großen FC Bayern zu verteidigen.“

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