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Nürnberger Präsident

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Nürnberger Präsident

Richard Leipold (FAS 18.5.) porträtiert den Nürnberger Präsidenten. „Ach, die Fans des 1. FC Nürnberg. Kleiner König Weißbart nennen sie den Präsidenten, weil er einen schlohweißen Vollbart trägt und niemand weiß, wie klein genau er ist: Ob er nun mehr als 1,60 Meter mißt oder weniger. Nur, daß er sich mittels Einlagen in den Schuhen größer zu machen versucht, das wissen sie alle. Und sie nehmen das ebenso als Beleg für eine Art Größenwahn von Roth wie den Umstand, daß der sich in einem Vorort ein Schlößchen hat bauen lassen. Aber kleiner König nennen sie ihn vor allem, weil er den ,Club‘ nach Gutsherrenart leitet, wie sie finden. Wenn er das nur könnte, klagt Michael A. Roth. In meinen Firmen habe ich das letzte Wort, sagt er, aber im Verein gibt es einen Aufsichtsrat, den man gewähren lassen muß. Dazu vier Präsidiumskollegen: Auch die können dir was kaputtmachen. Und dann erzählt er, wie er einst Dieter Hoeneß als Manager verpflichten wollte. Der Vertrag war unterschriftsreif – da überkamen seine Kollegen so viele Bedenken, daß Hoeneß frustriert nach Hause fuhr; später ging er nach Berlin. Wenn wir den heute hätten, sagt Roth, dann stünden wir jetzt da, wo Hertha Berlin steht. Hertha, Schalke, München 1860 – das sind Traditionsklubs, mit denen der ,Club‘ auf einer Stufe stehen könnte, glaubt Roth. Nur braucht man, um sich auf eine Stufe stellen zu können, ein Fundament. Ich bin gekommen und habe gedacht, hier ist vieles schon geregelt, sagt der neue Cheftrainer und Manager Wolfgang Wolf: Das war aber nicht so. Wir müssen eine Nachwuchsarbeit installieren, wir müssen Strukturen aufbauen. Manche werfen es Roth vor, daß die Fußballabteilung des ,Clubs‘ ziemlich unstrukturiert vor sich hingewurschtelt hat; manche kritisieren Klaus Augenthaler und Edgar Geenen, die vor kurzem entlassenen Trainer und Manager. In Nürnberg wird die Verantwortung für Fehler schneller weitergeleitet als der Ball. Im Grunde macht Roth auch nur das falsch, was schon immer falsch gemacht worden ist beim 1. FC Nürnberg. Sein Schicksal ist es, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, notfalls seine eigenen. Roth ist der größte Trainerverschleißer der Bundesliga. Bevor es Klaus Augenthaler drei Jahre in Nürnberg aushielt, hatte Roth in sechs Jahren sieben Trainer verbraucht. Der Mann hat eins überhaupt nicht, sagt ein Kritiker: Geduld. An dem ist hier noch jeder kaputtgegangen. Geduld aber brauchen sie in Nürnberg. Wenn man nicht wieder alles übers Knie bricht und den Aufstieg vorgibt, sagt Wolfgang Wolf, werden wir in ein, zwei Jahren eine Mannschaft aufbauen, die Zukunft hat. Nur denken sie beim ,Club‘ lieber an die Vergangenheit. Bevor er zum Rekordabsteiger der Bundesliga mutierte, war er ja mal der deutsche Rekordmeister mit neun Titeln; bis heute hat nur der FC Bayern München mehr geholt. Aber die letzte Meisterschaft des ,Club‘ liegt 35 Jahre zurück, und im Jahr darauf stieg er erstmals aus der ersten Liga ab. Auch das hat noch kein anderer Verein geschafft: als Meister abzusteigen. Seitdem geht es rauf und runter mit dem 1. FC Nürnberg wie mit einem Jo-Jo, und nicht für jeden Abstieg kann man Michael A. Roth allein verantwortlich machen. Der Teppichhändler ist bloß der letzte in einer Reihe, die den Nürnberger Knoten nicht durchschlagen können.“

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