Ballschrank
Oliver Bierhoff
Kommentare deaktiviert für Oliver Bierhoff
| Donnerstag, 25. März 2004
Jan Christian Müller (FR 22.5.) verabschiedet Oliver Bierhoff mit einem Portrait. „Der Schauplatz ist angemessen: Als Gast beim italienischen Meister Juventus Turin im Stadion delle Alpi wird Oliver Bierhoff am Samstag seine Karriere als Fußball-Profi nach 17 wechselvollen Jahren beenden. Es wird wenig Zeit bleiben für Sentimentalitäten: Für seinen Club Chievo Verona geht es um einen Uefa-Cup-Platz, Bierhoff, inzwischen 35, darf wie am Wochenende beim 0:0 gegen den AS Rom auf seine Einwechslung hoffen. So wie damals, an jenem unvergessenen Abend im Londoner Wembleystadion, als ihn sein Golden Goal im EM-Finale 1996 vom oft belächelten Stolperstürmer zum internationalen Star mutieren ließ. Der wegen seiner unbeholfen wirkenden Spielweise lange Zeit völlig unterschätzte Bierhoff war gut genug, sein Spielniveau danach spürbar zu steigern, und er war intelligent genug, sich fortan professionell zu vermarkten. Zeit seiner Karriere, die 1986 bei Bayer Uerdingen sehr stockend begann, ihn über den Hamburger SV (Willi Reimann gab mir nie eine echte Chance), Borussia Mönchengladbach, Casino Salzburg, Ascoli Calcio, Udinese Calcio bis zum großen AC Mailand führte, ehe er die Karriere in Monaco und Verona ausklingen ließ, gehörte Bierhoff zu jener sehr seltenen Gattung eines Fußball-Profis, die auch von sich aus auf die Medien zugeht und selten lange gebeten werden muss. Das hat ihm Türen geöffnet, die anderen verschlossen blieben. Der gebürtige Karlsruher hat sich schon früh nicht nur in kurzer Hose, Stollenschuhen und Schienbeinschützern wohl gefühlt, sondern auch in Anzug und Krawatte (…) Die letzten Monate im Kreis der DFB-Auswahl waren schwierig. Das Verhältnis zu Rudi Völler erlebte seinen Tiefpunkt, als Bierhoff beim 1:5 gegen England erst spät eingewechselt wurde und fand, der Teamchef sei ihm eine Erklärung schuldig. Das fand Völler überhaupt nicht. Später verlor Bierhoff die Kapitänsbinde an Oliver Kahn. Neben Miroslav Klose durften abwechselnd Carsten Jancker und Oliver Neuville stürmen, Bierhoff wurde bestenfalls eingewechselt, wie auch im WM-Finale 2002 in Yokohama, als ihm in der Schlussphase fast noch der Anschlusstreffer gelungen wäre. Zuvor, nach dem 0:0 im Qualifikationsspiel gegen Finnland, war der ungeheuer kopfballstarke, dafür weniger kombinationssichere Angreifer zur Symbolfigur der Versager stilisiert worden. Seitengroß hatte Bild seine Waden unter der Schlagzeile Diese Beine verballern die WM abgebildet. Bierhoff hat die Tiefschläge eingesteckt und sie sich damit erklärt, dass in guten Zeiten auch vieles positiv überzeichnet wurde.“
Gewinnspiel für Experten