Ballschrank
Pädagogische Wanderschaft
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| Donnerstag, 25. März 2004
Die Stimmung im Nürnberg Block schildert Roland Zorn (FAZ 12.5.). „Noch einmal Westfalenstadion. 5.000 Anhänger des 1. FC Nürnberg wollten am Samstag zum vorerst letzten Mal die Atmosphäre in Deutschlands mächtigster Fußball-Arena genießen und ließen sich deshalb erst gar nicht auf ein Spiel mit der längst verlorenen Hoffnung ein. Dortmund, das sollte zum Ausklang einer schwarzen Serie die große Lustreise der rot-schwarz kolorierten Fangemeide sein, die auf der Nordtribüne stets für sich, ab und zu gegen ihre Mannschaft und zum Schluß wider den Club-Chef Michael A. Roth demonstrierte. An die strohhalmdünne Hoffnung, nicht nur die Leverkusener, sondern auch die Bielefelder noch überflügeln zu können, glaubte im Nürnberger Lager kein Mensch mehr. Lieber hüpften die Fans in ihrer Seelennot auf der Stelle und wendeten ihrem Team den Rücken zu, oder sie schmetterten dem Dortmunder Publikum in realitätsferner Desperado-Fröhlichkeit ein wir holen den U-Uefa-Cup entgegen. Der Club muß also wieder einmal gehen; doch wann wird er wiederkommen? Roth, nach Augenthalers Rausschmiß und der Verpflichtung von Nachfolger Wolfgang Wolf noch reichlich naseweis, rückte von seinem weltfremden Postulat sofortiger Wiederaufstieg am Samstag erst einmal ab. Wir wollen in der zweiten Liga im oberen Drittel mitspielen, lautete Roths neue Wunschvorstellung. Doch die Nürnberger sitzen bei 19 gültigen Verträgen auf so mancher Altlast, und ihre Vorstellung, mit jungen Leuten aus dem eigenen Nachwuchs den Wiederaufschwung zügig zu schaffen, klingt nach nostalgischem Heimattheater ohne Drehbuch(…) Im Gegensatz zu den auf den Abschied längst vorbereiteten Nürnbergern deutet sich für den von Bayern München abgelösten Meister des Jahrgangs 2001/02 seit Samstag ein versöhnliches Saisonende an. Der BVB rückte wieder auf den standesgemäßen Rang zwei der Tabelle vor. Das hieße, die Borussia wäre direkt für die kommende Champions-League-Runde qualifiziert. Eine erfreuliche Aussicht, die dem kummergewohnten und manchmal über die Maßen bekümmert anmutenden Trainer Matthias Sammer fast zu früh vor Augen kommt. Ich sehe eine Gefahr, weil wir zum falschen Zeitpunkt Zweiter sind. Wir müssen in vierzehn Tagen Zweiter sein. So reden enttäuschte Liebhaber wie Sammer, der sein Team auf der pädagogischen Wanderschaft durch eine unruhige Saison oft genug nicht mehr recht zu verstehen glaubte.“
Kein Mut der Verzweiflung
Daniel Theweleit (SZ 12.5.) teilt dazu mit. „Wann das Projekt Klassenerhalt beendet war, weiß man nicht so genau. Einige Nürnberger hofften vielleicht am Samstag noch ein wenig. Sinnloserweise, wie Michael A. Roth, der Präsident des 1. FC Nürnberg, nach dem 1:4 seines Klubs bei Borussia Dortmund verkündete: „Bei der Verpflichtung von Wolfgang Wolf ging es nur noch darum, dass der Neue den Kader kennen lernt, dass er die Weichen stellen kann, dass wir rechtzeitig reagieren, um einen guten Start in die kommende Saison hinzubekommen.“ Der tabellarische Vollzug war also nur noch ein Akt, den es zu überstehen galt. So jedenfalls traten sie auf, die Gäste aus Nürnberg. Kein Mut der Verzweiflung während des Spiels, keine Tränen nach dem Spiel, vorherrschend war ein Gefühl der Leere, des Nichts. Die Spieler liefen ungerührt zu ihren Fans, bedankten sich höflich für die Unterstützung, um sich dann dem Auslaufen zu widmen. Das übliche Programm. Die Anhänger feierten trotzig sich selbst, und unten kniete einzig David Jarolim auf dem Boden, wirkte traurig, bewegt. Es schien, als hätten die meisten Nürnberger den Abstieg abgehakt.“
siehe auch Lage der Liga
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