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Ronald Reng: Alberto Méndez bei Arsenal

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Ronald Reng: Alberto Méndez bei Arsenal

Eine sehr lesenswerte Geschichte einer Randfigur erzählt („Traumhüter“-Autor) Ronald Reng (Zeit 5.6.). „Alberto Méndez glaubte mit 22, er habe sein Leben bereits gefunden. Morgens zur Uni in Nürnberg, abends Fußball in Feucht, feste Freundin, ein Zimmer bei seinen Eltern. Als er im Mai 1997 im Kicker las, dass ihn Arsenal-Trainer Wenger im letzten Spiel der Landesliga-Saison beobachten werde, dachte er sich: Blödsinn. Doch Wenger, der aus dem Elsass stammt und in der deutschen Fußballszene viele Bekannte hat, folgte dem Tipp eines befreundeten Agenten tatsächlich. Mit 150 anderen Zuschauern sah sich der weltberühmte Trainer die fünftklassige Partie ESV Rangierbahnhof Nürnberg gegen SC Feucht an. Der Ball war viel zu fest aufgepumpt und sprang wie irre über das Feld, es war bullenheiß, und die Mannschaft, der der Aufstieg bereits sicher war und die in den vorangegangenen drei, vier Wochen „ziemlich viele inoffizielle Aufstiegsfeiern gemacht hatte“, wie sich Méndez erinnert, verlor bald die Lust: 0:2. Méndez’ Leistung war entsprechend. Am nächsten Morgen um neun, nach einer weiteren durchfeierten Nacht, klingelte sein Telefon. „Der will dich“, sagte Dieter Nüssing, sein Trainer in Feucht. „Wer?“, fragte Méndez. „Na, der Wenger“, sagte Nüssing. „Du hast doch noch ’nen Rausch“, sagte Méndez. „Ja, er war wirklich schlecht“, damals gegen Rangierbahnhof, erinnert sich Wenger. „Aber ich konnte sein Potenzial erkennen: Der Junge ist etwas Besonderes.“ So bereitete sich Méndez statt auf sein Vordiplom plötzlich mit Patrick Vieira, Marc Overmars, Dennis Bergkamp auf die englische Meisterschaft vor. Er machte sechs Spiele im ersten Jahr, manches wie gegen Birmingham im Ligapokal richtig gut. Doch er lebte einfach weiter, als ob er noch immer ein Student wäre. Wenn seine Schwester zu Besuch war, streiften sie manchmal stundenlang zu Fuß durch London. Er ernährte sich von Pizza und Cola, und wenn gerade ein guter Film im Fernsehen kam, ging er halt später ins Bett. „Irgendwann war ich völlig platt.“ (…) Der Moment, an dem aus dem Traum Alltag wurde, lässt sich festmachen. Unterhaching. „Das war ein Knackpunkt.“ In seinem dritten Jahr bei Arsenal war abzusehen, dass er in dieser Weltklasse-Elf kaum über eine Nebenrolle hinauskommen würde, doch das war keine vernichtende Erkenntnis. Er würde anderswo ein ordentlicher Erstligaspieler werden. Unterhaching, der kleine Münchner Vorortverein, der im Sommer 2000 gerade in die Bundesliga aufgestiegen war, schien die ideale Bühne. „Vom Talent hätte er es locker packen müssen“, sagt Lorenz-Günther Köstner, der damalige Trainer. „Aber er hat die Ellenbogen nicht ausgefahren. Der Alberto war sehr beliebt in der Mannschaft, als Trainer muss ich sagen: fast zu beliebt. Wenn ich neu bin, muss ich auch mal einem vors Schienbein hauen, um mich durchzusetzen.“ Sechsmal wurde Méndez in Bundesligapartien eingewechselt. Im nächsten Spiel saß er jedes Mal wieder auf der Ersatzbank. Mal lobte ihn der Trainer, aber öfter triezte er ihn, um das Beste aus ihm rauszukitzeln, wie Köstner sagt. Als Méndez einmal im Training ein Dutzend gute Flanken schlug und die 13. versaute, brüllte ihn Köstner an: „Lass dich nicht so gehen, hast du keinen Ehrgeiz?!“ Méndez reagierte, aber diesmal nicht mit noch mehr Einsatz, wie der Trainer wohl hoffte. Er brüllte zurück. Er beschimpfte Köstner wüst. „Jetzt ist er endlich mal aus sich herausgegangen“, sagte Köstner zu seinem Assistenten – und setzte Méndez danach nicht einmal mehr auf die Ersatzbank. „Unterhaching hat mich gezeichnet“, sagt Méndez. Es raubte ihm die Illusion. Er hatte geglaubt, um es als Profi zu schaffen, würde es reichen, einfach gut Fußball zu spielen. Nun wusste er es besser: Taktische Fragen, Stammrechte der etablierten Profis, die Form der Kollegen, Präferenzen für bestimmte Spielertypen beim Trainer, Glück – all das kann aus einem guten Fußballer einen mäßig erfolgreichen Profi machen.“

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