Ballschrank
Schwarzgeldaffäre in der Bundesliga
Kommentare deaktiviert für Schwarzgeldaffäre in der Bundesliga
| Donnerstag, 25. März 2004
Die SZ (3./4.8.) meldet eine möglich Schwarzgeldaffäre in der Bundesliga. „Im Mittelpunkt des Skandals stünden Daum und sein früherer Verein Bayer 04 Leverkusen. Betroffen wäre aber auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB). Vor allem der selbst wegen angeblich unsauberer Steuerpraktiken unter Beschuss geratene DFB-Präsident und ehemalige Daum-Vertraute Gerhard Mayer-Vorfelder wäre düpiert. Hintergrund sind die Verhandlungen des DFB mit Daum im Sommer 2000 – also noch vor der Kokain-Affäre. Daum war damals als Trainer der Fußball- Nationalmannschaft vorgesehen, und Prinz sollte den Vertrag aushandeln. Geschäftsgrundlage war, dass Daum deutlich mehr als seine unglücklichen Vorgänger Erich Ribbeck und Berti Vogts erhalten sollte. Zwischen Mayer-Vorfelder und ihm sei vereinbart worden, soll Daum zu Prinz gesagt haben, dass er als DFB-Trainer nicht weniger als bei Bayer verdienen dürfe. Wie viel Geld denn Daum bei Bayer bekommen habe?, wollte Prinz wissen, damit er den Vertrag entsprechend aufsetzen konnte. Auszug aus der Klageschrift: „Der Beklagte erklärte, dass er bei Bayer Leverkusen einerseits offizielle Zahlungen erhalte, die ordnungsgemäß versteuert würden. Außerdem erhalte er über Auslandskonten Schwarzgeld, das nicht versteuert würde. Wenn man das Schwarzgeld auf einen zu versteuernden Bruttobetrag hochrechnen und zu dem offiziellen Gehalt addieren würde, käme man inklusive Prämien auf Gesamtbruttobezüge von neun Millionen Mark. Es gebe keine Möglichkeit beim DFB Schwarzgeld zu zahlen, so dass dieser Bruttobetrag bei den Vertragsverhandlungen als Jahresgehalt zugrunde zu legen sei“.“
Frank Ketterer (taz 5.8.) zum selben Thema. „Daum persönlich meldete sich zur Causa im ZDF zu Wort und äußerte den Verdacht, Prinz wolle mit seinen Behauptungen nur das eigene Honorar in die Höhe treiben, schließlich bemisst sich dieses nach Vertragswert. Diesen Vorwurf könnte man freilich auch Daum selbst machen, durchaus vorstellbar nämlich ist, dass der zu jener Zeit noch koksende Fußballlehrer sein künftiges Gehalt beim DFB in die Höhe treiben wollte – und hierfür flugs die ein oder andere Million Schwarzgeld erfand, die Bayer ihm bezahlt habe, wie schnell neigt man im Drogenwahn zu Fantastereien.“
Thomas Kistner (SZ 3./4.8.) kommentiert das angeblich von Daum eingeforderte Jahresgehalt von 4,5 Millionen Euro. „Es wird auch weiter Fetischisten des einst verehrten freien Marktes geben, die glauben, derlei Irrsinnssummen habe derselbe halt hergegeben, jedenfalls bis vor kurzem. Wer so denkt, dem ist nicht zu helfen. Es waren Summen dieser Größenordnung – dumpf vorwärts hämmernder Größenwahn –, die die Branche in die Bredouille getrieben haben. Dort steckt sie jetzt, da wacht sie nun auf. Dass der Präsident Mayer-Vorfelder so auffällig oft mit von der Partie ist, wenn irgendwo fröhlich Millionen verjuxt werden, passt zwar drehbuchgerecht ins Bild, ist aber nur noch haarsträubend. Der schwäbische Stehauf-Politiker hat keinen Sündenpfuhl ausgelassen (…) Der DFB hat längst ein Personalproblem an der Spitze. So, wie die Deutsche Fußball-Liga eines hat mit ihrem angeknockten Chef Hackmann. Hackmann, MV – beides Altvordere, die man gnädig vergessen könnte, wäre da nicht ein steter Flurschaden, der sie umgibt wie die eigene Aura. DFB und DFL müssen diese Probleme lösen. Je früher, desto besser.“
Die SZ (3./4.8.) berichtet von Ermittlungen. „Anfang März dieses Jahres trafen sich in Bochum 21 Betriebsprüfer aus der gesamten Republik, um ihre Erfahrungen bei der Durchleuchtung von Bundesligaklubs auszutauschen. Durch die rasante Entwicklung im Profi-Fußball habe sich der Umsatz vieler Vereine in den vergangenen Jahren verzehnfacht, stellten die Fiskus-Beamten fest. „Die Versuchung, Teile der Gehälter nicht zu versteuern“, sei für einige Spieler „sehr groß“, heißt es in einem vertraulichen, zwölf Seiten umfassenden Tagungsprotokoll. Oftmals würden Teile der Spielergehälter als „Vermittlungsprovisionen“ getarnt, um Steuern zu sparen. Auch seien „Scheinrechnungen“ für verdeckte Handzahlungen üblich. Es existierten offenkundig schwarze Kassen, einige Vereine seien auch in Bilanzierungstricks geübt, befanden die Betriebsprüfer. Der Fiskus müsse in die Offensive gehen.“
Weiterhin meldet die SZ (3./4.8.) Steuerermittlungen gegen Leverkusens Nationalspieler Jens Nowotny. „Die Ermittler hegen den Anfangsverdacht, beim Wechsel Nowotnys vom Karlsruher SC nach Leverkusen Mitte der neunziger Jahre seien rund zehn Millionen Mark Schwarzgeld gezahlt worden. Der Großteil des angeblich von Bayer gezahlten Schwarzgeldes soll nach bisheriger Aktenlage nicht direkt an den Fußballer, sondern an Verwandte geflossen sein. Die Ermittler wollen jetzt unter anderem prüfen, ob bei dem vermuteten Transfer das Geld heimlich an den Spieler zurückgezahlt worden ist. Sollte sich die Vermutung bestätigen, wäre das angesichts dieser kolossalen Hinterziehungssumme juristisch eine Katastrophe für Nowotny, der wegen einer Verletzung voraussichtlich erst im nächsten Jahr wieder spielen kann. Die Summe entspräche fast den Dimensionen im Steuerfall Boris Becker. Ein richtiger Skandal. Für einige Verantwortliche von Bayer 04 Leverkusen könnte eine Affäre Nowotny in Kombination mit einem möglichen Skandal Christoph Daum der Gau sein. Denn der Klub hat das Image des Vereins der Saubermänner stets gepflegt.“
Angesichts der möglichen Schwarzgeldaffäre bemerkt Wolfgang Hettfleisch (FR 6.8.). „Die Fernseheinnahmen sinken, Sponsoren machen sich rar: WM-Boom hin oder her, es ging den Klubs der Fußball-Bundesliga schon mal besser. Was die Branche da nun braucht wie Zahnweh, ist eine Debatte um illegale Finanzpraktiken bei der Anwerbung und Bezahlung der Angestellten (…) Auch für den Beinahe-Bundestrainer hat natürlich die Unschuldsvermutung zu gelten. Was Daum beunruhigen muss, ist, dass Staranwalt Prinz, der ihn, den einstigen Mandanten, in einer entsprechenden Klageschrift in die Bredouille bringt, ebenso wenig zur unflankierten Attacke neigt wie der an den Veröffentlichungen beteiligte SZ-Wühler Hans Leyendecker.“
Roland Zorn (FAZ 7.8.) zu diesem Thema. „Schon der Verdacht von Steuerhinterziehung schadet der Bundesliga. Dass eine unter dem wachen Blick des Weltkonzerns Bayer gebildete Fußball-GmbH die an ihre Profis und deren Berater gezahlten Gelder unter vorsätzlicher Umgehung des Fiskus überwiesen habe, gilt inzwischen ebenso als ziemlich abenteuerliche Vermutung. Ob die Bundesliga als Gesamtkörperschaft dem Finanzamt gegenüber allzeit vertrauenswürdig gehandelt hat und die Zunft der Spielervermittler auch von Fall zu Fall über jeden steuerlichen Zweifel erhaben ist, darüber wird vermutlich noch einiges zu hören sein (…) Dass in der Bundesliga auch Schwarzgeld mit im Spiel sein könnte, halten Insider zumindest für denkbar. Zumal so manches Geschäftsfeld wie etwa die Kontakte zu südamerikanischen Spielerberatern nur schwer überschaubar scheint. Ob es hier und da zu steuerlich nicht erfassten Geschäften zwischen Vereinsvertretern und Spielerberatern gekommen ist? Schwer zu sagen, vermutlich noch schwerer zu beweisen.“
Manager Reiner Calmund hat die Frage nach geleisteten Handgeldzahlungen seitens seines Klubs Bayer Leverkusen an Jens Nowotny bejaht. Erik Eggers (Tsp 7.8.) meint dazu. „Die Zahlung von Handgeldern im Rahmen derartiger Transfers ist an sich auch nicht strafbar (…) Es wird also vermutlich allein darauf ankommen, ob die betreffenden Spieler die teilweise exorbitanten Handgelder, die in den vergangenen Jahren des freien Marktes flossen, auch korrekt versteuert haben.“
Gewinnspiel für Experten