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Seidenbespanntes Doppelbett im gepanzerten Mercedes
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| Donnerstag, 25. März 2004
Peter Hartmann (NZZ 3.6.) füttert die Transferspekulationen um David Beckham. „Adriano Galliani betrachtet die Lage vom höchsten Punkt Europas aus, das heisst in seinem Falle: Von der Madonnina, der goldenen Marienfigur auf dem Mailänder Duomo. Als geschäftsführender Vizepräsident des neuen Champions- League-Siegers AC Milan mit einem Jahresgehalt von 2,5 Millionen Euro, noch ohne Prämien gerechnet, thront der glatzköpfige Manager im Auftrag und als Stimme seines Meisters Silvio Berlusconi über dem Transfermarkt dieses Sommers. Gallianis Auge fällt auf einen Traummann, der mit dem Lebensstil Berlusconis mühelos mithalten kann: Gerade hat sich David Beckham für 90.000 Euro ein elektronisch verstellbares, seidenbespanntes Doppelbett in seinen gepanzerten Mercedes einbauen lassen, in seiner Garage auf dem Landsitz in Hertfordshire, den die Tabloids „Beckingham Palace“ getauft haben, bewachen seine Rottweiler Puffy und Snoop vier Ferrari, je einen Aston Martin, einen Bentley, einen Chrysler und einen BMW, alle mit seiner Glückszahl 7 auf dem Nummernschild. Im Haus erstrahlt auf Knopfdruck die Decke im Kinderzimmer seines Sohnes Brooklyn als blinkender Sternenhimmel. Momentan ist „Becks“ mit neuer Afro-Look- Frisur, mit eingegipster Hand und mit seiner Ehefrau Victoria unterwegs auf globaler Promotionstour, bevor er sich in die Ferien in die neu erworbene Herrschaftsvilla (Kaufpreis 22 Millionen Euro) in der Nähe von Saint-Tropez zurückziehen wird, in der, was ihm die Immobilienagentur verheimlichte, nachts ein durch eigene Hand gestorbener früherer Besitzer rumoren soll. Nebenan donnern gelegentlich auf Frankreichs grösstem Manöverfeld die Panzer der Grande Armée. Was, ausser solchen kleinen Pechfällen des Lebens, könnte umgekehrt den einzigen wirklichen Popstar der Gegenwart dazu verführen, sich von Manchester United, dem finanzkräftigsten Klub des Universums, abzuwenden – vielleicht das gestörte Verhältnis zum Manager Ferguson, Frust über dessen Wutausbrüche mit nasser Aussprache, über den Augenbrauen-Cut, den ihm Sir Alex mit einem fliegenden Schuh vor drei Monaten in der Kabine zufügte? (…) Eine Glamour-Figur wie Beckham wäre eine Idealbesetzung im Fussball-Fernseh-Venture des um Popularität bemühten Ministerpräsidenten Berlusconi, dessen Sender Canale cinque offenbar bereit ist, für die Übertragungsrechte an der Champions League 70 Millionen Euro zu bieten, in Konkurrenz zum neuen Pay-TV-Alleinherrscher Rupert Murdoch mit seinem italienischen Sky-Ableger. Als problematisch, aber nicht unüberwindlich könnten sich Beckhams Sponsorenverbindungen erweisen. Der „Flankengott“ aus Manchester, der mehr als elf Millionen jährlich aus Firmenverträgen einnimmt, ist noch bis 2004 an den Telekomkonzern Vodafone gebunden, einen Konkurrenten des Milan-Sponsors Tim. Und es gibt auch einen sozusagen typisch italienischen Widerstand gegen das Engagement des schlaksigen Mittelfeldspielers. Trainer Carlo Ancelotti hat klar gemacht, dass Beckham „nicht in das Milan- Schema passt“. Aber das letzte Wort hat, wie immer, Berlusconi.“
Ein fußballerischer Monolog
Georg Bucher (NZZ 3.6.) berichtet vom remis zwischen Real Madrid und Celta Vigo. „Schon in den vierziger Jahren hatte Celta dreimal (1942, 1943, 1948) im Bernabeu-Stadion gewonnen, den nächsten Exploit allerdings erst 51 Jahre später verbucht. Vier Punkte aus drei Spielen seien erforderlich, um die Champions-League-Qualifikation zu erreichen, sagte Trainer Miguel Angel Lotina vor dem Match im Bernabeu-Stadion und verneigte sich vor Vicente del Bosque, dessen Equipe er unglaubliches Offensivpotenzial bescheinigte. Das Versprechen, auf Angriff zu spielen, war indessen ein Bluff. Starke Regenfälle hatten das Terrain aufgeweicht und den Bällen Fahrt verliehen. Wohl wissend, dass Reals Spitzen enorm antrittsschnell sind, beorderte Lotina die schnellen Aussenverteidiger Velasco und Juanfran ins Abwehrzentrum. Mittels Antizipation sollten sie Ronaldo und Raul an die Leine legen und sich in heiklen Situationen auf den routinierten Libero Caceres verlassen können. Ebenso wichtig war es Celtas baskischem Ausbildner, den Kombinationsfluss der technisch beschlagenen Widersacher in einem „Spinnennetz“ zu stauen. So entwickelte sich eine Partie, wie man sie zwischen dem stärksten Angriff und der sichersten Abwehr der Liga erwarten konnte, über weite Strecken ein fussballerischer Monolog.“
Remis im argentinischen Spitzenspiel NZZ
Über den Saisonabschluss in Holland heißt es bei Bertram Job (NZZ 3.6.). “Ende des Monats, Ende der Schicht: In Holland ist der letzte Spieltag der obersten Fussballklasse am vergangenen Donnerstag mit ein paar letzten Aufregungen abgewickelt worden. Doch die grossen Überraschungen blieben letztlich aus. Tabellenleader PSV Eindhoven reichte ein torloses Remis in Groningen, um sich mit einem Punkt Vorsprung vor Ajax Amsterdam den Titel in der Eredivisie zu sichern. Und die Mannschaft von De Graafschap aus Doetinchem handelte sich gegen Aufsteiger FC Zwolle eine weitere Niederlage ein, die ihren direkten Abstieg besiegelt. Doch strahlende Sieger gibt es weit und breit nirgends: Die Liga leidet an internen Strukturschwächen, die derzeit wenig Euphorie aufkommen lassen. Selbst in Eindhoven ist der Jubel über die Meisterschaft eher verhalten. Der Starcoach Guus Hiddink hat aus einem Baukasten von 30 Lizenzspielern schon in seiner ersten Saison ein stabiles, funktionierendes PSV-Team geschaffen. Es war sowohl in der Spielanlage als auch punkto individueller Klasse den Mitkonkurrenten aus Amsterdam und Rotterdam überlegener, als das durch den knappen Punktevorsprung zum Ausdruck kommt. Doch nun stocken die Personalplanungen. Mit seinen 35 Saisontoren hat sich der beste Torschütze der Liga, Mateja Kezman, den roten Teppich für einen Transfer nach Italien selber ausgelegt. Dass er sich reif genug fühlt für die SerieA, sagt der Jugoslawe seit zwei Jahren schon – notfalls unaufgefordert. Um selbst am internationalen Markt einzukaufen, fehlt einstweilen das Geld. Die grossen Namen, die rund um das Philips-Stadion gehandelt werden (Morientes, Mendieta), sind Wunschträume der Journalisten.“
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