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Stellenwert der deutschen Nationalmannschaft hierzulande

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Stellenwert der deutschen Nationalmannschaft hierzulande

„Kaum irgendwo in der Welt, vielleicht mit Ausnahme Brasiliens, wird das politische und ökonomische Selbstwertgefühl einer Nation so eng mit dem Fußball verbunden wie hier“, analysiert Ludger Schulze (SZ) den Stellenwert der deutschen Nationalmannschaft hierzulande. Die dominante und prägnante Figur ist zweifelsohne Kapitän Oliver Kahn; nicht nur „dank seiner für japanische Verhältnisse enormen Körperausmaße“ (SZ), sondern wegen zu erwartender Weltklasseleistungen und unbändigem Siegeswillen.

Außerdem: wie Nordkorea sich verweigert, an der Weltmeisterschaft teilzuhaben, über unterschiedliche Fußballfankulturen und das neue if-Gewinnspiel .

Pressestimmen zu Blatters Verhalten – Dossier der NZZzum Thema „Fifa im Zwielicht“

Zu den politischen Spannungen zwischen beiden koreanischen Staaten bemerkt Roland Zorn (FAZ 29.5.). „Nur sechzig Kilometer von der südkoreanischen Kapitale Seoul entfernt verweigert ein Land den Eintritt, das hermetisch wie kein anderer Staat von der Welt abgeriegelt ist. Südkorea lädt die Welt des Fußballs in diesen Wochen zu sich ein, Nordkorea macht das Tor zu. Auch wenn Joseph Blatter die Autoritäten in der Hauptstadt Nordkoreas gebeten hat, für die WM eine Ausnahme zu machen und ausgewählte Besucher in den Süden der koreanischen Halbinsel reisen zu lassen, rechnet in Seoul niemand mehr mit dem Erscheinen einer Delegation aus dem spätstalinistischen Nordkorea.“

Ludger Schulze (SZ 29.5.) beschreibt die deutsche Mannschaftshierarchie. „Oliver Kahn genießt die absolute Ausnahmestellung, die ihm Fans, Medien und auch die Mannschaftskollegen zubilligen. Er repräsentiert das DFB-Team beinahe allein. Kahn ist nicht nur Kapitän, sondern Bundespräsident, Kanzler und Außenminister des deutschen Fußballs in einer Person. Im Gegensatz zu früheren Zeiten gebe es glücklicherweise, hat er neulich gesagt, in dieser Mannschaft „keine Primadonnen mehr“. Wie sollte sich auch im Schatten eines solch mächtigen Baumes eine außergewöhnliche Pflanze entwickeln?“

Peter Heß (FAZ 29.5.) übersetzt den Stellenwert Kahns in politische Kategorien. „Es mag ja ganz nett sein, was andere aus dem Team so zu erzählen haben: Wenn Kahn spricht, ist das wie eine Rede zur Lage der Fußball-Nation. Der einzige deutsche Weltklassespieler – so DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder – steht für die Nationalmannschaft wie Kanzler Kohl jahrzehntelang für die CDU stand.“

Auch folgende Stimmen sollen hier Erwähnung finden. Die Eröffnung der Fußball-Weltmeisterschaft hat noch nicht stattgefunden, und schon bekommt Jochen Bittner (Die Zeit), für den Fußball die „Geißel der Menschheit“ ist, den „WM-Koller“. „Jetzt beginnt wieder die Zeit, in der die Leute glauben, sie dürften einen so mir nichts dir nichts auf Fußball ansprechen (…) Die leben doch in einer anderen Welt (…) Fußball ist kein Sport, sondern ein Zustand.“

Holger Gertz (SZ 29.5.) über japanische Wahrnehmungsmuster. „Eine ferne Galaxie ist dieser Spielplatz hier sowieso, für jemanden, der Fußball in Deutschland gewohnt ist, und Fußball in Deutschland heißt doch: Sich einen Fan-Schal umbinden, sich eine Bratwurst kaufen im Stadion und mehrere Biere, sich gepflegt gehen lassen, den Schiedsrichter ein dummes, womöglich blindes Schwein nennen; heißt schließlich reden und reden und reden, im Stadion schon und in der Kneipe danach. Reden über einen Ball, der drin war oder nicht; eine ganze Woche lang reden, palavern, schwätzen bis zum nächsten Spiel. In Japan debattieren sie ganz anders über Fußball, man hat das in den letzten Tagen im Fernsehen hier beobachten können, wo es vorkommt, dass ein am Tor vorbeigeschossener Ball nicht besprochen, sondern analysiert wird, mit minutenlangen Wiederholungen in Zeitlupe und Superzeitlupe und Standbild, mit Schaubildern und Grafiken, auch dann, wenn es um eine ziemlich simple Aktion geht. Ein Stürmer zum Beispiel, der aus fünf Metern den Fußball nicht in den Kasten tritt, wird in Deutschland verhöhnt, dass es kracht. Als bei der vergangenen WM in Frankreich der Japaner Masashi Nakayama aus fünf Metern gegen Kroatien versagte, spürten japanische Reporter, auf der Suche nach Ursachen für seinen Fehlschuss, seine Familie und seine Nachbarn auf, recherchierten, dass der Kellner im Hotel des japanischen Teams Kroate war, fanden, da müsse doch ein Zusammenhang bestehen, fragten Experten für solche Zusammenhänge, wollten schließlich ermitteln, was nicht zu ermitteln ist: Die Gründe dafür, dass einer manchmal vor dem Tor alles vergisst, was er gelernt hat.“

Gewinnspiel für Experten

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