Ballschrank
Story aus Lybien
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| Donnerstag, 25. März 2004
Walter Haubrich (FAZ 4.4.) erzählt eine bemerkenswerte Story aus Lybien. „Der Mittelstürmer wurde auf dem Flughafen von Barcelona in dem für Staatschefs und andere ausländische Würdenträger bestimmten Salon empfangen. Im teuersten Hotel der Stadt wohnte er in der größten Suite ganz oben, bewacht von mehreren Leibwächtern; seine Mannschaftskameraden hingegen wurden tiefer, im ersten Stock einquartiert. Der Mittelstürmer, ein knapp dreißigjähriger Mann mit gestutztem Backenbart, heißt Al Saadi Gaddafi und ist Sohn von Muammar al-Gaddafi, seit 1969 de facto Staatschef von Libyen. Der libysche Fußballmeister Al-Itthad trat im Camp Nou gegen den Hausherren FC Barcelona an. Al Saadi Gaddafi ist Eigentümer, Präsident und natürlich Mannschaftskapitän von Al-Itthad, auf deutsch mit Einheit übersetzbar. Er hat sich das Trikot mit der Nummer neun reserviert, spielt meistens als Sturmspitze, will sich in Zukunft aber auch als Spielregisseur im Mittelfeld versuchen. Die Mannschaftsaufstellung bestimmt der Mittelstürmer, er berät sich allerdings manchmal mit dem italienischen Trainer Giuseppe Dossena. Al Saadi Gaddafi hat als einziger immer einen Stammplatz in der Mannschaft und bestimmt, ob und wann er ausgewechselt wird. Das ist nun mal so. Seine Entscheidungen werden nicht diskutiert. Es lohnt sich nicht, ihm zu widersprechen; schließlich ist er der Eigentümer und Präsident des Klubs, sagt Dossena, der auf eine erfolgreiche Spielerkarriere bei Sampdoria Genua zurückblicken kann und bei der Weltmeisterschaft im vorigen Sommer Adjutant seines Landsmannes Maldini als Trainer von Paraguay war. Im Nou Camp verlor der libysche Meister 0:5 gegen den FC Barcelona, der praktisch alle verfügbaren Stammspieler aufstellte und sich bemühte, den jungen Gaddafi und seine Mitspieler nicht zu demütigen. Mittelstürmer Gaddafi versuchte sich nur einmal mit einem Schuß aufs Tor. Von außerhalb des Strafraums getreten, landete der Ball mehrere Meter von Torpfosten wie von der Torlatte entfernt. In der 79. Minute ordnete Gaddafi an, ausgewechselt zu werden. Er verabschiedete sich von jedem Spieler Barcelonas mit Handschlag.“
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