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SZ-Interview mit Rudi Völler
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| Donnerstag, 25. März 2004
Ich bin mir bewusst, dass die Nationalelf die wichtigste Mannschaft ist
SZ-Interviewmit Rudi Völler
SZ: Herr Völler, wann haben Sie den Bundeskanzler das letzte Mal getroffen?
RV: Kürzlich bei der Bundesliga-Jubiläumsgala in Köln haben wir ein paar Worte gewechselt. Warum?
SZ: Weil es in Deutschland im Prinzip zwei Bundeskanzler gibt. Zuständig für die Politik ist Gerhard Schröder. Und dann gibt es einen für die Unterhaltung. Der ist fast im gleichen Maße für die Stimmung im Lande zuständig und heißt Rudi Völler.
RV: Das ist hoch gegriffen. Ich bin mir aber bewusst, dass die Nationalelf die wichtigste Mannschaft ist und dass sie Deutschland bewegt. Das habe ich nach dem Island-Länderspiel gemerkt, als es tagelang nur ein Thema gab: mein Fernsehinterview. Und das war auch bei der WM so, die Leute leiden und freuen sich mit uns, sie identifizieren sich voll. In den Jahren davor war das Gefühl eher so, mit der Nationalelf wollen wir nichts zu tun haben. Bei der WM haben wir wieder eine gewisse Euphorie geweckt.
SZ: Die Euphorie schlägt schnell in Depression um. Im Sommer 2000, nach dem EM-Aus, war Land unter: Jedermann bis rauf zum Kanzler beklagte die Lage der Fußballnation, die Suche nach einem Teamchef wurde live übertragen: Stundenlang sah man Parkplätze und zugezogene Vorhänge. Die Nationalelf bewegt das Land, ob sie gut oder schlecht spielt.
RV: Richtig. Ich hatte gedacht, in den drei Jahren inklusive WM hätte ich alle Höhen und Tiefen mitgemacht, nun habe ich gemerkt, dass mich noch etwas beeindruckt: Das war die Geschichte nach Island. Dass die medienmäßig so extrem wurde, war für mich eine neue Erfahrung – weil mir bewusst wurde, was auf uns alle und besonders auf mich zukommt, wenn 2006 die WM im eigenen Lande ist.
SZ: Das spürt man auch an der Verzahnung zwischen Fußball und Politik. Wie intensiv ist der Austausch mit den Spitzen im Lande, beispielsweise mit Gerhard Schröder oder Otto Schily?
RV: Man sieht sich öfter bei Spielen oder Veranstaltungen. Gerade mit Schily ist es nett, er ist ja fast mein direkter Vorgesetzter, als Innenminister ist er auch Sportminister. Bei der WM kam er ab und zu eingeflogen, bei dem wichtigen Spiel gegen Kamerun hat er Glück gebracht. Er war auch gegen die Ukraine dabei. Als wir uns neulich beim WM-OK sahen, habe ich gesagt, ‘kommen Sie doch, gegen die Schotten muss die ganze Nation hinter uns stehen! Das müssen wir gewinnen.‘ Trotz Terminnöten war er dann da.
SZ: Kann Ihnen diese herausragende Position nicht auch mal gefährlich werden, wenn etwas richtig schief geht?
RV: Ich weiß, was Sie meinen: ein Scheitern bei EM oder WM. Ich darf gar nicht groß drüber nachdenken. Der Druck ist ja immer da, am stärksten war er vor dem Ukraine-Spiel: Denn dass sich Deutschland nicht für eine WM qualifiziert, gab es ja noch nie. Wir steckten in einer schwierigen Phase: 1:5 gegen England, dann 0:0 gegen Finnland. Aber dann standen alle hinter uns, nach dem Motto: Vielleicht sind unsere Spieler nicht so gut, aber wir müssen alle was dafür tun, auch die Medien, denn wir wollen ja auch alle zur WM.
SZ: Sehr schön; dann kann man es doch auch hinnehmen, wenn die Kritik so deutlich wird wie nach dem Spiel gegen Island, ein Team, das nicht wirklich zu den Furcht erregenden gehört.
RV: Gegen diese Geringschätzung wehre ich mich. Island ist wie eine Reihe anderer Nationalteams viel stärker als noch vor zehn Jahren. Dafür spricht allein, dass über die Hälfte des Kaders in England, Belgien, Spanien, Norwegen und Deutschland unter Vertrag steht. Obwohl das vielen schwer fällt, müssen wir das realistisch sehen.
Bert Schulz (Das Parlament 15.9.) war drin: „Wer den Riesenball bei Tag betritt, wird mit Stadionatmosphäre begrüßt: Entweder brandet zum Empfang Torjubel auf oder ein wütendes Pfeifkonzert. In Glaskästen sind kaum bezahlbare Schätze dieses Sports ausgestellt, darunter ein getragener und signierter Schuh der englischen Kicker-Ikone David Beckham, die abgedroschenen Spielbälle der WM-Endspiele von Bern 1954 und München 1974 sowie die Siegertrophäen. Gezeigt werden außerdem skurrile Szenen bisheriger Weltmeisterschaften; in einem Filmarchiv können selbsternannte Experten nach umstrittenen Schiedsrichter-Entscheidungen suchen, und an Computern dürfen Wetten über Spielergebnisse der vergangenen Turniere abgeschlossen werden. Schließlich stehen für Musikbegeisterte Fangesänge aus aller Welt abrufbereit zur Verfügung.“
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