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Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Themen

Themen: Neuzugänge: Makaay in München, Freund in Kaiserslautern, Centurion in Stuttgart geleast – Beckenbauer kandidiert erneut – Streit um die Bezahlung des “vierten Mannes” u.a.

Von Makaay weiß man nicht allzuviel in Deutschland

Roland Zorn (FAZ 6.8.) ist gespannt auf den Münchner Neuzugang. „Noch spricht der Name, zumindest hierzulande, nicht für sich. Und selbst mancher Fußballinteressent dürfte, trotz fortschreitender Globalisierung, Mühe haben, ihn korrekt zu buchstabieren. Roy Makaay? Das ist nicht die Preisklasse eines Beckham, eines Figo, Ronaldo oder Zidane. Das ist kein ständiger Gast auf dem Boulevard, wo tagtäglich versucht wird, Fußballstars und ihre Privatsphäre zu durchleuchten, möglichst bis ins letzte Detail. Von Makaay weiß man nicht allzuviel in Deutschland, aber vermutlich wird sich das in Kürze ändern. Wer zum FC Bayern München wechselt, noch dazu als teuerster Transfer des deutschen Rekordmeisters, dürfte bald ins grelle Scheinwerferlicht gezerrt werden – und künftig vermutlich auch vorgerechnet bekommen, ob er tatsächlich jeden Cent wert ist, den die Münchner für ihn bezahlen. Der FC Bayern ist, um vor allem in der Champions League nach der Schande des Vorjahres frisches Renommee zu erwerben, in schwierigen Zeiten ein großes Risiko eingegangen. Auch einen Verein, der seit Jahrzehnten damit vertraut ist, höchsten sportlichen und wirtschaftlichen Ansprüchen zu genügen, dürfte die Kaufsumme von annähernd 18 Millionen Euro nicht kaltlassen. Daß sich die hohe Investition in den niederländischen Stürmer Makaay auszahlen wird, ist vorerst nicht mehr als eine Hoffnung.“

Projekt Runderneuerung

Thomas Becker (taz 6.8.) ist weniger vorsichtig. „Keine Frage: Er wird die Bayern verstärken, der Torschützenkönig der spanischen Liga (29 Treffer). Für alle Bayern-Stürmer erhält nun jedes Training den Charakter eines Vorstellungsgesprächs. Die Zusammenstellung der Offensive wird für Hitzfeld nicht nur knifflig, sondern auch Politikum: Publikumsliebling Elber auf die Bank? Sind sich Makaay und Elber nicht viel zu ähnlich? Passt nicht Pizarro wesentlich besser zum Neuen? Und was tun, wenn der seit vier Jahren so ausdauernd aufgebaute Santa Cruz wieder fit ist? Und der Argentinier Tevez nach dem Weltpokalspiel im Winter auch noch kommen will? Der Makaay-Transfer, die erste nennenswerte Stürmer-Verpflichtung der Bayern seit vier Jahren, ist aber vor allem Teil des Projekts Runderneuerung: Im letzten Jahr wurde das Mittelfeld aufgefrischt (Ballack, Zé Roberto, Deisler), nun die Abwehr verjüngt (Rau, Demichelis), und im Sommer 2004 läuft Elbers Vertrag aus, der dann nach sieben Jahren bei den Bayern wohl endlich auf seine Frau hört und irgendwo ins Warme zieht. Davor aber erwartet ihn und seine Kollegen noch ein heißer Herbst. Der Neue wird dafür schon zu sorgen wissen.“

So viel Harmonie könnte einen glatt misstrauisch stimmen

Philipp Selldorf (SZ 6.8.) berichtet die Bereitschaft Beckenbauers, erneut als Bayern-Präsident zu kandidieren. „Beim Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ erhob sich zur Verblüffung der Sitzungsteilnehmer ein gewisser Franz Beckenbauer und ergriff das Wort. Schmucklos ließ er den überraschten Vorstand und Aufsichtsrat des FC Bayern wissen, dass er sich im Herbst wieder als Präsident des Vereins und des Aufsichtsrats der Tochter-AG zur Wahl stellen werde. Das Protokoll notiert an dieser Stelle ein großes Hallo, spontanen Beifall, Jubelrufe. Uli Hoeneß erzählte gestern, alle seien „sehr glücklich und erleichtert“ gewesen. So viel Harmonie könnte einen glatt misstrauisch stimmen, doch die freundlichen Reaktionen geben tatsächlich ziemlich vorbehaltlos die Gefühlslage beim FC Bayern wieder. Zwar ist das Verhältnis der berühmtesten Figuren im Klub in der letzten Zeit schwierig gewesen, und Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, die – mit Karl Hopfner – das Regiment führen, haben sich oft an Beckenbauers Meinungsvielfalt zu Sport und Management sowie an seinen provozierend kontraproduktiven Werbe-Engagements gestört. Aber man braucht sich gegenseitig. Beckenbauer ist eine Galionsfigur, und solange er eine tragende Funktion im Verein versieht, ist er weniger unbequem, als wenn er die Dinge mit seinem gefährlichen Sinn für Sarkasmus von außen kommentiert. Zudem ist er der ideale Vorgänger für einen Präsidenten Hoeneß, der sich 2006 auf diesem Posten vorsieht.“

Oliver Trust (FR 6.8.) beschreibt ein ungewöhnliches Finanzierungsmodell, mit dem der VfB Stuttgart einen Transfer tätigte. “Die Tüftler und Bastler kommen aus dieser Ecke der Republik. Und die Häuslebauer. Den Schwaben, heißt es, fällt immer etwas ein, wie sie im Leben über die Runden kommen. Diesmal aber geht es nicht um Autos oder die Kehrwoche, sondern um ein einzigartiges Modell im Profifußball. Emanuel Centurion hat zwar noch kein einziges Spiel für den VfB Stuttgart bestritten, trotzdem spricht alles über ihn. Das hat Gründe: Der 20 Jahre alte Argentinier ist der erste Spieler der Bundesliga-Geschichte, der von einem Club über ein Leasing-System nur gemietet wurde. Die Transferrechte liegen bei der Firma KBM. Der VfB zahlt für die Laufzeit von fünf Jahren jede Saison eine Leasingrate für den Mittelfeldkicker. Was in der Schweiz, Spanien, Italien und Österreich seit langem zum Geschäft gehört, ist in Deutschland etwas völlig Neues. Die Schwaben, also der VfB, hatten nicht genug Geld, um den Transfer abzuwickeln. Anders als die Münchner Bayern, die die Portokasse für den Makaay-Transfer öffnen, drücken den Club 15 Millionen Euro Schulden. Zu viel für die Ablösesumme von rund zwei Millionen. Daran wäre der Wechsel auch fast gescheitert. VfB-Teammanager Felix Magath aber wollte den Argentinier noch in der Champions League einsetzen. Nun sieht Magath im neuen Weg nichts Ungewöhnliches: Wenn uns Mercedes, Porsche und die Stadt nicht unterstützen, müssen wir uns eben anderweitig umschauen.“

Last-minute-Verpflichtung im Lager der Pfälzer

Hans-Joachim Leyenberg (FAZ 6.8.) begrüßt Steffen Freund zurück in der Bundesliga. „Freund ist an der Nummer 44 auf der Hose und an seinen Beinen zu erkennen, die blasser sind als die der anderen, weil sie schon länger nicht mehr dem Trainingspensum in sengender Sonne ausgesetzt waren. Steffen Freund ist die Last-minute-Verpflichtung im Lager der Pfälzer. Vergangenen Mittwoch muß Freund einen guten Eindruck gemacht haben, als er in einer Prominentenelf rund um Michael Schumacher kickte. Gerets hat anschließend lange auf Freund gewartet, weil dieser gern ausgiebig duscht, und ihn geradeaus gefragt, ob er nicht Lust habe, wieder in der Bundesliga, präzise für den 1. FC Kaiserslautern, zu spielen. Dort benötigten sie jemanden für das zentrale defensive Mittelfeld. Auch Borussia Dortmund hatte mal vorgefühlt, ohne daß es zu Verhandlungen gekommen wäre. Das findet Freund auch in Ordnung, denn auf der Position seien sie bei der Borussia gut besetzt, findet er. Er habe bei ersten Kontakten mit dem BVB gleich gespürt, daß es keine einheitliche Meinung für den potentiellen Rückkehrer Freund gegeben habe. Irgendwie scheint es ihm auch lieber, nicht dorthin gegangen zu sein, wo er schon mal war. Den Reiz des Neuen hat er in der englischen Premier League kennengelernt, er ist offen für Kontrastprogramme geworden. Von Dortmund nach London war auch so eines. Mit am Ende 130 Spielen für Tottenham in einer Liga, so Freund, die qualitätsmäßig an der Bundesliga vorbeimarschiert ist. So ganz hat er es noch nicht verwunden, daß Trainer Glenn Hoddle ihm am 29. Januar eröffnete, er sei nicht sein Spieler.“

„Wer zahlt den vierten Mann?“ FR

Jan Christian Müller (FR 6.8.) kritisiert die Zögerlichkeiten der Verantwortlichen, den „vierten Mann“ zu bezahlen. „Der Blick allein auf die Finanzen gerät zu kurz, weil Sponsoren erst recht in Zeiten der allgegenwärtigen Finanznot sehr genau darauf achten, was sich im Umfeld ihrer Produktwerbung abspielt: Regelmäßig wiederkehrendes Zeter und Mordio oder gepflegter Rasenball ohne ständige Unterbrechungen durch kabarettreife Einlagen überstrapazierter Fußballlehrer und ihrer Kollegen aus dem Management bei regelmäßiger Übertretung der Coaching-Zone. Auf Dauer, gar kein Zweifel, kommt es der Marke Bundesliga-Fußball, an der die DFL seit zwei Jahren werkelt, zu Gute, wenn geifernde Randfiguren ausgeblendet werden – sei es durch Selbstdisziplin (Beispiel: der einst irrwitzig aufbrausende, inzwischen per Anweisung von oben gezähmte Co-Trainer des FC Bayern, Michael Henke) oder durch die Autorität des Amtes und der Person des vierten Schiedsrichters. Das teils lächerliche Gehabe einer Minderheit an der Seitenlinie ist mit der Einführung des gestrengen Dompteurs an der Außenlinie erfolgreich unterbunden worden. Den Medien hat das, kleiner Wermutstropfen in eigener Sache, eine ganze Menge sehenswerter Bildsequenzen gekostet. Bilder allerdings auch, die für manch einen Trainer in niederen Klassen und im Jugendfußball zum Anlass genommen wurden, sich selbst genauso verhaltensauffällig zu gebärden, wie die schlechten Vorbilder im Oberhaus.“

of: Ich hingegen glaube: die Menschen an der Außenlinie in niederen Klassen benötigen keine Vorbilder. Die schaffen es von ganz allein, sich daneben zu benehmen.

Saisonstart in Argentinien NZZ

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