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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

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Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Themen

Themen: Lucio erhöht Leverkusener Ambitionen – Transferaktivitäten in Hannover – „Hoeneß redet dummes Zeug“, sagen die Spanier – Beckenbauer verliert mit Salzburg – die traurige Geschichte des ehemaligen Weltklassespielers Gascoigne – Witzfigur Totti – Film über Werdegänge von Dortmunder Talenten – Japan vermisst Boom

Seine Bühne gefunden

Zur Situation in Leverkusen lesen wir von Jörg Stratmann (FAS 6.7.). „In der kommenden Saison wird Lucio weiterhin Bayers Innenverteidigung verstärken, die nach der Rückkehr des deutschen Nationalspielers Jens Nowotny plötzlich wieder zu den stärksten der Liga zählen wird. Und bei Bayer ist das mit einem Mal wieder mehr wert als jedes lukrative Geschäft. Das sei doch mal ein ganz anderes Zeichen nach draußen, heißt es. Die Zeiten haben sich geändert. Während man früher Stars wie Emerson, Sergio, Ballack und Ze Roberto wie selbstverständlich zur reicheren Konkurrenz hat ziehen lassen müssen, können sie mit ihrem Gehaltsgefüge plötzlich mithalten. Die Erkenntnis ist zwar zweischneidig. Denn einige eigentlich viel zu gut bezahlte Leistungsträger hätte man für die kommende Spielzeit liebend gern von der Lohnliste gestrichen. Doch nun wird der Versuch, den Haushalt den neuen Gegebenheiten anzupassen, halt etwas längerfristig gesehen. Wir können, aber wir müssen nicht verkaufen, sagen sie. Und im neuen Drehbuch spielt der hoch aufgeschossene Südamerikaner mit dem markanten Gebiß nun wieder eine Hauptrolle. Spätestens seit Lucio nach langer Verletzungspause im Februar wieder ins Bundesligageschehen eingriff, wissen Kollegen und Klubführung, was sie an ihm haben. Daß der seinerzeit mit 17,5 Millionen Mark teuerste Verteidiger der Bundesliga ein verdammt wichtiger Spieler für uns, ein Weltstar, ein Vorbild und als Profi jeden Cent wert sei, hatte Geschäftsführer Reiner Calmund längst erkannt. Doch wie sich Lucio fast wütend gegen den Abstieg stemmte und seine stolpernden Kollegen zum glücklichen Saisonende mitriß, nahm die Verantwortlichen noch mehr für ihn ein. Beileibe nicht alles gelang. Aber in Erinnerung blieb vor allem, wie Lucio beim so wichtigen Sieg über den späteren Absteiger Bielefeld erst ungestüm ein Gegentor verursachte, dann aber den 3:1-Sieg eigenhändig mit zwei Treffern sicherte, darunter ein gewaltiger Freistoß in den Torwinkel. So hatte sich Lucio auch Anfang 2001 bei Deutschlands Fußballfreunden eingeführt. Damals verstärkte er zu Leverkusener Glanzzeiten nicht allein die Abwehr, sondern drang mit wuchtiger Eleganz und eigentümlich langem Schritt immer wieder tief in Gegners Hälfte ein, umkurvte dabei gern ein, zwei Spieler und erzielte sofort Tore. Rückschläge blieben nach dieser spektakulären Ouvertüre nicht aus. Doch Lucio schien angekommen in der Liga, die seinen Fähigkeiten am besten entsprach. In der Heimat oft kritisiert, weil es zumindest für brasilianische Verhältnisse am Feingefühl im Umgang mit dem Ball mangele, fand der Athlet sofort den richtigen deutschen Ton. In Deutschland genüge es für einen Verteidiger zu zerstören, sagte Lucio, in Brasilien wegen seines Laufstils Cavalho, das Pferd, genannt. Da mußte er hier einfach positiv auffallen mit seiner offensiven Auffassung der Abwehrarbeit: Die Bundesliga, so hieß es in der FAZ, hat einen neuen Weltstar. Und Lucio hatte seine Bühne gefunden.“

Wir haben kein Geld, wir gehen finanziell ans Limit

Jörg Marwedel (SZ 7.7.) berichtet Hannoveraner Transferaktivitäten. „Der Schulungsraum I der Firma Kind-Hörgeräte in Großburgwedel bei Hannover ist ein weißer Raum mit einem langen Tisch und einem Stehpult. Gewöhnlich werden hier die Mitarbeiter auf die Unternehmens- Philosophie eingeschworen, die der Chef des Hauses so umschreibt: „Innovative Produkte, qualifizierte Dienstleistung, starke Kundenbindung, Preiswürdigkeit. “ So hat es Martin Kind, 58, zum höchst erfolgreichen Mittelständler gebracht. Und natürlich ist es kein Zufall, dass er im Schulungsraum I dieser Tage auch die Zukunft eines anderen Unternehmens skizzierte, dem er ebenfalls vorsteht – Hannover 96. Dort ist Kind Präsident und überzeugt davon, dass man seine Erfolgsparabeln „weitgehend auf den Fußball übertragen“ kann. Diesmal hat der Boss seine aktuelle Strategie als „antizyklisches Denken“ gepriesen und die Ziele von Hannover 96 nur ein Jahr nach dem Aufstieg in die Bundesliga kurzerhand neu definiert: Abstiegskampf soll nach Rang elf in der vergangenen Saison „nicht mehr unser Thema“ sein, dafür die obere Tabellenhälfte angepeilt werden – mit der Hoffnung auf „eine positive Überraschung“. Das wäre der Uefa-Cup. Antizyklisch heißt: Während die Mehrheit der Bundesliga in der Rezession erstarrt, ist Hannover 96 auf dem Spielermarkt in die Offensive gegangen wie kein anderer Klub. Sechs neue Spieler hat man schon verpflichtet. Für 2,5 Millionen Euro kommt Bundesliga-Torschützenkönig Thomas Christiansen, der dreimal mehr als jene 375.000 Euro beim VfL Bochum verdienen soll. Aus Leverkusen wurden die Offensivkräfte Thomas Brdric und Jan Simak ausgeliehen, was den Gehaltstest mit rund zwei Millionen Euro belastet, obwohl Bayer ein Drittel des Salärs weiter trägt. Auch Christoph Dabrowski (Bielefeld/300.000 Euro Ablöse), Silvio Schröter aus Cottbus und Marc Ziegler (Austria Wien) sind Profis mit Potenzial; zwei gestandene Abwehrspieler stehen noch auf dem Einkaufszettel. Die erhoffte Produktverbesserung soll die Kundenbindung erhalten, obwohl man gerade gegen erheblichen Widerstand der Fans die Ticketpreise bis zu 60 Prozent erhöht hat, um die Verluste durch die vorübergehend auf 22.500 Plätze geschrumpfte Baustelle AWD-Arena abzufedern. Woher aber kommt das Geld nach einer Saison, die mit mehr als zwei Millionen Euro Minus endete, weil das Team im Herbst mit sieben Nachversicherung (darunter Bobic, Jaime, Konstantinidis) erst wettbewerbsfähig gemacht werden musste? „Wir haben kein Geld“, sagt Kind trocken, „wir gehen finanziell ans Limit.““

Dafür zuständig, bei Bayern München dummes Zeug zu reden

sid zitiert spanische Reaktionen auf die Kritik von Hoeneß. „Nach der ersten Kritik spanischer Medien hat nun auch Real Madrid auf die Attacken von Uli Hoeneß, dem Manager des FC Bayern München, reagiert. Hoeneß scheint wohl dafür zuständig zu sein, bei Bayern München dummes Zeug zu reden. Langsam wird er zu einem Spezialisten, denn es war ja nicht das erste Mal, sagte Real-Sportdirektor Jorge Valdano der Sportzeitung AS: Trotz der Dummheiten, die er erzählt, werden unsere Beziehungen zu Bayern München immer korrekt sein. Der Bayern-Manager hatte am Donnerstag den aufsehenerregenden Transfer von Beckham nach Madrid verspottet und von einem Affentheater gesprochen, das ich noch nie gesehen habe. Real würde sich immer mehr vom Fußballklub zu einem Zirkus entwickeln, so Hoeneß. Danach war der Münchner Manager schon von den spanischen Zeitungen, Radiostationen und Fernsehsendern kritisiert worden.“

Spagat zwischen Österreich und Deutschland ohne innere Verletzung

Hans-Joachim Waldbröl (FAZ 4.7.) vermeldet eine ungewöhnliche Niederlage. „Beckenbauer, der zuvor die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in einem eleganten Solo, wie es schien, nach Deutschland geholt hatte, konnte in Prag eine Schlappe für das Salzburger Bewerberteam nicht verhindern. Der Einsatz des bayerischen Kaisers Franz für das benachbarte Österreich hatte beim Nationalen Olympischen Komitee (NOK) für Deutschland keine große Begeisterung gefunden. Das NOK setzt auf die Kandidatur Leipzigs für die Sommerspiele 2012, um die sich allein in Europa außerdem noch Istanbul, Madrid, Moskau, London und Paris bewerben. In diesen Weltstädten war das Interesse an Winterspielen 2010 in Salzburg denkbar gering, weil die Chancen, zwei Jahre später gleich wieder Olympische Spiele auf dem alten Kontinent zu bekommen, damit deutlich gesunken wären. Um solche geopolitischen Überlegungen kümmerte sich Beckenbauer wenig. Während der Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee den Namen Franz Beckenbauer in der Salzburger Mannschaftsaufstellung kühl zur Kenntnis nahm und deren Niederlage die beruhigende Nebenwirkung abgewann, daß dies eine günstige Konstellation für Europa 2012 ist, überstand der früher so filigrane Fußballspieler den Spagat zwischen Österreich und Deutschland ohne innere Verletzung. Nach der Pokalniederlage mit den Salzburgern, für die er bei der Präsentation in der ersten Reihe saß, kann er sich nun auf einen Olympiasieg Leipzigs konzentrieren: Bei den Sachsen sitzt Franz Beckenbauer im Kuratorium des Bewerbungskomitees.“

Als Sozialbindung blieben fast nur noch Kneipenfreunde

Christian Eichler (FAZ 7.7.) erzählt die traurige Geschichte eines ehemaligen Weltklassespielers. „Auch am Rande der Wüste Gobi konnte Paul Gascoigne nicht lange trocken bleiben. Nach der Episode bei Gansu Tianma, einem Zweitligaklub in der Ödnis von Lanzhou am Gelben Fluß, 1998 zur schmutzigsten Stadt der Welt erklärt, hat der schillerndste englische Fußballer seiner Generation nun eingestanden, daß er einfach nicht vom Alkohol wegkomme. In meinem Kopf sitzt ein kleiner Mann, der sagt zu mir: Nimm einen Drink, nimm einen Drink. Und ich bekomme ihn nicht aus dem Kopf, besonders dann, wenn ich mit ihm alleine bin, sagte der 36jährige frühere Nationalspieler der Boulevardzeitung Sun (…) Gascoigne war die große Entdeckung der Weltmeisterschaft 1990, wo er mit England unglücklich im Elfmeterschießen des Halbfinales an Deutschland scheiterte – ebenso wie sechs Jahre später bei der Europameisterschaft im eigenen Land. Doch geplagt von Verletzungen und seinem Hang zu Exzessen jeder Art, blieb ihm trotz 57 Länderspielen die erwartete Weltkarriere verwehrt. Ich würde mir wünschen, daß ich meine Karriere genauso gestaltet hätte wie David Beckham, sagt er heute. Wenn David vor meiner Zeit gespielt hätte, hätte ich mein Leben vielleicht anders gelebt und mir einiges abgeschaut. Es gibt kein besseres Beispiel, wie man sich auf dem Platz und außerhalb präsentiert, sagt er über den Kapitän des englischen Nationalteams, der gerade zwischen den ersten Adressen des Weltfußballs gewechselt ist, von Manchester United zu Real Madrid. Gascoignes Vereinswechsel, die echten und die potentiellen, lasen sich dagegen seit langem wie die letzte Tournee eines abgehalfterten Komikers. Nach der Entziehungskur vor zwei Jahren landete er in Everton auf der Bank, dann ein paar Monate in Burnley, zweite Liga; dann wollten sie ihn auch dort nicht mehr. Spätestens im Frühsommer 2002 trank er wieder. Als WM-Experte bescherte er dem Fernsehsender ITV eine Hotelgetränkerechnung von 9869,62 Pfund, plus 281 aus der Minibar. Ein halbes Jahr suchte er vergeblich einen neuen Job; fiel durch bei Erstligaklubs in Amerika, Neuseeland, China; fand seinen Namen in Verbindung mit immer seltsameren Adressen zwischen Sibirien, Schwarzmeer und St. Pauli. Und zwischen den Absagen und PR-Enten. Im September schlief er im Suff auf der Toilette ein, die Hand auf der Heizung – am Morgen war sie voller Brandblasen. Nach Weihnachten landete er in der Notaufnahme. Eine Hälfte seines Gesichtes war taub. Die Befürchtung eines Schlaganfalls bestätigte sich nicht. Nach einer Laufbahn, die am Ende nur noch eine Odyssee war, ist der Fußball für Gascoigne, dessen Ehe dramatisch scheiterte und dem als Sozialbindung fast nur noch Kneipenfreunde blieben, ein letzter Halt.“

Birgit Schönau (SZ 6.7.) hält es für eine souveräne Idee Francesco Tottis, die über ihn kursierenden Witze in Buchform herauszugeben. „Totti entkorkt eine Flasche Frascati und heraus fährt ein Geist. „Du hast einen Wunsch frei“, sagt der Geist. Totti überlegt nicht lange. „Lazio Rom in die vierte Liga!“ Der Geist ist erschrocken. „Nein… wie soll das gehen. Es ist unmöglich, die absteigen zu lassen. Die haben eine tolle Abwehr, und erst das Mittelfeld. ..“ Totti ist einsichtig. „Schon gut, schon gut, hab’ verstanden, Geist. Bist auch Laziale. Also, machen wir was anderes. Ich möchte ein richtig kluger Kerl werden.“ Der Geist wird geisterblass. „Ähhhh… ginge die dritte Liga auch in Ordnung?“ Früher lachten Italiener über die Carabinieri. Die Militärpolizisten galten als begriffsstutzig, und an der Dämlichkeit entzündet sich der spezifisch italienische Humor am liebsten. Blondinen waren diesbezüglich nie ein Thema, klar, in Italien. Effenberg auch nicht. Stattdessen kam Francesco Totti dran, der blonde Kapitän des AS Rom. Toller Fußballer, aber dumm wie Brot, dieses Etikett hatte er irgendwann – und weil Gemeinplätze eher zu Beton zu erstarren, als zu verschwinden, wurde Totti seinen Ruf als Dummbolzen nicht los. Vielleicht lag es daran, dass er jedes Mal flammend rot wurde, wenn sich ihm ein Mikrofon näherte, das Kinn trotzig vorreckte, und doch kaum ein Wort herausbekam. Totti selbst ist fest davon überzeugt, dass es an seiner „Romanità“ liegt, daran, dass er ein Romano de Roma ist, ein Römer seit sieben Generationen. Man hört es, wenn er sich doch einmal ein, zwei Sätze abringt, denn Francesco Totti nuschelt im Dialekt der Römer. Das ist grammatikalisch oft nicht einwandfrei, elegant klingt es auch nicht, weil die Römer in ihrem lässigen Pragmatismus dazu neigen, Wörter zu verstümmeln, Endsilben zu verschlucken, Abkürzungen zu erfinden. Das Reden wird als harte Arbeit empfunden, und deshalb erspart man es sich lieber. Im übrigen Italien mögen sie die Römer nicht wirklich, das ist das Schicksal der Hauptstädter. Berlusconis Verlag Mondadori hat jüngst eine Witzsammlung herausgebracht: „Alle Witze über Totti.“ 111 Seiten, neun Euro. „Totti trifft Del Piero. Ciao, Alessà, wie ging’s mit den Hausaufgaben? Schlecht, sagt Del Piero, ich habe ein weißes Blatt abgegeben. Mamma mia, ich auch, ruft Totti. Jetzt denken die wieder, ich habe bei dir abgeschrieben!“ Naja, Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Aber die erste Auflage war nach drei Tagen vergriffen. Francesco Totti ist sehr zufrieden. Er zeichnet nämlich als Sammler und Autor seiner eigenen Witze. Kaum jemand hätte ihm das zugetraut, und das freut ihn diebisch. „Klar habe ich mich früher geärgert, dass sie mich als Dummkopf darstellen“, gibt er zu. Aber jetzt hat er den Spieß umgedreht.“

Ein Gesellschaftsbild

Andreas Rossmann (FAZ 5.7.) rezensiert einen Film über die Werdegänge von Dortmunder Jugendtalenten. “Die Champions ist der Extrakt einer Langzeitstudie. Hübner und Voss haben vier Jahre lang, von 1998 bis 2002, Spieler der A-Jugend beobachtet und ihre Versuche festgehalten, Fußballprofi zu werden und sich in den Bundesligakader hinaufzuarbeiten. Vierhundert Stunden Material sind dabei zusammengekommen, aus dem ein Film von 129 Minuten Länge gefiltert wurde. Vier der neun Talente werden auf ihrem steinigen Weg begleitet und porträtiert. Am Ende kommt nur einer weiter: Francis Bugri absolviert ein paar Spiele in der ersten Mannschaft. Doch dann muß er einem Kollegen den Vortritt lassen, der genauso alt ist und dieselbe Position bekleidet, doch fünfundzwanzig Millionen Mark kostet: Tomas Rosicky. Die Filmemacher kommen den Spielern sehr nahe – und das wohl nicht nur mit der Kamera. Die dringt in eine Lebenswelt ein, die in der samstäglichen Fernsehberichterstattung nicht vorkommt. Schauplatz: Das Jugendhaus des BVB im Kreuzviertel. Hier werden Talente aus vielen Ländern aufgenommen und betreut. Schule. Fußball. Ende. Hie und da mal ’ne Freundin, sagt ein Co-Trainer, das ist ihr Leben. Der Film zeigt sie nicht nur im Spiel und im Training, sondern auch im Unterricht, bei der Körperpflege und im Krankenhaus, beim Autogrammschreiben und beim Autokauf. Einübungen für die Spielregeln des Profigeschäfts, bei denen Wille, Ehrgeiz und Charakter aufs äußerste herausgefordert werden. Die Konkurrenz ist scharf, die Kritik schonungslos. So wird nebenbei auch mitgeteilt, wie sehr dieser Verein seinen Namen zu Recht trägt: Preußisch ist der Ton im Training, und der Typ harter Hund gewinnt vom C-Jugend- zum Amateurmannschaftstrainer an Intensität. Innenansichten einer Sport AG. Die Dramaturgie des Films vertraut den Verläufen der vier Lebensabschnitte, und die sind, bei mancher Tragik, nicht immer spannend. Abstieg und Aussonderung, Enttäuschung und Erfolglosigkeit sind schleichende Prozesse, in denen vieles und oft Unberechenbares zusammenwirkt. Der Film setzt das Interesse am Fußball voraus. Noch im Durchleuchten des Betriebs erfaßt er viel von dessen Faszination und vermittelt doch deutlich mehr: ein Gesellschaftsbild.“

Wegen des mangelnden Zuschauerzuspruchs in der J-League bezeichnet Urs Schoettli (NZZ 6.7.) die teuren WM-Stadien Japans als „Symbole der Geldverschleuderung“. „Unlängst weilte der neue Star von Real Madrid, David Beckham, auf einem Promotionstrip in Japan. Die Begeisterung, mit der ihn die vor allem weiblichen Fans empfingen, stand um nichts hinter dem zurück, was für die Grossen in der Welt der Popmusik gang und gäbe ist. Seit der WM ist Beckham der wohl bestbekannte ausländische Sportler in Japan, doch von der Fussballbegeisterung anlässlich des World-Cups ist ansonsten wenig geblieben. Man erinnert sich der disziplinierten Fans, die ihr Team bis zur Erschöpfung anfeuerten, die aber auch nach einer Niederlage sich ordentlich nach Hause begaben. Japan kennt keine Hooligans, sein Fussball kennt aber auch keine mit Europa vergleichbare Klubtreue. Die Fans kommen, wenn es ein berühmtes Team oder einen grossen Star zu sehen gilt, doch die Standfestigkeit zu einem saisonlangen Besuch bringen die meisten nur beim Baseball auf. Mit den tiefen Besucherzahlen, die an ordentlichen Spielen der J-League registriert werden und die auch durch den Weltcup keine nennenswerte Erhöhung erfahren haben, kontrastiert seit der WM ein Stadienangebot von Weltformat. Wann immer Japan ein internationales Event beherbergt, spielt Geld keine Rolle. Derzeit entsteht im Vorlauf zur Weltausstellung 2005 in Aomori bei Nagoya ein brandneuer, Milliarden verschlingender internationaler Airport. Nur das Beste war gut genug für die zehn Stadien, die zu einem Gesamtpreis von rund sieben Milliarden Franken für die WM gebaut wurden. Über die künftige Verwendung der Monumentalbauten machte man sich beim WM-Fieber, welches das Land lange vor dem Turnier ergriffen hatte, keine grossen Gedanken. Aus politischer Sicht war das ganze Bauprogramm ohnehin eine willkommene Angelegenheit. Die Traditionalisten in der praktisch in Permanenz regierenden Liberaldemokratischen Partei greifen mit Vorliebe auf Stahl und Beton zurück, wenn es die Wirtschaft zu beleben und die eigene Klientel zu bedienen gilt (…) Ein Jahr nach der WM befinden sich die Stadien baulich in ausgezeichnetem Zustand. Doch die Zukunft birgt grosse Ungewissheit. Die Präfekturen und Kommunen, deren Haushalte sich ohnehin bereits unter einem konjunkturbedingten Spardruck befinden, sehen in den meisten Fällen keine realistischen Optionen, bei den Stadien schwarze Zahlen zu schreiben. Am Ende wird es sich wohl einmal mehr nicht vermeiden lassen, die bemerkenswert geduldigen japanischen Steuerzahler, deren Herz zudem überwiegend für Baseball und nicht für den Fussball schlägt, zur Kasse zu bitten. Auf längere Frist drohen die meisten Stadien Investitionsruinen zu werden, so es nicht gelingt, dem Fussball eine breitere Popularität zu verleihen, die über die launische Verehrung eines David Beckham hinausgeht.“

Tsp-Interview mit Hans Meyer über das Verhältnis zwischen Bundesliga und DDR-Oberliga

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