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Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Themen

Themen: Interessenkonflikt zwischen DFB und Nationalspielern um Vermarktung – Edgar Davids wird vermutlich Juve verlassen – Eintracht Frankfurt profitiert von einer Computer-Spielanalyse – Winnie Schäfers Position in Kamerun ist gefestigt u.a.

SpOn-Interview mit Rudi Völler nach dem Sieg über Schottland

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Der endgültige Verfall der guten Sitten

Jörg Marwedel (SZ 11.9.) beschreibt die Diskussion über das Sponsoring des DFB, der die laufenden Verträge mit seinen Partnern verlängert hat. „Kaum war die Tinte unter der Vereinbarung getrocknet, die auch die Prominenz wie Ballack und Kahn „um des lieben Friedens willen“ abzeichnete, formierte sich schon eine Gruppe von Nationalspielern und ihren Beratern, die es, so ein Vertreter des konspirativen Zirkels, „zum letzten Mal hingenommen haben“, dass die Politik des DFB die Spieler „massiv Kohle kostet“. Es gebe „erheblichen Gesprächsbedarf“, und dafür werde man sich „ganz anders aufstellen als bisher“. Zentrales Thema ist der Vertrag mit dem Sportartikel-Hersteller adidas. Der Vorwurf gegen die Funktionäre aus der Frankfurter Otto-Fleck-Schneise: Sie hätten die seit 56 Jahren bestehende Liaison „ohne Not“ frühzeitig bis 2010 verlängert – zu „nicht annähernd marktgerechten Konditionen“. Angeblich erhält der DFB für die umfassende Kooperation auch nach 2006 lediglich drei Millionen Euro pro Jahr. Auch wenn es ein wenig mehr sein sollte, liegt das Volumen weit unter jenen Summen, die adidas in Partnerschaften mit Real Madrid, dem AC Mailand oder dem FC Bayern investiert. So bleibt tatsächlich rätselhaft, weshalb Verhandlungen mit dem adidas-Konkurrenten Nike ziemlich abrupt abgebrochen wurden. Immerhin hätte ein Kontrakt mit dem US-Konzern rund 100 Millionen Euro für fünf Jahre in die Kassen des Verbandes und der Spieler gespült (…) Die Profis sind angetreten, um nach gescheiterten Versuchen eines der letzten Monopole im Weltfußball zu kippen und eine Praxis durchzusetzen, die in anderen Ländern Usus ist. Italiens Star Totti kickt in Nike-Tretern, obwohl Puma offizieller Ausrüster der Squadra Azzurra ist. Leverkusens Weltmeister Lúcio spielt für Brasilien in adidas. In Frankreich fiel das adidas-Monopol 1998, als die Stars des späteren Weltmeisters mit Streik drohten, falls ihnen das Recht auf die eigene Marke verwehrt würde. Tatsächlich würde schon die Aufhebung der Lex adidas den Nationalspielern mit individuellen Schuhverträgen ein Vielfaches ihres Honorars bringen. Christoph Metzelder etwa erhielte statt 150 000 Euro jährlich geschätzte 500 000 Euro, dürfte er auch im DFB-Dress in Schuhen seines Vertragspartners Nike auflaufen. Ähnlich verhielte es sich bei einem halben Dutzend weiterer Nationalelf-Kollegen. Für Mayer-Vorfelder wäre das wohl der endgültige Verfall der guten Sitten.“

Bei Juventus gibt es Stars, keine Allüren

Birgit Schönau (SZ 11.9.) meldet den bevorstehenden Abschied Davids´ aus Turin. „Edgar Davids ist kein Mann der großen Worte. „Zwischen dem Klub und mir gibt es Spannungen“, sagte Davids, das klang schon sehr nach Gewitter. Das Juve-Management, verärgert über die nicht autorisierte Erklärung, wiegelte ab. Damit ihre Spieler nicht wild in der Gegend herumquatschen, haben die Führungskräfte der „Alten Dame“ eigens eine Kommunikationsberaterin engagiert, die das kickende Personal für die Einsätze vor dem Mikrofon trainiert. Davids aber lästerte ungerührt weiter: „Mit der Mannschaft habe ich kein Problem, aber mit den Managern würde ich noch nicht einmal einen Kaffee trinken gehen.“ Die würden ihn vermutlich auch nicht mehr dazu einladen. Solche Frechheiten mag man gar nicht bei Juve, und deshalb hat Edgar Davids, 30, beim italienischen Rekordmeister jetzt wirklich ein Problem. Ausgerechnet Davids, der nimmermüde Motor des Mittelfeldes, „der Mann, der die ganze Mannschaft schultern kann“ („Lexikon der Großen Juventus“), Davids, der läuft und kämpft und rackert, der hart austeilen kann und zäh einstecken. Seit 1997 hat der Niederländer 154 Mal für Juventus gespielt, hat drei Meistertitel gewonnen, war maßgeblich am Einzug ins Finale 2003 der Champions League beteiligt. Um Davids drehte sich die Juve, wenn er – etwa wegen seiner zahlreichen Sperren – einmal nicht bei der Partie war, bemerkte man ihn noch mehr. Soweit Edgar Davids auf dem Platz. Aber das hat bei Juventus Turin noch nie gereicht. Da Juve – also Juve-tauglich zu sein – bedeutet, besondere Charaktereigenschaften aufzuweisen, ohne die man im Klub nicht lange überleben kann. Selbstbeherrschung, Verschwiegenheit, unbedingte Loyalität zu Trainer, Führung und der Familie Agnelli. Keine Kaprizen, keine Extrawürste, keine Sonderwege. Bei Juventus gibt es Stars, aber keine Allüren. Noch heute erzählt man sich, wie der alte Avvocato Agnelli einst Madame Platini einen Rosenstrauß schickte, wie um die Einmaligkeit solcher Galanterie zu unterstreichen. Wer bockt, wird zurückgepfiffen oder weggeschickt.“

„Eintracht Frankfurt verdankt den Bundesliga-Aufstieg auch der Spielanalyse mit moderner Computertechnik“, schreibt Daniel Theweleit (FR 11.9.). „Karl-Heinz Körbel wird fast leidenschaftlich, wenn er vom Spiel der Frankfurter Eintracht bei Rot-Weiß Oberhausen aus der vergangenen Saison erzählt. Es war der vorletzte Spieltag, ein Sieg war unbedingt nötig, um die Aufstiegschance zu wahren, und Dino Toppmöller gelangen schon in der Anfangsphase zwei Treffer zum 2:0-Sieg. Körbel aber jubelte nicht nur über die drei Punkte und den Sprung auf einen Aufstiegsplatz, er freute sich besonders über das Zustandekommen der Treffer. Als die Tore gefallen sind, da sind wir auf der Tribüne aufgesprungen, und haben uns gesagt: Das sind auch unsere Tore, erzählt der Scout der Frankfurter, der gemeinsam mit Thomas Zampach und Ralf Weber für Spielbeobachtungen und -analysen zuständig ist. Uns war aufgefallen, dass die Oberhausener bei Standardsituationen immer den kurzen Pfosten freilassen, das haben wir an Trainer Willi Reimann weitergegeben und Toppmöller hat seine beiden Tore genau so gemacht, sagt der 48-Jährige nicht ohne Stolz, und dankt damit auch einem technischen Hilfsmittel, das vielleicht zu den entscheidenden Details gehört, die den Frankfurtern zu ihrem winzigen Vorsprung verhalfen. Denn die Eintracht gehört zu jenen Klubs im deutschen Profifußball, die ihre Spielanalysen mit einem speziellen in Norwegen entwickelten Computersystem erstellen. MasterCoach heißt das Unternehmen, das seine deutsche Dependance in Düsseldorf hat. Per Mausklick lassen sich einzelne Spielszenen bestimmten Kategorien zuordnen. Je nach Wunsch des Cheftrainers können dann ohne Zeitverzögerung alle Ecken oder Freistöße des nächsten Gegners abgerufen werden, oder alle Ballverluste der eigenen Mannschaft, die zu gegnerischen Torchancen geführt haben. Ohne Spulen können sofort alle Ballgewinne in einem bestimmten Spielfeldsektor gezeigt werden oder die gewonnen Zweikämpfe eines bestimmten Spielers. Als Karl-Heinz Körbel in Frankfurt als Talentscout anfing soll er gesagt haben: Ich hatte gedacht, dass die Eintracht sich schon etwas aufgebaut hat, ich war richtig erschrocken: Die hatten nur das Kicker-Sonderheft.“

Peter Heß (FAZ 11.9.) weiß Winnie Schäfer fest in Kameruns Sattel. “Daß Schäfer nach dem Scheitern in der WM-Vorrunde 2002 in Japan an Deutschland überhaupt noch die kamerunische Nationalmannschaft trainieren darf, zählt zu den Fußball-Wundern. Der afrikanische Landesverband erlangte eine traurige Berühmtheit für seine Ungeduld mit den wenig Erfolgreichen. Bevor Schäfer kam, verschliß Kamerun vier Trainer in einem Jahr. Der Chef und sein Assistent, Landsmann Stefan Mücke, durften schließlich bleiben, weil die Fehler des Verbandes in der Vorbereitung offensichtlich so groß waren, daß ihnen die größere Schuld am frühen Ausscheiden gegeben wurde. Weil der Verband versprochene Prämien nicht gezahlt hatte, streikten die Spieler und konnten erst mit Verspätung zur Abreise nach Japan bewegt werden. Der Flug währte dann 40 Stunden inklusive mehrerer Zwischenlandungen. Daraufhin erhielt der Manager der Nationalelf einen Vorgesetzten, und zwei kamerunische Co-Trainer wurden ausgewechselt. Damit waren es genug der Bauernopfer. Andre Nlend Nyuidjol, Manager der Nationalelf und Schäfers engste Bezugsperson, verspricht: So etwas wie vor der WM 2002 wird nie wieder geschehen. Er glaubt, daß sein Verband nun verstanden hat, daß es keine Alternative gibt, als den Wünschen des Trainers zu folgen. Wir haben keine andere Wahl, als zu tun, was Winni Schäfer für richtig hält. Mittlerweile steht wieder das ganze Land hinter den deutschen Trainern. Beim Confederation Cup schlugen die unbezähmbaren Löwen, wie die Kameruner Spieler sich nennen, Weltmeister Brasilien, und die Niederlage im Elfmeterschießen des Finales gegen Frankreich wurde als ehrenvoll empfunden.“

Andreas Hoffbauer (Handelsblatt 10.9.) analysiert die wirtschaftlichen Folgen für Manchester United, nachdem Vorstandsvorsitzender Peter Keyton von Konkurrent FC Chelsea abgeworben wurde. „Für den Verein, der sportlich und wirtschaftlich erfolgreichste in England, ist der Verlust von Kenyon ein Schock. Nach dem Weggang von Top-Spieler David Beckham verliert Manchester nun den Manager, der „ManU“ zur weltweiten Marke mit 53 Millionen Fans aufgebaut hat. In einer eilig einberufenen Nachtsitzung wurde der Stellvertreter David Gill als neuer ManU-Boss berufen. Abramowitsch hatte den FC Chelsea im Juli in einer ebenfalls spektakulären Aktion übernommen. Nun hat der angeblich zweitreichste Mann Russlands dem eingefleischten Manchester-Fan Kenyon ein unwiderstehliches Angebot gemacht. Dessen Jahresgehalt als Clubchef soll sich bei Chelsea auf mehr als 1 Mill. £ (1,4 Mill. Euro) fast verdoppeln. Im Vergleich zur bisherigen Einkaufstour von Chelsea ist der Betrag aber eher bescheiden: In den vergangenen zwei Monaten hat Abramowitsch für seinen Club Spieler im Wert von 158 Mill. Euro gekauft (…) Manchester United ist einer der wenigen schuldenfreien Vereine und macht seit Jahren Gewinn. Wenn der Verein Ende September seine Bilanz vorlegt, erwarten Analysten erneut einen Umsatzrekord nach 146 Mill. £ im Vorjahr. Der Aktienkurs des dreimaligen Meisters ist in den vergangenen zwölf Monaten von 100 auf bis 170 Pence gestiegen, der Wert des Vereins liegt bei rund 616 Mill. Euro. Allerdings wurde der ManU-Kurs dieses Jahr vor allem durch Übernahmespekulationen getrieben. Die Aktien sind weit gestreut, angeblich planen einige Investoren eine Übernahme. Diese Spekulation könnten wieder Aufwind bekommen. Vor drei Jahren war ManU an der Börse das Dreifache wert. Der Wechsel an der Vereinsspitze wird nach Ansicht von Analysten keinen dauerhaften Kursschaden anrichten.“

NZZ-Spielbericht Russland – Schweiz (4:1)

NZZ-SpielberichtSerbien / Montenegro – Italien (1:1)

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