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| Donnerstag, 25. März 2004
Themen: Augenthalers Realitätsssinn – Leverkusen und Franca wollen diese Saison einiges wiedergutmachen – eine neue Situation für Elber: die Bank – zur Situation Armin Vehs
Wenn wir weiter so spielen wie in Frankfurt, holen wir keinen Punkt mehr
Richard Leipold (FAZ 16.8.) beschreibt den Realitätssinn Klaus Augenthalers. “Plötzlich taucht im Presseraum der BayArena ein Autogrammjäger auf. Der Mann hat drei alte Sammelalben mit Fußballbildern aus den achtziger Jahren und einen Filzschreiber bei sich. Als Klaus Augenthaler das Podium verläßt, schlägt der Sammler flink die Seiten mit den Spielern von Bayern München auf, legt die Alben auf den Tisch und hält dem Cheftrainer des Bundesligaklubs Bayer Leverkusen den Stift hin. Die Bilder zeigen Augenthaler in jugendlicher Frische, im roten Trikot des FC Bayern; er schaut aus wie heutzutage als Fußball-Lehrer – nicht besonders freundlich, entschlossen, respekteinflößend. Mit den alten Zeiten konfrontiert, sieht Augenthaler sich als Spitzenreiter wie in einem Spiegel. Als er beim FC Bayern gespielt habe, sei es schön gewesen, Tabellenführer zu sein – nach 34 Spieltagen, sagt der einstige Abwehrstratege der Münchner. Als Trainer steht er zum ersten Mal auf Platz eins der deutschen Bundesliga – nach zwei Spieltagen. Ein zusätzlicher Ansporn für die Mannschaft, die in der vergangenen Saison so gelitten hat? Augenthalers Züge verfinstern sich. Davon habe ich nichts gemerkt. Leverkusen hat als einzige Mannschaft der Liga die ersten beiden Spiele gewonnen. Doch Augenthaler läßt sich nicht blenden. Wir haben unsere sechs Punkte gegen zwei Aufsteiger geholt, sagt er. Damit habe die Mannschaft ihre Pflicht erfüllt, mehr nicht, zuletzt in Frankfurt sogar deutlich weniger. Wenn es darum gehe, den Ball hochzuhalten und auf diese Art von einem Strafraum zum anderen zu jonglieren, machten die meisten seiner Spieler sicher eine gute Figur, sagt Augenthaler, aber das ist keine Garantie, daß wir gegen Mannschaften gewinnen, denen der Ball fünfmal runterfällt. Schlecht spielen und trotzdem gewinnen, ist diese Art zu punkten nicht auch ein Zeichen von Qualität? Den Bayern wird nach zweifelhaften Erfolgen zumeist ein hohes Maß an Cleverneß bescheinigt. Wer auch solche Spiele gewinne, werde am Ende Meister, heißt es dann. Doch Bayer ist nicht Bayern. Wenn wir weiter so spielen wie in Frankfurt, holen wir keinen Punkt mehr, sagt Augenthaler. Er habe lange überlegt, ob der mangelhafte Kick außer den drei Punkten irgendeinen positiven Aspekt habe. Die Suche hat viel Geduld erfordert, doch der Trainer ist fündig geworden. Die Mannschaft hat die vergangene Saison abgehakt, sonst hätte sie in Frankfurt verloren.“
Ich wurde angepflaumt wie ein Jugendspieler
Bayer Leverkusen und Fanca wollen diese Saison einiges wiedergutmachen, schreibt Christoph Biermann (SZ 16.8.). „Inmitten dieses Albtraums zuckte França schließlich nur noch zusammen, wenn er seinen Namen hörte. Wieder hatte er etwas falsch gemacht, erneut ermahnte ihn der Trainer. Zu kompliziert hätte er gespielt, den Ball nicht lange genug gehalten oder nicht rechtzeitig abgespielt. In fast jedem Training der vergangenen Saison ging das so, und bei den Spielen war es nicht besser. Wie auf einem fremden Planeten versuchte sich França in Leverkusen an einem Spiel zu beteiligen, das er doch eigentlich beherrschte. Aber seine Ansätze zu Kombinationen verliefen im Nichts, seine Torschüsse kullerten ins Leere und schließlich lachten ihn seine Mitspieler aus. „Ich wurde angepflaumt wie ein Jugendspieler“, sagt França heute und klingt weniger verbittert, als man vermuten könnte. Dabei kannte es der brasilianische Stürmer zuvor nur, dass sein Namen auf den Rängen zur Huldigung gerufen wurde. Mehr als 150 Tore hatte er für den FC São Paulo geschossen und war in die Elf des Jahrhunderts des Klubs gewählt worden, der zu den populärsten Brasiliens gehört. Acht Mal hatte er in der Seleção gespielt und wäre 2002 mit zur Weltmeisterschaft nach Fernost gefahren, hätte er sich nicht verletzt. Während França in Deutschland zum Gespött wurde, sangen die Fans in São Paulo weiter seinen Namen, sobald ihr Team verlor. Was hätte näher gelegen, als dorthin zurückzukehren? „Daran habe ich nie gedacht“, sagt França, „ich will mich hier durchsetzen.“ Das könnte man für eine der üblichen Durchhalteparolen von Fußballprofis halten, in diesem Fall ist es jedoch anders. „Er ist in der vergangenen Saison immer wieder zu uns gekommen und hat versprochen, dass er den Durchbruch noch schaffen würde“, erklärt Ilja Känzig. Fast flehentlich muss das geklungen haben, wenn der 27-Jährige um Vertrauen warb. Der Manager von Bayer vermutet, dass es für ihn eine Frage der Ehre war, aus Europa nicht gescheitert ins Heimatland zurückzukehren.“
Die Verpflichtung von Roy Makaay scheint Elber gelähmt zu haben
Elisabeth Schlammerl (FAZ 16.8.) beantwortet die alles entscheidende Frage. „Claudio Pizarro hat in dieser Woche eine neue Erfahrung gemacht. Er gehörte beim FC Bayern München bisher nicht zu den Spielern, die regelmäßig in den Genuß eines Extrabonus kommen. Am Dienstag aber wurde der peruanische Fußballprofi von der Arbeit befreit. Während die Teamkollegen in Nürnberg antreten mußten, durfte sich Pizarro einen schönen Abend in München machen. Weil er mit zwei Toren in den ersten beiden Bundesligaspielen und glänzenden Leistungen vorgearbeitet hatte, aber auch, um sich für die Partie gegen den VfL Bochum an diesem Samstag zu schonen. Denn es besteht kein Zweifel, daß Pizarro den Platz an der Seite von Roy Makaay erhalten wird – und nicht Giovane Elber. Auch der Brasilianer macht gerade eine neue Erfahrung beim FC Bayern. Er stand in den vergangenen sechs Jahren nur dann nicht in der Anfangself, wenn er in Zeiten größter Strapazen eine kleine Pause bekommen sollte. Zu Beginn von Elbers letztem Jahr in München aber schaut es so aus, als ob er darauf hoffen muß, in die Mannschaft rotiert zu werden. Noch etwas ist anders: Lief Elber früher noch tagelang mit finsterer Mine über das Trainingsgelände, nachdem ihn der Trainer ausgewechselt hatte, gibt er sich nun bestens gelaunt. Ich bin doch selbst schuld. Ich war in den zwei Spielen grottenschlecht, sagt er. Dabei hat er doch immer erklärt, daß ihn der Konkurrenzkampf ansporne, er Druck brauche, um Höchstleistungen zu bringen. Die Verpflichtung von Roy Makaay jedoch scheint Elber eher gelähmt zu haben.“
Wackelt der Rostocker Trainer?, fragt Dirk Böttcher (FR 16.8.). „In der zurückliegenden Spielzeit kam es vor, dass Veh unter der Woche einem seiner Profis glatt die Bundesliga-Tauglichkeit absprach, um ihn am Sonnabend in der ersten Elf auf den Rasen zu stellen. So ist er eben. Wenn Armin Veh meint, die Innenverteidigung habe gegen Stuttgart die Gegentore verbockt, dann sagt er es auch und zwar gleich allen. Und wenn er stinksauer ist, dann muss das raus. Die Aussortierten oder Ausgeschimpften denken sich dazu ihren Teil. Vieles, was aus deren Kreisen zu hören ist, ist daher auch nicht zum Zitat freigegeben. Es sind aber diese Stimmungen aus dem Reich der Namenlosen, aus denen die Presse und das Umfeld ihre Meinungen basteln. So titelte die BamS am zurückliegenden Wochenende nach dem Patzer von Torwart Schober in Freiburg: Veh haut auf Schober ein. Eine Erklärung dieser schlagenden Aussage auf Seite eins fehlte auf den folgenden Seiten allerdings. Die Knüppel fliegen nicht ohne Grund aus dem Blätterwald. So einem wie Veh, der wie der personifizierte Fußballsachverstand daher kommt, gönnt das Umfeld gern einen Fall auf die Nase. Außerdem ist für ihn in Rostock eine gefährliche Zeit angebrochen. Die eineinhalb Jahre, die er jetzt bei Hansa ist, sind an der Küste so etwas wie die Haltbarkeitsdauer für Trainer. Lienen, Zachhuber, Funkel – für alle war nach dieser mystischen Zeitspanne Schluss. Da schaut man nun auch bei Armin Veh etwas genauer auf den Kalender.“
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