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Die Zukunft Deislers ist ungewiss

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Die Zukunft Deislers ist ungewiss

Sympathieträger SC Freiburg ist wieder in der Bundesliga – zu den Perspektiven von Borussia Mönchengladbach – Rivalität zwischen den beiden Dortmunder Torhütern – die Zukunft Deislers ist ungewiss – BLZ-Interview mit Jupp Heynckes – Bayern München plant medialen Alleingang

Das Auxerre der Bundesliga

Christoph Kieslich (SZ 17.7.) berichtet die Rückkehr eines Sympathieträgers und Gegenmodells ins Oberhaus. „Schöner und glänzender denn je kommt Freiburg zurück in die Erste Liga. Das Dreisamstadion wird nach wie vor zwar eine der kleinsten Einheiten sein, dafür aber eine der dichtesten Atmosphären bieten. Und wenn Mannschaft und Publikum gut drauf sind, bewirkt der Zwölfte-Mann-Effekt allerhand. Neu ist ein wuchtiger Bau in der Ecke zwischen Haupttribüne und Nord, dort wo der Kuttenfan steht. Einst von Andreas Rettig als Medienhaus projektiert, hat der Klub das Gebäude umgewidmet. Umfunktioniert wurde das schicke Eckhaus vor allem für Sponsoren und VIPs, eine Klientel, die bisher eher bescheiden empfangen wurde. „Angemessen und bundesligatauglich – endlich, endlich“ nennt Marketingleiter Hanno Franke die neuen Möglichkeiten. Vom Rückhalt der regionalen Wirtschaft sei der Sport-Club schließlich existenziell abhängig. Um dieses Potenzial zu pflegen und noch mehr zu nutzen, hat der Verein vor einigen Wochen bereits einen wichtigen Neuzugang vorgestellt: Martin Braun, Kapitän der ersten Aufstiegsmannschaft. Der gebürtige Schwarzwälder ist nicht nur local hero, sondern nach zwei Fernstudien auch fundiert ausgebildet in Kommunikation und Marketing. So darf man gespannt sein, was demnächst herauskommen wird im internen Diskurs über das Selbstverständnis: „Wer sind wir, wo kommen wir her, wo soll es hingehen?“ fragt Hanno Franke. In Umfragen erzielt der SC Freiburg blendende Sympathie-Werte, höchstens von St. Pauli getoppt. Während der Hamburger Kultklub sein Potenzial selbst auf dem Weg in die Drittklassigkeit mit einer „Retter-Aktion“ abschöpfen kann, steht der SC Freiburg mittlerweile alleine als kleiner Verein, der mit wenig Mitteln versucht, das Bestmögliche herauszuholen. Der einzige, wesentliche Unterschied zum St.-Pauli-Projekt ist wohl Seriosität, mit der Freiburg seine Finanzen verwaltet. In den Jahren der fetten TV-Gelder hat der Sport-Club nicht in teure, langfristige Spielerverträge investiert, sondern mehr als 50 Millionen Mark in seine Infrastruktur gesteckt. Die nähere Zukunft – bis 2006 einige WM-Standorte noch bessere Vermarktungsmöglichkeiten in topmodernen Stadien haben werden – möchte Volker Finke offensiv gestalten: „Wir müssen dahin kommen, dass uns zumindest nicht Vereine wie Rostock oder 1860 München Spieler weglocken können.“ Der Cheftrainer begreift den Sport-Club mehr denn je als Ausbildungsverein, als das Auxerre der Bundesliga.“

SC Freiburg vor dem Saisonstart Tsp

1. FC Köln vor dem Saisonstart Tsp

Romantisches Scheitern

Christoph Biermann (SZ 16.7.) analysiert die Perspektiven von Borussia Mönchengladbach. „Früher, als Christian Hochstätter noch für Borussia Mönchengladbach spielte, bekam er vor jeder neuen Saison einen Brief seines Klubs. Der Beginn und die Daten fürs Trainingslager wurden darin mitgeteilt und stets endete das offizielle Anschreiben mit einer Art Losung des damaligen Managers Helmut Grasshoff. Eine davon hat Hochstätter nicht vergessen. „Man sollte sich Ziele stecken, die höher sind als die, die man glaubt erreichen zu können“, hatte Grasshoff vor mehr als anderthalb Jahrzehnten geschrieben. Dritter war die Borussia damals geworden „und bei der Saisoneröffnung haben acht Spieler gesagt, dass sie Deutscher Meister werden wollten“, erzählt Hochstätter. Das gefällt dem heutigen Manager, auch wenn er es seinen Spielern nicht per Brief mitteilt. Hochstätter weiß zwar, dass zu hoch gesteckte Ambitionen lähmen können. Andererseits will er seinen Spielern vermitteln, dass übergroße Bescheidenheit nicht mehr zur Mönchengladbacher Borussia von heute passt. Denn obwohl der Verweis auf Grasshoffs Brief die Historie des Klubs zitiert, hat Hochstätter das Gefühl, dass es an der Zeit ist, mit alten Gladbacher Gewohnheiten zu brechen. Trotz der großen Erfolge der Vergangenheit war Borussia Mönchengladbach immer ein eher niedlicher Verein. Ob Pfostenbruch und Büchsenwurf, verlorene Endspiele und abwandernde Stars, selbst in der großen Ära wurde eher romantisches Scheitern kultiviert, als eine so kühl dominante Haltung entwickelt, wie sie beim FC Bayern seit jeher selbstverständlich ist. Aus dieser Defensive wurde im letzten Jahrzehnt ein Schrumpfprogramm, das Gladbachs langen Abschwung einleitete, den Hochstätter und die Borussia nun umkehren wollen (…) „Mit der Erwartungshaltung wird sich auch die Atmosphäre im Stadion ändern“, glaubt Hochstätter. Schon in der vergangenen Spielzeit war das Publikum weniger gnädig, als sich die Mannschaft aufgrund zahlloser Verletzungen durch den Abstiegskampf mühen musste, auch wenn es am Ende den großen Schulterschluss zwischen Spielern und Fans gab. Das Team muss einen Schritt nach vorne tun, vielleicht sogar über die Möglichkeiten hinaus. Hochstätter hat es ihnen gesagt. Vielleicht hat er es ihnen deshalb nicht geschrieben, weil die Spieler, die seinerzeit den Brief von Grasshoff bekamen und Meister werden wollten, nur Siebter wurden.“

Sie mögen einander nicht leiden

Über die Rivalität zwischen den beiden Dortmunder Torhütern liest man von Richard Leipold (FAZ 16.7.). “Sammer hat angekündigt, während der Saison werde es kein von der Tagesform bestimmtes Wechselspiel geben, sondern eine klare Nummer eins. Lehmann läßt keinen Zweifel daran, daß er diesen Status für sich beansprucht – trotz der langen Pause, die er wegen eines hartnäckigen Blutergusses im Oberschenkel hatte einlegen müssen. In dieser Zeit ist ihm in Weidenfeller ein starker Konkurrent erwachsen. Der Vertreter nutzte die Abwesenheit des bis dahin unumstrittenen Lehmann, sich auf hohem Niveau zu profilieren, und reklamiert den Platz im Tor nun für sich. Ich will die Nummer eins werden. Lehmann indes behauptet, die Ambitionen des jungen Kollegen interessierten ihn nicht besonders. Die beiden Männer treiben sich zwar gegenseitig zu sportlichen Höchstleistungen, aber sie mögen einander nicht leiden. Beim Training gehen sie professionell miteinander um; außerhalb des Arbeitsplatzes würdigen sie sich keines Blickes. Ein Insider siedelt ihr Verhältnis, trotz der Gluthitze im Revier, unter dem Gefrierpunkt an. Der knapp 23 Jahre alte Herausforderer meldete seine Ansprüche anfangs naßforsch, zuweilen respektlos an. Inzwischen hat er offenbar gemerkt, daß es geschickter ist, seine Worte sorgfältig zu wägen – wenigstens wenn er offiziell befragt wird.“

Die beiden sprechen überhaupt nicht miteinander

Markus Bark (FTD 16.7.) teilt dazu mit. „Was ist normal? Das ist eine schwierige Frage, über die sich Soziologen schon mal tagelang streiten können. Es geht aber auch einfacher, darauf eine Antwort zu finden. Roman Weidenfeller hilft dabei. Der ist Torwart beim Bundesligisten Borussia Dortmund und sagt über sein Verhältnis zu Jens Lehmann, dem anderen Torwart beim BVB: „Das ist normal.“ Glaubt er. Ist es aber nicht. Die beiden sprechen überhaupt nicht miteinander, würdigen sich keines Blickes und haben auch sonst nichts miteinander zu tun. Selbst der abgedrehteste Soziologe dieser Welt würde so etwas nicht als „normal“ bezeichnen. Normal ist, warum Weidenfeller, der in Dortmund einen Vertrag bis 2006 hat, es trotzdem sagt. Er will dorthin, wo Lehmann (Vertrag bis 2004) seit fünf Jahren ist – ins Tor von Borussia Dortmund. Einen ersten Versuch wagte Weidenfeller in der vergangenen Saison, lange bevor er den verletzten Lehmann dann in elf Spielen vertreten durfte. Es gebe in Dortmund keinen Torwart 1a und 1b, sondern nur einen jungen und einen alten, sagte er forsch. Die Attacke war zeitlich schlecht abgestimmt, denn Lehmann hielt gerade damals so gut wie nie zuvor im schwarz-gelben Dress. Weidenfeller stand als Großmaul da. Die Fans beschimpften ihn so heftig, dass sein Gästebuch auf der Homepage – welch Zufall – unter technischen Störungen litt und vorübergehend geschlossen war.“

Ob der Zukunft Sebastian Deislers ist Philipp Selldorf (SZ 16.7.) skeptisch. „Des Deutschen ist der argentinische Verteidiger noch nicht so gut mächtig, aber die zentralen Worte aus dem Glaubensbekenntnis des Vereins hat er bereits gelernt: „Gewinnen, gewinnen, gewinnen und Erfolg haben“, hat er bei seiner Vorstellung vor großem Publikum zum Ziel erklärt und dann der Menge nach dem Vorbild John F. Kennedys radebrechend zugerufen: „Ik bin ein Bayer.“ In dieser halben Woche hat der unerschrockene Señor Demichelis ungefähr so viel Kontakt mit den Reportern gehabt wie Sebastian Deisler in mehr als einem Jahr beim FC Bayern. In der vereinsinternen wie in der öffentlichen Debatte ist Deisler jedoch permanent präsent geblieben. Die Ungeduld nimmt zu mit dem lange Zeit verletzten Mittelfeldspieler, der das Pech hatte, in einer der finstersten Phasen des deutschen Fußballs – nach der Europameisterschaft 2000 – zum einzigen Lichtblick erkoren worden zu sein. In Berlin hatte Deisler, laut Ottmar Hitzfeld „ein introvertierter Typ“, mit diesen Erwartungen seine Probleme, denn bei Hertha BSC war er der einzige Star in einem unauffälligen Ensemble. Als er nach München kam, hatte er gehofft, als einer unter vielen Stars seine Ruhe zu haben vor der Öffentlichkeit. Aber sein Ruhebedürfnis ist nach Ansicht der maßgebenden Personen im Verein zu ausgeprägt. „Er muss wichtiger werden auf dem Platz und auch außerhalb“, verlangt Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. „Er muss sich sofort aufdrängen“, sagt Manager Uli Hoeneß, „sein Knie macht keine Probleme mehr, die Schonzeit ist vorbei, jetzt muss man Forderungen an ihn stellen.“ Von aufdrängen kann im Training keine Rede sein. Deisler hält sich zurück, und manchmal hat man den Eindruck: Er hält sich raus.“

Auch bei Real Madrid herrscht Kameradschaft

Auszüge aus einem BLZ-Interview mit Jupp Heynckes

BLZ: Herr Heynckes, Sie haben auf Schalke den Zehn-Stunden-Arbeitstag eingeführt. Warum?

JH: Ich bin überrascht, dass das so viel Aufsehen erregt. Andere Menschen arbeiten doch auch so lange. Ich habe das in Spanien immer gemacht, aus einem plausiblen Grund: Wenn wir zweimal trainieren, haben die Spieler Zeit für Körperpflege – und dann weiß ich auch, dass die jungen Profis ein warmes Mittagessen bekommen. Hinzu kommt die Kommunikation. Wenn sich eine Mannschaft im zwischenmenschlichen Bereich gut versteht, zeigt sich das auch auf dem Platz. Wenn die Spieler nicht miteinander sprechen, ist das eine tote Mannschaft.

BLZ: Heißt es nicht immer, die Zeit der elf Freunde sei vorbei?

JH: Unsinn. Bilbao war vom Potenzial sicher schwächer als 18 andere Teams in Spanien – aber wir sind Siebter geworden. Warum? Weil die Spieler sich gut verstehen, alle aus der gleichen Region kommen. Bei Athletic spielen nur Basken. Auch damals in Mönchengladbach waren wir alle aus der Umgebung – das hat gepasst.

BLZ: Aber auf Schalke werden Sie ja schlecht ein Team nur aus Ruhrpott-Jungs aufbauen können.

JH: Nein, aber ob Sie es glauben oder nicht: Auch bei Real Madrid herrscht Kameradschaft. Figo, Zidane oder Raúl verstehen und respektieren sich. Auch, weil sie viel Zeit miteinander verbringen und sich als Menschen kennen lernen.

Roland Zorn (FAZ 17.7.) schreibt über die Ankündigung der Bayern eines medialen Alleingangs. „Die Fußball-Bundesliga ist derzeit auf einem guten Weg, ihre Vermarktung gegenüber der Europäischen Union (EU) und ihrer Wettbewerbskommission abzusichern. Diesem Zweck dient auch ein Freistellungsantrag, den die Deutsche Fußball Liga (DFL) an die Kommission unter ihrem italienischen Vorsitzenden Mario Monti gerichtet hat. Aus der Gruppe der deutschen Profifußballklubs will nun aber der Klassenprimus auf einem Marktsektor mit Perspektiven ausscheren. Der FC Bayern München möchte in Zukunft als Trendsetter seine Rechte in Sachen Neue Medien (Internet, Mobiltelefone) am liebsten selbst vermarkten. Das haben die Bayern, wie ihr Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge gegenüber dieser Zeitung erklärte, der DFL und auch der EU gegenüber deutlich gemacht. Rummenigge erwartet demnächst schwierige Gespräche mit Wilfried Straub, dem Vorstandsvorsitzenden der DFL, zum Thema Vermarktung der Internetrechte an der Bundesliga. Für diese Spielzeit und einen Teil der vergangenen Spielzeit hat der Bundesliga-Vermarkter Infront über seine Tochtergesellschaft Buli einen Vertrag mit T-Online, dem europaweit größten Internetanbieter, über ein Volumen von 1,5 Millionen Euro abgeschlossen. Dieser Vertrag gibt T-Online die Möglichkeit, bewegte Bilder von allen Spielen der Ersten Bundesliga als kostenpflichtigen Videostream im Internet über den firmeneigenen t-sports-Kanal zu zeigen. An dem laufenden Kontrakt wollen auch die Bayern nicht rütteln, sich wohl aber eine eigene Option für den Moment verschaffen, da der Vertrag ausläuft. Da die Münchner seit der vorigen Saison mit der Deutschen Telekom als Hauptsponsor eng liiert sind, versprechen sie sich von einer eigenständigen Kooperation mit T-Online auf Dauer größere Erlöse.“

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