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Assauers schwierige Trainersuche – VfL Osnabrück steigt in die Zweite Liga auf – Alternativfußball
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| Donnerstag, 25. März 2004Assauer muss ein As mit dem zweiten Aufschlag servieren
Richard Leipold (TspaS 8.6.) analysiert die Folgen der bisher erfolglosen Schalker Trainersuche für Manager Assauer. “Den Trainerposten zu besetzen ist eine der schwierigsten, unangenehmsten Aufgaben, die der Manager in den vergangenen zehn Jahren zu bewältigen hatte, zumal ein weiterer Fehlgriff in der Saison des hundertjährigen Bestehens besonders schwer wöge. Da Marc Wilmots als Teamchef auf Zeit den Schaden aus dem gescheiterten Experiment mit dem Berufsanfänger Frank Neubarth nicht zu begrenzen vermochte, spielt Schalke nur im UI-Cup. Die Teilnahme an diesem Pausenfüller wirkt auf Trainer von internationalem Spitzenformat nicht gerade verlockend. Erschwerend kommt hinzu, dass der neue Mann eine fertige Mannschaft übernehmen müsste, ohne große Möglichkeiten, auf dem Transfermarkt Personal anzuwerben, das seinen Wünschen entspricht. Damit hätte Jupp Heynckes sich vielleicht noch abgefunden, aber der Rheinländer, der einst Real Madrid zum Gewinn der Champions League führte, wollte mit einem umfangreichen Mitarbeiterstab anrücken. Schalke indes bevorzugt schlanke Strukturen mit kurzen Dienstwegen, die zumeist im Büro des Managers zusammenlaufen (…) Neuerdings werden auch wieder die üblichen Verdächtigen wie Klaus Toppmöller und Frank Pagelsdorf genannt. Gegen sie spricht vor allem, dass sie seit Beginn der Suche frei waren und übergangen wurden. Sie wären stärker als andere mit dem Makel behaftet, zweite oder dritte Wahl zu sein. Wie heikel die Lage ist, zeigt das beharrliche Schweigen Assauers, das auf den ganzen Verein übergreift. Aus dem internen Zirkel dringt vielstimmig und doch eintönig die Stereotype kein Kommentar nach draußen. Der Impresario braucht Ruhe, um sich zu konzentrieren. Assauer muss sich fühlen wie ein Tennisspieler, der nach einer Reihe leichter Fehler in Bedrängnis geraten ist und nun einen außergewöhnlichen Punkt braucht. Er muss ein As mit dem zweiten Aufschlag servieren.“
Jörg Marwedel (SZ 10.6.) gratuliert dem VfL Osnabrück zum Aufstieg. „Mit einem 2:0-Sieg gegen Holstein Kiel hatte sich der VfL Osnabrück die Rückkehr in jene Spielklasse erkämpft, in der man sich trotz zweier Abstiege seit den Siebziger Jahren zu Hause fühlte – die Zweite Bundesliga. Und als sich nach dem Schlusspfiff nicht nur die Pforten zum Innenraum des Stadions öffneten, sondern auch die Schleusen des Himmels, da hat der kräftige, warme Sommerregen die meisten Fans nicht davon abgehalten, den neuen, zuletzt vor zwei Jahren verlorenen Status der Zweitklassigkeit auf dem Rasen mit einem lila-weißen Tanzreigen zu feiern. Nass bis auf die Haut. Dass es sich beim VfL Osnabrück aber keineswegs um ein unbeschwertes Glück handelt, wurde schon am Tag nach dem großen Triumph offenkundig. Bei einem Essen bei seinem Lieblings-Italiener Alimentari teilte Trainer Jürgen Gelsdorf, 50, der perplexen Mannschaft mit, er werde seinen Vertrag nicht verlängern. Eine Entscheidung, die auch Präsident Dirk Rasch und Manager Lothar Gans kalt erwischte, zumal Gelsdorf betonte, keineswegs ein anderes, lukrativeres Angebot in der Tasche zu haben. Er verwies nur auf seine finanzielle Unabhängigkeit und sagte: „Wenn ich nach Jahren als Erstligaprofi und -Trainer meine Schäfchen nicht im Trockenen hätte, hätte ich etwas falsch gemacht.“ Insider vermuten hinter seinem Schritt eine tiefe Kränkung, die ihren Ursprung im Winter hatte, als er sich womöglich mehr Rückendeckung aus der Führungsetage gewünscht habe. Es hatte nämlich manches Mal geknirscht im Osnabrücker Gebälk – bis Gelsdorf nach einigen Rückschlägen genug hatte von den Diskussionen mit den „vielen Trainern in der Mannschaft“ und seine Richtlinienkompetenz kompromisslos durchfocht: „Ich habe ihnen gesagt, ihr könnt selber entscheiden, was für ein Kasper vor euch steht. Wollt ihr den Knüppel? Ich habe alles im Köcher,“ erzählt der frühere Erstligacoach (Leverkusen, Mönchengladbach, Bochum), der fortan nur noch diktierte.“
Wie ein alternatives Familienfest
Eduard Hoffmann Jürgen Nendza (FAS 8.6.). „Ob in Kassel oder Freiburg, Bremen, Bielefeld oder Köln: Trotz anfänglicher, teils heftiger Animositäten durch DFB und Behörden gehört der Alternativfußball längst zum Erscheinungsbild vieler Städte und steht für eine Vielzahl kurioser Geschichten. Die Bunte Liga Aachen, mit 70 Teams, eigenem Sportplatz und rund 1300 Spielern die größte Deutschlands, feiert in diesem Jahr ihr 20jähriges Bestehen. Dort wurde mit Villa Kunterbunt eine Strafgefangenenmannschaft der Justizvollzugsanstalt in den Spielbetrieb integriert. Als gar das Buntliga-Team der Aachener Polizisten, die Aachen Bulls, einmal zum Kicken in den Knast mußte, gab es ein brisantes Wiedersehen alter Bekannter. Um für ihre Belange, vor allem für umfassendere Nutzung öffentlicher Sportplätze, zu werben, verpflichteten die Aachener 1992 sogar Papst Johannes Paul II. als Ehrenmitglied. Man schrieb den Heiligen Vater auf lateinisch an, beklagte die Transfersummen im Profifußball als unchristlichen Ablöse-Menschenhandel und bot, als Zeichen dafür, daß auch oft für unüberbrückbar gehaltene ideologische Grenzen überschritten werden können, dem päpstlichen Sportsfreund die Ehrenmitgliedschaft an. Subversivität gehört ebenso zum Credo des Alternativfußballs wie Selbstparodie. Längst hat man bei Juventus Senile die Zukunft des Alterns erkannt und jedem Spieler die Zahl seines Geburtsjahrgangs aufs Trikot gestanzt und gleich siebenmal die Rückennummer 57 verteilt. Der Alternativkick, allem voran sein jährlicher Höhepunkt, die Deutsche Alternative Fußballmeisterschaft (DAM), die dieser Tage in Bremen stattfindet, ist auch bei Prominenten beliebt. Grünen-Politiker wie Ludger Volmer und Rezzo Schlauch sind mit dem Bundestagsteam Grüne Tulpe schon mehrmals bei der DAM aufgelaufen und haben dort den Einklang von Ball- und Basisgefühlen entdeckt. Rezzo Schlauch: Das Alternative der DAM ist eigentlich das Drumherum, also der Lebensstil. Es ist wie ein alternatives Familienfest. Dabeisein ist wirklich alles.“
taz-Bericht von der Alternativfußball-Endrunde
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