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Themen: Collinas Autobiografie ist lesenswert – Ende für Wusa, die amerikanische Frauen-Liga
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| Donnerstag, 25. März 2004
Ein echter Romantiker
Axel Kintzinger (FTD 17.9.) las Collinas Autobiografie mit Interesse und Vergnügen. „Wie hat er das nur gemacht? Nach dem Achtelfinalspiel Japan gegen Türkei bei der Fußball-WM im vergangenen Jahr ging Schiedsrichter Pierluigi Collina zum Kapitän der gerade unterlegenen Heimmannschaft – und brachte ihn zum Lächeln. Die japanische Elf, wegen des überraschenden Erfolges in der Vorrunde euphorisch gefeiert, verlor 1:0, war ausgeschieden. Die Riesenparty Fußball-Weltmeisterschaft musste ohne die Gastgeber weitergehen. Aber Tsuneyasu Miyamoto sah gar nicht mehr betrübt aus. „Ich glaube“, hatte Collina zu dem Spieler gesagt, „ihr solltet stolz sein auf das, was ihr erreicht habt. Nicht traurig. Stolz.“ Wir wissen das jetzt, weil Collina es aufgeschrieben hat in seinem autobiografischen Buch „Meine Regeln des Spiels“. Und wir wissen jetzt über Collina, dass er ein echter Romantiker sein kann. Diesen Eindruck hatte man nicht immer. Dank seiner psychischen und physischen Präsenz auf dem Rasen, aber auch dank seines energischen Minenspiels hatte sich der Italiener seit Jahren gehörigen Respekt erworben bei den Profikickern – und das weltweit. Spieler, die sonst keiner Konfrontation mit einem Unparteiischen aus dem Weg gehen, die lamentieren und maulen ob einer Schiedsrichter-Entscheidung, sie alle beugen sich der Regelauslegung Collinas. Klaglos. Dem Respekt folgte der Ruhm. Fünf Mal wurde Collina zum besten Schiedsrichter der Welt gekürt, er pfiff bei diversen Welt- und Europameisterschaften, er leitete spektakuläre Spiele wie das Champions-League-Finale 1999 zwischen Manchester United und Bayern München. Collina wurde zum Star, zum ersten Schiedsrichter, der einen Bekanntheitsgrad besitzt wie die Spieler. Ein Promi, mit dessen Konterfei globale Sportartikelhersteller für ihre Produkte werben.“
Matthias Kittmann (FR 17.9.) kommentiert das Ende der amerikanischen Frauen-Profi-Liga. „Aus der Traum? Nur fünf Tage vor dem Start zur Frauenfußball-WM in den USA hat die dortige Profiliga Wusa ihren Betrieb eingestellt. Der Grund: Sie ist pleite. Ein schwerer Schlag für das erst vor drei Jahren gestartete Projekt, aber auch ein Schlag für den Frauenfußball weltweit, der in diese erste Profiliga für Frauen große Hoffnungen gesetzt hatte. Doch wenn man genau hinschaut, ist die Wusa nicht über mangelndes Interesse am Frauenfußball gestolpert, sondern über ein hausgemachtes Problem, das in den USA keiner erwarten würde: Planwirtschaft. Ausgerechnet im Land des Freien Marktes haben es die Macher der Profiliga mit den Methoden des einst real existierenden Sozialismus probiert. Zum Start vor drei Jahren stellten sie einen Fünf-Jahres-Plan auf. Die Wusa-Verwaltung fungierte als Zentralkomitee, das Gelder und Spielerinnen an die acht Clubs verteilte. Individualität, Kreativität und Findigkeit, die Stärken der US-amerikanischen Wirtschaft, waren damit praktisch lahm gelegt (…) Der real existierende Fußball-Sozialismus US-amerikanischer Prägung hat sich als untauglich erwiesen, doch was kommt danach? Das Aus kurz vor der WM war kein Zufall. Zu einem Zeitpunkt maximaler Aufmerksamkeit hoffen die Protagonisten des US-Frauenfußballs, die immerhin für sich reklamieren können, dass das Spiel unter Mädchen landesweit Teamsport Nummer eins ist, Interessenten und Sponsoren für eine neue Liga zu finden. Diesmal ohne Zentralkomitee und nach den Grundsätzen der Freien Marktwirtschaft.“
Hintergrund taz
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