Ballschrank
Spieler als Gebrauchtwagen?
Kommentare deaktiviert für Spieler als Gebrauchtwagen?
| Donnerstag, 25. März 2004Bundesliga: Sonntagsspiele in Bochum und Bremen – Schiedsrichterdebatt wird weiterhin hitzig geführt – Stefan Effenberg im Spiegel der Qualitätspresse – Spieler als Gebrauchtwagen? – Fußball und Medien – heimatlose Brasilianer
1. Bundesliga: Sonntagsspiele in Bochum und Bremen – Schiedsrichterdebatt wird weiterhin hitzig geführt – Stefan Effenberg im Spiegel der Qualitätspresse – Spieler als Gebrauchtwagen? – Fußball und Medien – heimatlose Brasilianer u.v.m.
2. NEU! Thema der Woche : Diskutieren Sie mit anderen Lesern über die Personalauswahl Rudi Völlers sowie über das bevorstehende Länderspiel Deutschland – Niederlande
3. Auslandsfußball : Vereinsporträt Juventus – Mark Bosnich (Chelsea London) mit Depressionen ins Krankenhaus eingeliefert – schwedischer Double-Sieger u.v.m.
VfL Bochum – Schalke 04 0:2
Roland Zorn (FAZ 19.11.). „Der persönliche Triumph des Andreas Möller war am Sonntag eingebettet in eine kollektiv beeindruckende Schalker Demonstration trotziger Stärke. Schließlich fehlten Trainer Frank Neubarth außer den Langzeitverletzten van Kerckhoven, Waldoch, Varela und Agali auch der für ein Spiel gesperrte Stammtorhüter Rost, der unter der Woche suspendierte und wieder begnadigte Nationalspieler Böhme, dessen Frau eine zweite Fehlgeburt verkraften mußte, sowie der wegen einer Grippe unpäßliche Mpenza. Doch Neubarth wurde nicht aschgrau, weil Königsblau in Not war. Gemeinsam mit Möller und dem in Bochum mehr im Mittelfeld und sogar in der Abwehr ackernden Stürmervorbild Ebbe Sand hatte Neubarth den Masterplan im Ruhrstadion ausgeheckt. Ein erstes kleines Meisterwerk des Bundesliga-Trainerneulings. Am Ende freuten sich die Schalker diebisch, wie sie die Bochumer hereingelegt und die Kräfteverhältnisse im Revier wieder zurechtgerückt hatten. Neubarth, der den Kollegen Peter Neururer, bekennender Schalke-Fan und eingeschriebenes Schalke-Mitglied, schachmatt gesetzt hatte, freute sich über die hundertprozentig richtige Entscheidung, Iyodo aufzustellen. Wie ein abgezockter Profi blühte der wuselige, 23 Jahre alte nigerianische Debütant an der Seite von Möller auf, der seinen schönsten Sonntag seit langem dennoch nicht mißverstand. Zum Saisonende läßt der ehemalige Nationalspieler, die Zeichen der Zeit vorsorglich deutend, seine Karriere auslaufen.“
„Nicht viele Trainer in Deutschland sind so oft belächelt, verspottet, verlacht, verunglimpft worden wie Peter Neururer“, schreibt Philipp Selldorf (SZ 16.11.). „Ein Mann, über den die Liga schon oft ihr Urteil gesprochen zu haben schien: Lebenslängliche Verbannung von den bedeutenden Trainerbänken der Republik. Aber jedesmal wenn die Verzweiflung in den Klubs überhand nahm, hat er sich eine neue letzte Chance verschafft. In der zweiten Liga in Düsseldorf, Offenbach, Ahlen und – Bochum. Mit dem Aufsteiger ist er derzeit Dritter. Vor der Saison hatte ihn der kicker gefragt, wie er sich mit dem VfL zwischen den Riesen Dortmund und Schalke zu behaupten gedenke. Er sagte: „Wir werden die Wankelmütigen auf unsere Seite ziehen, mit Powerfußball und guter Unterhaltung. “ Es klingt nach Ketzerei und ist doch wahr: Attraktiven Powerfußball spielen nicht Dortmund und Schalke, sondern die Bochumer. Wird Neururer ein neuer Rehhagel? Ein Schäfer oder Finke? Jeder Trainer, der in dieser Lästerliga für untauglich erklärt und als gescheiterte Persönlichkeit abgestempelt worden ist, kann eines Tages sein ganz persönliches Biotop entdecken. Felix Magath, in der Branche als unleidlicher Saddam verteufelt, hat seinen Ruf in Stuttgart rehabilitiert. Jörg Berger in Aachen. Peter Neururer in Bochum. Auf Probe, wie immer.“
Richard Leipold (FAZ 16.11.) beleuchtet die Schalker Personalie Böhme. „Eine Woche ohne Schalke und die lieben Kollegen – für Böhme offenbar eine unerträgliche Vorstellung. Zwei Stunden später klingelte es an Assauers Haustür. Der Manager hatte sich zur Entspannung kurz in die Sauna zurückgezogen und fühlte sich gestört. So ein Mist, wer schellt denn da oben? Halbnackt und mißmutig ging er zur Tür. Draußen stand Böhme in Begleitung von Teammanager Andreas Müller, den er zur moralischen Unterstützung mitbracht hatte. Eine Audienz gewährte der Hausherr ihnen nicht, doch der Bittsteller erreichte einen Teilerfolg. Assauer bestellte ihn für Freitag vormittag in sein Büro. Dort erschien Böhme überpünktlich und versprach, sich zu bessern. Assauer betrachtet die Sache fürs erste als abgehakt, hat vergleichbare Gelöbnisse aus der Vergangenheit aber noch im Gedächtnis. Wir reden seit zwei Jahren mit ihm, am Ende ist immer dasselbe herausgekommen. Der Manager stützt seine Zuversicht auf ein gutes Beispiel. Emile Mpenza habe ich auch mal nach Hause geschickt, und es hat gefruchtet.”
Werder Bremen – 1. FC Kaiserslautern 5:3
Richard Leipold (FAZ 19.11.). „Kann eine Niederlage Mut für eine bessere Zukunft machen? Nach dem 3:5 des 1. FC Kaiserslautern bei Werder Bremen am Sonntag abend kann man die Frage bejahen, mag das Spiel in seinem Verlauf noch so bitter gewesen sein für den FCK. Denn die Lauterer Profis, zuletzt gegen Hannover und Bochum so lustlos und schwach, daß Trainer Erik Gerets schon von der schwierigsten Aufgabe seiner Trainerlaufbahn spricht, zeigten in Bremen, daß mehr in ihnen steckt. Einer dieser Kerle war Harry Koch. Er erlebte die Achterbahnfahrt des Profilebens wieder einmal in nur 90 Minuten. Ein Tor selbst geschossen, den vorentscheidenden Treffer der Bremer durch einen Fehler verschuldet, so lautete seine persönliche Bilanz. Gewehrt hatte sich Koch auf jeden Fall gegen die Niederlage. Und dabei hatte er Fehler gemacht, das ist normal. Allerdings sind dies bei den Lauterern derzeit gleich immer spielentscheidende (…) Bis zur Weihnachtszeit wollen Präsident Jäggi und Trainer Gerets ihre Angestellten auf Bewährung spielen lassen, wie Jäggi vor der Partie sagte. Dann, so Gerets, brauche er Verstärkungen, auf beiden Außenverteidigerpositionen etwa. Suchen wollen die Lauterer bei den eigenen Amateuren und bei Spielern die noch nicht sechs Autos haben, so Gerets. Er habe die Cliquen und Strukturen in der Mannschaft nun durchschaut, sagte der 48 Jahre alte Belgier, jetzt müsse aus den Grüppchen ein Zusammenhalt werden. Von einigen Spielern werde man sich auch trennen. Namen nannte er nicht.”
Schiedsrichterdebatte
Zur Schiedsrichterdiskussion in der Bundesliga bemerkt Thomas Kistner (SZ 18.11.). „Fairplay ist Erziehungssache, das lässt sich nicht verordnen. Ein schiedsrichternder Mensch aber ist nicht in der Lage, ein Areal von 7140 Quadratmetern nur annähernd so akkurat zu überwachen, wie es die Hightechlinsen des Fernsehens tun, die noch die Regung einer Fingerspitze irgendwo auf dem Feld scharf einfangen und in Superzeitlupe wiedergeben. Das stellt die Referees Woche für Woche bloß – und ließe sich mit fünf Helfershelfern nicht beheben. Bleiben drei Möglichkeiten. Erstens: Der alte Tatsachenentscheid wird wieder in Ehren gehalten; dass also Tor oder Foul ist, wenn der Schiedsrichter pfeift. Dass so großherzige Übereinkünfte in der RempelStoß-Industrie Profifußball nicht akzeptiert werden, belegt gerade die aktuelle Debatte. Oder: Das TV verzichtet künftig auf Schiedsrichter-Entlarvungen – okay, war ein Scherz. Bleibt, drittens, ein Oberspielleiter mit Kamera-Auge auf der Tribüne. Nur der verfügt über fehlerfreie Optik; und wo die Kamera nicht hinreicht, kann es niemand besser wissen. Mensch oder Maschine, ist wieder die Frage, und die Debatte steuert, so oberflächlich, wie sie geführt wird, auf ein TV total zu. Das garantiert die vollkommene Kontrolle und liegt ganz im Trend der Zeit.“
Michael Ashelm (FAS 17.11.) meint dazu. „Der Sittenverfall alarmiert inzwischen die ganze Liga, vorläufiger Höhepunkt der unrühmlichen Serie von Ausrastern war der des Dortmunder Nationaltorhüters Jens Lehmann im Bayern-Spiel, als er nach seinem Platzverweis noch gegen den Unparteiischen Michael Weiner verbal ausschlug (der blindeste Schiedsrichter, den ich je hatte). Auf dem Feld wird getreten und geschlagen, getäuscht und gepöbelt. Auf die Fresse gehöre dem Schiedsrichter, schwadronierte zuletzt das Pfälzer Großmaul Mario Basler vor einem Millionenpublikum im Fernsehen. Torwart-Idol Oliver Kahn ging seinem Opponenten gleich an die Gurgel. Das ist schlimm genug, aber was bei den Schiedsrichtern des DFB noch viel mehr Sorge auslöst, ist die mangelnde Vorbildfunktion der durchgeknallten Stars. Ihre Brutalo-Auftritte im Rampenlicht der großen Bühne finden an der Basis so einige Nachahmer (…) Der Ärger im Fußball ist wohl auch ein Abbild der Gesellschaft. In vielen Lebensbereichen nehmen Aggression und Brutalität zu. Doch eines scheint sicher: Noch so viele Modifikationen des Regelwerks werden das Benehmen der Herren Profis auch nicht verbessern können. Der Sportpsychologe Werner Mickler bringt die verzwickte Lage auf den Punkt: Bevor dem anderen keine Fehler zugestanden werden, ändert sich überhaupt nichts.“
Evi Simeoni (FAZ 19.11.) bezweifelt die vermeintliche Vorbildfunktion von Sportlern. „Der Platz der Lieblingsmannschaft in der Bundesligatabelle verursacht vielen Leuten mittlerweile weniger Kopfzerbrechen als der eigene Rang im Sozialgefüge. Kann man sich also wirklich am Sport sein Herz erwärmen? Irgendwo müssen sie doch hingekommen sein, die Träume vom Glück und vom Erfolg und von dem einzigartigen Moment, an dem plötzlich alles zusammenpaßt. An dem der Golfspieler seinen Ball an genau der richtigen Stelle trifft, was ein so sattes Geräusch erzeugt, daß er noch lange von dem Nachhall zehren kann. Dem Moment, an dem einer auf dem Basketballfeld unter größter Bedrängnis gelassen und mit ruhiger Hand einen Drei-Punkte-Wurf im Korb so versenkt, daß der Ball ohne Ringberührung durch das Netz flutscht. Auch dieses exquisite Geräusch wird – gelinde gesagt – als zutiefst befriedigend empfunden. Die Glücklichen, die so etwas ab und zu einmal schaffen! In einem solchen Moment verschwimmt die Welt und wird erst langsam wieder real. Der Sport ist eben nicht nur Bayern München. Obwohl: Wenn man eine überhebliche, kurzhosige Millionärstruppe in Bedrängnis geraten sieht, weckt das auch ganz angenehme Gefühle. Schadenfreude zum Beispiel, die Lust, zu höhnen und zu spotten. Auch das erleichtert den Menschen, solange die Riesen unseres Alltags nicht wirklich am Boden liegen. Doch bis dahin ist der Fußball das beste Ventil für emotionale Blockaden: Warum nicht den Rostocker Salou mit seiner scheußlichen Blutgrätsche gegen einen Stuttgarter für die Brutalität des rot-grün regierten Alltags verantwortlich machen? Warum nicht den handgreiflichen Leverkusener Bierofka dafür beschimpfen, daß so viel Betrug in der Welt ist, der uns nun unseren Wohlstand kostet?“
Hintergründe aus der Bundesliga
Michael Horeni (FAZ 16.11.) kritisiert den Vorschlag des kaufmännischen Geschäftsführers Wolfgang Holzhäuser, Ablösesummen für Spieler an objektiven Qualitätskriterien festzumachen. „Nun muß man nicht gerade zum globalen Klub der Globalisierungsgegner gehören, mit erhobener Faust die neue Internationale ausrufen und den Kapitalismus auf einem historischen Abstiegsplatz wähnen, um zu fragen, ob ein solch auf die Spitze getriebener Materialismus selbst im Profisport nicht ein bißchen zu weit geht. Denn die Parameter, mit denen sich der Wert eines Spielers objektivierbar beurteilen lassen, klingen eben nicht nur wie auf dem Gebrauchtwagen- oder Pferdemarkt: Alter, Position, bisherige Transfererlöse, sportliche Qualitäten. All diese und noch leicht zu erweiternde Kriterien machen den Menschen ganz ausdrücklich und bis ins letzte Detail nicht nur bilanztechnisch zu einer Sache, einem Wirtschaftsgut. Daß objektivierbare Daten etwa über die Gesundheit und Verletzungsanfälligkeit von Spielern für Vereine nützlich sind, läßt sich nicht bestreiten – sie wären es aber auch für jeden anderen Arbeitgeber, der sich einen besonders effizienten Betrieb wünscht. Denn wo sollte noch ein Unterschied liegen, wenn man den Begriff Spieler einfach mit Arbeitnehmer tauscht? Moralisch muß man aber gar nicht werden, pragmatisch sein reicht schon. Bevor sich der spontan geschaffene künstlerische Mehrwert und das göttlich verteilte Spielglück auch noch objektiven Kriterien beugen müssen, wird die Aktiengesellschaft Borussia Dortmund an der deutschen Börse erst einmal weiter unter der ganz realistischen Kategorie Glücksspiel geführt. So viel Realismus herrscht also noch auf dem Parkett, auch wenn man mittlerweile daran zweifeln mag. Wer sich vergegenwärtigt, wie weit es mit der Wissenschaftlichkeit auch in der Wirtschaft her ist, der muß sich nur die über viele Jahre geschulten, aber oftmals ziemlich ratlosen Ökonomen anschauen, die bei Vorhersagen, die in Wissenschaften ja möglich sein sollen, eine Trefferquote wie beim Fußball-Toto erzielen. Ob Börsenentwicklung oder Konjunkturprognose – selbst da reichen alle objektivierbaren und einheitlichen Bewertungen längst nicht aus, um auch nur den Hauch von Verläßlichkeit und Planungssicherheit zu erzielen. Nur so viel ist sicher: Wie die Wirtschaft ist auch der Fußball ein Spiel mit zu vielen Unbekannten, um der Welt eine sichere Rendite zu garantieren.”
„22 Brasilianer spielen derzeit in der Bundesliga. Sie sorgen für das Spektakel im Stadion und werden vom Publikum hoch geschätzt. Doch richtig angekommen in Deutschland ist kaum einer aus dem Land des Weltmeisters“, stellt Michael Wulzinger (Der Spiegel18.11.) fest. „Der Fußballprofi Marcelo dos Santos Paraíba, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Marcelinho, hat Berlin wieder zu einer geteilten Stadt gemacht. Für ihn gibt es den deutschen Sektor, das Olympiastadion und die Trainingsplätze von Hertha BSC, in dem er sein Geld verdient. Und es gibt den brasilianischen Sektor, seine Wohnung in Charlottenburg und die Lokalitäten, in denen er mit seiner Entourage das Geld unter die Leute bringt. Weil Marcelinho, 27, die deutsche Fahrerlaubnis nach einer Spritztour mit 1,27 Promille derzeit nicht zur Hand hat, kutschiert ein junger Mann namens Rostan den Publikumsliebling mit der Rückennummer 10 täglich von der einen in die andere Welt. Die beiden sind in einem Armenviertel von Campino Grande im Bundesstaat Paraíba aufgewachsen, einer Stadt im Nordosten Brasiliens. Als Kinder mussten sie betteln gehen. Heute verdient Marcelinho 2,2 Millionen Euro im Jahr, und Rostan ist sein Chauffeur. Aus den Favelas sind noch weitere Companheiros eingeflogen. Novinho zum Beispiel. Er sorgt für die Musik. Am Anfang packte er die Gitarre nur für Marcelinho aus. Doch Novinho spielt so gut, dass er jetzt auch im Taba auftritt, einer brasilianischen Bar in Berlin-Mitte, die bekannt ist für ihre Live-Acts. Marcelinhos Freunde kommen mit zum Training, sie hängen mit ihm in den Cafés ab, sie gehen mit ihm zur Bowlingbahn. Mal sind es vier, mal sind es acht. Im selben Haus, in dem der fünfmalige brasilianische Nationalspieler wohnt, hat er zwei Appartements gemietet und dort seinen Clan einquartiert. Es ist ein Deal. Gut und gern 30.000 Euro im Monat lässt er sich das Gefühl kosten, Berlin liege am Zuckerhut. Die Parallelwelt, in der Marcelinho lebt, ist durchaus typisch für brasilianische Fußballkünstler, die das globale Geschäft nach Deutschland verschlagen hat. Zwar werden sie – wie Márcio Amoroso in Dortmund, Lucio in Leverkusen oder Ailton in Bremen – vom Publikum wie Helden verehrt. Doch den Alltag im trüben Alemanha, wo Disziplin zu den Primärtugenden gehört und überhöhte Geschwindigkeit in geschlossener Ortschaft mit Punkten in Flensburg bestraft wird, versuchen sie weitgehend zu ignorieren (…) Dass sich selbst ein Weltmeister wie der Angreifer Luizão aus seinem Vertrag bei Corinthians São Paulo herausklagte, um bei Hertha BSC Berlin Marcelinhos Kollege zu werden, hat auch mit der Zahlungsmoral der Bundesligaclubs zu tun – anders als in Italien oder Spanien, den ehedem bevorzugten Zielen brasilianischer Spitzenspieler, wo Clubs wie Lazio Rom, der AC Parma oder der FC Valencia tief in den Miesen stecken und mancher Profi schon mal monatelang auf sein Gehalt warten muss. Den deutschen Vereinen wiederum dienen die brasilianischen Ballartisten inzwischen als fester Bestandteil der Show. In den taktisch kontrollierten Fußball europäischer Prägung bringen sie Spielwitz, Schnelligkeit und Ballfertigkeit ein.“
Vier Effenberg-Portraits der Qualitätspresse
Fußball und Medien
Jürgen Ahäuser (FR 19.11.) kommentiert das Vorhaben der 36 Bundesligavereine, in ihren Stadien für den Pay-TV-Sender Premiere zu werben. „Eine Hand wäscht die andere, sagte schon der Lateiner. Premiere bekommt mehr Abonnenten, die Vereine streichen die Provisionen ein. Ein in der Versicherungsbranche und beim Zeitschriftenverkauf übliches Geschäftsgebaren – warum nicht auch im Fußball? Es sei nur kurz an die Zeit erinnert, als ran die Rolle des Jubelpersers für König Fußball spielte, um die Quote hochzupeitschen. So verzahnt sich kommerziell immer mehr, was journalistisch streng getrennt bleiben müsste. Unabhängigkeit und Kritikfähigkeit werden unter Millioneneinnahmen begraben. Doch der Handel mit fremden Fernseh-Abos ist erst der Anfang vom Ende eines freien Journalismus. Die Liga bastelt schon mehr oder weniger offen am eigenen Fußballkanal. Dann haben die Klubs alles unter Kontrolle: Die Bilder, die Kommentare, die Zuschauer und die Sendezeiten. Fernsehen, wie es nicht sein sollte, es einige aber wohl gerne hätten.“
Herbert Riehl-Heyse (SZ 16.11.) übt Medienkritik. „Es kommt halt auf die Qoten an, deshalb wird es auch nicht mehr lange dauern, bis der DFB die Anregung des Stuttgarter Managers Rüssmann aufgreift, und auch das Kaffeetrinken des FC Bayern live überträgt. Heute sind die Objekte der Berichterstattung und ihre Subjekte, die Clubs und die Sender, die Rechte-Inhaber und die Rechte-Bezahler so hoffnungslos ineinander verknäult, dass sie eines Tages – wenn alles den Bach heruntergeht – nur noch gemeinsam ertrinken können.Übrigens haben das die meisten Beteiligten schon kapiert, außer die Gewaltigen der ARD, die es immer noch für eine tolle Idee halten, wenn sie einem rhetorisch mittelmäßig begabten, begrenzt charismatischen Ex-Profi – der schon bei der Vermarktung der Lizenzen seinen Reibach macht – bei jedem einzelnen Auftritt rund fünfzigtausend Euro dafür bezahlen, dass er in der Halbzeitpause eines Länderspieles sagt, dass die deutsche Mannschaft zu wenig gelaufen sei oder so. Wenn das Modell Netzer Schule macht, ist die ARD schneller bankrott als die Bayern aus der Champions-League gepurzelt sind.“
Klaus Ott (SZ 19.11.). „Die ARD ist der beste Partner aller Verbände, Vereine und Agenturen, die Fußballrechte zu verkaufen haben. Wahrscheinlich ersteigern die Intendanten demnächst auch noch exklusive Senderechte für Sieges-Feiern oder Trainer-Entlassungen. Nach der Weltmeisterschaft in Asien nahm das Erste immerhin schon den Rückflug der Nationalelf aus Asien und die Landung in Frankfurt am Main live in das Programm,nachdem die Mannschaft Zweiter geworden war. Es ist nur schwer vorstellbar, welche Steigerung nach einem Titelgewinn noch möglich wäre. Als originäre oder gar originelle Programm-Leistung lässt sich das viele Gekicke und Gerede drumherum im Ersten wohl kaum bezeichnen. Fußballspiele zeigen und die Sendezeit mit Experten- Analysen und bedeutungsvollen Interviews stundenlang ausdehnen, das kann eigentlich jeder, der für die richtigen Senderechte, Kommentatoren und Moderatoren genug Geld ausgibt. Kunst ist das keine, aber darauf kommt es der ARD nicht mehr an. Die Einschaltquoten zählen, und die stimmen fast immer, selbst bei miserablen Spielen der deutschen Elf. Die gewann zuletzt mit Mühe und Not gegen die Faröer-Inseln, wo es mehr Schafe als Fußballer gibt. Bis zu 13 Millionen Zuschauer hätten zugeschalte.“
Gewinnspiel für Experten