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Über das Endspiel um den Weltcup am 27.11. in Tokio, welches der FC Bayern gegen den Vertreter aus Südamerika – die Boca Juniors – , mit 1:0 gewann

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Über das Endspiel um den Weltcup am 27.11. in Tokio, welches der FC Bayern gegen den Vertreter aus Südamerika – die Boca Juniors – , mit 1:0 gewann

Die Autoren sprechen einstimmig von einem verdienten Sieg der Bayern und betonen gleichzeitig die Ereignislosigkeit des Spiels. Ludger Schulze (SZ 28.11.) verspürte „eine geradezu ZEN-buddhistische Gelassenheit“ auf dem Rasen, was aus Sicht Jochen Schlossers (Welt 28.11.) primär auf die defensive Einstellung der Argentinier zurückzuführen war. Als angenehme Überraschung empfand Martin Hägele (FR 28.11.) die Tatsache, dass es Sammy Kuffour vorbehalten blieb, das Siegtor zu schießen. „Wenn Glück ein Gesicht hat, dann kommt es aus einem strahlenden schwarzen Antlitz, in dem Augen und Zähne um die Wette blitzen.“

Ebenso überraschend und gegen europäische Traditionen handelten die überschwänglich jubelnden siegreichen Bayern-Spieler, die „gemeinsam singend und hüpfend feierten“ (Schulze). Schließlich wird diesem Wettbewerb in unseren Breitengraden wenig Bedeutung beigemessen. Franz Beckenbauer erklärte vor dem Spiel: „Bedeutung hat das nicht, ob man gewinnt oder verliert“ und sprach von „ein bisschen Obergiesing gegen Untergiesing“. Philipp Selldorf (SZ 28.11.) sah in dem Fernost-Ausflug der Bayern primär einen WM-Testfall für die Fernsehzuschauer, während sich Sven Beckedahl (Welt 28.11.) in demonstrativem Desinteresse und augenzwinkernd mit den ehelichen Verfehlungen von Ottmar Hitzfeld und Sammy Kuffour befasste. Stefan Hermanns (Tagesspiegel 28.11.) empfand die Diskrepanz der Aussagen mancher Beteiligter vor sowie nach der Partie („Jetzt sind wir die Besten der Welt“, „der FC Bayern hat Geschichte geschrieben“) als Heuchelei und bemerkte ironisch: „Es ist nun wohl an der Zeit, ehrfürchtig das Haupt zu neigen […] voller Bewunderung für den großen FC Bayern aus München. Endlich sind die Bayern das, was sie schon immer zu sein glaubten: die beste Fußballmannschaft der Welt. […] Die Münchner haben natürlich schon immer gesagt, dass es für sie nichts Bedeutenderes gibt als den Titel des Weltpokalsiegers.“

Die Argentinier hingegen haben das Spiel offensichtlich ernster genommen. Darauf lassen erstens deren Reaktionen nach dem Spiel schließen. „Dieselben Argentinier, die eben noch kraftvoll zugetreten hatten, heulten jetzt die Tränen der bitteren Endspielniederlage“ (Selldorf). Zweitens sahen das die Verantwortlichen des Siegers ähnlich, so Uli Hoeneß: „Die haben von Anfang an nur Foul gespielt. Die versuchen immer nur, den Schiedsrichter reinzulegen.“ Nach Angaben von Pressesprecher Hörwick wäre es während der Halbzeitpause im Kabinengang sogar fast zu Handgreiflichkeiten gekommen zwischen dem kurz zuvor wegen einer Schwalbe des Feldes verwiesenen Delgado und Oliver Kahn. Wenigstens die Südamerikaner haben demnach alte Traditionen dieses Wettbewerbs auf ihre Weise pflegen wollen.

siehe dazu auch:

Sieger Trondheim (29.11.)

Unterschiedliche Auffassungen – und doch Einigkeit (27.11.)

Gewinnspiel für Experten

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