Ballschrank
Ultimatum, das richtige Fußball-Wort?
Kommentare deaktiviert für Ultimatum, das richtige Fußball-Wort?
| Donnerstag, 25. März 2004
Im freistoss vom 31.10. schreibe ich: „In Berlin freut man sich darüber, dass Trainer Huub Stevens sein „Ultimatum“ – nahezu alle Schreiber vergessen bei diesem aufgeblasenen Wort aus der Weltpolitik die Gänsefüßchen – erfüllt hat.“ Kollege Stefan Hermanns vom Berliner Tagesspiegel, oft zitiert an dieser Stelle, schreibt mir daraufhin eine Email: die Korrespondenz im Wortlaut:
SH: Lieber Herr Fritsch, ich gehöre auch zu den Berliner Schreibern, die ihrer Meinung nach beim Ultimatum an Huub Stevens, bei diesem aufgeblasenen Wort aus der Weltpolitik die Gänsefüßchen vergessen haben. Aber von Vergessen kann gar keine Rede sein: Ultimatum ist laut Duden, Fremdwörterbuch, die Aufforderung, binnen einer Frist eine schwebende Angelegenheit befriedigend zu lösen (unter Androhung harter Maßnahmen, falls der Aufforderung nicht entsprochen wird), trifft also meines Erachtens genau auf das Vorgehen im Fall Stevens zu und muss demnach gar nicht in Anführung gesetzt werden. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man Gänsefüßchen ohnehin nur für wörtliche Rede oder zur Kennzeichnung eines Zitats verwenden sollte – und nicht als Ironiezeichen. In den meisten Fällen sind Gänsefüßchen nur ein Beleg dafür, dass der Schreiber mit seiner Wortwahl selbst nicht hundertprozentig zufrieden ist. Das Ganze dann in Gänsefüßchen zu setzen ist also die billige Variante. Besser wäre es, darüber nachzudenken, was ich genau sagen will. Das Ultimatum wäre also auch nicht besser als das Ultimatum. Viele Grüße aus Berlin, Stefan Hermanns, Der Tagesspiegel, Sport.
OF: Lieber Herr Hermanns, vielen Dank für Ihre Zuschrift, ich entgegne gerne: 1. Ich halte den Begriff Ultimatum bezeichnend für die Wichtigtuerei vieler Fußball-Funktionäre; in meinem Duden steht: …‘Forderung eines Staates an einen anderen …‘ Wir sprechen von Ultimatum immer im Zusammenhang mit Bush und anderen Staatsmännern. 2. Sie haben recht mit Ihrem Gänsefüßchen-Hinweis, doch: für Gänsefüßchen bei ironischer Verwendung habe ich nicht plädiert, im Gegenteil: ironisch kann man (je)den begriff ohne Gänsefüßchen verwenden. das ‚Ultimatum‘ in meinem Text ist ein Zitat – zugegeben ein nicht recherchiertes. Ich weiß nicht, wer es in die Welt gesetzt hat. Wissen Sie es? 3. Über Sprache und Sportberichterstattung gibt es viel kritisches und diskussionswürdiges zu sagen, oder? 4. Ich würde gerne diese ‚Debatte‘ in meinem Newsletter veröffentlichen. Vielleicht gibt es Resonanz. Einverstanden? Es würde mich freuen, in Kontakt zu bleiben, liebe Grüße aus der Provinz, Ihr Oli Fritsch.
SH: Lieber Herr Fritsch, ich habe nichts dagegen, unseren kleinen Diskurs der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es kann ja nicht schaden, zu zeigen, dass sich auch Sportjournalisten mit sprachlichen Fragen beschäftigen (glaubt man ja manchmal nicht). Noch eine Ergänzung zum Ultimatum: In diesem Fall ist das Wort ja gerade nicht von den wichtigtuerischen Fußballfunktionären in die Welt gesetzt worden. Im Gegenteil: Dieter Hoeneß versucht bis heute alles, damit der Begriff nicht verwendet wird, sondern stattdessen das von ihm in die Welt gesetzte Vereinbarung. Ich halte es aber für unjournalistisch, einfach den Begriff zu übernehmen, den Herr Hoeneß gerne hätte. Wenn man nämlich die Vereinbarung durchleuchtet, stellt man fest, dass es sich eben doch um ein Ultimatum (Definition Duden Fremdwörterbuch) handelt.
OF: Vielleicht sind es auch wir Schreiber, die den Fußball zu ernst nehmen. Ich bleibe dabei: Ultimatum im Fußball, das passt nicht! Ultimaten stellt die UNO – und nicht Dieter Hoeneß.
Liebe Leser und Experten, Sie halten das alles für ultimative Klugscheißerei?! Sie wollen nicht mir das letzte Wort überlasen. !
Wir bitten um eine Spende für die freistoss-Kasse, und empfehlen Sie uns. Vielen Dank!BankverbindungDeutsche Bundesbank (Filiale Gießen)BLZ: 513 000 00Nr.: 513 015 03Empfänger: indirekter-freistoss – Projekt-Nr. 6000 0208
Gewinnspiel für Experten