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Ursachen des spanischen Ausscheidens

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Ursachen des spanischen Ausscheidens

El País (23.6.) sieht die Ursachen des spanischen Ausscheidens nicht nur bei den Schiedsrichtern. „Es waren Kapitalfehler, fast zu viele für die Hilfsquote, die das Gastgeberland bei einer Weltmeisterschaft genießt. Aber auch Spanien hat sie 1982 genossen, und so geschieht es leider bei jeder Weltmeisterschaft. Es reicht einfach nicht, besser als der Gegner zu sein. Man muss ihn mit Überzeugung wissen lassen, dass er chancenlos ist. Spanien hat dieses Unternehmen in dieser günstigen Situation versäumt. Es ist möglich, dass die Schiedsrichterentscheidungen die Gesetze des Zufalls überwinden, aber Spanien hat vergessen, dieses Problem zu minimieren. Es hatte weder die Überzeugung noch die Energie, um die Koreaner zu überwältigen und sich vor solchen Gelegenheiten zu retten, in denen ein Schiedsrichter eine Partie entscheiden kann.“

Thomas Klemm (FAZ 1.6.) hält Spanien für einen Favoriten. “Spaniens Nationalelf, bei Fußball-Weltmeisterschaften stets schlechter als ihr Ruf, schwingt sich abermals zum Titelanwärter auf. Endlich wollen die Iberer in den Kreis der erstklassigen Fußballmächte eintreten, weil sie sich neben den ganzen Weltmeistern fühlen wie eine 1b-Auswahl (…) Früher gehörten Grüppchenbildung mit anschließenden Grabenkämpfen zu Spanien wie die Siesta. Hier versammelten sich die Profis von Real Madrid, dort kungelten die Stars vom FC Barcelona. Die Zeit sei nun vorüber, meint Camacho, selbst 16 Jahre lang ein Madridista und 81maliger Nationalspieler. Die Selección ist nunmehr auf breitere Basis gestellt, neben den beiden einst dominierenden Spitzenvereinen kommen viele wichtige Kräfte auch von den Erfolgsklubs FC Valencia und Deportivo La Coruña.”

Michael Wulzinger (Spiegel 27.5.) über das Team Spaniens. “Den Trainer treibt besonderer Ehrgeiz. Endlich soll die Selección ihren Makel ablegen, bei WM-Turnieren als Geheimfavorit zu starten, und dann in Schönheit früh unterzugehen. Camacho will mehr als nur das Achtelfinale erreichen, in dem er auf die deutsche Elf treffen könnte; etwa wenn Spanien Gruppenerster und Deutschland in seiner Gruppe Zweiter wird. Er will sein Team in der feinen Gesellschaft des Fußballs etablieren – in Augenhöhe mit Frankreich, Argentinien, Brasilien und Italien. Unrealistisch scheint das nicht (…) Vieles deutet darauf hin, dass der klassische Grund für das ständige Scheitern – die Rivalität zwischen den Spielern von Real Madrid und vom FC Barcelona, die niemals ein Gemeinschaftsgefühl entstehen ließ – überwunden ist und sich auch in einem Land, in dem die Vereine traditionell einen höheren Stellenwert genießen, in der Nationalmannschaft Teamgeist ausbreitet. Denn mittlerweile ist die Dominanz der beiden Großclubs im spanischen Profifußball dahin. Von den 23 Nationalspielern, die Camacho nominiert hat, kommen nur noch 8 von Real Madrid oder dem FC Barcelona. 7 weitere stehen beim FC Valencia oder Deportivo La Coruña unter Vertrag – den beiden Clubs, die in den letzten drei Jahren große Erfolge in der Champions League feierten und den Ruf der Primera División als derzeit stärkste Liga der Welt untermauerten.”

„Spaniens Verein dominieren in Europa seit Jahren, auch diesmal standen wieder drei im Viertel- und zwei im Halbfinale der Champions League. Die eigene Nationalmannschaft gehört dagegen fast traditionell zu den Versagern.“ Ralf Itzel (SZ 24. 5.) ist diesem Widerspruch auf den Grund gegangen. „Es gibt dafür sportliche Gründe, aber auch gesellschaftliche. Die Hymne hat nicht zufällig keinen Text, man würde sich ja nicht mal auf die Sprache einigen können: Hochspanisch, Katalanisch, Baskisch, Galizisch? Spanien ist ein dezentralisiertes Land, unterteilt in 17 autonome Regionen. Die Menschen fühlen sich in erster Linie als Katalanen oder Basken und erst dann als Spanier.“

Slowenien

Srecko Katanec (Ex-Profi des VfB Stuttgart) ist seit 1998 Nationaltrainer des WM-Debütanten Sloweniens. Im Gespräch mit Uwe Marx ( FAZ 16.05.02) äußert er sich über Amtsantritt und taktische Innovationen. “Als ich anfing, hatte ich schon eine genaue Idee davon, was zu ändern war. Wir hatten gute Spieler, aber zu wenig Mut. Deshalb stand die slowenische Nationalmannschaft immer zu weit hinten. Ich habe den Spielern gesagt: Seid offensiver, versucht immer, das erste Tor zu erzielen, egal gegen welchen Gegner – und rückt geschlossen zwanzig Meter weiter nach vorn.”

Paraguay

Thomas Kilchenstein (FR 14.6.) über die Mannschaft Paraguays. „Ohnehin haben die Südamerikaner an der Taktik gefeilt. Sie spielen hart, aber nicht mehr ganz so defensiv und destruktiv wie noch vor vier Jahren bei der Weltmeisterschaft in Frankreich. 29 Tore in der Qualifikation bedeuteten die zweitbeste Ausbeute – nach Argentinien. Die Offensivabteilung der Südamerikaner ist beachtlich, auch wenn sie meist nur mit einer Spitze – eben Santa Cruz – spielen. Zudem haben sie bekanntlich einen Torwart, der bislang schon 58-mal getroffen hat. Chilavert, der unbedingt in die Geschichte eingehen will als der Torwart, der als Erster bei einer WM ein Tor schießt, hat einen gewaltigen Schuss, was kein Wunder ist bei seiner massigen Statur.“

Philipp Selldorf (SZ 14.6.) über Tormann Chilavert. “Oliver Kahn ist zwar im Laufe seiner Karriere durch einige unerklärliche Ausbrüche und manische Ehrgeizanfälle aufgefallen, und er gilt bei uns als interessante Persönlichkeit. Aber im Vergleich mit Chilavert ist er brav wie ein Schulkind, und seine Vita ist langweilig wie ein Gesetzestext. Der Torwart Paraguays hat so viele Sagen geschaffen, dass Dichtung und Wahrheit mittlerweile verschmelzen. Nach dem äußeren Eindruck, der ihn wahlweise als Türsteher oder Mafioso erscheinen lässt, wäre man aber bereit, ihm vieles zuzutrauen.”

Thomas Klemm (FAZ 1.6.) portraitiert den charismatischen Schlussmann Paraguays. “José Luis Chilavert hat einen Traum: Wenn er einmal nicht mehr Fußball spielt – und das wird nicht mehr allzu lange dauern –, dann will er Präsident von Paraguay werden. Der Zustimmung eines großen Teils seiner Landsleute, das ergaben Umfragen, kann sich der Nationaltorhüter gewiß sein. Aber was wohl die ausländischen Staatsgäste zum exaltierten Auftreten des Sechsunddreißigjährigen sagen werden? (…) Beim ersten Spiel Paraguays, an diesem Sonntag gegen Südafrika, darf der des öfteren mit dem Gesetz in Konflikt geratene Chilavert noch nicht auf Torejagd gehen: Er muss eine Strafe absitzen, nach einem Platzverweis im Qualifikationsspiel gegen Brasilien. Er hatte Roberto Carlos ins Gesicht gespuckt. Ob dieses Verhalten eine erfolgreiche Präsidentschaftskandidatur verspricht?”

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