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Uwe Kemmling, „Heimschiedsrichter“
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| Donnerstag, 25. März 2004
Uwe Kemmling, „Heimschiedsrichter“ (FAZ), ist die entscheidende Figur im Spiel zwischen FSV Mainz und Energie Cottbus – Alemannia Aachen und MSV Duisburg, Traditionsklubs im Aufschwung – Francisco Copado, geläuterter Torjäger
Wie alle Anwesenden beim 4:1-Sieg des FSV Mainz über Energie Cottbus schilt Roland Zorn (FAZ 29.10.) Schiedsrichter Uwe Kemmling: „Als Spieler und Trainer längst ihre Kabinen verlassen und den Frieden der Nacht gefunden hatten, hockte das Schiedsrichtergespann um Uwe Kemmling noch immer in seinem Umkleideraum. Untereinander gab es reichlich Diskussionsstoff. Den wartenden Journalisten aber wollte der Unparteiische, der sich am Montag eher als Tatmensch verstand, kein Wort sagen. Dabei war der Verwaltungsangestellte aus Burgwedel im mit 18700 Zuschauern ausverkauften Stadion am Bruchweg der Mann des Abends gewesen. Kemmling hatte mit einer Reihe von verwunderlichen Pfiffen zwischen der 22. und 29. Minute das allseits erhoffte Spitzenspiel verhindert. Am Ende hatten elf Mainzer gegen neun Cottbuser 4:1 gewonnen und damit die Lausitzer von Platz drei verdrängt – richtig freuen mochten sich die Mainzer über ihren den Umständen zu verdankenden Pflichtsieg nicht. Dabei konnten die nach zuletzt zwei Niederlagen ein wenig verunsicherten 05er nichts dafür, daß sie Kemmling, vielerorts als Heimschiedsrichter etikettiert, eklatant bevorteilte. Ich denke, sagte der gegenüber dem sportlichen Gegner nahezu chevaleresk argumentierende Cottbuser Trainer Eduard Geyer, Mainz hat mit den unschönen und seltsamen Dingen, die da gelaufen sind, wenig zu tun. Ein höflicher Satz, der ganz nach dem Geschmack seines Mainzer Kollegen Jürgen Klopp war. Der bedankte sich bei dem sächsischen Original nahezu untertänig, indem er sagte: Eduard Geyer hat mir eine Lehrstunde erteilt, wie man mit einer solch ungewöhnlichen Niederlage umgeht. Das war sportlich groß.“
Wir bauen den neuen MSV
Roland Leroi (FR 29.10.) porträtiert den Baumeister des Duisburger Erfolgs: „Wenn es Walter Hellmich richtig gut geht, raucht er gerne eine dicke Zigarre. Meist stammen die aus dem Fundus seines Kumpels Rudi Assauer. Dem Manager von Schalke 04 errichtete Hellmich in seiner Funktion als Bauunternehmer neulich die Vorzeige-Arena AufSchalke. Am Sonntag konnte sich Hellmich mal wieder eine anstecken. Der 59-Jährige ist seit 16 Monaten Vorsitzender des Zweitligisten MSV Duisburg und hat es sich zum Ziel gesetzt, langfristig mit Assauer auf sportlicher Ebene gleichzuziehen. Davon trennt ihn momentan zwar noch eine ganze Menge. Mit dem 3:2-Erfolg bei der LR Ahlen . schob sich der MSV in den Dunstkreis der Aufstiegsränge.Hellmichs Ansprüchen genügt das allerdings noch lange nicht. Der Mann macht keine halben Sachen und gilt als einer, der seine Ankündigungen auch umsetzt. Wir bauen den neuen MSV.“ (…) Bauunternehmer Hellmich benötigte nicht lange, um auch die Komplettmodernisierung des Wedaustadion, an der sich seine Vorgänger die Zähne ausgebissen haben, auf den Weg zu bringen. Binnen eines halben Jahres baute der Vorsitzende etwa drei Millionen Euro Verbindlichkeiten, die den MSV wahrscheinlich die Lizenz gekostet hätten, ab und gewann Sponsoren aus Politik und Wirtschaft für das Mammutprojekt. Längst ist das halbe Wedaustadion abgerissen, in etwa 15 Monaten soll die neue MSV-Arena stehen, die 27 000 Zuschauer fasst und 43 Millionen Euro kostet. Ein Schmuckstück. Bei uns wird alles wie auf Schalke, nur kleiner, pflegt Hellmich gerne zu sagen. Natürlich ist seine Firma mit dem Bau beauftragt. Wegen dieser Verdienste wurde der MSV-Vorsitzende in Duisburg zum Bürger des Jahres ausgezeichnet und hat in seiner Heimatstadt binnen kürzester Zeit Kultstatus erlangt. Wenn Hellmich vor den Spielen zum Mikrophon greift, jubeln die Fans. Hellmich versteht es, seine Auftritte zu inszenieren. Als vor zehn Tagen die Grundsteinlegung für die neue Arena erfolgte, ließ der Boss Minuten vor dem Anpfiff des Derbys gegen Oberhausen den ersten Tribünen-Stützpfeiler einschweben.“
Elisabeth Schlammerl (FAZ 29.10.) befasst sich mit der Karriere Francisco Copados, Torjäger Unterhachings: „Bei der Spielvereinigung Unterhaching hat er den Wandel geschafft, an den schon keiner mehr geglaubt hatte. Der Spieler schien gescheitert an seinen Eskapaden, ehe er die Gegner wieder tänzerisch umkurvte. Ach ja, tanzen. Das war immer schon seine große Leidenschaft, allerdings hat Copado das früher vor allem nachts in Diskotheken getan und einmal sogar auf einem Klavier. In einer Bar im Trainingslager mit Tennis Borussia Berlin in Spanien hatte Copado so die Gäste bis früh morgens unterhalten und war anschließend suspendiert worden. Der gebürtige Deutsche mit dem spanischen Paß genoß das Leben außerhalb des Fußballplatzes in vollen Zügen und vergaß darüber seine Karriere. Mit 18 Jahren debütierte er beim Hamburger SV, mit 21 wechselte er zu Real Mallorca, ohne groß zu überlegen, weil es immer mein Traum war, in Spanien zu spielen, wie er heute zugibt. Immer wenn es schwierig wurde, er sich hätte durchbeißen müssen, flüchtete er. Das war in Hamburg so, in Mallorca und dann auch in Berlin. Als nächstes hat es Lorenz-Günther Köstner mit ihm in Unterhaching versucht. Der war sich sicher gewesen, daß wir ihn auf die Reihe kriegen, und hat sich ebenso getäuscht wie alle vor ihm. Wegen Disziplinlosigkeit flog Copado auch hier aus dem Kader, fand keinen neuen Verein und hielt sich deshalb bei den Amateuren des FC Bayern München fit. Nachdem er sich auch noch verletzte, habe ich viel Zeit gehabt, mir über meine Vergangenheit Gedanken zu machen. Köstners Nachfolger Rainer Adrion holte ihn ein Jahr nach seiner Suspendierung in die Mannschaft zurück, aber erst unter Wolfgang Frank begann Copado zu begreifen, daß er sich lange genug selbst geschadet hat. Ich habe eine zweite Chance bekommen, und die nutze ich. Und wenn er es schafft, mit seiner Mannschaft das Formtief schnell zu meistern, könnte er sein Ziel mit 29 Jahren doch noch erreichen. Nicht nur die 15 Tore in dieser Saison, sondern die Rückkehr in die Bundesliga. Mit oder ohne Unterhaching.“
Am Tivoli riecht es schon nach großem Fußball
Bernd Müllender (FTD 29.10.) schildert die Lage bei Tabellenführer Aachen: „Ein Besuch bei Alemannia Aachen verursacht jenen Effekt, den das Genre der DDR-Nostalgie-Shows beim Zuschauer hervorruft. Im Stadion am Tivoli wuchert Moos und anderes Gewächs durch die Ritzen der Stehplatzstufen, auf dem Trainingsplatz üben zwei Knirpse Fallrückzieher, und kein Greenkeeper ist in Sicht, der sie in Sorge um seine professionell großgezogenen Halme davonjagt. Hier existiert eine Fußballatmosphäre wie in den 70er und 80er Jahren, und die hat etwas Rührendes. Die Pressekonferenzen, die wöchentlich vor den Spielen von Alemannia stattfinden, werden in einem Raum abgehalten, in dem sich auch ein Kreisligist wohl fühlen würde. Dorfkneipenambiente halt: Die Wände sind geschmückt mit Wimpeln und alten Mannschaftsfotos, und müde blinken staubige Pokale in abgewetzten Holzvitrinen. Das ist die Welt des Tabellenführers der Zweiten Fußball-Bundesliga, und hier fühlt sich Jörg Berger, ein Mann, der Großklubs wie Eintracht Frankfurt, Schalke 04 und den 1. FC Köln trainiert hat, sichtlich wohl. „Alemannia Aachen ist Kult, hier ist etwas zu bewegen, das ist Fußball pur“, sagt er. Auf einem Abstiegsplatz hat er vor zwei Jahren das Team übernommen, der von dubiosen Geschäftsleuten geführte Klub wankte am Rande des finanziellen Ruins und ist jetzt heißer Kandidat für den Aufstieg in die Bundesliga. Fünf Siege in Folge verhalfen dem Klub zur Tabellenführung, und während Kapitän Karlheinz Pflipsen nach dem 2:0 über Eintracht Trier am Wochenende nur von einer „Momentaufnahme“ sprach und Sportdirektor Jörg Schmadtke davor warnte, „zu früh Ansprüche zu stellen, denen man dann nicht gerecht werden kann“, nährt Berger die aufkeimenden Hoffnungen der Fans: „Ich spreche ausdrücklich nicht von einer Momentaufnahme. So eine Chance bekommt man nicht immer im Fußball. Für uns ist es eine große Verpflichtung, diese Tabellenführung zu verteidigen.“ Die Situation ist tatsächlich günstig. Am Tivoli riecht es schon nach großem Fußball.“
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