Ballschrank
Vetternwirtschaft
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| Donnerstag, 25. März 2004
Im Hinblick auf die vertraglichen Verstrickungen des WM-OK-Vizes Radmann (Hintergrund SZ) reagiert Thomas Kistner (SZ 26.3.) mit einer Mischung aus Kopfschütteln und Wut. „WM-reif ist die Chuzpe schon, mit der Fedor Radmann durchs Unterholz eigener Gesellschafter- und Beraterverträge dribbelt. Über den Kirch-Kontrakt, der jüngst ruchbar wurde, ist er dank der Sportsfreunde im WM-Organisationskomitee noch nicht gestolpert. Nun stellt sich raus, dass er die aufs Neue genarrt hat. Gerade gab das OK bekannt, Radmann habe „alle vertraglichen Verpflichtungen offen gelegt“, „Interessenskollisionen zu Aufgaben und Zuständigkeit im OK“ hätten nie bestanden. Leider eine Falschmeldung. Radmann und der von ihm ins OK gelobte Agenturchef Abold sind Teilhaber einer Firma, die im Fußball tätig ist. Diese Verbindung hat Radmann verschwiegen – weil er befürchtete, dass sie ihn das Amt kosten könnte? Der gesunde Menschenverstand lässt hier keine andere Deutung zu. Warum sonst hat er dem OK vor zwei Wochen sogar seine Musical-Teilhaberschaft in Füssen gebeichtet – nicht aber die Teilhaberschaft mit dem Mann, den er samt Firma ins WM-Geschäft gehievt hat? Wenn hier keine Vetternwirtschaft vorliegt, gibt es den Tatbestand nicht.”
Arroganz der Macht
In der Kirch-Affäre sieht Thomas Kistner (SZ 25.3.) besorgt „ein ganzes System auf dem Prüfstand“. „Auf die sportiv-lockere Tour lässt sich die Sache vielleicht so betrachten, wie es die Angeklagten in der Affäre um den Bayern/ Kirch-Geheimvertrag tun. Ein Schaden sei der Liga aus dem Deal ja nicht entstanden, sagt Manager Uli Hoeneß, und vermutlich ist es wirklich so – jedenfalls ist keiner nachweisbar. Wer daraus aber ableiten will, dass die untersuchende Deutsche Fußball-Liga DFL keine Strafe gegen den Rekordmeister zu verhängen habe, offenbart ein exotisches Rechtsverständnis. Und wer, wie Bayern-Präsident Franz Beckenbauer, der Liga mit Konsequenzen droht, zeigt, dass er im Ernstfall nicht auf allgemein gültige (und selbst verordnete) Spielregeln setzt, sondern auf die Arroganz der Macht (…) Im Fall Bayern sind es zwei Dinge, die nach den Statuten sanktioniert gehören. Erstens der Abschluss eines Vertrags, den der Verein zweifelsfrei hätte vorlegen müssen. Und zweitens eine Klausel in diesem Vertrag, die den Klub de facto zu Kirchs stillem Handlanger gemacht hat. Gleich, ob die Verantwortlichen diese Rolle in den TV-Verhandlungen tatsächlich ausgeübt haben oder nicht – es ist inakzeptabel, dass sie mit einer Lobbyvereinbarung in der Tasche am Verhandlungstisch der Liga sitzen und dort Angebote der Kirch- Konkurrenz bewerten. Zumal sie ohnehin das stärkste Gewicht in diesen Gremien besitzen.“
Saubermann Straub
In dieser Angelegenheit erreicht uns eine Zuschrift von if-Leser Gunnar Ehrke. „Sollte sich dieses Papier als authentisch erweisen, wovon auszugehen ist, wird sich eines endgültig bestätigen: Das Rechtssystem sowie die Selbstheilungskräfte der Bundesliga versagen, sobald die Bayern involviert sind. Ich bin kein Jurist aber spontan fallen mir Begriffe wie Betrug, arglistige Täuschung und unrechtmäßige Vorteilnahme ein. Dabei stilisieren sich die Münchner selbst nach wie vor als clevere Geschäftsleute und haben ihre Abwehrstellungen aufgebaut. Uli Hoeneß und Kalle Rummenigge grätschen jeden Angriff auf ihr Geschäftsgebahren bereits im gegnerischen Strafraum ab, während der „Suppenkasper“ Beckenbauer (Ex-Nationaltorhüter Uli Stein) droht und poltert, nachdem die Affäre Kahn als solcher abzuebben droht. Die Herren vom Verband, Mayer-Vorfelder und Straub, erstarren zur Salzsäule bzw. leiten umfangreiche Untersuchungen ein die soviel Zeit in Anspruch nehmen werden, dass erst unsere Enkel mit den Ergebnissen konfrontiert werden. Der bisherige Saubermann Straub ist ja gerade erst dezent darauf hingewiesen worden, dass wohl jeder eine Leiche im Keller habe, die bei Bedarf ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden kann. Es wäre durchaus mal interessant zu erfahren, wer dieser millionenschweren Information einen kleinen Schubser in die richtige Richtung gegeben hat. Über Mayer-Vorfelders Verhältnis zu Leichen und Kellern braucht man wohl nicht viele Worte zu verlieren. Es würde mich erstaunen, wenn nicht mindestens jeder zweite Bundesligainsider eine Geschichte über dubiose Praktiken, steuerrechtlich fragwürdige Verträge oder moralisch zweifelhaftes Verhalten MVs aus erster Hand berichten könnte. Ganz zu schweigen von der einen oder anderen alkoholgetränkten Anekdote. Da ist es angeraten, in Deckung zu bleiben und sich am Ende einer Funktionärskarriere und nicht von einer Hoeneßschen Breitseite versenken zu lassen. Die Vereine der 1. und 2. Bundesliga verhalten sich dabei auffallend unauffällig. Zum einen wollen sie ihr schönes Produkt Bundesliga offenbar nicht beschädigen. Zum anderen gewinnt man bei den meisten Vereinen den Eindruck, ihnen ergehe es wie Straub und MV. Zwar sind ihre Leichen keine 40 Millionen schwer, stinken aber trotzdem. Nun wird am Rande noch einige Zeit etwas St(r)aub aufgewirbelt bevor sich alle darauf einigen das die Bayern zwar moralisch und ethisch nicht korrekt gehandelt haben, man daraus aber leider keine Bestrafung ableiten könne. Oder kommt es zur großen Sensation und die Münchner müssen doch noch ihre Portokasse plündern und die enorme Summe von 250.000 Euro bezahlen? Schaun mer mal…”
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„Wie Uli Hoeneß den Liga-Vertrag mit Kirch aushandelte, von dem der FC Bayern besonders profitieren sollte“ SZ
Jan Christian Müller (FR 25.3.) porträtiert den in Verruf geratenen DFL-Geschäftsführer. „Straub gilt als Ausbund an Seriosität und Verschwiegenheit, Letzteres eine Tatsache, die ihm regelmäßig auch Kritik innerhalb der DFL-Geschäftsführung eingebracht hat. Der Chef, so der Vorwurf, behalte sein Wissen gern für sich, er sei kein Teamspieler, der seine drei Kollegen in der Geschäftsführung auf Augenhöhe wahrnehme. Vertraulichkeit, sagt Straub, ist für mich ein hohes Gut. Und wer das charakterlich vor sich her trage, habe eben auch Kritiker im eigenen Lager. Schon seit geraumer Zeit gibt es Strömungen gegen den Mann, der über ausgeprägte Detailkenntnisse praktisch sämtlicher wichtiger Vorgänge im deutschen Lizenzfußball verfügt. So herrscht auch Furcht vor jenem Tag, an dem Wilfried Straub nicht mehr als treuer Diener des deutschen Fußballs seinen Job macht. Wenn er nicht mehr da ist, sagt ein Insider, dann bricht der Laden zusammen. Einzig Wolfgang Holzhäuser, der Leverkusener Finanzfachmann, dessen Verhältnis zum ehemaligen Vorgesetzten Straub als gestört gilt, habe das Zeug, dessen Erbe anzutreten. Holzhäuser ist der Einzige, der wie Straub ausreichend Autorität in der Liga besitzt. Journalisten könnten sich dann auf einen mitteilsameren Gesprächspartner als Straub freuen. Dass Pressevertreter ihn als hartes Stück Brot bezeichnen, gefällt Wilfried Straub durchaus: Darauf war ich immer stolz. Seine Vertragspartner wüssten: Der erstickt lieber, als dass er etwas ausplaudert.“
siehe zu diesem Thema auch hier und hier
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