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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ballschrank

VfB Stuttgart- Hertha Berlin 0:0

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für VfB Stuttgart- Hertha Berlin 0:0

Michael Ashelm (FAZ 12.8.) fragt. „Wer hat sich da verhört? Die große Frage des Fußballabends vom Sonntag ist eine Verhandlungssache für das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Das Gremium wird nach Lage der Dinge dem Schiedsrichter Uwe Kemmling recht geben und den Berliner Stürmer Artur Wichniarek für mehrere Bundesligaspiele sperren. Eine Folge der Geschehnisse aus der 81. Minute im Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Stadion, als der polnische Stürmer von Hertha BSC beim torlosen Remis gegen den VfB Stuttgart wegen Beleidigung die Rote Karte erhielt. Kemmling war von Anfang an davon ausgegangen, daß die wenig charmante Anrede von Wichniarek gegen ihn gerichtet war. Ich kann schon unterscheiden, zu wem jemand etwas sagt. Ich habe ihm zugerufen, er soll aufstehen, dann kam das Zitat, sagte der erfahrene Unparteiische aus Kleinburgwedel. Die Berliner Seite versuchte von Anfang an, ein großes Mißverständnis für den Vorfall verantwortlich zu machen, der ihnen am Ende der Partie fast noch den Punkt gekostet hätte. Ich habe den Unparteiischen doch gar nicht gemeint. Ich habe meinen Mitspieler Andreas Neuendorf als Arschloch bezeichnet, weil er wollte, daß ich nach einem Foul schnell aufstehe. Aber ich konnte nicht, weil ich keine Luft mehr bekommen habe, sagte Wichniarek. Und wirklich: Nach einem harten Rempler eines Stuttgarter Gegenspielers war er in Höhe der Mittellinie vor den Trainerbänken liegengeblieben und nicht aufgestanden. Der Angreifer, der vor der Saison vom Absteiger Arminia Bielefeld nach Berlin wechselte, wurde von seinem Mitspieler Neuendorf in seiner These unterstützt. Auch der beschwor, daß nur ihm das böse Wort gegolten habe.“

Eintracht Frankfurt – Bayer Leverkusen 1:2

Glück, nichts als Glück

Richard Becker (FAZ 12.8.) sah einen glücklichen Gästesieg. „Alle Welt rieb sich verwirrt die Augen, bedauerte den kecken Aufsteiger und wunderte sich über diesen Tabellenführer. Nicht dank der eigenen Leistung hat es Bayer auf Position eins in Liga eins verschlagen. Die Frankfurter hatten kräftig mitgeholfen, was Bayer-Trainer Klaus Augenthaler gar zu gerne im eigenen Interesse bestätigte. Glück, nichts als Glück habe Leverkusen diese drei Punkte beschert. Solle ja niemand auf die Idee kommen, von der Tabellenposition auf die eigene Stärke zu schließen. Bayer ganz oben, die Eintracht ganz unten – die Tabelle spiegelt wider, welch unverhoffte wie unverdiente Geschenke der Fußball bereitzuhalten pflegt. Denn hätten die Frankfurter ihre Tormöglichkeiten in der ersten Halbzeit konsequenter genutzt, ihre Stürmer mehr Effizienz bewiesen, wäre Bayer arg zerrupft worden. Die Abwehr um einen staksigen und in Laufduellen in der Regel unterlegenen Lucio, dazu ein wenig inspiriertes Mittelfeld und stumpfe Spitzen, das war nicht allzuviel, was Bayer auf der Frankfurter Baustelle an Aufbauwerk zu bieten hatte. Die in nahezu allen Mannschaftsteilen nach dem Aufstieg runderneuerten Frankfurter haben wie schon zuvor beim 1:3 bei Bayern München zum Auftakt eine Menge Lehrgeld zahlen müssen. Wenn man so überlegen ist, dann muß man einfach gewinnen, sagte Trainer Willi Reimann und dürfte sich wie die 22 500 auf den glutheißen Rängen gewundert haben, wie anfällig das Establishment der Bundesliga dahergekommen war. Zwei Jahre zweite Liga hat die Eintracht, 1963 ein Gründungsmitglied der Bundesliga, nach ihrem zweiten Abstieg hinter sich, sie muß sich in steter Regelmäßigkeit mit tiefgreifenden Krisen in den verschiedensten Gremien herumplagen, und das Geld steht auch nicht im Übermaße zur Verfügung. Da kommen nach hoffnungsvollen Ansätzen solche sportlichen Nackenschläge gerade zum falschen Zeitpunkt. Das ist um so deprimierender und demütigender, als die Leistung zumindest über eine gewisse Zeitstrecke der in dieser Liga geforderten Klasse angemessen war. Die spielerische Potenz, sich in dieser Liga etablieren zu können, ist allemal vorhanden. Es fehlt nur noch der Nachweis in Punkten.“

So grausam ist Fußball

Ingo Durstewitz (FR 12.8.) fasst Frankfurter Reaktionen zusammen. „Der Bundesliga-Rückkehrer vom Main ist nach der bitteren Pleite gegen die eher mauen Rheinländer im Keller des Oberhauses aufgeschlagen; eben da, wo er nach Meinung der Hobby-Teamchefs auch hingehört: auf dem letzten Platz. Rudi Völler, im Hauptberuf Teamchef der deutschen Auserwählten in Stollenschuhen, kann die Panikmache nicht verstehen, der in Hanau geborene erste Mann in Fußball-Deutschland findet es nicht dramatisch, dass die Eintracht bei diesem harten Auftaktprogramm noch null Punkte auf dem Konto hat. Gegen Leverkusen, findet er, hätten die Frankfurter aber mindestens einen Zähler verdient gehabt. Da aber nicht bekannt ist, dass der Konjunktiv schon jemals auch nur ein Tor erzielt hat, glaubt auch der Teamchef, dass die Eintracht nicht mehr ganz so fahrlässig mit ihren Torchancen umgehen darf wie in der ersten Halbzeit. In der Bundesliga, sagt Völler, ist das tödlich. Es ist gerade der erste Abschnitt, der zu ambivalenten Ausflüssen der verbalen Art im Lager der Eintracht führte: Ja, klar, gut gespielt, die Leverkusener durcheinander gewirbelt, lange nicht gesehene Kombinationen zelebriert – aber diese verflucht miese Chancenverwertung. 5:0, wirft der neue Vorstandsvorsitzende Peter Schuster ein, 5:0 hätten wir führen müssen. Setzt aber glücklicherweise hinzu, als Fan zu sprechen. Vereinspräsident Peter Fischer hätte zur Pause ganz gerne eine 4:0-Führung gesehen: Dann hätten wir den Ball in der zweiten Halbzeit immer schön auf die Tribüne bolzen können. Auch eine Möglichkeit. Ervin Skela, der kleine Virtuose, hadert da viel lieber mit dem Fußballgott, der aber schon ein paar Mal gnädig war zum Verein vom Main: So grausam ist Fußball. In der Eliteliga werde jeder kleine Fehler sofort bestraft, man darf einfach nicht locker lassen. Auch Hannover 96 habe am Anfang der letzten Saison furios aufgespielt – aber fast alles verloren: Das muss für uns ein abschreckendes Beispiel sein. Von der Qualität der Mannschaft sind indessen sowohl Vereins- als auch AG-Chef inzwischen überzeugt. Sagen sie zumindest offiziell.“

Peinlichkeiten und Stümpereien

Jan Christian Müller (FR 12.8.) kritisiert die Führung der Eintracht. “Es gehört seit Jahr und Tag zu den routinemäßigen Pflichtaufgaben, ohne großen Rechercheaufwand über allfällige Peinlichkeiten und Stümpereien im Verantwortungsbereich der Frankfurter Eintracht zu berichten. In unterschiedlichen Varianten werden in regelmäßigen Zeitabständen mindestens absonderliche, oft auch schlicht ungeheuerliche Vorgänge aus dem Hause Eintracht auf dem Silbertablett in die Redaktionsstuben geliefert. Nun also der Fall Bruchhagen. Selbstverständlich hat es, typisch Eintracht, weniger als eine Woche gedauert, bis öffentlich bekannt wurde, dass dem DFL-Geschäftsführer ein Angebot des Aufsteigers vorlag. Eigentlich hatte er nur noch drei, vier Fragen klären wollen, ehe die Offerte zur gegenseitigen Willenserklärung und somit zu einem rechtsverbindlich gültigen Vertrag geworden wäre. Vielleicht wird Bruchhagen sich nun vorwerfen müssen, im guten Glauben auf die Authentizität des Angebots vertraut zu haben. Nun weiß auch er aus eigener Erfahrung wie zuvor schon die Herren Rüssmann und Ziffzer: Diese Eintracht steht nicht für seriöses Geschäftsgebaren. Dafür herrscht intern zu viel Neid, Misstrauen, Missgunst, auch Unbedarftheit. Die Fußball AG hat durch ihr wieder einmal unabgestimmtes Vorpreschen unmittelbar vor einer entscheidenden Aufsichtsratssitzung völlig unnötig Porzellan zerschlagen. Man muss kein Prophet sein, um annehmen zu dürfen, dass die Posse um Bruchhagen den Club auch bei der Deutschen Fußball-Liga gehörig an Ansehen gekostet hat. Ramponiert ist es ohnehin längst.“

Gewinnspiel für Experten

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