Ballschrank
Vor dem Start der Rückrunde (25.2.)
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| Donnerstag, 25. März 2004
Roland Zorn (FAZ 25.2.) vergleicht die beiden Kontrahenten. „Selbst wenn der Titelverteidiger in dieser Zwischenrunde ausschiede, bliebe das Renommee von Real Madrid unangetastet und unvergleichlich. Präsident Florentino Pérez, ein steinreicher Bauunternehmer, sieht sich aufgerufen, das Erbe der di Stefano, Puskas oder Gento aus den goldenen fünfziger und sechziger Jahren immer wieder frisch und zeitgemäß aufzupolieren. Unsere Strategie ist klar: Wir, als der Klub Real Madrid, müssen immer die Besten sein. Das ist auch eine Garantie dafür, daß sich unsere Investitionen auszahlen – nicht nur auf dem Fußballplatz. Dabei denkt Pérez mit Freude an die bisher mehr als 300 000 Trikots, die mit der Rückennummer 11 und dem Namen Ronaldo verkauft worden sind. Die Ausgabe von 45 Millionen Euro für den brasilianischen Weltmeister, der zu Saisonbeginn von Inter Mailand in die spanische Kapitale kam, scheint sich zu amortisieren bei einem Trikotstückpreis von 60 Euro. Auch vom Arbeitshemd des 2000 für 58 Millionen Euro verpflichteten Luis Figo, des filigranen Portugiesen auf dem rechten Flügel, kursieren Hunderttausende Duplikate. Zu schweigen von Raúl, dem Local Hero, oder von Zinedine Zidane, mit dem zum Weltrekordeinkaufspreis von 75 Millionen Euro 2001 französische Weltmeisterspielkunst nach Madrid importiert wurde. Das Kapital von Real, das seine Betriebsschulden mit dem Verkauf des alten Trainingsgeländes abbaute, ist der Name des spanischen Rekordmeisters (28 Titel) und Rekordgewinners der europäischen Landesmeistertrophäe (neunmal); das Pfund, mit dem der Tabellenzweite der Primera División wuchert, sind seine Stars. Das Image von Real Madrid, sagt Pérez, muß mit dem seiner Spieler übereinstimmen, denn das Beste, was wir haben, ist unser Markenname. Daran kann und will Borussia Dortmund überhaupt nicht kratzen. Michael Meier als Spitzenrepräsentant des deutschen Meisters, der nationalen Nummer zwei hinter Bayern München, zieht deshalb gern eine Parallele zum FC Barcelona. So wie die Katalanen in Spanien der ewige Herausforderer von Real sind, so bekämpft der BVB daheim die Bayern. Der BVB hat eine auf hohem Niveau wettbewerbsfähige Mannschaft, baut sein Westfalenstadion von 68.000 auf 83.000 Zuschauer aus und ist dabei, seine sportaffinen Geschäftsfelder (ein Sportausrüster sowie Beteiligungen an einer Internetagentur, einem Reisebüro, einem Rehazentrum) von Jahr zu Jahr besser zu bestellen (…) Das Welttheater der Fußball-Megastars hat seinen Sitz in Madrid und seine Fans überall. Auf dieser Basis blüht das globale Geschäft – unabhängig davon, ob Real in Dortmund gewinnt oder verliert.“
Zur Situation in Dortmunds Mannschaft heißt es bei Felix Meininghaus (Tsp 25.2.). „Das Revierderby machte deutlich, woran es den Dortmundern mangelt: an einem intakten Mannschaftsgefüge. Es fehlt ein Spieler, der unmissverständlich die Richtung vorgibt – und zwar nicht auf die Art und Weise eines Jens Lehmann. Nach dem Ausstieg von Jürgen Kohler ist im BVB-Team ein Führungsvakuum entstanden, das bislang nicht gefüllt werden konnte. In der Führungsetage des Klubs haben sie das längst erkannt und suchen Abhilfe: In der Winterpause wurde Stefan Reuter als starker Mann ausgeguckt. Der 36-Jährige, so der Plan von Trainer Matthias Sammer, Manager Michael Meier und Michael Zorc, solle die Rolle des Leitwolfs stärker repräsentieren. Grundsätzlich wäre das in Ordnung, schließlich bezeichnet sich Reuter als Profi, der „gerne Verantwortung übernimmt“. Allerdings mit der Einschränkung, er wirke „lieber nach innen“.Bliebe Sebastian Kehl, der zwar mehrfach Führungsansprüche formuliert hat, jedoch noch nicht in einem Alter ist, um diese durchzusetzen. Zudem hat er momentan keinen Stammplatz. Auch Kehls Nationalmannschaftskollegen Christoph Metzelder und Torsten Frings sind noch nicht in einem Karriereabschnitt, in dem sie tragende Funktionen übernehmen könnten. Und die beiden Tschechen Jan Koller und Tomasz Rosicky wären auf Grund ihrer Leistung zwar in der Lage, als Lokomotive aufzutreten, vermögen dies jedoch von ihrem Charakter her nicht: Viel zu ruhig, viel zu bescheiden. Und so fehlt den Dortmundern derzeit spürbar der Effenberg-Faktor.“
Jan Christian Müller (FR 25.2.) schreibt über die derzeit wichtigste Personalie beim BVB. “Amoroso gilt nicht erst seit dem Wochenende als schwer erziehbar. Öffentlich sagte der Dortmunder Trainer Sammer gestern: Es ist mein Ziel, ihn hinzukriegen, nicht, ihn zu opfern. Das wäre zu einfach. Es spricht tatsächlich einiges dafür, dass Amoroso wenig gegen eine einfache Lösung auszusetzen hätte. In einem Stern-Interview in den Tagen kurz vor der Meisterschaft im vergangenen Jahr hat der gleichwohl geniale wie selbstgefällige Fußball-Ästhet Sätze wie diesen formuliert: Mein Vertrag hier läuft noch drei Jahre. Verträge werden heute über einen längeren Zeitraum als früher abgeschlossen, aber selten eingehalten. Sein Arbeitgeber, die Borussia Dortmund Kommanditgesellschaft auf Aktien, hat für die Primadonna im Sommer 2001 rund 25 Millionen Euro an den AC Parma überwiesen. Die Marktlage und die aktuelle Leistung des für Defensivarbeit unbrauchbaren Spaßfußballers lassen einen Verkauf unter Berücksichtigung einer angemessen Verzinzung des Kapitals nicht zu. Also werden sie beim BVB weiter verzweifelt versuchen müssen, den der deutschen Sprache nach wie vor nicht ansatzweise mächtigen Torschützenkönig der vergangenen Saison abwechselnd mit Zuckerbrot und Peitsche zu dressieren. Das Credo des viel gescholtenen 28-Jährigen lässt indes kaum Spielraum für Kritik. Es gebe normale und außergewöhnliche Spieler, findet der nach verpasster WM just wieder in die brasilianische Nationalmannschaft Berufene, ich wünschte mir, dass Sammer auf diesen Unterschied mehr achten würde. Es sei nun einmal so, dass es keinen Sinn macht, wenn wir Brasilianer dazu gezwungen würden, wie die Deutschen zu spielen. Wir sind nur stark, wenn wir mit Leichtigkeit und Fröhlichkeit spielen. Mit Leichtigkeit und Fröhlichkeit, so viel steht fest, hat der Vorgesetzte Sammer, einst Vorzeige-Nationalspieler der DDR, sein Profidasein nie verbunden. Mit dem extrem ehrgeizigen Jens Lehmann verbindet Sammer eine enge Geistesverwandtschaft, und im Grunde hat der heißblütige Fußballlehrer durchaus Verständnis für den Ausraster des Torhüters beim 2:2 in Gelsenkirchen. Es würde nicht überraschen, hätte Sammer innerlich mit Amoroso schon weitgehend abgeschlossen.“
Christoph Kneer (FTD 25.2.) porträtiert Christoph Metzelder. “Deutschland sucht den Superstar in diesen Tagen, aber natürlich ist der Fußball wieder einmal schneller gewesen. Der Fußball sucht schon länger. Spätestens seit die WM 2006 übers eigene Land kam, werden sämtliche Talente umgehend auf ihre Startauglichkeit überprüft. Man hat schon ein paar kommen und wieder gehen sehen, wie Lars Ricken, Gerald Asamoah oder auch Sebastian Kehl, die zumindest vorerst ausgeschieden sind. Und Metzelder? Bei ihm kann man sich nicht so sicher sein. Er ist einerseits nicht mehr der heißeste Anwärter auf die Titelseite von Bravo-Sport, wo jetzt Spieler wie Benjamin Lauth strahlend die Herzen der Mädchen beglücken. Andererseits hat er sich seine Nach-WM-Krise auf einem derart hohen Niveau genommen, dass fast keiner gemerkt hat, dass es eine Krise ist. In Dortmund haben sie natürlich registriert, dass ihrem begabten Verteidiger die Arbeit nicht mehr so lässig von der Hand geht. Er hat hier und da ein paar Fehler gemacht, aber sie waren nie so groß, dass sie sich überregional besonders herumgesprochen hätten. Es hat erst Raúl kommen müssen, um Metzelders kleiner Schaffenskrise ein Gesicht zu geben. Am heutigen Dienstag, in der Champions League, steigt nun das dritte Duell zwischen den beiden innerhalb von zwei Wochen. Gegen Raúl hat er nicht allein versagt, sondern stets in Kooperation mit Christian Wörns, einem erfahrenen Nationalverteidiger. Und dass er nicht so recht voraus ahnen kann, wohin ein Stürmer läuft und was der wohl mit dem Ball anstellen wird, ist eine Frage der Erfahrung. Vermutlich ist Metzelder nur so etwas wie eine Symbolfigur für Rudi Völlers neues Fußball-Deutschland: Er ist jung und schon ziemlich gut. Aber er ist noch nicht alt genug, um sehr gut zu sein. Klüger werden mit Raúl – die Generation 2006 tourt jetzt durch Europa, um zu lernen.“
Walter Haubrich (FAZ 25.2.) porträtiert den spanischen Superstar Raúl. „Vor der Sportstadt Real Madrids, der Ciudad Deportiva an der breiten Castellana-Allee, stehen fast jeden Vormittag mehrere teure Sportwagen deutscher oder italienischer Machart. In den glänzenden Karossen sind die Stars des erfolgreichsten Fußballklubs der Welt vorgefahren. Zwischen den roten und schwarzen Sportwagen steht ein eher biederes Familiengefährt. Das gehört Raúl González, dem seit Jahren wichtigsten Spieler des neunmaligen Europapokalsiegers. Es ist der Mann, der zuletzt zwei deutsche Renommiermannschaften besonders nachhaltig ärgerte. Raúl schoß zwei der drei Treffer zum 3:1-Sieg der Spanier über die deutsche Nationalelf und ein Tor beim 2:1-Erfolg von Real in der Zwischenrunde der Champions League gegen Borussia Dortmund. An diesem Abend gibt es das Wiedersehen im Westfalenstadion, und aufs neue müssen die Deutschen das Schlimmste befürchten, da Raúl mit nun 39 Treffern der Rekordschütze der Champions-League-Geschichte ist und dazu ein Schlitzohr, von dem Real-Manager Jorge Valdano behauptet: Raúl läuft sich so geschickt frei, daß er seinem eigenen Schatten entwischt. Der nur unter seinem Vornamen bekannte Stürmer gibt sich immer zurückhaltend und bescheiden. Er will diese angenehmen Charakterzüge wohl auch in der Wahl seines Autos demonstrieren. Und so vermeidet er auch in seinem Privatleben die von den oberflächlichen Gesellschaftsgazetten ausgebeuteten Gelegenheiten. Er war bisher nie in Skandale verwickelt. Unauffällig bewegt er sich auch auf dem Spielfeld, so daß manche Zuschauer hin und wieder glauben, er habe wenig zum Spiel seiner Mannschaft beigetragen. Doch bringt er schon allein durch seine ständigen Standortwechsel die gegnerische Verteidigung aus dem Konzept, erscheint plötzlich da, wo ihn die Abwehrspieler am wenigsten erwarten, und schießt oft aus schwierigstem Winkel die entscheidenden Tore. Alfredo di Stefano, in der Gründergeneration der großen Real-Europacupmannschaften der Star und verläßlichste Torschütze, schwärmt von seinem Erben: Raul spielt vor 100.000 Zuschauern so, als wäre er daheim auf dem Bolzplatz. Er gebe erst Ruhe, sagt Valdano, wenn er sein Ziel erreicht hat: das Spiel zu gewinnen.
Vor dem Duell Deportivo La Coruna – FC Basel NZZ
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