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Vorbereitung bei 1860, Schalke – Hamburger Vorstandsquerelen – finanzielles Aus für die Fiorentina? – Ligapokal u.a.

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Vorbereitung bei 1860, Schalke – Hamburger Vorstandsquerelen – finanzielles Aus für die Fiorentina? – Ligapokal u.a.

Richard Leipold (FAZ 31.7.) fasst Schalker Erkenntnisse aus dem 2:0-Sieg gegen Leverkusen zusammen. „Die Freude über den Gutschein für das Finale an diesem Donnerstag in Bochum wird überlagert von den Wünschen, die zehn Tage vor dem Bundesligastart noch offen sind. Moderat im Ton und monoton in der Sache wiederholte der Übungsleiter nach dem Schlusspfiff in Meppen ein Anliegen, das ihm schon länger am Herzen liegt und allmählich auch Kopfzerbrechen bereitet. Seine Mannschaft habe gegen Bayer Leverkusen „zwar gezeigt, dass sie ordentlich Fußball spielen kann“, sagte er, „aber wir müssen noch etwas tun, sonst werden wir im Laufe der Saison Schwierigkeiten bekommen“. Die Bemerkung galt nicht etwa mangelndem Fleiß der Spieler, die sich in der Hitze des Emslandstadions mit kühlem Ergebnisfußball aus der Affäre gezogen hatten. Schwierigkeiten im Laufe der Saison? Da hatte der gebürtige Hamburger hanseatisch höflich untertrieben. Der personelle Engpass, auf den Neubarth anspielte, belastet Schalke seit Wochen.“

Zur Saisonvorbereitung von 1860 München bemerkt Karin Bühler (SZ 1.8.). „Es ist ein leises Training. Leise und harmonisch. Nur die Stimme von Cheftrainer Peter Pacult schallt hin und wieder über den Platz. Es scheint, als hätten sich die Fußballprofis des TSV 1860 München während der Trainingswoche in Sterzing der Südtiroler Bergidylle angepasst. Kaum einer schimpft über einen missglücktem Pass, kaum Geschrei, kaum Jubel (…) Also sind die Löwen ruhig. Und dazu erstaunlich zahm: Keine Reibereien, keine Zweikämpfe, die wehtun. Den Konkurrenzkampf spürt man nicht. Die Harmonie erstaunt, denn alle 25 Kaderspieler sind gesund. Trotzdem entsteht kein Stammplatz-Streit.“

Fußballprofi Chistian Brand (ehemals Hansa Rostock) ist arbeitslos. Christian Zaschke (SZ 1.8.) dazu. „Gemessen an der Arbeitslosigkeit einer Floristin oder eines Schlossers, die sich hinzieht über Monate an Zeit und Kilometer an Papier, ist die des Christian Brand eher ein Luxusproblem. Er sagt: „Es geht mir gut. Es geht mir richtig gut, eigentlich.“ Und dennoch steht er stellvertretend für eine Entwicklung. In fast allen Branchen werden Menschen die Arbeitsplätze gekündigt, die Aktienkurse fallen, und nun hat die finanzielle Krise auch den Profifußball erreicht, die Gelddruckmaschine vergangener Jahre. Es war abzusehen nach der Kirch-Pleite, es traf die Branche dennoch überraschend (…) Die Boombranche Fußball trifft es nun härter. Natürlich ist es so, dass die meisten Bundesliga-Kicker weiterhin hervorragend verdienen. Wer seinen Vertrag vor der Kirch-Krise verlängert hat wie etwa Christian Wörns, der muss sich keine Sorgen machen. Doch sieht sich das Geschäft mit einem Problem konfrontiert, das es bis dato nicht kannte. Nun, da sich die Einnahmen auf den Stand von 1999 bewegen und die Ausgaben weiter hoch sind, wollen die Vereine Personalkosten sparen.“

„Der Untergang des AC Florenz ist beispielhaft für ein System der Lüge und der Selbsttäuschung“ erfahren wir von Birgit Schönau (SZ 31.7.). „Die Fiorentina galt als eine der Sieben Schwestern, wie im calcio die jahrelang führenden Vereine genannt wurden. Bis Cecchi Gori, ein Mann mit cholerischem Temperament und dem Dünkel eines dekadenten Renaissancefürsten, aber mit unauffälligen intellektuellen Gaben, das tat, was Berlusconi ihnen allen so wegweisend vorgemacht hatte: Er übertrieb. Die Fiorentina kaufte Fußballer aus aller Herren Länder, stellte Giovanni Trapattoni als Trainer ein, aber keine vernünftigen Manager. Zunächst blieben die Ergebnisse aus und dann das Geld. Alle hatten es ja übertrieben, nicht nur der Mann aus Florenz mit seinen barocken Kardinalspalästen, mit den blonden und üppigen Begleiterinnen, mit der Anzeige wegen Geldwäsche und Drogenkonsums und den 44 (!) Spielern, die er schon lange nicht mehr bezahlen kann (…) Übertrieben hatten es die Mäzene von Inter Mailand, Lazio Rom, dem AS Rom und Juventus Turin, die Jahr für Jahr so viel Geld für neue Spieler ausgaben wie in Deutschland alle Bundesliga- Vereine zusammen. Doch das ist vorbei, fast nichts hat sich bisher auf dem Transfermarkt bewegt. Juventus, das einstige Juwel der Fiat-Dynastie Agnelli, hat als erster Klub sogar einen ausländischen Investor akzeptieren müssen – den libyschen Revolutionsführer Gaddafi, der seine Fühler zurzeit auch nach dem Zweitligisten Triestina ausstreckt. Nur Berlusconi kann es sich noch leisten, Rivaldo zu verpflichten, er ist vielleicht der Einzige, der bei dem absurden Wettrennen um Macht und Milliarden übrig bleibt – weil er die Regeln bestimmt.“

Zu den Hamburger Querelen zwischen dem Vorstandsvorsitzendem (und DFL-Funktionär) Werner Hackmann und dem Aufsichtsratsvorsitzendem Udo Bandow bemerkt Jörg Marwedel (SZ 31.7.). „Der Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und Vizepräsident des DFB auf Bewährung im eigenen Verein? Allein das klingt wie ein Treppenwitz. Doch hinter dem Zögern der Kontrolleure steckt tiefes Misstrauen gegen den Mann, dem sie „Geheimniskrämerei“ und „Zettelwirtschaft“ vorwerfen. Im Gremium macht, erstaunlich genug, der Vorwurf die Runde, Hackmann habe als Boss des operativen Geschäftes die wahre Finanzsituation des Vereins verschleiert, ehe der um seinen Ruf als ehrenwerter Banker bangende Bandow dies ziemlich spät bemerkte (…) Auch die AOL-Arena im Volkspark, deren Finanzierung den Klub schon jetzt stark belastet, könnte Hackmann weiteren Ärger bescheren. So soll bei einer Hamburger Behörde ein Gutachten liegen, demzufolge die Baumängel am erst 1999 eingeweihten Stadion-Neubau schon jetzt so gravierend sind, dass er bestimmten Sicherheitsauflagen nicht mehr genügt. Die Rede ist von acht bis zehn Millionen Euro Sanierungskosten.“

George Bests offenen Umgang mit der eigenen Leberkrankheit kommentiert Wolfgang Hettfleisch (FR 1.8.). „Der öffentliche Kranke war von jeher ein Meister der (Selbst-) Inszenierung. Auf dem und abseits des Spielfelds. Wenn es denn einen Spieler gibt, der in den 60-er Jahren – in Entsprechung der Swingin‘ Sixties – den neuen Typus des Fußballprofis verkörperte, so ist es Georgie Best. Als er in Old Trafford, wo er mit 17 Jahren für ManU debütierte, den Rasen betrat, war Fußball nicht länger das Kräftemessen zweier ermündend miteinander ringender Kollektive. Dieser Instinkt-Fußballer, der als Kind stundenlang Tennisbälle gegen Garagentore drosch, war kein Teamspieler. Er war ein großer Individualist (…) Ohne Best kein Beckham. Der Junge aus Belfast ist der Archetyp des modernen Fußballstars – skandalträchtiger Abstieg inbegriffen. Beinahe will es im Rückblick scheinen, als seien der Suff, die ungezählten Streifzüge durch die Clubs von London, die schnellen Autos, die Monate im Knast unverzichtbarer Bestandteil des Mythos von Georgie. Und so drückt denn eine ganze Generation dem Fußball-Achtundsechziger die Daumen.“

Markus Völker (taz 1.8.) über die Bedeutung des Ligapokals. „Der Ligapokal wird seit 1997 ausgespielt. Wo er Station macht, breitet sich Jahrmarktstimmung aus. Sechs Mannschaften nehmen an der Tour durch Deutschlands Provinz teil: die besten der letzten Bundesliga-Saison. Sie dürfen im Vorfeld der neuen Spielzeit miteinander üben, und zwar so, dass es keinem weh tut. Jeder Profi kann mitmachen, auch die Bankdrücker – und die Öffentlich-Rechtlichen übertragen das dann zur Prime-Time. Obendrein schüttet die DFL satte Summen aus. Eine Antrittsgage von 255.000 Euro, 1,27 Millionen für den Sieger. Und selbst die unterlegene Borussia freut sich auf eine Überweisung von 511.000 Euro, in kirchkriselnden Zeiten mehr als ein paar Brosamen.“

Die Erfolge der deutschen Kraulstaffeln bei der EM in Berlin kommentiert Josef Kelnberger (SZ 31.7.). „Wenn man zu viert ist, wird der Superstar auf der Nebenbahn gleich um eine Nummer kleiner, davon zehren die international nur noch mittelmäßigen deutschen Krauler und auch von der Technologie ihrer Trainer. Mit Bedacht zusammengestellt und akribisch trainiert machen sie Rückstände mit akkuraten Wechseln wett. Das nervt die Konkurrenz (…) Tradition, Teamgeist, Technologie. Das klingt nach deutscher Wertarbeit, nach deutschem Fußball auch, dem Lieblingsspielzeug der Nation. Selbst in den Individualsportarten fasziniert das Teamwork den Deutschen offenbar am meisten. Die 4×400-m-Staffel gilt als Flaggschiff der deutschen Leichtathletik, und selbst in der Abteilung Sprint macht die Geschichte Mut, zum Beispiel Heide Rosendahls Duell mit Renate Stecher bei Olympia 1972 in München. Daran können sich die deutschen Leichtathleten bei der Europameisterschaft nächste Woche aufbauen.“

Zum Ausstieg von Ullrichs Sponsoren meint Sven Astheimer (FR 1.8.). „Der geglückte Ausreißversuch von Ullrich fiel dem Sponsor nicht schwer. Adidas bewies bislang bei der Wahl seiner Sportrepräsentanten meist ein gutes Näschen. Sie dufteten nach Erfolg. Gefallene Helden wie Ullrich jedoch beißen in der Nase. Lieber schnuppert man da an den unverbrauchten Trikotagen sauberer Jungstars wie Michael Ballack oder Sebastian Deisler vom FC Bayern München.“

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