Ballschrank
Vorteile durch Tricksereien
Kommentare deaktiviert für Vorteile durch Tricksereien
| Donnerstag, 25. März 2004
Nachvollziehbarer Protest gegen Lautern-Strafe – ManU vor feindlicher Übernahme? – die typischen Handlungsmuster der Liga – Gratulation an Birgit Prinz zum 100. Länderspiel – Legionär Andreas Reinke in der spanischen zweiten Liga
Sven Astheimer (FR 29.3.) kann die Proteste der Konkurrenz gegen die milde 3-Punkte-Strafe für den 1. FC Kaiserslautern in der nächsten Saison gut verstehen. „Ein Malus in der laufenden Saison hätte den Tabellenelften viel teurer zu stehen kommen können. Im Falle des Abstiegs müsste das mühsam zusammengezimmerte Sanierungskonzept mit Banken, Stadt und Land müsste dann ebenso wie Spieler- und Angestelltenverträge neu ausgehandelt werden. Dagegen nimmt sich das jetzige Straf-Paket aus wie ein Monat Freiheitsentzug im Kempinski. Die Konkurrenz im Abstiegskampf weiß dies auch. Sie forderte: Kaiserslautern gehört sofort bestraft, weil der Club sich durch Tricksereien Vorteile erschlichen habe. Interessanterweise bemüht auch die DFL das Argument Wettbewerb: Der könnte demnach nämlich verzerrt werden, wenn den Roten Teufeln im Saisonfinale mitsamt den drei Punkten auch ein gerüttelt Maß Motivation genommen werde. Doch die Rechnung ist – bei allem Respekt vor der Zunft – eines Milchmädchens würdig. Denn milde Urteile wie im Fall Kaiserslautern oder im vergangenen Jahr beim SSV Reutlingen senden das falsche Signal aus. Sie ermutigen ja geradezu die Clubstrategen dazu, künftig im Zweifelsfall die DFL-Statuten galant zu umdribbeln. Abschreckungseffekt gleich Null. Im Gegenteil: Die Botschaft, die von den Frankfurter Richtern ausgeht, lautet frei nach Uli Wickert: Der Ehrliche ist der Dumme. Die DFL wäre künftig besser beraten, gravierende Verstöße sofort – neudeutsch: zeitnah – und energisch zu ahnden.“
ManU vor feindlicher Übernahme?
Andreas Hoffbauer (Tsp 1.4.) vermeldet. „Der Fußballklub Manchester United steht vor besonders spannenden Wochen. Auf dem Rasen will das Team um David Beckham, ohnehin für beste Fußball-Dramatik bekannt, den Meistertitel vom Rivalen FC Arsenal zurückerobern. Die wahre Herausforderung steht dem Traditionsverein aber noch bevor – nach dem Saisonende. Und vielleicht ist diese Herausforderung die wichtigste in der bisherigen Vereinsgeschichte. Seit Wochen ranken sich Übernahme-Spekulationen um den an der Börse notierten und reichsten Fußballverein der Welt. „Da braut sich was zusammen, sagt ein Analyst in London. Mehrere reiche Geschäftsleute haben sich bei dem Klub in den vergangenen Wochen still und leise eingekauft, allen voran zwei irische Millionäre. Aber auch der Name des Erfinders von „Big Brother, John de Mol, sowie des US-Sport-Tycoons Malcolm Glazer tauchen seit kurzem auf der Aktionärsliste auf. Was den Vorstand besorgt, das hat die Aktie beflügelt: Der Kurs hat seit Jahresbeginn um fast ein Drittel zugelegt. Während andere Vereine, wie etwa der Traditionsklub Leeds United, immer tiefer in die roten Zahlen rutschen, gilt Manchester United mehr denn je als ein Investment (…) Es geht um die Macht in Manchester. Der Vorstand war alarmiert, als vor kurzem klar wurde, dass die irischen Rennbahn-Milliardäre JP McManus und John Magnier hinter den Kulissen zum größten Einzelaktionär geworden sind. Sie haben seit Jahresbeginn über die Investmentfirma Cubic Expression ihren Anteil an Manchester United auf 10,4 Prozent erhöht. Im ManU-Management geht nun die Angst um vor den beiden irischen „Rennpferdebesitzern, die keine Ahnung haben wie man einen Fußballverein führt“. Die Nervosität ist berechtigt: McManus und „The Boss“ Magnier sind Mitglieder der so genannten Coolmore-Mafia (mit einem Hang zu schwarzen Schlapphüten) und gelten als so reich, dass der momentane ManU-Börsenwert von 350 Millionen Pfund für sie problemlos zu bezahlen ist. Bereits im vergangenen Jahr soll das Duo eine feindliche Übernahme von ManU geplant haben. Besonders pikant ist, dass die beiden bekennenden United-Fans aus Irland beste Freunde von ManU-Trainer Alex Ferguson sind.“
Bewährte Handlungsmuster
Christian Eichler (FAZ 29.3.) glossiert. „Im Fußball läuft alles wie eh und je. Spieler verständigen sich auf dem Platz mit Rufen oder Handzeichen. Der Trainer, der auf der Bank noch weniger sieht als die Spieler, als die Zuschauer sowieso, brüllt oder winkt ab und zu etwas ins Feld. Bald aber könnte der Informationsfluß auch hier etwas professioneller laufen. Am Freitag wurde in Nürnberg vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen Litauen ein vom Fraunhofer-Institut in Erlangen mit der Firma Cairos entwickeltes System vorgestellt, das den Fußballplatz zur vernetzten Zone macht. Chips in den Schienbeinschützern und im Ball schaffen per Funk ein flächendeckendes Netzwerk aller Bewegungen auf dem Feld. So kann man sehen, wieviel die Spieler laufen; wie schnell der Ball ist; ob er hinter der Linie war oder nicht; kann ein komplettes Spiel virtuell nachspielen und zum Vergleich die Bewegungsdaten eines Spielers gegen zum Beispiel die von Ronaldo austauschen. Das Schwierigste war, den schockfreien Datenfluß im Ball sicherzustellen, der ja mitunter mit Tempo 120, 130 gegen ein festes Hindernis prallt. Noch schneller als der Ball ist Oliver Kahn: kürzlich Tempo 154, erlaubt 80, wobei er für diese Datenerhebung auf polizeiliche Hilfe angewiesen war. Denn die umfassende Freizeitüberwachung von Spielern erlaubt das System noch nicht. Immer mehr Informationen also auch im Sport, aber nicht unbedingt mehr Informiertheit. Der Erkenntnisgewinn verengt sich gelegentlich auf tunnelartige Perspektive, etwa wenn Verlustängste aufkommen. So verdächtigten die Schalker noch vor ein paar Monaten einen Spieler, die Taktik an die Konkurrenz verraten zu haben. Inzwischen haben sie wieder zu bewährteren Handlungsmustern zurückgefunden und den Trainer entlassen.“
Mimisches Potenzial eines Quastenflossers
Markus Völker (taz 29.3.) gratuliert Birgit Prinz zum 100. Länderspiel. „Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt: Es gibt früh Elfmeter für die DFB-Elf, dann Gelb-Rot für die schottische Nummer neun, die Kräfte der Highlanderinnen schwinden, die Tore purzeln: 5:0 – ein gewöhnlicher Favoritensieg. Nach der Partie aber sollte etwas Außergewöhnliches passieren: Birgit Prinz lächelte. Das ist so selten wie Regen in der Sahel-Zone und Schnee am Toten Meer. Zweifellos, wenn man ganz genau hinsah, bogen sich ihre Mundwinkel leicht nach oben, verformte sich der Mund zur Sichel. Eine kleine Sensation. Prinz sagt man nämlich nach, sie verfüge über das mimische Potenzial eines Quastenflossers, sie habe ein Gemüt so staubtrocken wie Sandkuchen von Oma. Ein echter Gefühlsausbruch, der da im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion vor 4.000 Zuschauern zu beobachten war. Birgit Prinz, das große, ernste Mädchen, ist 25 Jahre alt und Stürmerin. Sie hat am Donnerstag ihr 100. Länderspiel gemacht und zwei Tore gegen Schottland geschossen. Jetzt kommt sie auf 47 Treffer im DFB-Trikot. 47 Tore, das heißt: 47 Mal kein wildes Herumrutschen auf dem Rasen, kein exaltierter Tanz mit der Eckfahne, kein entfesselter Sprint über den Platz oder gar Salto-Überschläge. Vielmehr pflegt Frau Prinz ihre Tore mit lähmendem Gleichmut zur Kenntnis zu nehmen. Stempel drauf und ab damit ins Fußballarchiv. Wenn sie mit sich zufrieden ist, weil ein spektakuläres Ding reinging, hebt sie schon mal die Hand und lässt sich von ihren vierschrötigen Kolleginnen auf die Schulter klopfen. Aber normalerweise dreht sie sich, nachdem das Netz zappelt, einfach um, macht kehrt, als wäre das Toreschießen irgendwie okay, aber der Jubel, herrje, eine furchtbar lästige Sache.“
Rehhagel hoch zwei
Richard Becker (FAZ 2.4.) kümmert sich um die zweite spanische Liga und entdeckt ein bekanntes Gesciht. „Andreas Reinke aus Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern gilt derzeit als der beste Profi-Torhüter in Spanien, gemessen an den Gegentreffern. Nach 29 Spielen sind es gerade mal 15, über die sich gegnerische Stürmer freuen durften, siebzehnmal hat Reinke zu null gespielt, eine grandiose Bilanz. Da kommt sogar der spanische Auswahltorhüter Santiago Canizares nicht mit, der beim Meister FC Valencia im Tor steht. Real Murcia führt nach 29 Spieltagen die zweite Liga mit 55 Punkten an, gefolgt von Albacete (53) und Levante (51). Als Vierter rechnet sich Saragossa mit fünfzig Punkten noch Chancen aus. Die Mannschaft von Jerez, trainiert vom Deutschen Bernd Schuster, liegt mit 43 Punkten schon abgeschlagen auf Rang fünf. Drei Mannschaften steigen aus der zweiten Liga auf. Es wird ein ganz heißer Tanz im heißen Süden. Im vergangenen Jahr war Real Murcia als Fünftletzter gerade so dem Abstieg aus der zweiten Liga entgangen. Da beschlossen Präsident Jesus Samper und sein Bruder Juan Antonio Samper, für die sportlichen Belange zuständig, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. Beide befehligen einen kleinen Konzern, der sie vermögend gemacht und in die Lage versetzt hat, Real wieder auf Tuchfühlung zu dem großen Real aus der Hauptstadt zu bringen. Anfang der achtziger Jahre ging es im Stile einer Fahrstuhlmannschaft mal hoch, mal runter, sogar in der dritten Liga war Real Murcia schon mal hart gelandet. Die Gebrüder Samper haben den Knopf wieder auf oben gedrückt und halten fest den Daumen drauf. Mit 34 Jahren ist Andreas Reinke, der in Murcia schon drei Ersatzleute verschlissen hat, im besten Alter für einen Torhüter. Bei Real Murcia ist er im zweiten Jahr, nachdem ein vorheriger Ausflug nach Griechenland zu Iraklis Saloniki nicht gerade glücklich verlaufen und nach einem Jahr beendet worden war. Sechs Jahre hatte er zuvor beim 1. FC Kaiserslautern gespielt, und warum sie ihn dort geschaßt hatten damals, das weiß Andreas Reinke heute noch nicht so genau. Aber Kaiserslautern ist in Spanien nicht weit weg, denn Reinke wird tagtäglich daran erinnert. Trainer David Vidal – ein ganz Verrückter – sei in seiner Art ein Rehhagel hoch zwei, sagt Reinke.“
Auf Heise online lesen wir. „Die ausufernden Datenmengen über die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland sollen für Fans sowie Unternehmen, Städte und Medien übersichtlich und schnell zu nutzen sein. Dieses Ziel hat eine am Montag in Berlin vorgestellte Initiative der Deutschen Telematikgesellschaft. Dabei geht es beispielsweise um die Bündelung von Daten über Verkehr, Kartenverkauf, Tourismus, Gastronomie und Veranstaltungen parallel zur WM in den Ausrichter-Städten sowie um Sicherheitsfragen. Die Meisterschaften sollen sich nicht nur auf die Austragungsorte beschränken, sondern ganz Deutschland zu einem grossen Eventveranstalter vereinen, teilt die Initiative mit.“
„Der Traditionsklub Tennis Borussia wird bald 101 Jahre alt – morgen aber muss der Verein vorläufige Insolvenz anmelden“ Tsp
Gewinnspiel für Experten