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Welt-Interview mit Ailton – Kommentare und Urteile über die Transfers von Ailton und Krstajic – „Rudi Nassauer“ (BLZ)

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Welt-Interview mit Ailton – Kommentare und Urteile über die Transfers von Ailton und Krstajic – „Rudi Nassauer“ (BLZ)

Die Offerte entspricht meinem Wert als Torjäger

Welt-Interviewmit Ailton

Welt: Werder Bremen ist Tabellenführer, Sie sind mit sieben Treffern bester Torjäger der Liga – war es weise, den Wechsel ausgerechnet jetzt zu verkünden?

Ailton: Das ist schon okay. Alles ging sehr schnell. Schalke hat mich vor zwei Wochen kontaktiert. Die Offerte entspricht meinem Wert als Torjäger, also habe ich zugeschlagen.

Welt: Bis zum Saisonende hat Ihr Trainer Thomas Schaaf viel Zeit, einen anderen Stürmer aufzubauen. Befürchten Sie, auf die Bank verbannt zu werden?

Ailton: Ich glaube nicht, dass er das tut. Er weiß, was ich kann. Aber es ist ja noch nicht klar, dass ich bis zum Sommer bleibe. Vielleicht wechsle ich auch schon im Winter. Das ist aber Sache der Klubs.

Welt: Auch Bremen hatte Ihnen einen neuen Vertrag angeboten.

Ailton: Ist das so? Ich habe einmal ein Angebot gemacht, da hieß es: Nein. Beim zweiten auch. Und beim dritten: Wir müssen erst sehen, wie sich die Situation beim Klub entwickelt. Alles nachvollziehbar. Ich bin aber kein kleiner Junge mehr und muss an meine Zukunft und meine Familie denken.

Welt: Alles eine Frage des Geldes also?

Ailton: Nicht ganz. Natürlich war es ein wichtiger Faktor. Aber es gab auch private Gründe, die ich aber nicht preisgeben werde. Ailton hat in Bremen guten Fußball gespielt und das getan, wozu er vor fünf Jahren verpflichtet wurde: Tore schießen. Ich wollte, dass der Verein das bei einem neuen Vertrag mit berücksichtigt. Konnten oder wollten sie nicht? Ich weiß es nicht. Fakt ist: Schalke ist eine Topadresse: Und für mich ist es der letzte Vertrag in der Bundesliga, sie können mich bezahlen, es hat gepasst.

Gefährlich wird es erst, wenn andere Vereine dem SV Werder ihre sportlich Verantwortlichen wegkaufen

Roland Zorn (FAZ 9.10.) kommentiert die Transfers von Krstajic und Ailton: „Als Rudi Assauer 1981 Bremen verließ, sagte er: Mit dem Herzen bleibe ich immer bei Werder. Tatsächlich: Nie verlor der inzwischen zum Schalker Kultmanager aufgestiegene Westfale die Bremer aus den Augen, und von Herzen hat er sich bei Werder bedient: Die Torhüter Frank Rost und Oliver Reck, dazu den rasch wieder ausgemusterten Trainer Frank Neubarth lockte der Traditionsverein mit geldwerten Argumenten in den Pott – so wie jetzt die ablösefreien Bremer Stars Krstajic und Ailton. Der Serbe Krstajic und der Brasilianer Ailton haben sich allein der Kohle wegen für einen Revierwechsel entschieden, da Werder Bremen als Tabellenführer der Bundesliga sportlich derzeit nicht zu toppen ist. Andererseits ist das schnelle Schalker Handeln auf dem Marktplatz Profifußball auch nicht so unredlich, wie es der Bremer Sportdirektor Klaus Allofs in seiner ersten Empörung abqualifiziert hat. In einer Zeit, da die Berufsfußballspieler ihren Job als unverbindliches Wandergewerbe zwischen Angebot und Nachfrage begreifen und nur noch die Macht des Mammons zu regieren scheint, sind Wechselgeschäfte wie die zwischen Ailton und dem FC Schalke nur folgerichtig. Daß den Transfer des Stürmerstars dennoch heftige Emotionen begleiten, ist der Popularität von Ailton an der Weser geschuldet (…) Werder ist der beste, solideste Mittelstandsbetrieb der Bundesliga. Um Krstajic und Ailton zu halten, wollte sich der Klub nicht selbst verleugnen. Auch Frings und Pizarro haben den Verein lukrativerer Angebote wegen verlassen. Und wie hat der SV Werder reagiert? Mit exzellenten, preiswerten Neuverpflichtungen. Das Bremer Know-how in Sachen Personalplanung, verkörpert von der Kompetenz eines Allofs und der Fachkenntnis von Trainer Schaaf, gilt als unbezahlbar. Richtig gefährlich für den Klub, der traditionell aus wenig viel zu machen versteht, wird es erst, wenn andere Vereine dem SV Werder ihre sportlich Verantwortlichen wegkaufen.“

Rudi Nassauer

Christof Kneer (BLZ 9.10.) beurteilt den Ansehensverlust Rudi Assauers in Bremen: “Werder hat in dieser Woche zwei Leistungsträger und einen Freund verloren. Wenn so einer kommt und den Geldsack aufmacht, sind wir zerstörbar, schimpft Bremens Manager Klaus Allofs über den Schalker Kollegen Rudi Assauer, der Werder tags zuvor schon den Verteidiger Mladen Krstajic abspenstig gemacht hatte. Die Geschichte von Ailton ist auch die Geschichte von Rudi Assauer. Seit er in den Siebzigern als Spieler, Trainer und Manager in Bremen amtierte, gilt er den Hanseaten als einer der ihren. Der Rudi kennt hier jeden Vertrag, hat der ehemalige Manager Willi Lemke einmal gesagt. Mit diesem Herrschaftswissen hat Assauer aus Schalke heimlich einen FC Werder 04 gemacht. Erst hat er die Torhüter Reck und Rost abgeworben, dann den Trainer Neubarth, nun Ailton und Krstajic – und kürzlich hatte er auch noch am Werder-Genius Micoud herumgebaggert. Aus Rudi Assauer ist ein Rudi Nassauer geworden, ein Abstauber. Aber seine Wildereien zeigen nur, wie stark er unter Druck geraten ist. Er musste sich verspotten lassen, weil er Trainer Heynckes nur eine königsgraue Mannschaft in die Schickimicki-Arena stellen konnte. Er musste sich verspotten lassen, weil er einen Morientes kaufen wollte und einen Glieder-Edi bekam. So groß ist der Druck nun geworden, dass er einem 29-jährigen Krstajic einen Vierjahresvertrag aufdrängt, der jährlich 1,7 Millionen schwer sein soll.“

Man hätte es fast für Liebe halten können

Ralf Wiegand (SZ 9.10.) hat die Reaktionen der enttäuschten Bremer Anhänger im Blick: „Am Dienstagabend, als sich die Fußballmeldung des Tages langsam herumgesprochen hatte, war das schnellste Medium der Welt schon längst zusammengebrochen. Nichts ging mehr auf der Internet-Homepage des SV Werder Bremen, die Rechner des Bundesliga-Tabellenführers waren überfordert. Es schien, als wolle jeder, der online ist, seine Meinung zum spektakulärsten Spielertransfer der Saison kundtun: Ailton, neben Esel, Hund, Katze und Hahn derzeit beliebtestes Maskottchen der Hansestadt, wechselt in der kommenden Saison vom SV Werder zu Schalke, ebenso wie Abwehrspieler Mladen Kristajic. „Für uns Fans“, sagt Dieter Zeiffer, der Fanbeauftragte des Klubs, „bedeutet das in erster Linie Ohnmacht und Wut.“ Zeiffer, 46, ist seit zehn Jahren die Verbindungsperson zwischen Verein und Publikum, aber solch eine Reaktion hat er noch nicht erlebt. „Seit 24 Stunden, einschließlich der Nacht, mache ich nichts anderes, als mit Fans zu reden“, sagte er, so sehr trifft die treuesten der grün-weißen Seelen vor allem der überraschende Wechsel des Brasilianers Ailton, 30. Im fünften Jahr feiern sie einerseits die Tore des flinken Angreifers – 67 in 144 Spielen – mit einem lang gezogenen „Aaaailton“ und ertragen andererseits geduldig die Eskapaden des eigenwilligen Südamerikaners. Der überzog regelmäßig seine Urlaube und drohte alle paar Monate mit einem Wechsel in den sonnigen Süden. Durch eine handgreifliche Auseinandersetzung mit seiner Lebensgefährtin setzte er sein Knuddel-Image aufs Spiel. Aber nichts gab es, was die Werder-Fans ihrem „Kugelblitz“ nicht verziehen, sobald der wieder mal die Schönheiten Bremens pries oder sich einem Fan stolz als Taufpate für dessen Sohn Ailton zur Verfügung stellte. Noch am 21. September meldete die Syker Kreiszeitung erleichtert: „Ailton bleibt in Bremen“ und zitierte den Spieler mit den Worten: „Wir sind uns einig.“ Man hätte es fast für Liebe halten können.“

Frank Heike (FAZ 9.10.) ergänzt: „Auf den Namen Assauer reagiert man nun allergisch in Bremen. Er spielte sechs Jahre für Werder und war von 1976 bis 1981 Manager des Klubs; die Vereine Schalke und Werder waren stolz auf ihre Beziehung. Das ist vorbei. Allofs sagt: Wir sind extrem enttäuscht, wie die Sache abgelaufen ist. Assauer hat uns in keiner Weise über die Verhandlungen informiert. Wir finden es äußerst unglücklich, daß Schalke diese Transfers so früh in der Saison öffentlich gemacht hat. Der Bremer Trainer Thomas Schaaf sprach sogar von innerer Wut und Aggressivität, die die Transfers bei ihm ausgelöst hätten – Wut auf Assauer. Der Schalker Trainer Jupp Heynckes sagte, er habe Verständnis für die Bremer. Es wäre aber fahrlässig gewesen, sich nicht um die Spieler zu bemühen. Die Transfers waren von langer Hand vorbereitet. Allofs hingegen mutmaßte, Schalke habe nach dem schwachen Saisonstart und dem Nichtzustandekommen des Morientes-Transfers etwas zum Vorzeigen gebraucht. Die Bremer Nationalspieler Frank Baumann und Fabian Ernst, im Trainingslager der Nationalmannschaft in Reinbek mit den Weggängen konfrontiert, waren überrascht. Baumann sagte: Das ist schon brutal für uns, aber wir sind das in Bremen ja fast gewohnt. Auch andere Bremer Spitzenspieler wie Johan Micoud dürfte der bevorstehende Weggang der beiden Stützen wie ein schlechtes Zeichen anmuten.“

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