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Wenn das der Häuptling sein soll, wie sehen dann die Indianer aus?

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Wenn das der Häuptling sein soll, wie sehen dann die Indianer aus?

Angesichts Äußerungen seitens der Bochumer nach der Niederlage sieht Ingo Durstewitz (FR 14.4.) das Team auf einem schlechten Weg. “Wenn der VfL Bochum ein Bundesligaspiel verliert, dann setzt die Zaubermaus mit den Rehaugen den Dackelblick auf. Es gibt wohl keinen Profi auf dieser Fußballwelt, der so verdammt traurig aus der Wäsche gucken kann wie Dariusz Wosz. Wie er so dasteht, den Kopf gesenkt, fast demütig, da möchte man den Kleinen am liebsten in den Arm nehmen, ihm tröstende Worte ins Ohr flüstern würde, Banales wie: Das wird schon wieder. Oder: Kopf hoch. Nach dem 0:1 bei Hertha BSC hat der 33-Jährige mit geballter Leidensmiene und leiser Stimme gesagt: Jetzt muss so langsam der Letzte begriffen haben, dass wir nur noch Endspiele haben. Gegen Stuttgart brauchen wir drei Punkte – mit aller Macht. Dann hat sich der Bochumer Kapitän artig bei dem Reporter bedankt (normalerweise ist das umgekehrt) und ist in den Mannschaftsbus geklettert. Und irgendwie hallte die unausgesprochene Frage durch die Katakomben des Berliner Olympiastadions: Wenn das der Häuptling sein soll, wie sehen dann die Indianer aus? Ein paar Meter weiter sitzt der Oberhäuptling. Peter Neururer, Trainer der so brachial abgestürzten Höhenflieger, saugt an der Zigarette, schnickt die Kippe dann in den Kaffeebecher vor sich. Wir sind immer noch nicht auf einem Abstiegsplatz, sagt er, wir haben es noch selbst in der Hand. Die Betonung liegt nicht auf noch, sie sollte es aber. Neururer, der verbalfixierte Hardcore-Motivator, kommt einsilbig daher an diesem Nachmittag, dünnhäutig, und merkwürdig realitätsfern. Ein Loblied singt der 47-Jährige auf die Hertha, vom langen Preetz schwärmt er, vor allem aber von den Brasilianern, von Marcelinho und Alves, die kannst du eins gegen eins nicht packen. In der substantivierten Neururerschen Diktion bedeutet das: Die große Berliner Qualität im Offensivbereich hat die Verhinderung des 0:1 nicht möglich gemacht.““

Die guten alten Rundkappen

Ähnlich argumentiert Javier Cáceres (SZ 14.4.). „Neururer hat „trotz nicht vorhandener mathematischer Grundkenntnisse“ errechnet, dass 37 Punkte für die Rettung wohl nicht reichen werden. Um sicher zu gehen, brauche der VfL aus sechs verbleibenden Runden drei Siege. Nur: Der VfL hat seit acht Spiel nicht mehr gewonnen, und je länger die Saison dauert, umso mehr verstärkt sich der Eindruck, dass sich die Bochumer damals, beim Absprung aus luftigen Tabellenhöhen, anstelle von Flächenfallschirmen die guten alten Rundkappen auf den Rücken schnallten. Die funktionieren zwar auch, gelten aber als kaum steuerbar – und sind für punktgenaue Landungen vergleichsweise untauglich. Wie orientierungslos der VfL abwärts taumelt, war auch im Olympiastadion zu beobachten. Dort konnten die Bochumer das Spiel selbst dann nicht an sich reißen, als Herthas Abwehrchef, Dick van Burik, kurz vor der Halbzeit wegen zwei heftiger Attacken auf die Beine von Wosz bzw. Christiansen Gelb-Rot sah. Bochums Passivität lag aber auch darin begründet, dass Neururer danach verzichtete, die Grundausrichtung seiner Elf zu modifizieren: aus Respekt vor der individuellen Klasse der Berliner, wie er erläuterte, und weil er ahnte, dass Kollege Huub Stevens keine taktischen Veränderungen vornehmen würde. Stevens tat dies tatsächlich nicht – eben weil er nicht dazu gezwungen wurde. Bochum bot durchgängig nur eine Spitze (Christiansen), so dass die Hausherren beruhigt mit drei defensiven Kräften agieren und ihre Taktik ansonsten beibehalten konnten.“

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