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Wer jagt die Bayern?

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Wer jagt die Bayern?

Wer jagt die Bayern? Wer fordert sie heraus und verhindert ihren Alleingang? fragen sich Fußball-Freunde jederzeit; selbst wenn der Rekordmeister, so wie jetzt, Fünfter der Tabelle ist. Vor der Saison 2003/04 schrieben die Experten ein paar aussichtsreiche Bewerber in ihren Block: Borussia Dortmund, Schalke 04, Hamburger SV, vielleicht Hertha BSC Berlin. Nach sechs Spieltagen haben die Experten ihre Zettel zerrissen und weggeworfen – und zwei neue Kandidaten notiert, von denen sie anfangs wenig erwarteten: Dem Team von Bayer Leverkusen trauten sie nicht viel zu, weil es letztes Jahr so schlecht war; es müsste erst mal den Fast-Abstieg verkraften. Den jungen Spielern des VfB Stuttgart trauten sie nicht viel zu, weil sie letztes Jahr so gut waren; die hätten über ihre Verhältnisse gespielt.

Beiden Vereinen bescheinigen die Chronisten nun Rationalität: das wichtigste Kriterium für sportlichen Erfolg von Dauer. Großen Einfluss wird den Trainern zugesprochen: „Klaus Augenthaler hat Bayer Leverkusen das gegeben, was dem Verein seit Jahren fehlte: ein Stück FC Bayern“, schreibt der Tagesspiegel nach dem 3:3 Leverkusens bei Angstgegner München in einem sehr unterhaltsamen Spiel. Die Heldengeschichte von Trainer Felix Magath wird weitergeschrieben; allerdings kleiden ihn die Autoren in neues Gewand: vor einem halben Jahr stellten sie ihn uns Lesern als Marathonläufer vor, schwitzend. Heute lesen wir vom Schachspieler und Strategen Magath. „Für den Erfolg opfert der VfB gerne die Schönheit“, erläutert die FAZ Magaths Konflikt und resümiert achtungsvoll: „Was Magath derzeit anfaßt, es gelingt ihm.“

Die FAZ urteilt anerkennend über den ungeschlagenen Tabellenführer nach dem 1:0 über Borussia Dortmund: „Die Erfolgsserie des VfB Stuttgart wird von einer Basis getragen, die auf ein langes Haltbarkeitsdatum schließen lässt.“ Die SZ überbietet: „Moralisch einwandfreier Fußball, das ist der VfB Stuttgart. Jung und unbekümmert schießt er Tore, schert sich nicht um Geld und Ruhm, macht einfach nur Spaß“ – und fährt fort: „Es könnte ein günstiger Zeitpunkt gekommen sein, um einige der Etablierten zu überholen und sich aus dem Windschatten heraus für die Rolle der zweiten Kraft hinter dem FC Bayern zu bewerben.“

Jedoch schreiben die Zeitungen auch von Skepsis und Misstrauen in Vereinsumfeld und Wirtschaft. Martin Hägele (NZZ) sieht die Ursachen für diese Vorsicht in der Vergangenheit: „Nach dem Grund für die mangelnde Identifikation mit dem VfB traut sich keiner zu fragen, weil der Ehrenvorsitzende Mayer-Vorfelder unter „Tabuthema“ läuft. Als „ewige Vergangenheitsbewältigung“ hat Magath den Aspekt „MV“ jetzt in einem Interview umschrieben Über ein Vierteljahrhundert hat der heutige DFB-Präsident den VfB wie kein anderer Klubchef personifiziert. Dessen Bedürfnis nach Zuneigung sowie seine Art, den Sonnenkönig zu spielen, haben Parteigänger, Lakaien und Schleimer angezogen, liberale Zeitgenossen und viele Andersdenkende dagegen abgestossen. Die warten nun ab, welchen Kurs die neue Führungsriege einschlägt. Noch fehlt ein klares Bekenntnis zu einem Stil.“

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