Ballschrank
Wie lange werden die Sportreporter noch schweigen?
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| Donnerstag, 25. März 2004Endlich! Endlich, endlich! Endlich spricht es einer aus: Michael Hanfeld (FAZ 26.2.) kann das „Ausgerechnet Oliver Kahn!“ nicht mehr hören, das man als TV-Zuschauer bei jedem Fehlgriff Kahns, also inzwischen fast wöchentlich, hören muss. Auf der Medien-Seite klagt Hanfeld über Duckmäuser, Schönredner, Lobbyismus und Fliegenfänger: „Schon wider so ein Kullerball! Wie lange soll das noch so weitergehen? Wie lange sollen wir uns das noch mit ansehen? Wie lange werden die Sportreporter noch schweigen und die Kommentatoren es schönreden? Es muß einmal gesagt werden, mehr als zwölf Millionen Zuschauer von Sat.1 stehen schließlich unter bleibendem Schock: Oliver Kahn hat uns zuerst die Weltmeisterschaft gekostet und nun den FC Bayern München einen historischen Sieg über eine der teuersten Mannschaften der Welt, die einen Abend lang spielte wie ein Absteiger in der Kreisklasse. Und dann die Ernüchterung nach dem Motto: Jeder Schuß rechts unten ins Eck ein Treffer. Daß die Mannschaftskameraden, Trainer, Manager und Teamchef Rudi hernach artig sagen, es gewinne oder verliere oder unentschiede immer die gesamte Elf, ist ja gut und schön. Aber auch der Hinweis, dass dieser Tormann schon so viele unhaltbare Bälle gehalten habe, hilft einem nicht weiter, wenn man vor Verzweiflung in den Teppich beißt. Wofür bitte ist der Mann denn sonst da? Doch wohl nicht, um Schlagzeilen in der Boulevardpresse zu machen. Und doch wohl auch nicht, um – wie er es sich zur Gewohnheit gemacht hat – im Fernsehen alle anderen zu beurteilen und immerfort den großen Aufbruch zu fordern, oder? Geht man da am besten nicht nur mit grimmiger Miene, sondern mit haltendem Beispiel voran? Kein Wunder, dass die Nationalnummer zwei, Jens Lehmann, sich nicht anders als mit rhetorischen Ausflügen ins Abseits zu helfen weiß. Doch in Zeiten, in denen sich Fernsehfußballreproter bei Gesprächen einem temperamentvollen Trainer wie – zum Beispiel – Matthias Sammer nach einem verkorksten Spiel nur in Habachtstellung zu nähern wissen, wohl fürchtend, daß er ihnen gleich das Mikro intravenös verabreicht, und in denen neben einem Kommentator mindestens ein alter Kumpel (hier: Oliver Bierhoff) das Urteil über das Spiel mildert, dürfen wir auf klare Bekenntnisse und Analysen nicht hoffen. Allen gegnerischen Stürmern empfehlen wir: Wenn Kahn drinsteht, einfach unten rechts draufhalten!“
Die FR (27.2.) freistoßt: „Die Reaktionen in der deutschen Presse waren durchweg kritischer als die Auswahl auf der Homepage. Der traditionell Kahn-freundliche kicker kam um die Note 5 nicht herum, bediente sich jedoch ansonsten dem Rat von Fachleuten. Dabei wurde deutlich, dass Ex-Nationaltorwart Andy Köpke den Kollegen nicht besonders gemocht haben kann: Er muss sich eingedenk der bisherigen Saison gefallen lassen, dass sein Status hinterfragt wird. Und: Dass er sich unmittelbar nach dem Real-Spiel nicht gestellt hat, werte ich als bedenkliches Zeichen. Nein, Kahn ist in Fußball-Deutschland nicht von Freunden umgeben, sieht man einmal von entscheidenden Männern wie Teamchef Rudi Völler und seine Adjutanten, Bundestorwarttrainer Sepp Maier und Bundestrainer Michael Skibbe (Es gibt überhaupt keine Diskussion um Kahn), ab. Ein paar Gegenbeispiele: Wäre bei uns Andreas Reinke in der Verfassung wie seit einiger Zeit schon Oliver Kahn, müssten wir uns Gedanken machen (Dieter Burdenski, Torwarttrainer von Werder Bremen). Man muss sich fragen, ob Olivers Akku vielleicht leer ist (Toni Schumacher).“