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Wie zwei ähnliche Handlungen zu verschiedenen Konsequenzen führen

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Wie zwei ähnliche Handlungen zu verschiedenen Konsequenzen führen

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht das Selbe. Als Christian Springer, Fußballprofi des Tabellenletzen 1. FC Köln, vor die Kamera der SAT1-Fußballshow ran (02.03.02) trat, war ihm Schuldbewusstsein, Reue und Scham anzumerken. In dem voran gegangenen Spiel gegen Hertha Berlin (1:1) hatte er seinen Gegenspieler Marko Rehmer derart brutal gefoult, dass der Berliner Nationalspieler verletzt ausschied. Man muss es wohl als „Verletzungsglück“ (Fritz Tietz in taz 05.03.02) bezeichnen, dass Rehmer mit einem Bänderriss noch glimpflich davon kam. Springers Foul wurde nur mit Gelb geahndet, was allgemein als krasse Fehlentscheidung und Ungerechtigkeit ausgelegt wurde. Selbst beim Kölner Anhang hatte er keinen guten Stand mehr, wurde er doch während des Spiels konsequent ausgepfiffen; und das bei einem Heimspiel. In der Presse kursierte anschließend das Gerücht, wonach ihm gar ein juristisches Nachspiel auf zivilrechtlicher Ebene drohe. Kein Zweifel: Sein Image hat durch die Aktion gelitten. Seine Karriere wird es vermutlich auch. Doch es war nicht das einzige „gesundheitsgefährdende Foul“ (Milan Pavlovic in SZ 05.03.02) an diesem Bundesliga-Spieltag.

Szenenwechsel, VfB Stuttgart-FC Bayern München (0:2): Der Kapitän des Tabellen-Fünften aus München, Stefan Effenberg, „schoss“ den Stuttgarter Balakov „im Luftkampf ab wie der `Rote Baron´ von Richthofen seine Gegner im Ersten Weltkrieg“ (Ludger Schulze in SZ 04.03.02). In der Tat handelte es sich um ein in Sachen Grobheit nicht alltägliches Foulspiel, bei dem nicht nur der neutrale Beobachter die reine Absicht des Agierenden erkennen konnte. Der zu bemitleidende Bulgare musste anschließend mit Prellungen an Rippen, Knie, Wirbelsäule und Flanken sowie einer Innenbanddehnung ins Spital eingeliefert werden. Effenberg wurde ebenfalls nur mit Gelb bestraft; unstrittig auch ein inadäquates Strafmaß, sollte man meinen.

Jedoch reagierten öffentlichkeitswirksame Medien mit anderen Urteilen auf diesen mit Springer vergleichbaren Fall. Im DSF-Stammtisch Doppelpass (03.03.02) setze sich bei einigen Gästen die bagatellisierende Auffassung durch, wonach Härte zum Fußballspiel nun mal dazu gehöre. Am Ende verdrehte man gar die Schuldfrage. Schließlich sei es Balakov selbst gewesen, so die Journalisten Hägele und Tobien, der sich ungeschickt in diesem Zweikampf verhalten habe. Außerdem solle er – aus Eigeninteresse – lernen, seine Stürze abzurollen: auch eine Sicht der Dinge. Nach ran könne man an dieser Aktion ablesen, dass der FC Bayern wieder bereit sei zu kämpfen. In einem Interview gab man dem Spieler unwidersprochen die Gelegenheit, sein brutales Foul als heroische Handlung darzustellen. Wofür also sollte Effenberg sich noch entschuldigen? Nebenbei: Diese Art der Gesprächsführung passte sich der vorherigen Spielberichterstattung des Privatsenders nahtlos an, hatten sich doch Reporter Thomas Herrmann (in informierten Kreisen seit Jahren als „Bayern-Herrmann“ bekannt) und Münchens Manager Uli Hoeneß vor dem Spiel und vor laufender Kamera in einem demonstrativen Schulterschluss alles Gute gewünscht, nach dem Motto: „Auf geht´s! Hau´n wir sie weg!“ mit dem anbiedernden Appell des Journalisten an die Konkurrenz aus Leverkusen und Dortmund, sich angesichts der bayrischen Aufholjagd „warm anzuziehen“. Auch ist Ludger Schulze (SZ) zu widersprechen, der schrieb, ausschließlich Referee Aust habe das mit Freistoß geahndete Foul an Bayern-Stürmer Elber als ein solches gesehen, welches dem entscheidenden 2:0 für die Münchner voraus ging. Herrmann sah es nämlich auch.

Fazit: An den beiden Fällen – Springer und Effenberg – kann man gut ablesen, wie zwei ähnliche Handlungen völlig verschiedene Folgen nach sich ziehen können. Es hängt immer davon ab, wer sie ausführt. Springer hat gerechtfertigterweise die Rolle Buhmanns inne, obwohl es durchaus einer gewissen Logik entsprochen hätte, mildernde Umstände des Absteigskampfs walten zu lassen. Dahingegen ist es Stefan Effenberg in der Tat gelungen, sein übles Foulspiel – das weder der harmlosen Spielsituation angemessen noch eines Titelaspiranten würdig war – „als vorbildliches Verhalten im Kampf um die Meisterschaft zu interpretieren“ (Jan Christian Müller in FR 04.03.02) und diese Auslegung in weiten Teilen der Medienlandschaft durchzusetzen. Was hätte man wohl als Rabauken verschrienen Spielern wie Bernd Hollerbach (HSV) oder Christian Beeck (Energie Cottbus) an Effenbergs Stelle zugerufen? Dessen höhnisches Signal an die ihn auspfeifenden Stuttgarter Fans – ein herablassender Wink – konnte er somit in die Öffentlichkeit verlängern. Es bedeutete: Ich, Effe. Ich kann´s mir leisten. Ungestraft!

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