Ballschrank
WM-Auslosung
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| Donnerstag, 25. März 2004
im Vorfeld der WM-Auslosung: über den Eingriff der FIFA ins neutrale Losverfahren durch die Bevorzugung Chinas
„Ausgerechnet einem WM-Neuling“ so Ludger Schulze in der SZ (30.11.) habe die FIFA „einen beträchtlichen Vorteil zugeschanzt“, indem sie dem Wunsche Chinas entsprach, dessen Gruppenspiele ausschließlich in Südkorea auszutragen. Die japanischen Medien sehen darin folgerichtig einen Verstoß gegen die Neutralität des Losverfahrens. Dabei habe die Weltfußballorganisation primär eigene Bedürfnisse im Auge gehabt. Man dürfe nämlich in Südkorea nun einen Zuschauerstrom erwarten. Schließlich gelte es als „Mallorca der Chinesen.“ Dort sind bisher – ganz im Gegensatz zu Japan – lediglich knapp 40 Prozent der Eintrittskarten verkauft worden. „Und wenn die Chinesen, woran nicht zu zweifeln ist, mit 100 000 Mann und mehr in Seoul oder Pusan einschweben, tut das nur gut. Der Kasse, weil das eine Milliarde Dollar einspielt, und der Optik, weil leere Stadien einfach scheußlich aussehen“ (Schulze). Das WM-Organisationskomitee einigte sich auf die Sprachregelung, „aus geografischen und ökonomischen Gründen“ eine Ausnahme genehmigt zu haben.
Martin Hägele (NZZ/FR 30.11.) fragt sich, ob es sich bei dieser Angelegenheit um ausgleichende Gerechtigkeit handele. Ein Blick in die Fußballgeschichte zeige, dass die Chinesen nicht immer vom Schicksal begünstigt worden seien. Die knapp verfehlte Qualifikation zur WM 1982 gelte nicht nur aus chinesischer Perspektive als Folge einer Schiebung. Die Neuseeländer erreichten damals durch zwei sensationell anmutende Auswärtsergebnisse (2:2 in Kuwait, das bereits qualifiziert war, und 5:0 in Saudi-Arabien) exakt die nötigen Ergebnisse, um ein Entscheidungsspiel gegen die Chinesen zu erzwingen. „Die Neuseeländer haben sich die Tore gekauft“ wird der damalige Nationalspieler Gu zitiert, den man aus der Bundesliga (SV Darmstadt 98) kennt. Die kurzfristige Ansetzung dieses Spiels brachte für die Chinesen extreme Nachteile, da ihre Spieler „aus der Weite des Landes nicht mehr zusammengetrommelt“ werden konnten (Schulze). So ging es 1:2 verloren, und Neuseeland durfte nach Spanien reisen. Mittlerweile jedoch seien die Einflussmöglichkeiten des chinesischen Fußballverbandes deutlich gestiegen. Dieser Emanzipationsprozess sei durch den ehemaligen Nationaltrainer Schlappner (in der Landessprache „Schla-pu-na“) eingeleitet und forciert worden. Im Gegenzug habe man dem Elektromeister aus Biblis durch die Erteilung wertvoller Handelslizenzen Dankbarkeit bewiesen. „Noch immer trinken Chinesen gerne das würzige Schlappner-Bier“ (Schulze).
Das politische Tauziehen rund um die morgige Auslosung beleuchtet Roland Zorn (FAZ 30.11.) und bezweifelt die These, wonach Fußball „ein Völker verbindendes Politikum“ sei. Hier drohe ein Affront, da der japanische Kaiser Akihito nicht zu den Feierlichkeiten zu erscheinen gedenke. Dort habe FIFA-Generalsekretär Blatter allen Ernstes die Bitte formuliert, die WM-Hymne der amerikanischen Sängerin Anastacia nicht nur wie geplant auf koreanisch, sondern auch auf japanisch zu übersetzen. Der koreanische Fußball-Präsident Chung Mong Joon hat zudem vorgeschlagen, Nordkorea sowohl als Austragungsort für ein Vorrundenspiel in Erwägung zu ziehen als auch nordkoreanische Spieler im Trikot Südkoreas spielen zu lassen. Dieses Vorhaben des übrigens staatspolitisch ambitionierten Chung erscheine naiv. „An der innerkoreanischen Grenze ist am Mittwoch seit langem erstmals wieder geschossen worden“ (Zorn).
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