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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

WM 2006

WM-Zwischenfazit

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für WM-Zwischenfazit

„Zum Glück wird in Erinnerung gerufen“, zieht die NZZ ihr erstes WM-Zwischenfazit, „dass die Welt des Fußballs nicht in erster Linie von streitenden Funktionären bestimmt, geprägt und gelebt wird, sondern von einem anderen, viel jüngeren Männerklub: vom demjenigen der Darsteller auf dem Rasen.“ Und von den Darbietungen auf dem grünen Rasen zeigen sich die Fußballautoren im Allgemeinen sehr angetan; was in der ersten Spielrunde eines Turniers keine Selbstverständlichkeit ist.

Gestern griffen zwei Mannschaften ins Geschehen ein, die ihre traditionelle Favoritenrolle mit Siegen unterstrichen: Zum ersten Brasilien, das von „zwei Sorgenkindern gerettet“ (FAZ) wurde, jedoch auch der tätigen Mithilfe des Unparteiischen bedurfte. Der spielentscheidende Elfmeter kurz vor Spielschluss war – da ist man sich einig – eine klare Fehlentscheidung. Die benachteiligten und zusätzlich mit zwei Feldverweisen belegten Türken sind auch wegen ihres guten Spiels nun in der „Opferrolle“ (NZZ).

Zum zweiten besiegten die Italiener die Neulinge aus Ekuador mit 2:0; und nur derjenige musste sich über den anfänglichen Tordrang der Squadra Azzura wundern, der bei der letzten Europameisterschaft 2000 – wo die Italiener im allgemeinen Urteil zu unrecht als reine Defensivfanatiker galten – entweder seine Spielanalysen von Klischees leiten ließ oder nicht richtig hingesehen hatte. Im Anschluss an die frühe Vorentscheidung noch in der ersten Hälfte erfüllten sie allerdings die mit ihnen assoziierten Stereotypen, indem sie sich auf das Verwalten des Vorsprungs beschränkten.

Außerdem: Mexiko bezwingt eine alternde Mannschaft aus Kroatien und Repressionen für Reporter.

Pressestimmen zu den Gruppenspielen G (ITA-ECU; CRO-MEX)

Pressestimmen (Deutschland, Spanien, Brasilien) zum Spiel BRA-TUR

Die NZZ (3.6.) ist vom Auftaktwochenende angetan. „Obschon einige Spiele entgegen den Ankündigungen nicht vor vollen Rängen über die Bühne gehen und obschon diese in einer von den Veranstaltern eigenartig orchestrierten, künstlichen Atmosphäre ausgetragen werden, vermochten sie größtenteils zu gefallen. Die Anzeichen für ein durchaus genießbare und attraktiv gestaltete WM sind zahlreich. Der Fußball ist bis jetzt mutig gegen vorne ausgerichtet, Strafraumszenen sind nicht Mangelware, nirgends wurde die Fairness über Gebühr mit Füßen getreten – und fehlenden, verletzten Stars wurde mit Ausnahme Zidanes (noch) keine Träne nachgeweint.“

Die beiden Gastgebernationen greifen erst zum Schluss ins Geschehen ein. Anne Scheppen (FAZ 4.6.) dazu. „In Europa oder Südamerika mag diese Terminplanung die ohnehin knisternde Spannung nochmals künstlich anfachen, für die beiden fernöstlichen Gastgeber wird sie aber zur Qual. Man ist sich der Leistungskraft der eigenen Mannschaft eben nicht so sicher. In beiden Ländern hat es der Fußball in den vergangenen Jahren zwar weit gebracht; im Vergleich mit den Großnationen dieses Sports aber ist die Außenseiterrolle geblieben.“

Marcel Gyr (NZZ 4.6.). „Freud und Leid sind auch im Fußball ungleich verteilt. So hat die große Mehrheit der Fifa-Familie noch nie an einer WM-Endrunde teilgenommen. Demgegenüber hat Brasilien als einziges Land noch nie gefehlt. Fairerweise muss allerdings festgehalten werden, dass Deutschland grundsätzlich nur dann abwesend ist, wenn es nicht eingeladen wird (1930, 1950). Und Mexiko verdankt seine fast lückenlose Teilnahme wohl hauptsächlich dem Umstand, dass es fußballstrategisch, das heißt geographisch, günstig liegt.“

Stefan Hermanns (Tsp 4.6.) kommentiert die harmonische Stimmung im deutschen Lager. „Ein wenig scheint es in diesen Tagen und Wochen, als habe das japanische Grundbedürfnis nach Harmonie auch den Tross des DFB ergriffen. Und der Sieg gegen Saudi-Arabien zum Auftakt der Weltmeisterschaft hat das allgemeine Wohlbefinden nur noch verstärkt.“

Nach Aussagen der tunesischen Tageszeitung La Presse (3.6.) sind „die Beobachter der Fußball-WM nicht dazu geneigt, der tunesischen Mannschaft eine reelle Chance zuzugestehen. Das Gesetz des Spieles könnte aber alles ändern. In einigen Stunden, werden wir eine Mannschaft bei ihrem Spiel sehen, die, wie man gestehen muss, für viele Beobachter die schwächste des Turniers sein könnte. Diese Situation ist auch mit einem Vertrauensmangel der eigenen Medien in das Team zu erklären. Für die tunesischen Spieler könnte diese gängige Einschätzung jedoch vorteilhaft sein. Ein Kämpfer ist dann besonders wirkungsvoll, wenn er mit einer ungünstigen Prognose startet.“

Auf epische Art und Weise beschreibt der Guardian (3.6.) das Spiel David Beckhams: „David Beckham am Sonntag in Saitama spielen zu sehen erinnerte an die letzte Szene von El Cid, als die Kreuzzugsarmee den toten Charlton Heston an seinen Sattel festbindet und ihn an die Spitze der Truppen schickt, da sie wissen, dass alleine sein Anblick den Gegnern Angst einjagt. Aber abgesehen von seiner gewohnt präzisen Ecken jagte Beckham am Sonntag niemandem Angst ein.“ Der Aussage Beckhams vor dem Spiel, er wäre zu 100 Prozent fit, entgegnet man: „Fit um zu spielen oder fit um zu bestehen? Wenn die Analogie um El Cid zuträfe und Eriksson ihn aus symbolischen Gründen auf den Platz schickte, so kann er sich das nicht mehr leisten. Argentinien wird jedes Anzeichen von Verwundbarkeit mit größerem Eifer als die Schweden aufspüren und bestrafen, vor allem wenn der verwundete Gegner Beckham heißt.“

Herbert Riehl-Heyse (SZ 4.6.) schaut sich die WM bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten an. „Ich konzediere also, dass zum Fußball das einschlägige Gelaber gehört; aber doch nicht so, dass damit stundelang wertvolle Sendezeit vernichtet wird, mit minutenlangen Sat1-lichen Ausführungen über die Schweißflecken im Hemd des spanischen Trainers. Zum Rekord-Laber-Duo der ARD muss nur deshalb nichts weiter gesagt werden (…) Delling und Netzer – zwei Grimme-Preisträger, wo ich noch nie kapiert habe.“

Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hat unter den WM-Teilnehmerländern eine Liste erstellt, in denen Journalisten es besonders schwer haben, ihrer Arbeit nachzugehen. Matti Lieske (taz 1.6.) dazu. „Zu den Predators of press freedom gehört zum Beispiel Prinz Abdullah Ibn al-Saud, der in Saudi-Arabien eine strenge Zensur des Internets sowie der gesamten Medien des Landes betreibt und missliebige Journalisten streng disziplinieren lässt. Ein weiterer Predator ist Chinas Staatschef Jiang Zemin, in dessen Land es zuletzt wieder ein Welle der Repression gegen kritische Journalisten gegeben hat. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin steht auf der Liste. Nicht nur in Tschetschenien sind Restriktionen gegen Medienvertreter, die systematische Einflussnahme des Staates auf Presseorgane sowie physische Angriffe bis zum Mord an der Tagesordnung. Tunesiens Präsident Ben Ali gehört ebenfalls zur illustren Gesellschaft. Die Presse des nordafrikanischen Landes ist praktisch gleichgeschaltet, wer sich nicht fügt, wird ins Exil getrieben oder verhaftet.“

Schüsse

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China

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