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Zur Diskussion um die WM-Leistung von Oliver Kahn – über die Vorliebe der Bundesliga für Südamerikaner – Saisonvorbereitung in Kaiserslautern und auf Schalke u.a.
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| Donnerstag, 25. März 2004Das Sponsoring beim Liga-Dritten kommentiert Detlef Dresslein (Tsp 29.7.). „Bei der Saisoneröffnungs-Pressekonferenz der Münchner waren die Prioritäten klar verteilt: Erst sind alle Sponsoren zu bedienen. Jeder darf sein Reklame-Filmchen vorführen, und erst als anschließend die beiden Vertreter der Telekom ihre vorgefertigten Antworten auf die vorgefertigten Fragen hatten vortragen dürfen, erst dann kamen ein paar lapidare sportliche Fragen an Oliver Kahn (Wer wird Deutscher Meister?) und Neuzugang Michael Ballack. Das war’s. Keine Rückfragen, keine Nachfragen. Es blieb ein schaler Nachgeschmack. Und irgendwie war man hernach ganz erschlagen von Gelb und Magenta, von Autos und Telefonen. Schöne neue Welt? Oder fragt sich selbst der ergebenste Bayern-Fan doch irgendwann: „Wo bitte bleibt der Fußball?“ Gibt es überhaupt ein Zuviel beim Fußball-Kommerz? Und ist das bereits erreicht?“
Der Vorliebe der Bundesligavereine für Südamerikaner widmet Uwe Marx (FAS 28.7.) seine Aufmerksamkeit. „Das Interesse an einer Zusammenarbeit ist auf beiden Seiten größer denn je. In Deutschland ist es zwar kälter als in Spanien oder Italien, außerdem wird eine schwer zu lernende Sprache gesprochen. Allerdings gibt es einen angenehmen Vorteil, der monatlich auf dem Kontoauszug abzulesen ist: Das Gehalt wird pünktlich überwiesen (…) Von Umstellungsproblemen der Spieler lässt sich ohnehin keine der beiden Vertragsparteien mehr abhalten. Dass die Form der Wärme gewöhnten Neuen von der Außentemperatur abhängt, ist zur Ausnahe geworden.“
Zur Diskussion um die Bewertung der WM-Leistung von Oliver Kahn bemerkt Christian Eichler (FAZ 13.7.). „Er kann ja nichts für seine Erhöhung, die zugleich die Herabsetzung der anderen ist, er tut nur seine Arbeit. Es zeigt aber die Mechanismen, mit denen die Öffentlichkeit mit ihren Helden umgeht. Meistens unsachlich, im Positiven, das Kahn nun erlebt, wie Negativen, das er jahrelang von Idioten erfuhr, die ihn mit Bananen bewarfen. Sachlich betrachtet, profitiert Kahns Wirkung auch von seinem Stil. Wie anderswo im Berufsleben gibt es auch im Tor die anderen Typen, die ein Problem abwenden, bevor es andere merken, die den entscheidenden Schritt machen, bevor alle hinschauen, und bei denen der sichtbare Teil der Rettungsaktion dann ganz einfach aussieht. Kahn kann auch das, doch vorrangig ist er ein Vertreter der anderen Torwartschule, der spektakulären, deren Taten oft wie das Halten des Unhaltbaren aussehen.“
Zur Lage beim 1. FC Kaiserslautern meint Oliver Trust (Tsp 29.7.). „Vielen dämmert nun, dass es wohl eine saubere Lösung gewesen wäre, sich von Brehme und Stumpf schon zum Ende der vorigen Saison zu trennen, als der FCK den Platz im internationalen Geschäft verspielte. Stattdessen verlängerte man die Verträge bis 2004. Brehme wird inzwischen von den Spielern nur noch selten ernst genommen (…) Für viele ist es nur noch ein sich etwas hinziehender Abschied. Für andere ist Andreas Brehme als Trainer schlicht „untauglich“.“
Die Situation beim FC Schalke 04 beschreibt Richard Leipold (FAS 28.7.). „Nicht Mangel an Erfahrung oder Akzeptanz, auch nicht die Erfolge seines Vorgängers Huub Stevens – drei Titel in sechs Jahren – machen Frank Neubarths Anfang so schwer. Es fehlt ihm schlicht an Spielern. „Einige Positionen sind nicht doppelt besetzt“, sagt er. Wenn bestimmte Spieler ausfielen oder das hohe Niveau früherer Jahre nicht halten könnten, seien „Leistungseinbußen“ möglich.“
Zu den Vorstandsquerelen beim Hamburger SV schreibt Frank Heike (FAZ 29.7.). „Spätestens seit Freitag Nachmittag muss man sich mit Meldungen vom HSV, die ja dem Faktischen verhaftet sein sollten, sehr vorsehen. Da nämlich trat Werner Hackmann vor die Presse. Er verlas mit zittriger Stimme eine Erklärung. Jeder erwartete seinen Rücktritt, denn der 55 Jahre alte ehemalige Innensenator sieht sich vom Aufsichtsrat brüskiert, weil dieser den Vertrag mit dem noch amtierenden Sportchef Holger Hieronymus, einem Hackmann-Freund, nicht verlängert hatte. Also die Demission? Nein! Hackmann trug vor, dass er Rätechef Bandow die vorzeitige Vertragsverlängerung angeboten habe. Bandow sei dafür gewesen, habe Hackmann aber gebeten, den Raum zu verlassen, um in einer raschen Telefonumfrage die anderen Räte zu befragen. So wird also ein Verein geführt, der sich immer als mittelständisches Unternehmen bezeichnet, bei dem Argumente den Vorzug vor Emotionen haben sollen: Mal eben anrufen! Ob der Vorstand bleibt, der dem Vernehmen nach 500.000 Euro im Jahr verdient.“
Über den Transfer des Weltmeisters Rivaldo zum AC Milan heißt es bei Birgit Schönau (SZ 29.7.). „Für Silvio Berlusconi, der nach dem neuen Gesetz zur Regelung von Interessenkonflikten eigentlich als Präsident von Milan zurücktreten müsste, ist die Verpflichtung des Weltstars aus Brasilien ein gelungener Schachzug zur Aufpolierung seines Images. Rivaldo ist der einzige Weltklassekicker, der in diesem Sommer von einem Klub der maroden Serie A angeheuert wird – auf dem Transfermarkt bewegt sich sonst nichts. So hat Berlusconi die Schlagzeilen der Sportpresse für sich allein – die Gazzetta feiert ihn als ersten Fan im Land, der neben seinen Regierungsgeschäften auch die Bedürfnisse der einfachen Tifosi nicht vergisst. „Trotz seiner vielfältigen Pflichten als Ministerpräsident und Außenminister war er in ständigem Kontakt mit Galliani“, vermeldet das Mailänder Blatt.“
Zur Situation im Radsport heißt es bei Michael Reinsch (FAZ 29.7.). „Was Armstrong auf die Palme bringt, ist, dass er noch so sehr strampeln kann und dennoch die Unschuldsvermutung, wie sie für jeden Menschen vor dem Gesetz gilt, im Hochleistungssport nicht etablieren kann. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen außergewöhnliche athletische Leistungen als Ausdruck eines außergewöhnlich guten, ja vorbildlichen Charakters interpretiert wurden. Heute lösen Wunder Zweifel aus. Der Sport ist in der paradoxen Situation, diese Zweifel dadurch zu nähren, dass er einerseits ein immer komplexeres und immer teureres System von Kontrollen betreibt, mit dem er andererseits versucht, soviel Unschuld wie möglich nachzuweisen.“
Sebastian Moll (taz 29.7.) über den texanischen Tour-Sieger. „Ob Armstrong jedoch auch den Geist und die Kultur der Tour versteht, bezweifeln nicht wenige. Am Mont Ventoux, jener steinernen Metapher für den mythischen Kern der Tour, hatte Armstrong seinen Gegnern um das gelbe Trikot kühl rund zwei Minuten aufgebrummt, jedoch nicht mehr Richard Virenque eingeholt, der heißblütig und bis zum letzten Körnchen Kraft darum kämpfte, an der Legende Ventoux selbst zu einer solchen zu werden. Selbst diesem kahlen Berg zu huldigen, indem er dort alles gibt und siegt, passt nicht in Armstrongs Kalkül. „Ich reibe meine Mannschaft nicht für einen Etappensieg auf“, sagte er fast schon despektierlich. Bei einer derart technokratischen Regentschaft waren die Franzosen für Virenque und seinen ritterlichen Bruder im Geiste, Laurent Jalabert, dankbar. Sie trösteten die Radsportnation über die ungeliebte Fremdherrschaft hinweg.“
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