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Zur Lage in Leverkusen

Oliver Fritsch | Donnerstag, 25. März 2004 Kommentare deaktiviert für Zur Lage in Leverkusen

„Anfängerfehler“, lautet die wohlwollendste Bilanz Kohlers erster Wochen

Frank Schneller (FTD 8.5.) kritisiert die Verpflichtung Jürgen Kohlers. „Calmund hatte sich offenbar nicht genügend über Kohlers Reputation informiert und auch dessen Kompetenzen innerhalb des ohnehin überbesetzten Bayer-Führungsstabs nicht klargemacht. Der DFB jedenfalls hatte seinen U-21-Trainer ohne weiteres aus einem bis 2007 laufenden Vertrag herausgelassen. Man war von der Arbeit und Menschenführung im Umgang mit dem jungen Personal nicht mehr überzeugt. „Mit mir hat er monatelang kein Wort gewechselt“, sagt ein U-21-Nationalspieler, der aktuell auch in der Bundesliga große Aufmerksamkeit erregt. Kein Einzelfall: Als die Kunde von Kohlers Jobwechsel Leverkusen erreichte, hielt sich die Begeisterung der dort unter Vertrag stehenden Jungnationalspieler, die unter Kohler gedient hatten, in Grenzen. Schon nach seiner zweiten Arbeitswoche war es mit der Euphorie vorbei. Nach der 0:3-Niederlage in Stuttgart nämlich distanzierte sich der Welt- und Europameister plötzlich deutlich von der Mannschaft: „Man müsste eigentlich alle 18 wegschicken.“ Seitdem begegnen die Kicker dem ehemaligen Vorzeigeprofi zunehmend argwöhnisch. Kohler düpierte nicht nur die Spieler. Interimstrainer Thomas Hörster regierte er ohne Absprache in den Trainingsplan hinein und nahm eine vom Coach abgesetzte Übungseinheit wieder auf den Dienstplan. Torhüter Jörg Butt verunsicherte ein publik gewordener Anruf Kohlers beim Cottbuser Schlussmann André Lenz. Ganz nebenbei ließ der neue Sportdirektor sämtliche Vertragsverhandlungen mit dem Leverkusener Trainerstab stoppen – womit er nach Hörster auch dessen Zuarbeiter Peter Herrmann und Ralf Minge gegen sich aufbrachte. Kohlers Akzeptanz besonders abträglich war das Theater um Alttrainer Udo Lattek, seinen „väterlichen Freund“, den der Berufseinsteiger als Retter ins Gespräch gebracht hatte und damit ein mehrtägiges Medienspektakel um Halbwahrheiten, Anschuldigungen und Eitelkeiten. Das vergraulte die Bayer-Chefetage. „So was klärt man intern“, kritisierte der Sportbeauftragte des Konzerns, Meinolf Sprink. „Anfängerfehler“, lautet die wohlwollendste Bilanz Kohlers erster Wochen aus Sicht der Leverkusener Führungsetage. Das dürfte untertrieben sein: Anstatt den schwer angeschlagenen Calmund zu stützen, bescherte er dem „XXL-Manager“ nur noch größere Scherereien, indem er ihn in die unheilvolle Posse um Lattek hineinmanövrierte.“

Wir-Gefühl mit der großen Mutter Bayer

Jörg Stratmann (FAZ 8.5.) skizziert die Sponsorentätigkeit der Bayer AG, dessen Fußballbeauftragter Meinolf Sprink, „der auch nach innen den Eigentümern der AG die Absonderlichkeiten des Geschäfts mit dem Fußball vermitteln mußDaß es eben anders funktioniert als die Düngemittelbranche oder der Arzneimittelhandel. Vor allem die ungewohnte Schnelligkeit der Ereignisse muß er den Herrschaften im Konzern oft übersetzen. Zum Beispiel das Phänomen, daß ein Finalteilnehmer der Champions League keine zwölf Monate später derart in Bedrängnis geraten konnte und auf dem Weg dahin den Trainer des Jahres entließ. Bis dahin war ein weiter Weg, seit Carl Duisberg, der Direktor der Farbenfabrik Friedr. Bayer Co. im Jahre 1904 über den am 1. Juli gegründeten allerersten Werksverein TuS 04 befand, man brauche etwas Verbindendes zwischen den verschiedenen Kategorien der in unserer Firma tätigen Beamten und Arbeiter. Seitdem, so lautet ein Grundsatz, ist der Breitensport mit seiner enormen integrativen Kraft eine der drei Säulen des Bayer-Sports neben dem Leistungssport und dem Behindertensport geblieben. Vor allem damit habe sich, heißt es, ein Wir-Gefühl mit der großen Mutter Bayer entwickelt. Den gemeinnützigen Vereinssport läßt sich die AG jährlich fast 14 Millionen Euro kosten, verteilt auf ihre 29 Klubs im Dunstkreis der vier Werksstandorte Leverkusen, Dormagen, Uerdingen und Wuppertal mit insgesamt 55 000 Mitgliedern, die 50 Sportarten betreiben, unterstützt von 200 hauptamtlichen Mitarbeitern, darunter ein Drittel Trainer. Die größten Vereine sind der TSV Bayer 04 Leverkusen mit 11 000 Mitgliedern und der Schwimmverein Bayer Uerdingen, dem 10 000 Sportfreunde angehören. Dabei wird nicht verschwiegen, daß der Sport, anders als die Chemie, glänzend geeignet ist, mit einer breiten Öffentlichkeit zu kommunizieren. Im Zeitalter des Marketings, dessen Kind der Sportbeauftragte hörbar ist, dient Bayer-Sport weitab aller Vereinsmeierei als Identifikationsobjekt und Werbeträger mit einem streng an Kosten und Nutzen orientierten Sponsoring auf Basis moderner Strategien. Also keine Spur mehr von großzügigem Mäzenatentum.“

Bayer Leverkusen hat sich gegen den Abstieg versichert SZ

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