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Bundesliga
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| Freitag, 26. März 2004Ottmar Hitzfeld, Trainer in Abwehrstellung – FAZ-Interview mit Karl Auer, Präsident 1860 Münchens – die neue Anziehungskraft des VfL Bochum (FAZ) – milde Strafe gegen Willi Reimann u.a.
Axel Kintzinger (FTD 26.3.) trifft den Nagel auf den Kopf: „Wenn sich schon die Konkurrenten für einen ins Zeug legen, hat man ein ernsthaftes Problem. Noch schlimmer ist, wenn unerbetene Unterstützung von einem kommt, der als Nachfolger dessen gehandelt wird, um den es geht. Die Rede ist von Ottmar Hitzfeld, dem Trainer des ruhmreichen FC Bayern München. Der Klub verfügt zwar – wie eigentlich jedes Jahr – über den besten Kader aller Zeiten, wird seinen Briefkopf aber nach Ablauf der Saison wohl nicht erneuern müssen. Aus in der Champions League, Aus im DFB-Pokal, und dazu ein schier uneinholbarer Abstand zum Tabellenführer Bremen in der Bundesliga. Welch Schmach für die Allesgewinner. Felix Magath, der in Stuttgart schon bessere Zeiten erlebt hat – aber auch schlechtere! – und von Bayern-Präsident Franz Beckenbauer seit geraumer Zeit umschmeichelt wird, nennt die Kritik an Hitzfeld nun „haarsträubend“. Es sei „unfassbar, wie ein Top-Mann, der über Jahre hinweg mit Bayern auf höchstem Niveau Erfolge gefeiert hat, bei uns in Deutschland fertig gemacht wird“. Bei uns in Deutschland? Naja, in erster Linie wohl beim FC Bayern selbst, und da vor allem von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Wie es aussieht, hat Magath seine bisherige Meinung über Bayern München als dem „am besten geführten Verein Deutschlands“ geändert. Kluge Menschen lernen nie aus.“
Der Schutz von Schiedsrichtern ist im Sport ein eisernes Gesetz
Michael Eder (FAZ 26.3.) beklagt die Milde des Urteils gegen Willi Reimann: „Reimann ist alles andere als der freundliche ältere Herr, als der er gern erscheint. Sein Ausfall beim Spiel in Dortmund, als er in einem beispiellosen Auftritt den vierten Schiedsrichter vor sich her stieß, kam nicht aus heiterem Himmel. Das Sportgericht des DFBs hat ihn deshalb wegen „unsportlichen Verhaltens“ für fünf Spiele aus dem Verkehr gezogen und eine Geldstrafe von 25 000 Euro verhängt. Artverwandte Trainerfiguren wie Werner Lorant, die tätliche Angriffe gegen Schiedsrichter unter dem Motto „Ein bißchen Emotion muß sein“ offenbar für entschuldbar halten, haben das Urteil kritisiert. Übertriebene Härte ist in ihm freilich nicht zu erkennen, im Gegenteil. Reimann hat Glück gehabt, ohne vorübergehenden Lizenzentzug davongekommen zu sein, der gleichzeitig die fristlose Kündigung seines Arbeitsvertrages in Frankfurt bedeutet hätte. Ein Exempel jedenfalls hat das Sportgericht nicht statuiert. Reimanns Aktion und seine zunächst ignoranten und wahrheitswidrigen Kommentare waren ein denkbar schlechtes Beispiel im Umgang mit Schiedsrichtern, die hinabwirken bis an die Basis des Amateurfußballs, wo Auswüchse gegenüber Unparteiischen – und drakonische Strafen – längst keine Ausnahme mehr sind. Der Schutz von Schiedsrichtern ist im Sport, nicht nur im Fußball, ein eisernes Gesetz, über das nicht zu diskutieren ist. Das Urteil gegen Reimann wird diesem Grundsatz nur im Ansatz gerecht.“
FAZ-Interview mit Karl Auer , Präsident 1860 Münchens
FAZ: Sie haben eine Firma mit 50 Angestellten und leiten nun auch einen Fußball-Klub. Was ist der Unterschied?
KA: Bei einem Fußballklub ist man von Mechanismen abhängig, auf die man nicht einwirken kann. Das kann man in meiner Firma schon. Wenn die Spieler auf dem Platz stehen, der Trainer ihnen alles mitgegeben hat, dann ist man, ich möchte nicht sagen machtlos, aber relativ handlungsunfähig.
FAZ: Es entstand zunächst der Eindruck, daß nicht Sie die Richtung vorgeben, sondern andere im Klub.
KA: Ich habe immer gesagt, ich möchte mich zuerst über den Sachstand informieren, daraus meine Schlüsse ziehen und dann eine Richtung vorgeben. Bis dahin habe ich mich eben aus gewissen Dingen herausgehalten.
FAZ: Haben sich ein paar Leute im Verein in Ihnen getäuscht?
KA: Das weiß ich nicht, aber ich lasse mich doch nicht verbiegen. Mit mir kann man über alles diskutieren, aber nicht in der Öffentlichkeit.
FAZ: Haben Sie das so deutlich auch Hans Zehetmair, Ihrem Vizepräsidenten, gesagt? Er hat, vor allem, was den Trainer betrifft, eine andere Meinung nach außen getragen als Sie.
KA: Das war vor allem in der Halbzeit des Spiels am Sonntag gegen Freiburg. Da war er sauer, aber er hat das nach dem Spiel relativiert. Er hat genauso wie ich gesehen, daß in der zweiten Halbzeit ein Ruck durch die Mannschaft gegangen ist, daß der Trainer in der Halbzeit die Mannschaft erreicht hat. Das war für mich ganz wichtig.
FAZ: Sie haben Trainer Falko Götz im Abstiegskampf den Rücken gestärkt. Falls die Mannschaft weiter nicht gewinnt, werden die Mechanismen der Branche wohl greifen, und Sie müssen Ihr Wort brechen.
KA: Ich bin der Meinung, daß man dem Trainer den Rücken stärken muß. Wenn ich ihm nicht das Gefühl gebe, daß ich hinter ihm stehe, hat er gegenüber der Mannschaft kein Durchsetzungsvermögen. Dann sagen die Spieler, na ja, wenn es mit dem nicht klappt, kommt der nächste.
Bochum kommt in die Champions League, und wir spielen im Döner-Cup
Richard Leipold (FAZ 26.3.) spürt die Anziehungskraft des VfL Bochum: “Peter Neururer, genannt Peter der Große, schickt sich an, in Bochum eine gesellschaftliche Größe zu werden. Vor kurzem führte der Cheftrainer des VfL Bochum sogar einer Ministerin die Hand, als es darum ging, die Torte zum 25. Geburtstag des Ruhrstadions anzuschneiden. „So etwas habe ich noch nie gemacht“, sagte Ute Schäfer. Doch mit dem Sportlehrer an ihrer Seite ging der nordrhein-westfälischen Schulministerin die Aufgabe leicht von der Hand. Wie die Ministerin so dringt auch der inzwischen wieder salonfähige Revierverein in neue Welten vor. Der VfL, lange Inbegriff eines mausgrauen Fußballdaseins, betritt das Feld des Marketings. „Mein Revier ist hier“. Mit diesem Slogan will der Klub nicht nur an (örtlichen) Schulen in die Offensive gehen, „um Bochumer Jungen“ und – in optisch in eckige Klammern gesetzt – auch Mädchen emotional an sich zu binden. Die neue Werbestrategie liege schon länger in der Schublade, sagt VfL-Vorstand Dieter Meinhold, vormals Marketingstratege in der Zentrale des Automobilherstellers Opel. „Aber jetzt, wo wir auf einer Wolke schweben, ist es an der Zeit, sie herauszuholen.“ Die neue Zeit, wie lange sie auch dauern mag, bietet dem Klub eine Perspektive. Wirtschaftlich und sportlich die dritte Kraft des Revierfußballs, begegnet der VfL den großen Nachbarn aus Dortmund und Gelsenkirchen auf Augenhöhe, als Tabellenfünfter blickt er seit einem Vierteljahr sogar auf sie herab. Dortmund ist Sechster, Schalke nur Siebter. Wenn die Bochumer in den Derbys daheim gegen Schalke und acht Tage später in Dortmund ihre Position halten, müssen sie als ernsthafter Anwärter auf einen Platz im UEFA-Pokal gelten. Die Schalker indes kämpfen an diesem Samstag schon um ihre letzte Chance. Verlieren sie im Ruhrstadion, sind sie mit acht Punkten Rückstand auf den VfL aus dem Rennen; gewinnen sie, schrumpft der Bochumer Vorsprung auf zwei Zähler. Rudi Assauer, der Manager des FC Schalke, unkte schon vor Wochen: „Bochum kommt in die Champions League, und wir spielen im Döner-Cup.““