Ballschrank
Einzig wahrer Konkurrent der Hegemonialmacht FC Bayern
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| Montag, 19. April 2004
Richard Leipold (FAZ 19.4.) vermisst die übliche Brisanz vor dem Gipfel zwischen Bayern und Dortmund. “Eine kürzlich erlittene Heimniederlage gegen Werder Bremen – mehr verbindet den noch aktuellen deutschen Fußballmeister Borussia Dortmund nicht mit seinem Vorgänger und voraussichtlichen Nachfolger Bayern München. Vor dem unmittelbaren Vergleich an diesem Samstag im ausverkauften Westfalenstadion sind die Kräfteverhältnisse unter den Schwergewichten der Bundesliga längst geklärt. Die Bayern führen in der Tabelle so klar, daß es in Dortmund still geworden ist um den Klassiker. Die Borussen sehen dem Treffen kleinlaut entgegen. Fünfzehn Punkte Abstand: Was soll man dazu noch sagen? Nichts (…) Die Stille könnte den westfälischen Fußballstandort für eine Weile zur Idylle machen. Doch der Schein trügt. Das Dasein als Meister, der sich anschickt, den Titel zu verlieren, ist beschwerlich. Auf Sammer scheint die Ruhe wie eine akustische, vielleicht gar arglistige Täuschung zu wirken. Obwohl weder die Bayern noch die Dortmunder etwas sagen, ist es dem Borussentrainer noch immer zu laut. Wenn er in Ruhe arbeiten könnte, abgeschottet von den Feriengästen, die sich kurz vor Ostern auf dem Trainingsgelände tummeln – das wären annehmbare Bedingungen. Aber nein, er müsse sich überlegen, auf welches Tor er spielen lasse, wenn in der Nähe Zuschauer und sieben Kameras stehen. Der Arme. Auch ohne Sticheleien aus München wirkt Sammer empfindlich und larmoyant. Mehr Verdruß als die zum Scheitern verurteilte Titelverteidigung bereitet den Borussen das Bangen um die Teilnahme an der nächsten Champions League. Den zweiten sicheren Qualifikationsplatz haben sie vorerst an den VfB Stuttgart verloren, der ihnen schon um vier Punkte voraus ist. Neuerdings heißen die Vergleichsgrößen Stuttgart, Berlin und Hamburg – nicht München. Das schmerzt die Dortmunder: Bei aller Bescheidenheit verstehen sie sich weiter als einzig wahrer Konkurrent der Hegemonialmacht FC Bayern. Sind die Dortmunder wirklich so weit vom FC Bayern entfernt, wie es scheint? Die Bundesligatabelle spricht dafür. Wenn überhaupt, könnten die Auftritte in der Champions League ihnen das Gefühl geben, der deutschen Nummer eins noch immer in Augenhöhe zu begegnen. In der Königsklasse sind sie weiter gekommen als die Münchner; ihre besten Leistungen haben sie gegen Arsenal London, Real Madrid und den AC Mailand geboten – gegen Mannschaften, an deren Klasse sich auch die Bayern orientieren.“
Man kann viel reden und wenig sagen
Christoph Biermann (SZ 19.4.) zitiert BVB-Coach Matthias Sammer. „“Man kann viel reden und wenig sagen.“ Intelligenten Menschen wie Jens Lehmann fällt es nicht schwer, diesem Neo-Genscherismus zu entsprechen. „Mich interessiert nur mein Oberschenkel“, sagt der Torhüter auf jede Frage. Nach dem fünften Mal hat niemand mehr Lust nachzuhaken. Schließlich spielt Lehmann in den Überlegungen für den Samstag keine Rolle mehr. Der Bluterguss im Oberschenkel ist hartnäckig, sein Einsatz unmöglich, Roman Weidenfeller ist sein Stellvertreter – Bayerns Oliver Kahn muss auf den Vergleich verzichten, wer denn der Beste ist im Lande. Bei Borussia ist in dieser Woche nichts zu holen, was das Spitzenspiel anfeuern könnte. Selbst Vorlagen von Außen bleiben unbeachtet. „Beckenbauer verspottet Dortmund“, titelte Sport-Bild, obwohl der ganze Spott darin bestand, dass er „ein ruhiges Spiel“ erwartet. „Das ist doch eine lapidare Aussage“, findet Sammer und würde sich schon mit einem „ruhigen Sieg“ einverstanden zeigen. Na ja, immerhin eine Mini-Pointe, ansonsten wird der Ball so flach gehalten, dass er schon fast unter der Grasnarbe rollt. Gab es in der Vergangenheit vor den Partien zwischen Dortmund und Bayern wechselseitige Sticheleien, die irgendwo zwischen psychologischer Kriegsführung und dem Ballyhoo großer Boxkämpfe angesiedelt waren, bleibt es nun bemerkenswert ruhig.“
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