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| Mittwoch, 28. April 2004Kritik an Joseph Blatters Vorschlag, das Unentschieden abzuschaffen, „man könnte auch mit zwei Bällen spielen“ (FR) – Freispruch für Matthias Ohms , Ex-Präsident Eintracht Frankfurts (FAZ) u.v.m.
Man könnte auch mit zwei Bällen spielen
Thomas Kilchenstein (FR 28.4.) kritisiert Joseph Blatters Vorschlag, das Unentschieden abzuschaffen: „Warum, so fragt man sich bang, soll ein Spiel zweier Mannschaften nicht remis enden, wenn sie gleichstark sind? Spiele ohne Sieger sind doch nicht per se schlecht oder langweilig? Siehe etwa das 4:4 zwischen Stuttgart und Bremen vor einigen Wochen. Und ob die Teams die Kugel dann mutiger nach vorne treten werden, ist noch die Frage. Auch beim Golden Goal sollte die Spannung zugespitzt, der Thrill erhöht werden. Die Sache ging bekanntermaßen nach hinten los. Die Stärke des Fußball ist nun mal, dass er einfach und überschaubar geblieben ist. Man könnte auch mit zwei Bällen spielen. Einen Sieger würde es dann garantiert geben.“
Glanz und Glamour
Vor Gericht wird ein Stück hessische, nein ein Stück deutsche Fußball-Geschichte ad acta gelegt; Michael Horeni (FAZ 28.4.) berichtet den Freispruch für Matthias Ohms, Ex-Präsident Eintracht Frankfurts: “Als vor dreieinhalb Jahren die Vergangenheit von Eintracht Frankfurt erstmals juristisch aufgearbeitet wurde, herrschte Hochbetrieb am Frankfurt Landgericht. Ungezählte Kameras waren auf die Angeklagten gerichtet, Medien aus ganz Deutschland hatten sich versammelt, um dem Verfahren gegen Superstar Anthony Yeboah, den früheren Weltmeister und Vizepräsidenten Bernd Hölzenbein sowie den ehemaligen Schatzmeister Wolfgang Knispel beizuwohnen, das symptomatisch für den Niedergang und die Mißwirtschaft eines Vereins stand. 1992 war der Klub dicht vor dem Gewinn der deutschen Meisterschaft, mit Yeboah, Uwe Bein und Andreas Möller bot er berauschenden Fußball und zahlte höchste Gehälter. Dem Klub stand ein Präsident vor, der als Devisenmakler Karriere gemacht hatte und dessen sechsstellige Telefonrechnungen als Ausweis von enormer Wirtschaftskraft staunend vorgeführt wurden. Matthias Ohms galt als schillernder Präsident, der sich ausgesucht kleidete und mit seiner schönen Frau das gesellschaftliche Frankfurter Leben bereicherte. Aber dann stieg der Klub aus der Bundesliga ab, das Führungstrio wurden davongejagt, Hölzenbein und Knispel der Prozeß mit mehrmonatigen Bewährungsstrafen gemacht. Als am Montag im Frankfurter Landgericht das Urteil im Fall von Matthias Ohms, dem letzten aus dem Trio, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung gesprochen wird, ist dies selbst in Frankfurt nur noch eine Randnotiz. Keine Fernsehkameras sind im Landgericht, nur noch ein paar lokale Reporter und eine Handvoll Zuschauer. Ohms wird freigesprochen. Elf Jahre danach. (…) Glanz und Glamour, die Ohms in seinen besten Zeiten ausstrahlte, gehen nicht mehr von einem Mann aus, dessen Leben sich nach seinem erzwungenen Abschied als Präsident nicht gerade günstig entwickelte. Zur Urteilsverkündung erscheint Ohms im Zweireiher, auf dem weißen Hemd ist sein Monogramm gestickt, er trägt Manschettenknöpfe. Nur der geschmackvollen und teuren Uhr sieht man nicht an, daß ihr Besitzer schon bessere Zeiten erlebt hat. Ohms hat sich mit 59 Jahren im gesellschaftlichen Leben ein paar Etagen tiefer eingerichtet. Er sagt, er sei selbständig tätig und berate zwei Unternehmen. Bei der Eintracht ist Ohms in all den Jahren nicht mehr aufgetaucht. „Ich mag keine halboffenen Bücher.“ Den neuen Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen kennt er zwar noch von dessen damaligen Aufgaben bei Arminia Bielefeld und dem Hamburger SV, aber sonst niemanden mehr. Schatzmeister Knispel war vor einigen Jahren letztmals im Waldstadion. Als er in den VIP-Raum wollte, sagte der damalige Präsident Heller zu ihm, das gehe schon in Ordnung, aber nur ausnahmsweise. „Das war’s dann für mich“, sagt Knispel. Seitdem meidet er die Eintracht, und man liegt nicht falsch mit der Annahme, daß die Eintracht von den alten Zeiten und ihren Repräsentanten, die zu Sündenböcken wurden, auch nicht mehr viel wissen will.“
football@home, die wöchentliche Kolumne Adrian Schimpfs auf Spiegel-Online über Englands Fußball, ist Pflichtlektüre. Dieses Mal befasst sich Schimpf mit der rassistischen Aussage Ron Atkinsons (Marcel Desailly sei ein „verdammt fauler und dämlicher Nigger“), Ex-Trainer und, nun, Ex-TV-Kommentator: „Folgen für den 65-Jährigen? Sein Sender ITV legt auf eine weitere Mitarbeit keinen Wert mehr. Aus nach sechs Europameisterschaften und fünf WM-Turnieren, von denen Atkinson berichtet hatte. Die Zeitung „The Guardian“ und ihr Mitarbeiter, der seit Juni 2000 für das Blatt wöchentlich eine Kolumne schrieb, trennten sich ebenfalls. Andere Projekte wurden gestoppt. Der finanzielle Schaden für Atkinson wird auf rund eine Million Pfund geschätzt. Rassismus ist in Großbritannien vollkommen geächtet, Fremden- und Ausländerfeindlichkeit nicht ganz so vollkommen. Ein Blick in die Massenblätter „Daily Mail“, „Daily Express“, „Daily Mirror“ oder „The Sun“ genügt. Ein paar derbe Späße über froschfressende Franzosen, stechschreitende Nazideutsche, schmierige Spanier oder pornogeile, gleichwohl suizidale Schweden? Solche Verzerrungen gehen ebenso mit einem Augenzwinkern durch, wie die von den Revolverblättern hysterisch geschürte Furcht vor all den schmarotzenden Osteuropäern, die angeblich schon auf gepackten Koffern sitzen, um es sich unmittelbar nach der EU-Erweiterung am 1. Mai auf den britischen Inseln zu Lasten des ehrlichen Mittelklasse-Engländers gut gehen zu lassen. Hätte Atkinson gesagt, Desailly sei ein „verdammt fauler froschfressender Franzose“, hätte es vielleicht sogar noch öffentlichen Beifall von der Gesellschaft zur Verbreitung der Alliteration gegeben. Aber anders als Desmond hat Atkinson das falsche N-Wort benutzt. N für Nigger, nicht für Nazi. Und da ist es mit der Toleranz vorbei, vielleicht auch deshalb, weil John Cleese als Hotelbesitzer Basil Fawlty zwar im Stechschritt vor seinen deutschen Gästen paradierte, aber niemals einen Gast dunkler Hautfarbe als Nigger beschimpfte, so dass im Fall Atkinson, anders als im Fall Desmond, die humoristische Vorlage fehlt.“
http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,297102,00.html
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