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Henrik Larsson: Tore, Tore, Tore schießen
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| Montag, 14. Juni 2004die Zeitung Aftonbladet sammelte in wenigen Tagen über 110.000 Unterschriften für Henrik Larssons Comeback (taz) – vergesst all die Probleme! Hauptsache „Zizou“ ist jetzt wieder bei seinen Franzosen (FR) – „Tutti wie Totti – das wäre Trapattonis Traum“ (FAZ) / physisch kriegt Totti keiner mehr, sobald er los rennt (SZ) u.v.m.
Tore, Tore, Tore schießen
Roland Zorn (FAZ 14.6.) erwartet viel von Henrik Larsson: „Zwei Jahre hat er es ohne Nationalmannschaft ausgehalten, dann ist er doch zurückgekehrt, und nun freuen sich die Schweden auf das Comeback von Henrik Larsson bei der Europameisterschaft. Der 32 Jahre alte Angreifer, der Celtic Glasgow in diesem Sommer nach sieben Jahren verläßt, soll an diesem Montag seine alte Gewohnheit im Dreß der Tre Kronors wiederaufleben lassen: nämlich Tore, Tore, Tore schießen. Die Skandinavier bekommen es in Lissabon mit Bulgarien zu tun und können bei einer erfolgreichen Ouvertüre schon mal einen Blick auf das Viertelfinale werfen. „Ich glaube“, sagt Larsson vor seinem 76. Auftritt im gelben Trikot der Schweden, „daß ich genug Erfahrung mitbringe, doch ich war noch nie derjenige, der lange darüber geredet hätte, was ich tun und was ich lassen möchte.““
Tutti wie Totti – das wäre Trapattonis Traum
Thomas Klemm (FAZ 14.6.) wittert Neid in der Squadra Azzurra: „Die Italiener erregten nicht nur damit Aufsehen, daß sie einen Kraftraum im Freien, am Rande des Trainingsplatzes im Lissaboner Estádio do Restelo, errichtet hatten, wo die Nationalspieler unter einem Zeltdach Gewichte stemmen können; oder damit, daß ihrem Chef Giovanni Trapattoni die portugiesischen Temperaturen allzu groß erschienen, um seine Mannschaft zum Training zu bewegen. Vor allem das öffentliche Gerangel um einen Platz an der Sonne stört die Squadra Azzurra, die gar nicht daran denkt, ihrem Teamchef für die Annehmlichkeiten zu danken, sondern die Freizeit nutzte, um sich in der drückenden Hitze Luft zu machen. Erst meckerte Gennaro Gattuso, weil er seinen Platz in der Stammelf nicht sicher hat, dann grantelten Stefano Fiore und Alessandro Del Piero, weil sie angeblich von Trapattoni nicht genügend geschätzt werden, letztlich grummelte selbst der Jungspund Antonio Cassano vernehmlich vor sich hin. Ihnen und ihren Kaderkollegen ist eines gemein: Sie sind gar nicht angetan von der eindeutigen Hierarchie in der Mannschaft, die für den Teamchef in etwa so lautet: hier Francesco Totti, dort der Rest. „Er ist unser Schlüsselspieler, der allerwichtigste, den wir haben“, sagte der zweimalige Coach des FC Bayern. Tutti wie Totti – das wäre Trapattonis Traum.“
Physisch kriegt Totti keiner mehr, sobald er los rennt
Birgit Schönau (SZ 14.6.) wundert sich über Francesco Tottis Stellenwert in Italien: Kein Nutella für Totti. Wenn man Italien ins EM-Finale bringen will, muss man Opfer bringen. „Nutella ist gestrichen“, sagt Vito Scala, der Francesco Totti als Fitnesscoach nach Portugal begleitet, mit Ausnahmegenehmigung von Giovanni Trapattoni. Aber Trap hat sowieso erklärt, er sei „mehr Priester als Trainer“, müsse er doch allabendlich rituelle Seelsorge betreiben. „Dann gehe ich von Zimmer zu Zimmer und rede mit allen darüber, warum sie spielen und warum nicht.“ Totti indes hat den Besuch von Don Giovanni nicht mehr nötig, er soll nämlich immer spielen. Wofür macht man sonst Diät. „Pasta, Fleisch, Fisch, Gemüse“, richtet Vito Scala aus. „Ab und zu mal ein Eis.“ Mit durchschlagendem Erfolg: „Physisch kriegt ihn keiner mehr, sobald er los rennt. Und mental ist er ein Phänomen.“ Das mentale Phänomen hatte es kurz vor dem EM-Auftakt gegen Dänemark fertig gebracht, die Heimat in Aufregung zu versetzen und Ministerpräsident Silvio Berlusconi um die Stimmen der Römer bei der Europawahl zittern zu lassen. Gefragt, ob er nach dem Sommer vom AS Rom zum AC Mailand wechseln könnte, nuschelte Totti: „Man soll nie nie sagen.“ Später stellte er klar, es habe sich um ein literarisches Zitat gehandelt (James Bond), aber da war zu Hause schon die Hölle los. Der Protest aus den römischen Kaffeebars und Lokalradios erreichte Berlusconi in den USA. Vom Staatsbegräbnis für Ronald Reagan trat er vor die Fernsehkameras und gab die erlösende Botschaft durch: „Ich kaufe Totti nicht.“ Rom atmete auf, aber noch nicht ganz. Vor Jahren hatte der Regierungschef behauptet, er würde die Finger von Alessandro Nesta lassen, der damals Kapitän bei Lazio war. Zwei Wochen später spielte Nesta bei Milan. Für die Römer schien die EM schon gelaufen. Wie soll man für die Nationalmannschaft zittern, wenn in ihren Reihen Hochverrat betrieben wird? Schließlich glättete Totti selbst die Wogen. Er rief den Bürgermeister von Rom an, um ihm mitzuteilen: „Ich bleibe bei euch.“ Das Kapitol beeilte sich, öffentlich Mitteilung machen.“
Was er mit dem Ball kann, mache ich mit einer Apfelsine
Stefan Hermanns (Tsp 14.6.) stellt uns Zlatan Ibrahimovic vor, schwedischer Stürmer: „Für den Stil des Stürmers von Ajax Amsterdam gibt es weder Vorbilder noch Vergleiche. Johan Cruyff hat einmal über Ibrahimovic gesagt: „Für einen guten Spieler hat er eine schlechte Technik, für einen schlechten Spieler eine gute.“ Aus dem Mund des ewig krittelnden Cruyff ist das schon ein Kompliment. Vor allem aber verweist seine Aussage auf die Schwierigkeiten, die das Publikum hat, das Spiel des Schweden zu entschlüsseln. Der Zlatan-Stil vereint Elemente, die im Fußball eigentlich nicht miteinander vereinbar sind. Eleganz mit Brutalität, Schnelligkeit mit Technik, Anmut mit Effizienz. Konstituierend für diesen Stil ist wohl Ibrahimovics Köperlänge von 1,92 Meter. Er nutzt die Vorzüge seiner Größe, ohne von deren Nachteilen behindert zu werden. Ibrahimovic widerlegt auf diese Weise die These, dass Technik und Länge einander ausschließen. Sein Vorbild auf dem Fußballfeld ist Diego Maradona, neben dem Fußballfeld Muhammad Ali. An guten Tagen läuft er aus dem Mittelfeld los, und niemand wird ihm auf dem Weg zum Tor den Ball abnehmen. „Wenn er einmal entschieden hat, einen Zweikampf zu gewinnen, dann gewinnt er ihn“, sagt Lars Lagerbäck, der schwedische Nationaltrainer. Als er zehn Jahre alt war, hat Ibrahimovic bereits eine Altersklasse höher gespielt. Es gab ein Spiel, bei dem er nur auf der Ersatzbank saß. Zur Pause wurde er eingewechselt, seine Mannschaft lag 0:4 zurück. Die Begegnung endete 8:5, Ibrahimovic hatte alle acht Tore geschossen. Ibrahimovic kennt seine Qualitäten, und genau das ist manchmal sein größtes Problem. Über John Carew, den norwegischen Stürmer des AS Rom, hat er einmal gesagt: „Was er mit dem Ball kann, mache ich mit einer Apfelsine.““
Man stellt wieder alles in Frage
L`Equipe-Interview (2.6.) mit Willy Sagnol
E: Welches Fazit ziehen Sie aus der Saison mit den Bayern?
WS: Es war eine besch… Saison. Zum ersten Mal seit ich hier bin, haben wir nichts gewonnen. Und ich spiele eben Fußball, um zu gewinnen, und nicht um mein Gesicht in den Zeitungen zu sehen.
(…)
E: Wie stellt sich der Konflikt mit den Bayern dar?
WS: Im November, sagte ich dem Verein, dass ich gerne gehen würde, aber meine Ansprache war anscheinend zu differenziert und man nahm mich nicht ernst. Heute ist das Ganze noch extremer.
E: Weil die Verantwortlichen Ihnen eine Geldstrafe aufgebrummt haben….
WS: Bis jetzt gab es die nicht…Wir befinden uns nicht wirklich im Streit, wir verhandeln. Wir sind alt genug, um es nicht eskalieren zu lassen.
E: Warum wollen Sie wechseln?
WS: Ich habe Lust auf etwas Neues. Ich bin jetzt vier Jahre hier und habe alles gewonnen. Zidane hatte Lust, Juventus zu verlassen, Trezeguet ebenso, so ist Fußball. Sei es Arsenal, Manchester oder Juventus – es gibt tausend Dinge im Ausland zu entdecken.
E: Geht es bei Ihrer Meinungsverschiedenheit um das Finanzielle?
WS: Bayerns Vorgehen ist widersprüchlich. Die Verantwortlichen sagten mir, dass sie mich nur für 20-25 Millionen Euro verkaufen. Wissend, dass niemand diese Summe bietet.
E: Hat der Weggang Lizarazus Ihre Lust zu gehen beeinflusst?
WS: Sein Weggang gefällt mir nicht, denn es ist für uns ein Verlust. Auch wenn er mir geholfen hat, habe ich mich nicht dank ihm entwickelt. Ich habe ja auch schon in Monaco gespielt.
E: Was ist, wenn Thuram und nicht Sie den Stammplatz auf der Außenposition während der EM bekommt?
WS: Ich würde es akzeptieren, denn eines ist doch klar: es ist die Tagesform, die entscheidet, und nicht die der letzten 12 Monate. Santini hat eine klare Linie, abgesehen auf seine Art sich auszudrücken (lacht)…Ich wäre enttäuscht, aber darüber braucht man sich keine Sorgen zu machen. Und wenn wir ein gutes Turnier spielen, wird jeder davon profitieren.“
Im Raum hängt ein Plakat mit der Briefmarke, die Schweden Henrik Larsson gewidmet hat
Henrik Larsson ist wieder da! Ralf Itzel (taz 14.6.): „Seit Henrik Larsson wieder mitmacht, trauen die schwedischen Anhänger ihrem Team, das am heutigen Montagabend gegen Bulgarien ins Turnier startet, alles zu. Eigentlich war der Sohn einer schwedischen Arbeiterin und eines Seemanns von den kapverdischen Inseln nach der Weltmeisterschaft vor zwei Jahren zurückgetreten, um sich ganz seinem Klub Celtic Glasgow und der Familie zu widmen, aber das ganze Land hat ihn zum Comeback überredet. Die Zeitung Aftonbladet sammelte in wenigen Tagen über 110.000 Unterschriften, darunter die des fußballbegeisterten Regierungschefs Goran Persson. Uefa-Präsident Lennart Johansson schickte einen Brief an den Routinier, und Lars Lagerbäck, einer der beiden Nationaltrainer, reiste wiederholt nach Glasgow, um Schottlands Torschützenkönig der vergangenen fünf Jahre zu erweichen. Ende April verkündete der 32-Jährige endlich, exklusiv im Helsingborg Dagblad, der kleinen Tageszeitung seiner Heimatstadt, die Rückkehr. Er ist sichtlich glücklich, wieder dabei zu sein. Während sich die anderen nach dem Training längst mit nassen gelben Handtüchern die Köpfe kühlen, schießt er immer noch Bälle ins Tor. „Ich wollte später nichts bereuen“, begründet er seinen Rücktritt vom Rücktritt, „ich habe gefühlt, dass ich noch etwas drauf habe.“ Larsson sagt das nach dem Training bei der Pressekonferenz. An einer Wand in dem viel zu engen Raum hängt ein Plakat mit der Briefmarke, die ihm Schweden gewidmet hat. Neben Larsson sitzt Zlatan Ibrahimovic, der gegen Bulgarien an seiner Seite stürmen dürfte, doch von ihm will kaum einer etwas wissen. Am ehesten noch, was Larssons Rückkehr für die Mannschaft bedeute.“
Martin Hägele (FR 14.6.) beobachtete Zinedine Zidane vor seinem ersten Auftritt gegen England: „Er habe gerade die schlimmsten Wochen seines Lebens hinter sich, so Zidane zu seinen Journalisten-Freunden, es könne gar nicht mehr schlechter werden. Und anders als vor vier Jahren, als er dem französischen Ensemble vom Champions-League-Finale in Glasgow hinterher fliegen musste nach Fernost, könne er nach Reals internationalem Zusammenbruch länger regenerieren. Selbst eine Rote Karte wurde positiv gesehen, so habe der Meister noch länger Zeit, sich zu erholen. „Wir müssen zeigen, dass die Geschichte in Korea ein einmaliger Betriebsunfall war“, verlangte Zidane. Vergesst all die Probleme. Hauptsache „Zizou“ ist jetzt wieder bei seinen Franzosen. Auch unter Coach Jacques Santini bildet das Team eine Großfamilie. Und Zidane bekommt hier das, was dem teuersten Fußballkünstler auf diesem Globus in der Traumwelt Real Madrid gefehlt hat. Natürliche Zuneigung und uneitle Kollegen, die sich für ihren Anführer die Lunge aus dem Leib rennen. Vieira, Makelele, Pires, allesamt große Namen. Zidane, 32, kann seinen Weltklasse-Assistenten blind vertrauen. Sie befreien ihn von defensiven Aufgaben und bringen seine genialen Fähigkeiten richtig zum Tragen. (…) Das Ende seiner Dienstzeit bei Real hat er für 2007 terminiert. Danach soll er Botschafter der Königlichen werden, der offizielle Nachfolger des Alfredo di Stefano, ein Denkmal zu Lebzeiten.“