indirekter freistoss

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Strafstoss

Strafstoß #4 – Transparento ergo sum – Stadion-Botschaften und ihre Urheber

Oliver Fritsch | Dienstag, 15. Juni 2004 Kommentare deaktiviert für Strafstoß #4 – Transparento ergo sum – Stadion-Botschaften und ihre Urheber

von Jens Kroh

Wer das Aufeinandertreffen Spaniens und Russlands sowie das Match zwischen Schweden und Bulgarien verfolgt hat, konnte den Eindruck gewinnen, dass einige Fans nicht den Weg zu ihrem Spiel gefunden haben. So wurden wir Transparenten gewahr, die mit „Air Bäron“, „Menden S04 Sieg“ oder „Ruhrpott-Rambos“ betitelt sind und üblicher Weise als steter Begleiter der deutschen Länderspiele auftreten.

Doch noch bevor die deutsche Nationalelf erstmals in Aktion tritt, nutzen Frank Niemann
& Co. die Europameisterschaft als Plattform, um den Bundesliga-Club oder dem Spieler ihres Herzens zu huldigen. Dabei sind die Transparente jedes Mal so platziert, dass sie beim Publikum vor den TV-Geräten Beachtung finden. An die Anhänger im Stadion kann die Botschaft nicht gerichtet sein; es gibt immer nur eine Tribüne, die im Fokus der Kameras von ARD und ZDF (oder der „Weltregie“) steht. Adressat ist also in jedem Fall der Fußball-Junkie, der auch oben genannte Spiele verfolgt und seine Spiele nicht nur aus Gründen der DFB-Opportunität wählt.

Und hiermit nähert man sich dem Motiv, das hinter der Passion steckt, die Städte dieser Welt zu bereisen und seine Losung zu verkünden: Es ist die Chance im Fußball-Milieu Berühmtheit zu erlangen. Dazu trägt die sich wiederholende Zurschaustellung der Fan-Banner bei. Denn obwohl die Transparente zu dem Hintergrundrauschen eines Spiels gehören, geht man doch zu Zeiten eines bedächtig ausgeführten Einwurfes oder einer längeren Verletzungspause beinahe instinktiv die Stadionreihen durch, um die gewohnten Transparente zu erhaschen. Sie dienen dementsprechend ebenso als Visitenkarte des sich in der Arena befindlichen Fußball-Anhängers und bekunden seine Botschaft: „Ich bin hier“.

Das Bedürfnis, seine Anwesenheit zu markieren, ist nicht nur eine Eigenschaft des Menschen. Es ist gleichermaßen zentraler Verhaltensbestandteil jener Lebewesen, die dazu die Nutzung von Laternen oder Hauswände bevorzugen. Im Zuge von Ereignissen wie der EM stellt das Hier-Sein des Fans darüber hinaus einen Zustand dar, der von zahlreichen Fernsehzuschauern mit Sicherheit gerne geteilt werden will.

Indes mag man sich fragen, ob sich die Schöpfer der Transparente tatsächlich jedes Mal vor Ort befinden oder nicht die Möglichkeit einer Rotation der beschrifteten Stoffe ins Auge fassen. So würde eine Person mit großer Reisetasche genügen, um die Illusion des omnipräsenten Fußballanhängers aufrecht zu erhalten – gewiss eine sparsamere und effektivere Möglichkeit für die Werbung in eigener Sache! Die Ehre dieser Fans mag dagegen sprechen. Sollte es jedoch eine dem aus Arztpraxen bekannten Lesezirkel vergleichbare zentrale Institution geben, so meldet sich der indirekte-freistoss schon mal für die Präsentation seines Logos für das EM-Finale an.

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