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Aljubarrota allerorten
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| Sonntag, 20. Juni 2004Spanier und Portugiesen sollten sich nicht bekriegen, sondern umarmen
Georg Bucher (NZZaS 20.6.) beleuchtet die Stimmung vor dem Spiel gegen Spanien: „Nicht der Wirklichkeit entrückt wie vor dem Match gegen Griechenland, vielmehr geläutert durch den folgenden Absturz wirkt die zweite Begeisterungswelle im Land. Ohne zu überzeugen, hatte Portugal Russland im Griff. So rückt man wieder näher auf der Peninsula und träumt von einem iberischen Final, der aber ausser Reichweite scheint. Denn wer traut den eliminierten Russen schon einen Sieg mit zwei Toren Differenz gegen Griechenland zu? Dies wäre die Bedingung, dass Spanien und Portugal im Turnier blieben und eine Variante des Vertrags von Tordesillas zelebrierten. Unter Vermittlung von Papst Julian II. hatten der portugiesische König João II. und die katholischen Könige Fernando und Isabel von Kastilien und Aragon am 7. Juni 1494 in der Kleinstadt Tordesillas Territorialkonflikte beigelegt und ihre südamerikanischen Entdeckungen aufgeteilt. Ein anderes historisches Datum beziehen die Portugiesen lieber auf das Fussballduell. Mit einem zahlenmässig unterlegenen Heer gewannen sie nach 68 Jahren spanischer Vorherrschaft 1648 in der Schlacht von Aljubarrota die Unabhängigkeit zurück. Weil assoziatives Denken dem portugiesischem Naturell entspricht, ist der Name Aljubarrota in aller Munde. In einem Cartoon des Fachblatts „A Bola“ schlägt ein fiktives Gespräch beim Haareschneiden die Brücke. Kunde: Wird die zweite Schlacht von Aljubarrota ausgehen wie die erste? Coiffeur: Warum nicht? An der WM 1986 haben wir gegen Marokko die Schlacht von Alcacer-Quibir wiederholt. Kunde: Ja, wir haben erneut Prügel bezogen. Indessen wertet der Historiker und Medienstar Hermano Saraiva die Analogie als krankhaften Versuch, verschiedene Welten auf einen Nenner zu bringen. Spanier und Portugiesen sollten sich nicht bekriegen, sondern umarmen.“