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Strafstoss

Strafstoß #8 – Deutschland – eine Kontroverse

Oliver Fritsch | Sonntag, 20. Juni 2004 Kommentare deaktiviert für Strafstoß #8 – Deutschland – eine Kontroverse

von Oliver Fritsch

Wie unterschiedlich die Auffassungen über Fußball im Allgemeinen und die deutsche Elf im Besonderen sein können, zeigt ein Vergleich zweier renommierter und an dieser Stelle viel zitierter und gern gelesener Zeitungen:

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat am 19.6. Deutschlands Stil beschrieben: „Die deutsche Fußballsprache hat der Welt nicht viele Begriffe geschenkt, denen auch eine internationale Karriere vergönnt war. So wie etwa der italienische „Catenaccio“, der vor rund vierzig Jahren das Licht der Welt erblickte. Die zur Perfektion getriebene Abwehrarbeit, die ein Spiel ohne Gegentor heiligte, fand zwar lange viele Nachahmer, aber die Ära des Catenaccio ist vorbei. Die Engländer schenkten der Fußballwelt das „kick and rush“, aber auch diese über Generationen hinweg auf der Insel gepflegte Reduzierung des Spiels auf seine schlichten Angriffselemente hat die Globalisierung nicht überlebt. Die Deutschen allerdings sind dabei, ihren ureigenen Turnierstil auf gut deutsch noch weiter zu popularisieren. Die Holländer sprechen in den Sportteilen schon anerkennend von „die Mannschaft“, die Franzosen leicht verfremdet von „la Mannschaft“. Was mit diesen Ausdrücken gemeint ist, versteht sich von selbst: der traditionell erfolgreiche deutsche Fußball-Sonderweg bei Welt- und Europameisterschaften. „Aus diesem Holz ist eine Turniermannschaft geschnitzt“, sagte Rudi Völler. (…)“

Die Neue Zürcher Zeitung am Sonntag (20.6.) sieht das einen Tag später völlig anders: „Nur wenige Begriffe aus der Sprache des Fussballs haben eine internationale Verbreitung erfahren. Das italienische Wort „Catenaccio“ war eine solche Ausnahme. Das Primat der Defensivarbeit wurde besonders in den achtziger Jahren von der italienischen Nationalmannschaft hochgehalten und hatte einige Nachahmer. Die Zeit des „Catenaccio“ ist allerdings ebenso vorbei wie diejenige des „Kick and Rush“. Kein Team, das an einer Europa- oder Weltmeisterschaft ernsthaft Ambitionen hegt, reduziert den Fussball auf die Banalität eines weiten Passes in die gegnerische Platzhälfte, dem mit aller Kraft hinterhergerannt wird. Nicht einmal die Engländer, die das Spiel auf diese Weise geprägt hatten, praktizieren es noch. Heutzutage wird ein deutscher Begriff globalisiert. „Die Mannschaft“ kann man in holländischen Zeitungen lesen, wenn von der nationalen Auswahl die Rede ist. Selbst die Franzosen haben das Wort in ihre Sprache integriert und sprechen und schreiben von „La Mannschaft“. Offensichtlich ist ein deutscher Mythos zur neuen Fussballformel geworden, von der man sich am ehesten Erfolg verspricht. „Die Mannschaft“ ist die Chiffre für den deutschen Sonderweg an grossen Turnieren, die jeweils zu „Turniermannschaft“ ausgeweitet wird. (…)“

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