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Holland-Schweden und Frankreich-Griechenland
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| Sonntag, 27. Juni 2004Holland-Schweden 5:4 n. E.
Thomas Klemm (FAS 27.6.) sieht ein Spiel, „das lange Zeit keiner verlieren wollte“: „Nach der Begegnung in Faro, wo sich beide Teams zumeist schon im Mittelfeld neutralisierten und die Zuschauer auch am und im Strafraum nicht mit kreativen Momenten verwöhnten, müssen sich die Holländer allerdings steigern, wollen sie am Mittwoch mit einem Sieg über Portugal ins Endspiel einziehen. Am bislang heißesten Tag dieser EM scheuten sich beide Teams von Beginn an, die Stimmung auf den Rängen durch sportliche Höhepunkte weiter aufzuheizen. Die „Oranjes“, gekleidet wie ein weißes Ballett, ließen jeden Ansatz von Choreographie vermissen, die lange Flanken in den Strafraum landeten fernab von van Nistelrooy im Nirgendwo, die Versuche, die Sturmspitze flach anzuspielen, endete in den Beinen der schwedischen Viererabwehrkette. Auf der anderen Seite betrieben die Skandinavier hohen läuferischen Aufwand, doch sahen sie auch kein Durchkommen in der wohlorganisierten Deckung. Was beiden Mannschaften blieb, waren dann und wann Abschlußversuche aus der Distanz, um den gegenseitigen Respekt zu überwinden und das Tor zu finden.“
Felix Reidhaar (NZZaS 27.6.) ergänzt: „Die Euro hat den Pfad ihrer früh gewonnenen Tugenden verlassen. Nach dem monotonen Ballgeschiebe griechisch-französischer Prägung markierte auch der dritte Viertelfinal einen Rückfall ins überwunden geglaubte Defensivdenken. Wahrscheinlich war es naiv, anderes zu erwarten in einer Phase, in der jedes Spiel das letzte sein kann. Erst in der Verlängerung, nachdem beide Mannschaften einfallslos und in mässigem Rhythmus gespielt hatten, war Aufregung vor den Toren zu verzeichnen. Beiden Teams boten sich in diesem offenen Schlagabtausch Chancen, die Entscheidung im Spiel zu erzwingen. Es war ziemlich rustikal, was das handgestrickte Tre-Kronor-Team mit Spielern aus britischen und skandinavischen Ligen und die ungleich prominenter besetzte niederländische Auswahl 90 Minuten lang zu bieten imstande waren.“
Frankreich-Griechenland 0:1
Ein Abgesang auf Frankreich – Peter B. Birrer (NZZaS 27.6.): „Das Verdikt gegen Frankreich nahm unübliche Ausmasse an. Die Griechen hatten im letzten Gruppenspiel gegen Russland miserabel gespielt, Fehler um Fehler begangen und einen Rattenschwanz von Fragen folgen lassen, wie es nur möglich ist, dass sie in die Viertelfinals vorstossen. Und jetzt stolperte der Europameister, nein, er stolperte nicht – er erstarrte zuerst während fast 90 Minuten in Agonie, fiel hin und blieb regungslos liegen. Es gab im zweiten Viertelfinal nicht ein Momentum, keine strittige Szene, keine Wende, kein „hätte doch“ und „wäre nur“, keinen brillanten Zidane, keinen pfeilschnellen Henry, kein Pires-Dribbling, keinen initiativen Trainer, keinen Zug zum Tor, kein Tempo, keine Kraft und keinen Zusammenhalt. Kurz: In dieser Verfassung haben die Franzosen unter den letzten vier nichts verloren. (…) Santinis Bilanz ist und bleibt gut. Seit Mitte 2002 verlor Frankreich nur gegen Tschechien und Griechenland, vor der EM hatte der Europameister zum Beispiel eine Phase von 1078 Minuten (fast 18 Stunden!) ohne Gegentor. Sicher, die Gegner waren oft nicht aus der gehobenen Stärkeklasse, so dass sich der Hinweis überschätzter Resultate unter Santini dauerhaft hielt. Lizarazu sagte nach seinem 97. und letzten Match für die „Bleus“, dass das französische Spiel im Vergleich etwa zum skandinavischen allzu sehr idealisiert werde. Die Bemerkung Zidanes, dass „wir am Ende nicht in die gleiche Richtung gelaufen sind“, weist zudem darauf hin, dass im Innenleben des Teams nicht alles zum Besten steht. Und zwar nicht nur, weil sich Jacques Santini mit der Verbandsspitze verkracht hatte. Es kann eben auch zum Nachteil werden, wenn auf der Ersatzbank nur Stars sitzen. Da ist der Trainer gefordert.“