Internationaler Fußball
Sie können keinen Espresso Macchiato um drei Uhr nachts vor dem Spiel trinken
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| Montag, 28. Juni 2004Simon Hart (Telegraph 27.6.) widmet sich Otto Rehhagels Erfolg: „Englands hilflose Spieler waren auf dem Weg vom Flughafen Luton nach Hause, immer noch am Verdauen der unangenehmen Niederlage, als die griechische Mannschaft das Feld im Estádio Alvalade am Freitag betrat. Schade, denn hätten sie gesehen, wie Griechenland die französische Angriffsgefahr betäubt hat, hätten sie durchaus etwas lernen können. Unter der brillanten Verwaltung von ihrem deutschen Trainer, Otto Rehhagel, hat Griechenland eine gesunde Erinnerung daran, dass Ballbesitz ein Neuntel des Gesetzes der tiefen Verteidigung ist. Während England den Preis für Ballverluste durch weite, ziellose Pässe gegen Portugal zahlte, war die Fähigkeit der Griechen, Platz für einander zu schaffen und durch das Mittelfeld zu spielen, der Schlüssel zu einer der größten Überraschungen in der Geschichte der Europameisterschaft. (…) Der Kontrast zu England wurde durch Louis Saha hervorgehoben, der in der zweiten Hälfte von der französischen Bank kam, aber wenig Freude gegen eine Mannschaft, die er als „eine der bestorganisierten des Turniers“ bezeichnete. (…) Der Unterschied ist nur, dass während England nur noch die Erinnerung an Rooneys unvollendete Symphonie bleibt, machen die strahlenden Griechen weiter Musik – dies beinhaltet die aufmunternde Verkündung eines deutschen Lieds, zu dem der eigenartige Rehhagel seine Spieler direkt nach dem Sieg in der Abgeschiedenheit der Kabine anhielt. (…) Die Griechen sind von dunklen Pferden auf einmal zu strahlenden Vollblütern aufgestrebt. (…) In der Heimat, wo sich das Land auf die bevorstehenden Olympischen Spiele konzentrieren sollte, hat sich eine wahnsinnige Vorfreude breit gemacht. Freitagabend war es so totenstill in Athen, sodass viele Kinos, Theater und Restaurants in der Stadt keinen Grund hatten, geöffnet zu haben. Innerhalb von Minuten nach dem Schlusspfiff, strömten allerdings Millionen auf die Straßen, und die Gegend wurde in einer spontanen Party durch Feuerwek erleuchtet. Giannakopoulus hat keine Zweifel, wer daran Verdienst trägt. Vor Rehhagels Ernennung vor drei Jahren war Griechenlands Fußball der Prügelknabe und die Lachnummer im griechischen Volk. Seitdem hat der erfahrene Deutsche einen leidenschaftlichen Sinn für den Glauben an sich selbst vermittelt, von teutonischer Disziplin zusammengehalten. „Wir haben einen sehr guten Teamgeist,“ sagte Giannakopoulus. „Jeder Spieler hilft dem anderen, und wir haben keine Angst vor irgendeinem Gegner. Wir haben jetzt die deutsche Mentalität in unserem Team. Wir versuchen, uns zu konzentrieren und nehmen alles, was er sagt, auf. Er ist ein Charakter. Er ist explosiv. Wir mögen das.“ Rehhagel hat traditionellen griechischen Hedonismus durch Vernunft ersetzt. „Die Griechen lieben, das Leben zu genießen, und ich musste ihnen erklären, dass sie manchmal auch Nein sagen müssen,“ sagte er. „Sie können keinen Espresso Macchiato um drei Uhr nachts vor dem Spiel trinken. Jetzt sehen sie das Ergebnis.““
Es bereitete Schmerzen, ihrem Spiel zuzuschauen
Warum haben die Franzosen schlecht gespielt? Gérard Davet macht Jacques Santini verantwortlich (Le Monde 26.6): „In keinem ihrer vier Spiele während der Euro 2004 präsentierten sich die Franzosen schnell und kombinationssicher. Ihr Scheitern wird in allen Spielbereichen offensichtlich. Nun muss man nach Gründen suchen. Die Franzosen spielten durchschnittlich, lustlos, lethargisch, gelegentlich ausreichend, aber überwiegend schwach. Wie konnte eine Mannschaft mit solch erfahrenen, wertvollen und erfolgreichen Spielern so einen traurigen Eindruck hinterlassen? Jacques Santini sollte die Antwort auf diese Frage haben; möglicherweise weiß er sie nicht mehr. Es wird die Zeit kommen, in der man sich mit seinem sparsamen Ein- und Auswechseln beschäftigen wird. Die Franzosen sind mit 23 Spielern angereist, haben jedoch diesen Kader nicht ausgenutzt. Govou und Marlet waren, genau wie die Ersatztorhüter, lediglich Touristen. Boumsong, Pedretti oder Rothen spielten nur wenige Minuten. Und Saha, der zwei Mal eingewechselt wurde, brachte stets frischen Wind in die Mannschaft. Santini hielt an seinen Stammspielern fest, möglicherweise aus Respekt vor seinen „ehrenhaften Dreißigjährigen“. Die Startformation gegen die Schweiz hatte einen Altersdurchschnitt von 29 Jahren und 3 Monaten. Dies ist für ein Turnier, bei dem alle vier Tage gespielt wird, zu hoch. (…) Die Fans sind zwar nicht auf dem Platz, können aber ein Spiel lesen. Im diesem Fall haben sie sich nicht getäuscht: Nie konnten sich die Franzosen befreien. Es bereitete Schmerzen, ihrem Spiel zuzuschauen: technisch mangelhaft, viel zu langsamer Spielaufbau, fehlende körperliche Fitness.“