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Wie ein Dieter Eilts, der Fußball spielen kann

Oliver Fritsch | Dienstag, 6. Juli 2004 Kommentare deaktiviert für Wie ein Dieter Eilts, der Fußball spielen kann

Peter Heß (FAZ 6.7.) portraitiert zwei Stützen der Griechen – Angelos Charisteas und Theodoros Zagorakis: „Mit 24 fühlt sich der Angreifer noch viel zu jung für die Rente, aber was kann schon noch Größeres kommen? Bei aller Wertschätzung und Sympathie für Charisteas: Vor einer Weltkarriere steht er nicht. Dafür haben weder seine sechs Auftritte noch seine drei Tore bei der Europameisterschaft Anhaltspunkte gegeben, obwohl ihn die Technische Kommission der Uefa in die All-Star-Mannschaft berief. Charisteas verfügt weder über die Tricks und die Schnelligkeit eines Cristiano Ronaldo, weder über die Cleverness eines Jon Dahl Tomasson, weder über die Durchschlagskraft eines Wayne Rooney noch über die Ballbehandlung und Reaktionsfähigkeit eines Milan Baros. Der Grieche hat von allem etwas, doch seine einzige überdurchschnittliche Waffe ist sein Kopfballspiel. Die Sekundärtugenden eines Stürmers machten ihn so wichtig für Griechenland in diesem Turnier: Seine Bereitschaft, immer wieder vergebens dem Ball hinterherzulaufen, seine Geduld, auf die Chance zu warten, seine Unverzagtheit, sich im Dienste der Mannschaft um die Defensive mitzukümmern. (…) Wenn ein einzelner Spieler Rehhagels Verständnis von Fußball, Taktik und System verkörpert, dann ist es Mannschaftskapitän Theodoros Zagorakis. Wie ein Dieter Eilts, der Fußball spielen kann, schloß der 32 Jahre alte Mittelfeldspieler des AEK jede Lücke im Defensivverbund der Griechen, gewann fast jeden seiner Zweikämpfte und beteiligte sich dann mitunter noch am Spielaufbau. Daß die Technische Kommission der Uefa Zagorakis zum besten Spieler der Europameisterschaft kürte und keinen der vielen spektakulären Stürmer von Baros bis Rooney, war ein Beweis ihres Expertentums. Und eine Verneigung vor Rehhagels Erfolgsprinzip der intelligenten Spielverderberei.“

Ein großer Taktiker, ein großer Trainer, eine große Persönlichkeit

Peter Heß (FAZ 6.7.) nimmt Otto Rehhagel beim Wort: „Der griechische Verbandspräsident Vassilis Gagatsis machte deutlich, daß führ ihn keine Zweifel an Rehhagels Griechentreue bestehe. Eine Freigabe „kommt für uns überhaupt nicht in Frage. Otto hat bei uns gerade verlängert – nicht nur bis 2006, sondern sogar bis 2008. Er wird bei uns in Rente gehen. Das hat er selbst zu mir gesagt“, sagte Gagatsis der „Bild“-Zeitung. Wenn er wollte, könnte Rehhagel wohl einen Vertrag auf Lebenszeit in Griechenland bekommen, so groß ist die Begeisterung um ihn und die Mannschaft. Das Kind der Bundesliga hat sich dennoch eine Distanz zu diesem Land bewahrt. Eher wie ein Missionar oder Entwicklungshelfer beschreibt er seine Tätigkeit, nicht wie jemand, der ein neues Glück in einer neuen, ihm ans Herz gewachsenen Heimat gefunden hat. „Ich freue mich, daß wir die Menschen so bewegen können. Die Griechen übertreiben aber gerne etwas in der Freude und in der Trauer. Die Europameisterschaft ist zwar eine wunderbare Sache, aber sie werden sich auch wieder beruhigen.“ Wenn Rehhagel über Griechenland spricht, dann oft aus einem Gefühl der Überlegenheit heraus, diesen Eindruck vermittelt er jedenfalls. Der Ton klingt schulmeisterlich, wenn er berichtet, wie er in den drei Jahren seines Wirkens deutsche Mentalität und Disziplin über die verspielten und egoistischen griechischen Fußballstars gebracht hat. Gerne hebt Rehhagel auf die gesellschaftliche Bedeutung seines Erfolges für Griechenland ab. Und auch nach dem Finalsieg nahm er die Gelegenheit wahr: „Das 1:0 geht weit über sportliche Begriffe hinaus. Es ist phantastisch, was der Fußball schafft. Was die Politik vergeblich versucht, ist uns gelungen: Wir haben Griechenland geeint. Wie es in dem Lied so schön heißt: Alle Menschen werden Brüder.“ Die Gotthilf-Fischer-Anwandlung nahm ihm kein Grieche im Taumel der Gefühle übel. Nicht nur für das Volk, auch für die meisten seiner Spieler ist Otto ein Fußball-König: „Ein großer Taktiker, ein großer Trainer, eine große Persönlichkeit“, sagte Außenverteidiger Fyssas stellvertretend für die absolute Mehrheit der Kollegen.“

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